3 Tage in San Pedro de Atacama

Geht man durch San Pedro fällt sofort auf, daß jedes Haus im innerdörflichen Bereich mit dem Tourismus verbunden ist, sei es als Herberge, Hotel, Hostal, Adventureanbieter –  hiervon gibt es unzählige –, Restaurant, kleiner Lebensmittelladen, Kunstgewerbe, Sportbekleidung, Kunst, Andenkenläden, Empanadabüdchen, gehobene und normale Bekleidung etc. Alles aber auch alles ist auf die Einnahmequelle Tourismus zugeschnitten. Es sieht so aus, als ob es eigentliche “Ur”einwohner von San Pedro, die Atacamenas, im Dorfkern nicht mehr gibt, sie hier auch nicht mehr wohnen. Stattdessen bevölkern, wir auch, größere Touristengruppen die innerdörflichen Straßen. Uns erschien die Menge der Gäste schon groß, wie wird hier erst geschoben, wenn die Saison begonnen hat, denn jetzt sind wir in der Vorsaison.

Grund genug, möglichst wenig Zeit im Ort zu verbringen und sich auf den Weg zu den uns interessierenden Orten im und am Salar de Atacama zu machen. Dennoch, der Vormittag wurde der Ortsbegehung gewidmet, schließlich steht hier eine alte “Kathedrale” aus dem Jahr 1744, aus Adobesteinen – wie fast alles hier – gebaut, ganz in weiß gehalten und mit einer Deckenkonstruktion aus Kaktusholz versehen, die immer noch an vielen Stellen entweder mit Lederriemen oder Holzdübeln zusammengehalten wird. Und noch etwas von kultureller Bedeutung zeichnet San Pedro aus, das Museo Arqueológico Padre Gustavo Le Paige, in einem sehenswerten ortsangepassten kleinen modernen Museum präsentiert. Der Pater kam in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach San Pedro und entdeckte Gräber und Wohnhäuser früherer Bewohner der Atacamawüste. Seine sehr umfangreichen Funde sind der wesentliche Grundstock des Museums, in dem das Leben und die Lebensbedingungen der Atacama-Bewohner über eine Zeitspanne von mehreren tausend Jahren nachgezeichnet wird. Interessant war die Ausstellung und in Teilen sehr informativ; leider krankte die Wissensvermittlung manchmal an den nicht vorhandenen englischsprachigen Erläuterungen – für die spanischen Ausführungen waren wir nicht sprachkundig genug.

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Da der Mietwagen nicht nach Bolivien mitgenommen werden darf, wollten/mussten wir andere Optionen einer Fahrt zum Salar de Uyuni in Bolivien, der größte und in meinen Augen auch schönste Salzsee der Erde, prüfen. Uns war bekannt, daß von San Pedro aus, nicht weit von der Bolivianischen Grenze gelegen, auch 3-4 Tagestouren um den See angeboten werden. Katrin machte sich deshalb auf den Weg zu den diversen Agenturen und kam enttäuscht aber mit einem Entschluß zurück.  Positiv : derartige Touren werden angeboten; Negativ :die Übernachtungsmöglichkeiten sind jedoch mehr als dürftig und Katrins Anforderungen an eine Mindesthygiene werden nicht erfüllt. Schienen dies noch Rahmenbedingungen zu sein, über die man diskutieren kann, war die Antwort auf den Guide dann das Aus für diesen Reisepunkt. Obgleich es hier in San Pedro nur von internationalem Publikum so wimmelt, die Touren werden nur mit einem spanischsprechenden Guide durchgeführt. Es scheint wenig zu interessieren, den Gästen auch etwas über die Region zu vermitteln. Auf Katrins Nachfrage, ob eine Tour auch mit einem englischsprachigen Guide durchgeführt würde – wohlgemerkt, die Mindestteilnehmerzahl ist 6 Gäste –, meinte man, dies lasse sich eventuell einrichten. Für diesen “Service” hätten wir jedoch pro Tag (!) 100 US-Dollar zusätzlich entrichten müssen! Das hätte den Preis für uns nahezu verdoppelt und nur Sinn gegeben, wenn wir vier weitere Mitfahrer mit gleichem Interesse gefunden hätten, um die Kosten zu teilen. Damit war das Thema Abstecher zum Salar de Uyuni abgeschlossen und wir bemühten uns, die vor uns liegenden Salzseen in Chile und Argentinien als “Ersatz” zu verstehen.

Der Nachmittag wurde dann ganz der Kultur gewidmet; in der Nähe von San Pedro sind die Überreste sprich Ruinen der Festung Quitor zu besichtigen. Quitor, ein Wehrdorf, wurde im 12. Jahrhundert errichtet und widerstand mehrere Jahrhunderte allen Eroberungsversuchen. Auch die Inkas konnten sich den Ort nicht mit kriegerischen Mitteln einverleiben, sondern mit Diplomatie. Erstmals den Spaniern gelang es im 16. Jahrhundert, die Festung einzunehmen. Viel zu sehen ist nicht mehr, auch wenn die Restauratoren einiges wieder hergestellt haben. Erkennbar ist die sich einen Hügel terrassenförmig hinaufziehende Ortsanlage und die sie umfassende Wehrmauer. Ohne weitere Erläuterung standen wir, obgleich es sich hier um einen Museumskomplex handelt und Eintritt erhoben wurde, eher staunend als wissend vor den Mauerresten.

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Interessanter war es dann schon, auf den nahegelegenen Aussichtspunkt etwa 45 Minuten hoch zu laufen, um von dort einen Überblick über die Oase San Pedro zu erhalten.

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Und dann war es schein Zeit, sich in das Valle de la Luna aufzumachen, auch nicht gerade um die Ecke gelegen und die Zufahrt musste erst noch gefunden werden, wollten wir nicht nur zum Sonnenuntergang dort sein, sondern bis dahin auch das Tal erkunden. Es liegt mehr als 10 Kilometer von San Pedro entfernt und man benötigt weitere gut 25 Kilometer Fahrt, um bis an sein Ende zu gelangen. Das Valle de la Luna war zu Urzeiten ein See, der dann nach oben gedrückt und zum Teil aufgefaltet wurde. Zusammengepresster Sand, Lehm und teilweise Salz waren dann das durch Wind und Wetter zu formende Material, als dessen Ergebnis nicht nur bizarre Formen entstanden sind, sondern tiefe Vadis, interessante Höhlen, ein tolles Farbenspiel der verschiedenen Sand-/Gesteinsarten erkennbar ist, Verwitterung überall seine besonderen Spuren hinterlassen hat. Nicht nur menschenähnliche Figuren wie die Tres Marias sind das Ergebnis, sondern auch eine hohe Düne, von der aus man nicht nur einen tollen Einblick in das als Amphitheater genannte und von Hügeln umkränzte Oval hat, sondern zugleich den besten Aussichtspunkt für einen Sonnenuntergang bietet. Wir waren zeitig dort und blieben, während angereiste Reisegruppen nach wenigen Minuten den Weg zurück in den geschützten Bus suchten, denn gegen Abend wurde es nicht nur wegen des Windes empfindlich kühl. Das sich dann präsentierte Farbenspiel bei abnehmendem Sonnenlicht auf den umliegenden Hügeln war es wert, hier oben zu frieren und dann im Halbdunkel sich aus dem Tal herauszutasten.

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Für den heutigen Tag, den 17.10., war eine längere Rundreise geplant, die uns zu der Reserva National de los Flamencos im Salar de Atacama führen sollte, anschließend dann weiter und wieder einmal in Richtung argentinischer Grenze zu den unterhalb des Vulkans Miniques liegenden Lagunen. Der Salar ist nicht gerade klein, und so standen etliche Kilometer Anfahrt auf dem Programm, die uns zuerst an den sich im Süden an das Hauptdorf San Pedro anschließenden kleineren Oasen, die anscheinend inzwischen Schlaf- und Wohnort der einheimischen Bevölkerung geworden sind, vorbeiführte, bevor uns dann die Weite des Salars umgab.  Rechts von uns der Salzsee bzw. die sand- und schotterbedeckte sichtbare Oberfläche, durch die nur hin und wieder deutlich die Salzkristalle durchschimmerten, rechts begleitete uns eine Bergkette, aus der natürlich der Vulkan Lincancábur herausragte, dominiert dieser Berg doch die Bergkette allein schon durch seine Größe (5.916m).

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Der kleine Ort Toconao war nach knapp 40 Kilometern erreicht; er liegt eher am Rande des Salzsees und ist von großflächigen Waldungen insbesondere der einheimischen Tamarugo Bäumen umgeben. Sehenswert hier insbesondere die alte zu Kolonialzeiten erbaute kleine Kirche mit ihrem abseits auf der Plaza  stehenden dreistufigen Glockenturm, deren Tür als Kakteenholz gefertigt ist. An die Kirche angeschlossen ist ein kleines Frauenkloster; die Nonnen trafen gerade die Vorbereitungen für das am kommenden Tag stattfindende Kirchenfest. Das war es aber schon an feststellbaren Aktivitäten in diesem kleinen Dorf, in dem die wenigen sichtbaren Menschen sehr gemächlich sich bewegten oder plaudernd zusammen standen. Auf eine Besonderheit in der Hausbauweise muß hingewiesen werden. Im Gegensatz z.B. zu San Pedro, wo die Häuser aus Adobesteinen gebaut werden, greift man hier auf in der Nähe abbaubares Vulkangestein zurück, das weiche und zugleich auch weiße Liparitagestein . Auch die Kirche ist aus diese Material gebaut und erstrahlt dementsprechend weiß.

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Bald hinter Tocanao mußten wir dann die schöne Asphaltstrasse, die zum Paso de Jama und somit nach Argentinien führt, verlassen und tauschten das ruhige Fahren gegen ein Dauergerüttel auf einer Erdpiste durch den Salar ein, um zum Lago Chaxa zu kommen, wichtiger Teil der Reserva National de los Flamencos. Der Salar de Atacama ist praktisch der See, in dem der Rio San Pedro aber auch andere aus den Andenbergen unterirdisch abfließender Flüsse münden. Da kein Abfluß besteht, denn es ist eine Senke, verdunstet das Wasser schnell an der Oberfläche und zurück bleiben die im Wasser enthaltenen Salze. An einigen Stellen des Salar bilden sich dennoch einige sehr salzhaltige Wasserflächen, ein ideales Revier für Flamingos. Der Lago Chaxa ist die größte dieser Wasserflächen auf dem Salar; hier haben sich dauerhaft eine ganze Anzahl von Flamingos angesiedelt. Rund um die Lagune dann das übliche Salarbild, eine braune Kruste, nicht glatt, sondern oft aufgebrochen, mit Gesteinsablagerungen, auch aus den letzten Vulkanausbrüchen, übersäht, mit einigen weißen Salzsprenkeln,  eine große weiße Salzfläche ist kaum zu erkennen. Der Besuch bei der Flamingostation beginnt mit einem kleinen erläuternden Rundgang, auf dem dem Besucher die Entstehung des Salar aber auch das Verhalten der hier lebenden Flamingos vermittelt wird. Für uns neu, die Flamingos leben in monogamer Beziehung, bis das der Tod sie scheidet. Nun war dies die erste Möglichkeit, Flamingos in freier Wildbahn zu sehen; aber die Vögel halten sich verständlicherweise nicht dort auf, wo der Besucher sie leicht zu Gesicht bekommen kann. So blieb uns die Fernsicht auf die im Grunde sehr kleine Gruppe an Flamingos, die zudem auch immer wieder ihren Standort auf dem See wechselten. Auch wenn die großen Flamingopopulation hier nicht zu sehen war, beeindruckt haben uns die wenigen Tiere in ihrem majestätischen Gang und eleganten Flug schon.

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Unser nächstes Ziel waren zwei schöne Bergseen/Lagunen in der Nähe des Paso de Jama, die wir nach fast 100 Kilometer Fahrt erreichten. Gute 75 Kilometer lang war es, nachdem wir vom Salar wieder auf die RN 23, die zum Pass führt, zurückgekehrt waren, ein angenehmes Fahren, genügend Gelegenheit, nach rechts und links zu schauen und das Bergpanorama zu genießen. Stetig ging es bergauf, schließlich waren wir auf deutlich über 4.000m angelangt und fuhren über eine Hochebene. Fast hätten wir es übersehen, dieses kleine unscheinbare Schild, das auf eine kleine enge Schotterpiste den Berg hoch hinwies. Da war es dann mit dem gemütlichen Fahren vorbei, denn die nächsten mehr als 20 Kilometer ging es im wahrsten Sinne über Stock und Stein auf einer Piste, die nur Platz für ein Fahrzeug bot. Dem einzigen entgegenkommenden Wagen konnten wir zum Glück in einer Ausweichstelle Platz machen. Trotz des angestrengten Blickes auf die vor uns liegende Wegstrecke bemerkten wir mehrfach oberhalb von uns Wildtiere. Einzelne Guanakos grasten dort, machten sich aber schnell davon, als sie bemerkten, wie wir anhielten und machten somit unser Bemühen um eine Dokumentation dieser Begegnung zu Nichte.

Der Bereich um die beiden Lagunen Laguna Miscanti und Laguna Meniques, nach meiner Erinnerung teil des Nationalparkes, wird von der indigenen Dorfbevölkerung von Socaire, gut 30 Kilometer entfernt, betreut. Und so wartete am Eingang zu dem Park in einer kleinen Steinhütte eine dick eingepackte und sich vor der Kälte schützende Indigena, um uns die Eintrittskarten zu verkaufen. Auf einer vorgeschriebenen Route war es möglich, in die Nähe der tiefer in einer Senke  liegenden beiden Lagunen zu fahren, auf vorgezeichneten Fußwegen konnte man sich dem Wasser nähern, ohne es zu erreichen. Gutes Sehen war also angesagt. Was sahen wir : zum einen kristallklares grünliches Wasser, im Hintergrund jeweils imposante Gipfel, den Cerro Miscanti und den Cerro Meniques, beide fast 6.000m hoch, und eine einsame Möwe, die die Nähe der Wandernden suchte, um Futter abzustauben. Ein strammer Wind ging hier oben, und warm war es auch nicht, eigentlich sollte man sagen, es war saukalt, was nicht unbedingt zu längeren Fußwegen anregte. Es war wohl eher das geeignete Möwen- als Menschenwetter, weshalb wir diese malerische und nahezu ohne Störung durch andere Besucher wahrzunehmende Gegend nach einer guten Stunde wieder verließen und uns über die Holperstrecke zurück zur RN 23 und nach San Pedro auf den Weg machten.

(Fremdbilder von beiden Lagunen, mein Foto hatte eine Störung!)

Der Besuch der El Tatio Geysire in einem etwa 100 Kilometer von San Pedro entfernten Hochtal gehört zu den Ausflugszielen, wenn man in San Pedro ist. Da, so wird berichtet, die Chance auf hohe Fontänen am frühen Morgen, wenn das gefrorene Wasser auftaut und die Fontänen einen größeren Druck aufbauen müssen, am größten ist, hieß dies, am heutige 18.10. im Dunkeln aufstehen und fast 2 Stunden in Richtung El Tatio in die Hochebene fahren. Da wir zu Recht vermuteten, die Beschilderung ist nicht nur mangelhaft, sondern im Dunkeln auch kaum zu erkennen, legten wir uns gegen 04:30 Uhr an der in Richtung El Tatio führenden “Straße” auf die Lauer und warteten auf die Busse der Reiseagenturen. Wir wurden nicht enttäuscht und konnten uns dann an ein Fahrzeug über lange Zeit dranhängen. Sichtlich vor Morgendämmerung und 30 Minuten vor der geplanten Zeit erreichten wir fast als erste den Park. Nun hieß es in schneidender Kälte warten. Trotz Dunkelheit konnten wir weit vor uns weiße Rauchwolken erkennen, die Geysire dampften so vor sich hin. Ein gespenstisches aber auch sehr interessantes Bild. Mit zunehmendem Morgenlicht war es möglich, das gesamte Areal wahrzunehmen. Aus gut 100 Löchern zischte und dampfte es, kleine Fontänen schossen ab und zu in die Luft, es brodelte um uns herum, als wir bei Tageslicht über das zugängliche Gelände liefen. Obgleich es von unten warm heraufströmte und Gelegenheit bestand, sich auf der einen Seite zu wärmen, überkam einem auf der Rückseite ein Frösteln, es war wieder einmal saukalt hier oben in den Bergen. Die Frostgrenze war unterschritten. Und eine wärmende Sonne war (noch) nicht in Sicht. Es war ein sehr beeindruckendes Bild zu erleben, wie hier die Erde atmete, unter uns quasi lebte und wir praktisch in den Erdschlund blicken konnten. Natürlich hatten wir das erhoffte besondere Erlebnis einer meterhohen Fontäne nicht, aber der gesamte Eindruck der El Tatio Geysire war ein starker. Fast waren wir geneigt zu sagen, nachdem wir dies gesehen haben ist eine Fahrt zu den Geysiren auf Island entbehrlich. Übrigens, die Erdwärme sollte genutzt werden, weshalb man vor Ort in dem Gebiet der Geysire Bohrungen ausführte mit dem Ergebnis, die Geysire versiegten. Großer Protest wegen des Verlustes dieser Naturschönheit und die Bohrungen wurden eingestellt. Auf dem Areal kann man noch einige versiegelte Bohrlöcher “bestaunen”.

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Einfach gegen 09:00 Uhr wieder zurück nach San Pedro zu fahren war nicht unser Ding. Die Straßenkarte und Hinweise in den diversen Reiseführern legten nahe, eine kleine Rundfahrt durch das Gebirge hier im Norden von San Pedro zu unternehmen. Es war eine denkwürdige Rundfahrt, die zu nicht geplanten Einsichten und Erlebnissen führte.

Offensichtlich ist die Morgendämmerung des Guanakobetrachtenden Freund, denn auf dieser Fahrt durch das Altiplano in Richtung Calama sahen wir sehr häufig diese scheue Lamaart. Immer wieder bemerkten wir in akzeptabler Entfernung auch größere Tiergruppen, die wohl beim Frühstücken durch die Täler liefen.

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Die Fahrt über das Altiplano hatte seine Reize und seine Herausforderungen. Straßenschilder, natürlich, Fehlanzeige, so konnten wir uns nur auf unsere nicht gerade einen kleinem Maßstab darstellende Straßenkarte und die vermutete Himmelsrichtung verlassen. Irgendwie kamen wir, wenn auch nicht immer sofort an unser erstes Ziel, die Gemeinde Caspana, ein kleines unspektakuläres Nest direkt am Rio Caspana gelegen, von indigenen Atacamenas, den Aymara, bewohnt. Kurz vor dem Ort bemerkten wir einen Friedhof, dem wir einen Besuch abstatteten. Friedhöfe unterscheiden sich erheblich von den uns in Deutschland bekannten. Hier werden kleine Häuser für die Toten gebaut, oft stehen auch Getränke bereit und ganz besonders auffällig ist der üppige (Kunst-)Blumenschmuck.

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Hinein kamen wir nach Caspana, die Karte wies auch einen Weg durch den Ort in Richtung Bundesstrasse im Norden, den wir aber nicht fanden. Also hieß es über eine sehr schmale Brücke über den Rio Caspana zurück und die in der Karte eingezeichnete Alternativroute suchen. Ich erinnerte mich, am vor dem Ort gelegenen Friedhof eine Wegabzweigung in Form einer sehr einfachen Piste gesehen zu haben. Das mußte dann wohl die in der Straßenkarte eingezeichnete Verbindung zur Bundesstraße sein, die nach etwa 10 Kilometern erreicht sein sollte.  Recht hatte sie, die Straßenkarte, aber ein so richtig befahrbarer Weg oder Sträßchen war es nicht!

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Karten können sich nicht irren, die Richtung stimmte und der Weg schien zu Beginn auch gut befahrbar, schließlich sitzen wir in einem ganz gut motorisierten Wagen mit großer Bodenfreiheit. Die gute Stimmung verflog in dem Maße, wie die Wegverhältnisse sichtbar schlechter wurden. War es zu Anfang noch eine weitgehend normale Schotterpiste mutierte dieser Weg zunehmend zu einem nur mit Ochsenkarren und viel Geduld der Zugtiere nutzbaren Strecke. Wir ruckelten langsam unserem – vermeintlichen – Ziel entgegen, doch die Stimmung verschlechterte sich weiter als erkennbar war, nun geht es ziemlich steil in eine Schlucht hinunter. Links der Felsen, dann eine Art Weg und rechts ging es dann mehr oder weniger steil und direkt hin zum Fluß. Umkehren war nicht möglich, wie sollte man auf einem maximal drei Meter breiten Weg unser Ungetüm von Auto wenden und rückwärts hinauf ging schon gar nicht. Ich muß zugeben, ich erinnere mich nicht, jemals so langsam und behutsam eine Strecke gefahren zu sein und angespannt war ich auch ziemlich. Katrin auf dem Beifahrersitz wurde ganz ruhig und starrte starr und sehr angespannt nach vorne. Meter um Meter ging es abwärts; mußte hart gebremst werden hatte ich das Gefühl, auf der Schotterschicht zu schwimmen. Ich weiß nicht, wie lange die Bergabfahrt dauerte, es fühlte sich nach Stunden an. Endlich im Tal angekommen stand uns die zweite Überraschung bevor. Zwar führte ein Weg auf der anderen Flußseite wieder die Wand hinauf zum Licht, aber zuvor war der Fluß zu durchfahren. Nach eingehender Prüfung der Wassertiefe wurde der Versuch gewagt und mit dem maximal möglichen Anlauf dann durch das Wasser geprescht. Wir waren also drüben aber noch nicht oben. Die bislang gefahrene Strecke zurückzufahren traute ich unserem nur auf einer Achse angetriebenen Wagen bei der starken Steigung nicht zu, also konnte es nur heißen mit Hoffnung sich auf den Weg nach oben zu machen. Katrin ging voraus, um den Anfang der Strecke zu prüfen – es war machbar. Also Mut gefasst und den Wagen im zweiten Gang behutsam am Gas haltend langsam nach oben ziehen – Anspannung pur, denn Stehenbleiben und dann erneutes Anfahren, ob das gelingt? Wir schafften auch diese Hürde und sahen unter uns ein wirklich schönes sehr enges Tal. Natürlich hätten wir den Blick zurück lieber nach einer anderen als dieser stressigen Erfahrung gemacht. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußten, es wartete noch eine zweite Schlucht mit ähnlichen Bedingungen auf uns. Man könnte fast sagen, wir hatten ja jetzt Erfahrung und könnten die neue Herausforderung gelassen angehen – traf aber nicht auf uns zu. Auch diesmal ging “der Arsch/mein Arsch auf Grundeis”. Aber, man darf den Beifahrer ja nicht ängstigen und so blieb ich äußerlich ganz cool, kein Problem, das schaffen wir doch! Ja, wir kamen durch, und das ohne Blessuren. Zugegeben, der Weguntergrund an der zweiten Schlucht war nicht ganz so extrem wie zu Beginn, aber auch für Ralleyfahrer wäre es eine besondere Herausforderung gewesen. Und wie zum Beweis, daß wir nicht die einzigen und schon gar nicht die ersten waren, die diesen in unseren Augen Wahnsinnsritt unternommen haben, begrüßten uns in der zweiten Schlucht eine Reihe frei laufender Lamas, die auch irgendwann von irgendwem eingefangen werden. Endlich wieder sicheren Boden unter den Reifen an der Bundesstrasse mußte ich Katrin versprechen, derartige Mutproben nicht mehr abzuliefern. Ja wenn ich gewußt hätte, wie die Strecke insgesamt ist, wären wir sicherlich so nicht gefahren. Aber wer ist schon Hellseher oder Allwissend?

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Angesichts dieser stressigen Fahrerei verzichteten wir auf einen Besuch des indigenen Dorfes Toconce, das eine besondere kleine Kirche besitzen soll und beschränkten uns auf einen Abstecher zu den Banos de Turi, einer Kulturstätte. Als wenn wir nicht schon genug Frust an diesem Tag geschoben hätten, die fehlende oder falsche Beschilderung verhinderte trotz aller Bemühungen, an diesen Ort zu gelangen. Irgendwann ist die Geduld weiter zu suchen erschöpft und wir traten den Rückweg auf die schöne Bundesstrasse in Richtung Calama an. Einzig den für die Region und seine indigene Bevölkerung typischen Ort Ayquina, nahe an unserer Strecke gelegen, wollten wir noch besuchen. Hier war auffallend, daß quasi im Oberdorf Neubauten für die Bürger geschaffen worden waren, im alten Unterdorf jedoch das Leben in den alten Gemäuern stattfand. So wie wir es verstanden haben, wurde hier für die Aymara ein Ort geschaffen bzw. der vorhandene indigene Ort so “erweitert”, daß weitere im Umland lebende Aymara hierher umsiedeln konnten/mußten. Der Ort soll in bestimmten Belangen eine ihre Kulturbelange berücksichtigende Selbstverwaltung haben. Der alte Ortsteil, die Häuser aus Bruchstein gemauert, warvoller kleiner Treppenfluchten zwischen den Häusern und den Gassen. Die Häuser waren quasi übereinander in den Hang gebaut worden und der jeweils einzige Zugang erfolgt über die Steintreppe. Ein nur noch in wenigen Fällen historisches Bild war zu sehen, denn die Modernisierer waren auch hier schon am Werk. Immer wieder konnten wir auch an zentralen Orten Brotbacköfen für die Ortsbewohner sehen.

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Die weitere Fahrt führte uns nah an Calama heran. So hatten wir die “Gelegenheit”, aus großer Entfernung die über Chuquicamata liegende Dunst- und Staubglocke zu bewundern. Und wie zum Beweis, daß die Atacama Goldgrube für die Schürfrechte Besitzenden ist, trafen wir dann auch auf einige weitere Minen. Erfreulich hingegen der Anblick einer überschaubaren Anzahl von Windrädern modernster Bauart, die sich heute, im Gegensatz zu unserer ersten Fahrt nach San Pedro wirklich im Wind drehten. Angesichts des Potentials für alternative Energieerzeugung in Chile erscheinen diese vom Energiemulti Endesa errichteten Spargel wie die Beruhigungspille für den Kritiker.

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Später als geplant erreichten wir unser Quartier in San Pedro, konnten auf einen schönen und ereignisreichen Tag zurückblicken, der uns manchmal auch ganz schön Angst eingejagt hatte. Morgen geht es dann wieder weiter in Richtung Argentinien.

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