Beschreibungen in Reiseführern stellen nahezu alles in rosigem Licht dar. So wird, nicht nur von der schreibenden Zunft, das Valle de Elqui als eine grüne Oase der Vielfalt beschrieben, in der einige Tage zu bleiben sich lohnt. Recht haben sie, denn entlang des Flüsschens zieht sich Grün entlang, leider besteht dies zu nahezu 100% aus eingezäunten Weinterrassen.

Im Schatten wandern – Fehlanzeige, dafür im Geröll und praller Hitze die Hänge hinauf stapfen, das geht, aber nicht mit uns. Obgleich unser letztes Quartier, “El Tesor de Elqui” mit seinem schönen Garten, den Pool und angenehmen Wohnumfeld sehr reizvoll waren, einfach einen Tag hier abzuhängen, danach war uns nicht. Also machten wir uns bereits am 9.10. auf die Weiterreise. Und dabei kam uns zu Hilfe, daß mit uns weitere Rucksackreisende im Quartier waren, die unsere nächste Station, den Nationalpark “Pingüine de Humboldt” gerade besucht hatten.So erfuhren wir noch rechtzeitig, daß die Boote, mit denen man zu den Inseln herausfahren kann, um von der Seeseite aus diese und andere geschützte Tiere zu beobachten nur einmal täglich um 11:00 Uhr von Punta Choros, einem kleinen Fischerdorf mit CONAF-Stützpunkt abfahren. Fahrtstrecke bis dorthin rund 220 km, davon gut 40km Piste; mit einer Fahrtzeit nicht unter 4 1/2 Stunden muß gerechnet werden, unmöglich, mal eben am Vormittag anzureisen. Also umdisponieren und gemütlich mit Zwischenstopp in La Serena, um uns mit einem Prepaidhandy für den Notfall auszurüsten, über Chungungo nach Punta de Choros weiterzufahren, um dort zu übernachten. Auf dem Plan sieht alles ganz einfach aus, die Realität bestraft den Optimisten.
Chungungo mag dem einen oder anderen aus dem Erdkundeunterricht oder aus einer Galileosendung bekannt sein – und zwar unter der Überschrift “die Nebelfischer von Chungungo”; ich gehörte zu den Unwissenden, ein Grund mehr, die Bildungslücke zu schließen und den Umweg von gut 50 Pistenkilometer in Kauf zu nehmen, denn Zeit hatten wir ja heute. Chungungo ein verlassenes irgendwie auch verkommenes Nest am Pazifik, im Grunde keinen Abstecher wert. So sehr wir auf der Anfahrt entlang der Küste als auch der Weiterfahrt hoch die Küstenkordilliere die Bergrücken nach den “berühmten” Netzen absuchten, wir bekamen kein einziges zu Gesicht! Selbst dort, wo sich in der Straßenkarte ein besonderer Hinweis befand – von Netzen keine Spur, dafür aber die ersten Vorboten er uns die nächsten Tage begleitenden Minen.
Hier ein Fremdbild zu den Netzen :



In Punta de Choros angekommen begrüßte uns nach etlichen Wüstenkilometern eine Ansammlung einfachster Behausungen; unsere Quartiersuche gestaltete sich sehr schwierig. Zwar wird der Ort von den Chilenen zu Ferienzeiten stark besucht, in Ferienzeiten! Hinweise auf Cabanas gab es wiederholt, aber keinen Ansprechpartner. In einigen Fällen waren Telefonnummern angegeben, wir schätzten jedoch die Chance, uns telefonisch verständlich zu machen und unseren Gesprächspartner auch zu verstehen als so gering ein, daß wir darauf verzichteten. Auf Nachfrage in einem kleinen Lebensmittelgeschäft wurden wir an die Bewohnerin eines grünen Hauses verwiesen und uns der Weg dorthin beschrieben. Der Beschreibung folgend fanden wir an der angegebenen Stelle kein grünes Haus, jedoch etwas weiter an ebenso einem grünen Haus einen Hinweis auf Cabanas. Also Wegbeschreibung falsch aber Ziel erreicht! Wie sich herausstellte, war die Vermieterin nicht die gesuchte Person, aber wir hatten endlich ein sehr gutes Nachquartier gefunden, in dem locker noch vier weitere Personen hätten übernachten können. Wir waren in diesem Ort wohl die einzigen Nachtgäste, denn außer Hunden und ab und zu einen Pickup mit Fahrer trafen wir bei unserem Dorfspaziergang auf der Suche nach einem Restaurant niemand an. In Meernähe sollte man Fisch essen, so fiel auch unsere Bestellung aus – es gab in dem Restaurant auch kaum eine andere Wahl, die aber richtig gut war!



Und noch etwas fiel auf : hier ist Tsunamizone, wie die an jeder landwärts führenden Straße aufgestellten Schilder zeigen.

Am Abend hatten wir uns noch bei dem CONAF-Büro über Eintritt und Abfahrtszeiten der Boote (!) erkundigt und glaubten, den Ortshinweis richtig verstanden zu haben. So waren wir um 10:45 am kleinen Fischereihafen und warteten, warteten und nichts passierte.

Gegen 11:15 entschlossen wir uns zum Aufbruch und Fahrt zum CONAF-Büro – zum Glück, denn die Boote – es war nur eines, in dem insgesamt 5 Passagiere auf die Reise gingen – legten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Büro ab. Da wir uns am Vorabend bereits beim Bootsführer angemeldet hatten, wartete man auf uns – und wieder hatten wir Glück. Wir sahen zwar weder Wal noch Delfin, dafür aber zahlreiche kleine Kolonien von Humboldtpinguinen, verschiedene Kormorane, auf der faulen Haut liegende Seelöwen, Seetölpel und andere Vogelarten beim turteln, füttern, dösen, bergauf stapfen, fischen und fliegen. Putzig war zu erleben, wie die steifen Pinguine steile Berghänge hinauf watscheln, über Felsen klettern und sich auch von rutschendem Geröll nicht davon abbringen lassen, zurück in die “Heimat”, das eigene Nest zu kommen. Der dreistündige Bootsausflug, von einem kurzen Landgang auf der Isla Damas hat sich richtig gelohnt und war eine schöne Unterbrechung der doch langen Fahrtstrecken.





Unser nächstes Ziel war der Nationalpark Tres Cruces, der Salar de Maricunga und die Laguna Verde, alles in einer Höhe zwischen 3.500m und 4.500m nahe der chilenisch-argentinischen Grenze gelegen. Die Bergbaustadt Copiapo schien uns ein passender Übernachtungsort zu sein, sollte es doch bei einer Größe von 125.000 Einwohnern leicht sein, ein Quartier zu finden. Wir klapperten die im Vorfeld auch aus finanziellen Gründen ins Auge gefassten Quartiere ab – entweder stimmt der Preis nicht oder der Zustand war unzumutbar. Die vergleichsweise hohen Löhne im Bergbausektor haben sich hier wie im gesamten Norden heftig auf die Preise und somit auch die Übernachtungspreise niedergeschlagen. Irgendwann sinkt bei der Suche das Anspruchsniveau wie auch die Bereitschaft Preiszugeständnisse zu machen steigt – und wir kamen unter, überteuer, klein aber sauber und, was auch wichtig war, mit Parkmöglichkeit für unseren Pickup.

Um die geplante Runde bis in die Nähe des Passes San Francisco/Laguna Verde, dann wieder teilweise zurück bis zum etwa 100km vorgezogenen chilenischen Grenzposten (!) und weiter am Salar de Pedernales bis zum Ort El Salvador, wieder eine Bergbaustadt, an einem Tag zu schaffen, 520km, davon sollte laut Reiseführer etwa 1/3 Piste sein, wollten wir früh aufstehen um vor 9:00 Uhr auf der Strecke zu sein. Es kam anders, und wir zu einer weiteren Übernachtung, diesmal aber in einem schönen Hotel mit Garten im Copiapo. Wir verschliefen und mussten nach Erledigung der für die lange Strecke notwendigen Einkäufe gegen 10:30 Uhr feststellen, daß bei einer folgender Abfahrt die Übernachtung im Wagen fast vorprogrammiert war, oder aber große Teile der Strecke gestrichen werden müssten. Weiterfahrt ohne das Wasser der Laguna Verde gesehen zu haben – für den einen oder anderen vorstellbar, für uns aber nicht. Also Quartiersuche, frühes einchecken, ausruhen, das Hotelambiente genießen, Stadtbummel machen – Copiapo hat im Grunde wenig bis nichts zu bieten – und uns mental auf den folgenden Tag vorbereiten.

Und der hatte es in sich, lange Strecke, unendliche Landschaft, hohe Berge, Staub, Geröll, Starkwind, einen Grenzposten im Nirgendwo, einen See, von dem man träumen kann, und wir kamen durch, d.h. wir hatten abends ein Quartier! Im Grunde kann man hier wie auch an vielen anderen Stellen unserer Reise ein “wdh” hinschreiben, denn abgesehen von den sich natürlich ändernden Berg- und Felsformationen und –formen sahen wir über Stunden das Gleiche : Felsen in unterschiedlichen Formen und Zuständen der Erosion, als Brocken, Stein, Kies, Sand in allen möglichen Erdtönen – nur selten schlichen sich einige schwarze oder graue Töne dazwischen – wenig erbauend, wenig augenfreundlich und eher auf das Gemüt gehend, überall Steine, Wüste, kein Grün. Auch aufgegebene Gebäude und sogar einen alten versandeten Friedhof fanden wir entlang unserer Strecke.




Und Katrin ging dieses Einerlei so richtig aufs Gemüt, während ich versuchte, den Bergen immer wieder neue Blicke abzugewinnen, Katrins Wahrnehmung der Umgebung als braun in braun auf eine bei ihr vorhandene Spektralverschiebung ihrer Optik zurückzuführen. Nein, ihr hat die Fahrt durch diese Landschaft keine besondere Freude bereitet, eher war es belastend, sind wir doch ein ausgewogenes Verhältnis von Braun und Grün gewohnt und nicht dieses Bombardement einer Farbe. Es wird nicht nur an der im Grunde eintönigen Landschaft gelegen haben, daß wir bis km 200 nur 4 Fahrzeugen begegneten : ein Bus, der offensichtlich mit Minenarbeitern aus der Quebrada de Paipoté herauskam, ein LKW, den wir überholten sowie ein entgegenkommender Pickup. Dies änderte sich auch später nicht grundlegend, zwei Hände reichten, um den Verkehr auf etwa 450km zu erfassen. Für Farbabwechslung sorgten einige nicht nur am Straßenrand verbliebenen Schneereste, die in sonderliche Formen durch den Wind und die Sonne gebracht worden sind.


Am Salar de Maricunga befindet sich die vorgezogene chilenische Grenzstation (bis zur argentinischen Grenze waren es mehr als 100km!) , mit allem Notwendigen ausgestattet, d.h. auch technischem Gerät zur Durchleuchtung von Gepäck etc. Obwohl von Weitem durch die hinter uns herziehende Staubfahne erkennbar, trafen wir in der Station niemand an. Von einer abseits gelegenen weiteren Station kam dann ein Grenzbeamter warm eingepackt angeschlurft und dann nahm die Bürokratie seinen Lauf. Obgleich wir deutlich machten, daß wir lediglich bis zur Laguna Verde fahren wollten und nicht nach Argentinien ausreisen, mussten die Daten unserer Pässe überprüft und dann in eine Kladde übernommen werden; dies alles in einem Tempo, wohl den niedrigen Temperaturen in den Quartieren der Grenzer angepasst. Die haben hier wahrlich keinen Traumjob, denn die Zahl der Kunden pro Tag dürfte sich in der Region von 10-20 bewegen. Nach gut 15 Minuten konnten wir dann unter dem Grenzbaum hindurchfahren.


Und weiter ging es in Richtung Laguna Verde, aber vorher mussten wir einen kleinen Abstecher hin zu unserem ersten Salzsee machen, dem Salar de Maricunga – interessant, riesig, aber leider war der größte Teil der Salzkruste, wie sollte es auch anders sein, von Sand, Kies, Geröll bedeckt, also nichts mit einer riesigen weiß glänzenden Oberfläche, stattdessen überwogen die bereits satt bekannten Farbtöne. Die nächsten gut 80km Piste, sie führten uns durch den Nationalpark Nevado de Tres Cruces, machten richtig Spaß beim Fahren, denn bei den stetigen seitlichen Böen war ständiges Gegenlenken gefordert, das hielt den Fahrer wach und bei Konzentration, obgleich viele Blicke immer wieder nach rechts und links gingen. Während der gesamten Anfahrt zur Lagune stieg nicht nur unser Straßenniveau auf 4.500m Höhe vor der Laguna Verde an, sondern die uns begleitenden Bergriesen wuchsen immer weiter in die Höhe. Zuerst umgaben uns Berge von 4.500-6000 m, dann folgte die nächste Kategorie bis hinauf auf fast 7.000m, und ein Gipfel war imposanter und bizarrer als der andere, viele schnee- oder eisbedeckt. Und wir mitten drin in dieser Bergwelt.


Das auf und ab der Straße schien kein Ende zu nehmen, ebenso wenig die Kurven und Spitzkehren, die wir fahren mussten, um an unser Ziel zu kommen.Und dann plötzlich als wir um eine enge Kurve fuhren vor uns im Tal lag ein See, irgendwie blau glänzend; die Wasserfläche wurde während unsere Annäherung immer größer – wir waren am Ziel, an der Laguna Verde auf 4.325m Höhe. Das Panorama war, wie sollte es in dieser Umgebung auch anders sein, atemberaubend, nicht nur wegen der Höhe, denn die merkten wir, wenn wir uns schnell bewegten, sondern vor allem wegen des unheimlich schönen Anblicks. Viele Minuten saßen wir, den Wagen ganz nah am Ufer geparkt, und schauten uns fast sprachlos um; Poeten würden sagen, wir waren von Freude ergriffen, uns durchströmten Glückshormone.



Als dann, nach unserem kargen Nachmittagsimbiß, auch noch ein Polizeifahrzeug an uns auf dem Ufer vorbeifuhr, das zweite Fahrzeug, das wir in den letzten drei Stunden zu Gesicht bekommen hatten (!), war es wohl Zeit, den Rückweg anzutreten, d.h. zurück zur Grenzstation, Formalitäten erledigen – diesmal ging es sehr zügig – und weiter in Richtung El Salvador. Insgeheim hofften wir, wenn zügiges Fahren möglich sei, es bis nach Diego de Almagro zu schaffen, wo wir auf bessere Chancen auf ein angemessenes Quartier hofften. Die nächsten Stunden passierten wir im Grunde schon bekannte, dennoch aber unbekannte Landschaften, verloren zunehmend an Höhenmetern und “fraßen” Wüstenstaub. Gut 1 1/2 Stunden Schüttelfahrt nach Passieren des Grenzstützpunktes Fronterizo San Francisco erreichten wir wieder einen (sog.) Salzsee, auch dieser glänzte nicht weiß im Sonnenlicht, sondern hatte einen bräunlichen Überzug, also kein Grund länger zu verweilen. Wir warfen aus der Ferne der Straße immer wieder Blicke nach rechts, aber wirklich interessantes bekamen wir nicht zu Gesicht.


Und wieder ging es in unendlichen Serpentinen hinauf, um dann auf einer breiten Piste, die offensichtlich auch hier im wesentlichen von Minenfahrzeugen genutzt wird, gen El Salvador/Diego de Almagro zu fahren. Erstaunlich, welches Tempo man auf diesen Pisten ohne Probleme anschlagen kann, wir kamen zügig vorwärts. Der Entschluß, weitere gut 100km zu unserem angestrebten Quartierort Diego de Almagro zu fahren, fiel schnell, denn wir hatten genügend Zeit, um vor einbrechender Dunkelheit die Quartiersuche abschließen zu können. Dort gegen 18:30 eintreffend, fanden wir einen typischen Bergarbeiterort, eine Art Vorposten vor den weiter im Osten liegenden Minen vor, teilweise traurige Behausungen, viele Maschinenparks und Reparaturwerkstätten, stark reparaturbedürftige Gehwege und zu viele Häuser, die dringend saniert werden müssten. Unsere COPEC-Karten enthielten einige Unterkunftshinweise, denen wir dann nachgingen. Einmal waren wir fast am Ziel und hätten in einem schönen Hotel zu einem akzeptablen Preis von rund 40 Euro übernachten können, aber nur fast, denn als wir dann den Wagen im Hof parkten und Katrin die Anmeldeformalitäten in Angriff genommen hatte, verdoppelte sich der Preis – angefragt war ein DZ (für zwei Personen), der Preis der dann trotz Nachfrage genannt worden war, galt wohl nur für eine Person! Also Kehrtwendung und weiter die möglichen Unterkünfte abklappern. Bei den einen war kein Licht vorhanden bzw. gerade Stromausfall, um die Qualität beurteilen zu können, die anderen nicht anwesend, so daß wir schlußendlich in einem etwas entfernter gelegenen Stadtteil in einem Hostel Vicky landeten, eine wirklich einfache Unterkunft. Hungrig wie wir waren gingen wir anschließend in ein benachbartes “Restaurant”, das wohl stark von Arbeitern frequentiert wird, denn unweit des Quartiers befindet sich eine größere Industrieanlage. Schade, daß unsere Sprachkenntnisse begrenzt sind, denn mit den anwesenden Einheimischen ein paar Worte zu wechseln, die über die Höflichkeitsfloskeln hinausgehen, wäre sehr interessant gewesen. Hier machten wir dann auch Bekanntschaft mi Speisen, die bislang uns unbekannt und gewöhnungsbedürftig waren. Der Hunger zwingst rein.
Am nächsten Morgen, einem Sonntag, gingen wir in dieses Einheimischenrestaurant frühstücken – auch hier wartete auf uns ein landestypisches (!) Frühstück von geringem Umfang. Da unsere nächste Station Taltal, ein kleinerer verschlafener Fischerort am Pazifik, gute 200 Kilometer entfernt liegt, konnten wir uns sehr geruhsam auf die leere Straße und Strecke machen. Für einen Sonntag bemerkten wir deutlich mehr LKW-Verkehr als wir es aus der Heimat gewohnt sind. Ein entsprechendes Fahrverbot scheint es hier nicht zu geben. Ein kurzer Stop an einem Schild, das auf einen Inkaweg hinwies. Eher selten haben wir Hinweise entsprechender Art bislang wahrgenommen.


Über Chanaral, einer Hafenstadt ging es in den direkt benachbarten Nationalpark Pan de Azucar. Wir hatten die Schotter- und Erdpiste nahezu für uns allein. Lediglich sonntags arbeitende Straßenbauer, die versuchten, die Piste in einem kleineren Abschnitt zu planieren, störten dieses einsame Fahren durch, entlang und unterhalb der Küstenkordilliere, durch teilweise Wüstengebiete mit ihrem besonderen Charme. Auch der Nichtbotaniker konnte hier andere Kakteenarten als in den bisherigen Trocken-/Wüstengebieten bemerken.


Dann ein langer Sandstrand, nicht der erste, den wir bemerkten, dieser war jedoch von einem Campingplatz “eingefasst”, so daß ein freier Zugang im Grunde nicht möglich ist. Wie im übrigen auch an anderen interessanten wassernahen Plätzen eine kommerzielle Campingplatznutzung festzustellen war.





Der kleine Fischerort Pan de Azucar wäre keine Erwähnung wert, wenn nicht von hier aus ab und an auch Bootsfahrten hinaus aufs Meer zur Beobachtung von Robben, Pinguinen und Kormoranen für die Touristen angeboten würden. Aber heute lagen die Boote an Land und der einzige sichtbare Fischer nahm, umringt von zahlreichen Vögeln, auch Kormoranen, seinen Fang aus. Ein trister, langweiliger Ort, der nur aus wenigen Hütten besteht und für den Einfachurlauber Unterkünfte bereit hält. Ganz hart gesottene nehmen ihr Zelt mit, um hier einige Tage bei Möwengeschrei zu verbringen. Hierzu ist wohl auch die Amerikanerin zu zählen, die wir neben ihrem Einfrauzelt hinter einer kleinen Mauer, die etwas Windschutz bot, trafen. Sie war schon seit einigen Monaten unterwegs und hatte sich von einem Taxi aus Chanaral hierher in den Park fahren lassen – eine andere Möglichkeit, wenn man nicht gute 20 Kilometer mit Gepäck durch die Landschaft bergauf und bergab wandern will, gibt es hier nicht. Nun war sie hier, an einem Ort, der als sehr beeindruckend geschildert worden war, eine Beurteilung, die sie nur bedingt nach ersten Eindrücken teilte. Dennoch, sie wollte etwas, d.h. einige Tage bleiben.


Auf dem Weg aus dem Park in Richtung Panamericana/RN5 bieten sich einige Stops an, um sich für eine gute Stunde die Füße zu vertreten, wenn man auf einen der Aussichtspunkte hinaufwandert. Es hat sich gelohnt, nicht nur der Bewegung wegen, sondern auch der Blick über das Meer und hinein ins karge, trockene, teilweise felsige Land hat für den Schweiß entschädigt. Zurück am Parkplatz trafen wir auf vier Amerikaner, die gerade mit ihrem Fahrzeug dort angekommen waren. Die Frage, wie weit es bis zum Aussichtspunkt sei, beantworteten wir wahrheits- und erfahrungsgemäß mit einer guten 3/4 Stunde Wandern. Das war dann doch zuviel und man stieg wieder ein, um davonzufahren.


Es gibt einfache und schnelle Wege an das Ziel Taltal zu gelangen oder unseren Weg. Dieser führte nicht über weite Teile der RN5, sondern zweigte nach wenigen Kilometern wieder ab, um auf einer kleinen Straße Richtung Küste zu gelangen. Wir hatten gelesen, daß es hier eine kleine küstennahe Straße gäbe, auf der es auch möglich sei, an unser Tagesziel, Taltal, zu gelangen. Die Beschreibung passte, auf kurvenreicher oft direkt am Felsen entlangführender schmaler Schotterpiste ging es in zwangsläufig reduziertem Tempo voran. Immer wieder neue Blicke auf die Küstenberge, kleine Strände, bizarr geformte Felsen waren möglich. Von Gegenverkehr kaum eine Spur, es wäre auch oft nicht einfach gewesen, zu passieren.


Taltal hatte auch schon bessere Zeiten erlebt. Lang ist es her, als der Salpeter des Hinterlandes hier verschifft wurde. Aus dieser Zeit stammen noch wenige Herrschaftshäuser, ansonsten ist die Stadt gesichtslos, einzig der zentrale Platz, als Park gestaltet, hat auch uns zum Verweilen eingeladen. Man sollte meinen, am Meer sind Fischlokale häufig anzutreffen, gute Fischgerichte die Regel. Wir wurden, auch hier, eines besseren belehrt. Nach langem Gang durch die Gemeinde kamen wir am Ende des Hafengeländes an ein noch geöffnetes Restaurant; wohlgemerkt, es ging auf 19:00 Uhr zu! Voller Vorfreude, hafennah wird es doch guten frischen Fisch geben, bestellten wir. Das dann Gelieferte enttäuschte auf jeder Linie – der Fisch war frittiert und troff vor Fett. Unsere Bleibe versöhnte uns dann, denn Zimmer mit Meerblick, Palme vor dem Fenster, lauer Abendwind und einschläferndes Meeresrauschen findet man auch nicht überall.


Heute am 14.10. war weitgehend Kilometerfressen angesagt, wollten wir Calama erreichen, die Bergbaustadt im Norden der Region Atacama. Der Wagen schnurrte so vor sich hin, einzig der Hinweis in unseren Karten, auf halber Strecke zwischen Taltal und Antofagasta stünde das Very Large Telescope wenige Kilometer abseits der Strecke auf einem Berggipfel, sorgte für aufmerksame Wahrnehmung der Umgebung, denn diese war eintönig, braune Bergrücken reihten sich aneinander, die Gefahr einzuschlafen bestand durchaus. Schild gesehen und abgebogen, der Straße gefolgt, von weitem die Anlage bereits entdeckt und dann von einem Zaun und bewachtem Eingang an der weiteren Annäherung gehindert. Ein Ding, denn irgendwie haben wir das Observatorium mitfinanziert, schließlich stecken hier erhebliche EU-Mittel drin, für die im Gegenzug dann europäische Wissenschaftler Gelegenheit erhalten, von hier aus das Weltall zu screenen.



Antofagasta, eine Stadt, um die wir einen großen Bogen machen konnten, denn unsere Strecke führte daran vorbei. Sie soll modern sein, aber auch alle Unannehmlichkeiten einer südamerikanischen Großstadt aufweisen, nichts für uns, wir sind gebrannte Kinder. Die Randbezirke mit ihrer Industrie gaben uns einen Geschmack davon, wie schön (!) es weiter stadtwärts sein könnte.
Aus welcher Laune auch immer herausentstanden, in der Nähe von Banquedane stehen auf einem wohl aufgelassenen Bahngelände und in abbruchreifen Bahnschuppen einige altertümliche Loks und Bahnwaggons und siechen vor sich hin, wie das gesamte Drumherum nicht gerade den Eindruck prallen Lebens machte. Museum wurde der Bereich genannt, den man frei betreten konnte; die alten Schätze standen nicht nur um wesentlichen ungeschützt der Witterung gegenüber, sondern auch jedem Altmetallfreund.




Die Strecke von Antofagasta hinauf nach Calama war vor einhundert Jahren die wesentliche Verbindung zwischen den unzähligen insbesondere Salpetergruben und dem Hafen am Pazifik. Heute künden die zahlreichen Hinweise an der Straße von der ehemalige Existenz dieser Gruben, zu denen sich jedoch in jüngerer Zeit eine große Zahl neuer Minenbetriebe gesellt hat, die nach den neuen hier in der Atacama vorkommenden Bodenschätzen flächendeckend suchen und diese ausbeuten. Es hat den Anschein, als ob die ganz passablen Straßen hier in der Region dem besonderen Bedarf dieses Industriezweiges entsprechen.
Einen besonderen Hinweis hatten wir der COPEC-Straßenkarte entnommen – es gibt/gab die als offenes Museum geplante Saltrera Chacabuco, unweit der Abzweigung der nach Calama führenden Straße von der RN5 gelegen. Jeder hätte erwartet, an der Straße einen entsprechenden Hinweis zu finden, doch gefehlt. Auch wir sind daran vorbeigefahren; erst ein Überprüfen unseres Standortes an Hand der Straßenkarte zeigte uns auf, daß wir den Abzweig zum “Museum” verpasst haben mussten. Umgedreht und gesucht und wir fanden das Schild, das nicht nur sehr klein, sondern auch nur aus unserer jetzigen Fahrtrichtung erkennbar war. Über einen Feldweg ging es in die Nähe der Saltrera, von der nur noch einige Grundmauern standen, große Teiche noch erkennbar waren. Selbst mit großer Fantasie war nicht reproduzierbar, wie es auf dem Gelände einmal ausgesehen haben könnte. Bekannt ist, daß die Arbeiter – und teilweise auch deren Familien – in unmittelbarer Betriebsnähe wohnten, damit jederzeit verfügbar waren und dem Grubenbesitzer doppeltes Einkommen bescherte, aus der Arbeit seiner Lohnarbeiter und aus der Vermietung der Behausungen. Der nahbei gelegene inzwischen aufgegebene Friedhof zeugt vom Leben und Sterben der Familien in dieser “Stadt”. Von den Bemühungen, eine museale Situation herzustellen, konnten wir wenig sehen; einzig einige offensichtlich reparierte Grundmauern könnten von den früheren Tätigkeiten zeugen. Einer Quelle zur Folge dienten einige der Bauten zur Zeit der Pinochetdiktatur der Geheimpolizei als geheimes Gefängnis und Folterkeller. Die Quelle ist verläßlich; ob die in einem Raum in die Wand geritzten politischen Parolen authentisch sind, kann jedoch nicht geprüft werden. Mit dem Wissen der “Zweitverwertung” der Salteragebäude ist verständlich, wenn die Bemühungen, hier ein Museum einzurichten, eingeschlafen sind, denn, wie früher bereits berichtet, konsequentes Bemühen um ein umfassendes Aufarbeiten der Diktatur ist kaum festzustellen.







Einige Kilometer weiter stand dann direkt an unserer Straße eine in Grundzügen noch erhaltene Wohn- und Produktionsstadt einer Saltera.
Unser heutiges Ziel Calama, eine vom Bergbau geprägte Stadt, die stetig wächst und quasi überragt wird von der in unmittelbarer Nachbarschaft seit über 100 Jahren wirkenden Kupfermine Chuquicamata. Wohl und Wehe von Calama sind seit langem mit der Entwicklung dieser größten Tagebaukupfermine der Welt verbunden. Einkaufspaläste in der Innenstadt legen die Vermutung nahe, daß hier gutes Geld verdient und ausgegeben wird. Quartiersuche war nicht so ganz einfach, aber bei einem unserer gesammelten Hinweise wurden wir fündig und zogen für eine Nacht in eine Cabana ein, die nah am Zentrum lag. Wir quartierten uns hier in Calama ein und fuhren nicht die restlichen 110 Kilometer bis San Pedro de Atacama, um am 15.10. an einer Besichtigung der Kupfermine, die morgens um 11:00 Uhr in Calama beginnt, teilnehmen zu können.
Nun liegt Calama nicht am Meer, unser abendliches Fischgericht hat aber um Längen fast alle bisherige meernahe Fischessen in den Schatten gestellt. Es kommt also nicht auf die Lage, sondern auf das Können und Wollen der Köche an!
Im Anschluß an die gegen 14:30 Uhr beendete Besichtigung der Chuquicamata machten wir uns auf den Weg in das touristische Herz der Atacama, nach San Pedro de Atacama. Allein die Anfahrt auf den Salar de Atacama war es wert, hierher zu fahren. San Pedro und der Salar liegen gut 2.400m hoch und dennoch, man fährt in diese Ebene von oben herein, hat einen unheimlich weiten Blick in dieses”Tal”, bemerkt die die Sand-/Steinwüste und sieht dann in weiter Ferne einen kleinen grünen Oasenstreifen, der dann größer wird und sich bei weiterer Annäherung als eine Aneinanderreihung mehrerer kleinerer Oasen herauskristallisiert. Je nach Lichteinfall auf die Talwände wirken diese rötlich, beige,, bräunlich, ein interessantes Farbenspiel. Die letzten Kilometer hin zum Boden der Ebene, des Salars, schraubt man sich in einer Vielzahl von Kurven und steil hinunter und steht dann sehr schnell am Ortseingang des Dorfes. Seine Bebauung ist der Umgebung angepasst; eingeschossig in Adobebauweise hergestellt, hellbeige gehalten, manchmal ist der Putz auch in einer Art von mattem Weiß gestrichen, ein Ort, durch den jeder unter anderen Umständen schnell hindurchgefahren wäre, wenn er nicht San Pedro heißt. Wobei hindurchfahren gar nicht so einfach ist, denn Hinweise für den durchgehenden Verkehr haben wir keine gefunden. Offensichtlich soll hier jedes Fahrzeug anhalten und wenn möglich auch für längere Zeit am Ort bleiben, anders ist diese Ignoranz einer den Fremden leitenden Verkehrsführung nicht zu verstehen. Hinein in den Ort fahren heißt auch, die zahlreichen Einbahnstraßen beachten; wenn man Pech hat, steht man plötzlich vor einer Minifußgängerzone und kann weder vor noch zurück es sei denn, man verhält sich verkehrswidrig. So standen auch wir irgendwann gefrustet in einer Seitenstrasse, hatten teilweise die Orientierung verloren und stellten die Unmöglichkeit fest, an Hand unseres Stadtplanes die Touristeninformation des Dorfes anzufahren. Also machte Katrin sich zu Fuß auf den Weg und ich blieb bei dem am nicht zulässigen Ort geparkten Wagen. So groß kann der Ort doch nicht sein, daß Katrin eine halbe Stunde benötigt, um mal eben zum zentralen Platz und zurück zu gehen; hat sie sich verlaufen? Nein, denn dann kam sie auch schon freudestrahlend mit der Mitteilung, da das Umherfahren im Ort so stressig sei, habe sie sich auf dem Rückweg schnell einige Quartiere angeschaut und etwas passendes für uns gefunden. Und das passte wirklich, in unserem Zimmer im Hotel Chiloe haben wir uns die vier Tage sehr wohl gefühlt.


