Platzt hier bald eine Blase?

Insbesondere bei unseren Gängen durch die Innenstadt von Santiago sind uns die vielen mit Tüten von Nobelherstellern bepackte Konsumenten aufgefallen. Eine andere Beobachtung : in nahezu allen größeren Geschäften/Kaufhäusern standen Geldausgabeautomaten, gleichzeitig begegnete uns an fast jeder Straßennecke eine Bankfiliale. Die hier gesehene Bankdichte und das GAA-Netz sprengte unser Vorstellungsvermögen; es stellte sich die Frage, ob ein derartiger Aufwand denn auf Dauer für die Banken nicht zu kostenaufwendig sei. So nach und nach wird klar, welche Entwicklung hier genommen wird. Bei Benutzung der GAAs fiel auf, daß sehr geringe Mindestauszahlsummen vorgegeben, teilweise auch nur bereit gestellt werden, d.h. pro Abhebung konnte man teilweise nur 20.000 CLP, das sind rund 30 Euro ziehen, was im Grunde bedeutet, mit der Bonität der Kunden ist es nicht sehr gut bestellt ist, wenn diese knapp mit Bargeld gehalten werden. Andererseits erfuhren wir, daß ein großer Teil des wahrgenommenen Konsums auf Pump erfolgt, oft gefördert durch die mit diversen Konsumtempel verbundenen Kreditkarten. Damit wird der Weg in die Schuldenfalle leicht gemacht. Auf Pump wird gelebt, weil in einigen Branchen, insbesondere im Bergbau, der so richtig boomt, extrem hohe Löhne auch für Un- oder Angelernte gezahlt werden, um den notwendigen Arbeitskräftenachschub zu erreichen. Grundsätzlich positiv, denn dadurch nehmen breitere Bevölkerungsteile an dem derzeitigen Wirtschaftsaufschwung durch steigende Löhne – in Folge auch steigender Preise – teil, denn der Arbeitskräftedrain in den Norden des Landes zieht zwangsweise, um die offenen Stellen besetzen zu können, auch für die übrigen Branchen Lohnsteigerungen nach sich. Das Problem dürfte jedoch sein, daß zunehmend mehr Menschen das künftige Einkommen bereits jetzt ausgeben, also ihr Leben auf höherem Konsumniveau mit Krediten finanzieren. Das geht solange gut, wie die derzeitigen Lohnsteigerungen anhalten, bedeutet aber auch, daß die Weltmarktpreise für die hier im Land gewonnenen Rohstoffe das derzeitige Niveau halten müssen – Abschwächungstendenzen sind jedoch bereits jetzt erkennbar.

Und an all dem verdienen die zahlreichen Banken sehr kräftig mit. Nicht nur werden extrem hohe Zuwachsraten insbesondere im Konsumentenkreditgeschäft erzielt, die hier berechneten Zinssätze sind nicht nur traumhaft, vor deutschen Gerichten würden diese als Wucherzinsen abgeurteilt werden! Bei einem Besuch in einem der größten landesweit vertretenen Kaufhauskette – auf der Suche nach einem für den Notfall als sinnvoll angesehenen Prepaidhandy – trauten wir unseren Augen nicht, als wir auf dem Preisschild bei einer Kaufsumme von rund 30.000 CLP, das sind rund 45, Euro den Hinweis auf eine Ratenzahlung über 12 Monatsraten von jeweils 3.000 CLP sahen, d.h. bezogen auf ein Jahr muß der Kunde 6.000CLP oder 20% auf die Kaufsumme zusätzlich an Zinsen und Gebühren aufbringen! Dies bedeutet auch, der Kunde nimmt immer wieder, es wird ihm ja so leicht gemacht, Kredite über Kleinstsummen auf – das Risiko, dabei den Überblick zu verlieren wächst. Das wird auf die Spitze getrieben an den Kassen : dort befinden sich große Hinweise auf Ratenkrediten einer Bank mit einem Jahreszins von 36,08%!! Damit der Kunde offensichtlich nicht so ganz mitbekommt, wie teuer sein Kredit ist, weist wohl eine andere Bank für Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr Tages(!)zinssätze aus, da natürlich bei 0,X% liegen.

Bei anderer Gelegenheit konnten wir in einem Filiallebensmittelgeschäft beobachten, wie der Einkauf kreditiert wurde, in einem anderen Fall, wie der Konsument einen Teilbetrag auf die bestehenden Verbindlichkeiten zahlte. Gute Zeiten? Sicherlich löblich, wenn der Kaufmann seinem Kunden bis zur nächsten Lohnzahlung einen kleinen Überbrückungskredit einräumt, hier scheint das aber der generelle Weg für viele zu sein.

Verschiedentlich haben wir von der Angst gehört, daß der zum guten Teil auch kreditfinanzzierte Aufschwung zum Stillstand kommt, die Blase platzt mit enormen Konsequenzen für nahezu jeden im Land. Die Banken werden bis dahin gut verdient, ihre Aktionäre hohe Dividenden eingestrichen haben; die beim Platzen der Blase nicht mehr bedienbaren Kredite dürften, wie auch bei der letzten weltweiten Bankenkrise, das eine oder andere Institut zum Straucheln bringen – Rettung gewiß, durch den Staat, während die überschuldeten Normalbürger wie auch große Teile der Gewerbetreibenden finanziell ruiniert sind. Die Lernkurven sind leider, wieder einmal, sehr flach.

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