Vom Lake Tekapo ist es nur ein Katzensprung hinüber zum Mount Cook; im Grunde um drei Ecken fahren, ein bischen bergauf und bergab, 50 Kilometer Strecke, dann ist man plötzlich am Südende des Lake Pukaki, über den wir sehr früh einen Blick auf den Königsberg Neuseelands, den Mount Cook/Aoraki (3.755 Meter) werfen können.
Vom Südende des Sees Pukaki führt eine Straße auf seiner Westseite bis hinauf nach Mount Cook Village, Ausgangspunkt zahlreicher Wandermöglichkeiten in diesem Massiv, Standort für The Hermitage, in dem sich u.a. auch ein Museum zu Ehren von Sir Edmund Hillary befindet. Anregend immer wieder die Möglichkeit hinüber auf die Bergkette zu sehen, die bei unserer Anfahrt sich ohne die oft herrschende Wolkendecke oder Wolkenkranz zeigte. Nach etwa 35/40 Kilometern Seebegleitfahrt waren wir am Nordende des Lake Pukaki angelangt; es schloß sich für einige Kilometer eine Strecke Feuchtland an, in dem ab und an auch einige Schafe nach Futter suchten.
Das Talende kam immer näher und damit auch unser Ziel, Mount Cook Village. Hier wollten wir nähere Informationen zu den Wandermöglichkeiten einholen, was erfolgreich geschah und einen Blick in das Hillary Museum werfen. Leider handelt es sich nicht um ein reines Museum, sondern eine Art Bespaßungsaktion für die ganze Familie mit diversen Filmen und Filmchen, woran wir kein Interesse hatten. Da man leider nur alles im Paket “erleben” kann und der geforderte Preis von 20 Dollar für das Museum alleine uns unangemessen erschien, machten wir uns direkt auf die erste Halbtageswanderung. Die frühe Ankunft gegen Mittag machte dies möglich. Nach Prüfung aller uns mitgeteilten Möglichkeiten stellten wir fest, so richtig große Auswahl an Eintageswanderungen gibt es nicht. Für den Nachmittag machten wir uns daher auf den Hooker Valley Track, der uns in gut 1 1/2 Stunden zum Gletschersee des Hooker Gletschers führte, einer der Gletscher, die vom Mount Cook Richtung Talebene abgehen. Offensichtlich für die große Zahl der kurze Strecken wie hier unter die Schuhe nehmenden Gelegenheitswanderern wird der Trail fast zu einem rollstuhltauglichen Weg ausgebaut, Staatsmittel machen es möglich. Hier laufen auch nicht vereinzelte Wanderer gen Gletschersee, sondern die erste Hälfte der Strecke wird von Busladungen von Touristen oft in nicht angebrachter Ausrüstung in Angriff genommen.
Anscheinend wir bei ihrem Streben nach dem alles ersehnten Blick auf den Mount Cook eine schöne Stelle am Anfang des Weges links liegen gelassen, der Friedhof/Gedenkstätte für die am Berg verunglückten Bergsteiger. Er ist passend ausgewählt, denn er liegt in der Sichtachse zum Bergmassiv; nicht jeder an den hier erinnert wird, ist direkt am Mount Cook ums Leben gekommen, oft waren es auch Nachbarberggipfel, die ihr Schicksal waren. Wir konnten, als wir dort waren, die Horden in geringer Entfernung vorbeilaufen sehen. Es stellt sich die Frage, welche Beziehung diese Gucker zur Bergwelt haben.
Der Hooker River muß mehrfach überquert werden; trockenen Fußes gelangt man über Hängebrücken an das andere Ufer; früher war es deutlich beschwerlicher. Vor der ersten Flußquerung hat man einen wunderschönen Blick auf den unterhalb des Footstool liegenden das Schmelzwasser des Mueller Glacier aufnehmenden Muller Lake. Sieht der Footstool aus großer Entfernung nicht besonders beeindruckend und schwierig zu besteigen aus, muß die Beurteilung heftig geändert werden. Der hinaufragende Gletscher ist mehr als nur von einzelnen Gletscherspalten durchzogen, der Felsen ist wirklich extrem steil. Eine Besteigung somit wirklich keine Sache im Vorbeigehen, was einigen Bergsteigern das Leben gekostet hat.
Nach Überquerung der ersten Hängebrücke führte der Weg durch niedrige Vegetation, kleine Krüppelbäumchen und Büsche, ab und an blühte es auch; wir gewannen kaum an Höhe, stiegen dabei aber immer wieder über Moränen, dank es geebneten Weges ein Gehen wie im Schlaf. Die ganze Zeit hatten wir den Berg im Blick, aber er kam uns oder wir ihm kaum näher. Zweimal kamen und mit Rucksack, Seil, Steigeisen und Eispickel ausgerüstete Bergsteigerzweiergruppen entgegen. Wohin die wohl aufgestiegen waren?
Bis zur zweiten Hängebrücke sind wohl die meisten der Bustouristen gekommen, der dann folgende Weg war nicht mehr im Schlaf zu gehen, man mußte Feuchtstellen durchqueren, hin und wieder über Steine klettern, nichts für Schnallenschuhträger. Nach etwa 1 1/4 Stunden zügigen Ausschreitens dann plötzlicher Stop, wir waren auf dem Aussichtspunkt am Hooker Lake auf 900 Metern angekommen. Bergsteiger gehen weiter; sie beginnen nach der dritten Hängebrücke am Hand entlang in Richtung Gletscher zu laufen; wir hingegen konnten maximal hinunter zum See gehen und mussten uns mit diesem Blick immer noch aus der Ferne begnügen. Erst auf den zweiten Blick wurde klar, daß das in den See unterhalb des Mount Cook ragende Etwas der Gletscher ist, schwarz und voller Geröll. Trotz dieser Auflage ist es möglich, weiße Gletschereiskälber zu zeugen, die dann auf dem See schwimmen. Auch aus der Ferne wird deutlich, welcher Anstrengungen es bedarf, um die schlappen 3.755 Meter hinaufzusteigen.
In unmittelbarer Nähe zum Mount Cook Nationalpark existiert kein Campingplatz mit Stromversorgung; wir müssen deshalb zurück bis an die Nordseite des Lake Pukaki fahren. Für den 30.1. haben wir uns vorgenommen, an den auf der Ostseite der Mount Cook Range liegenden Tasman Gletscher und zur Ball Hütte zu wandern, ein Programm für einen ganzen Tag. Dementsprechend früh waren wir auch unterwegs zum Startpunkt des Trails im Tasman Valley. Das gleich zu Beginn den Weg formende Geröll hielten wir für eine zeitweilige Beschwernis, dem bald normale Pfade folgen würden. Wir irrten uns. In der Wegbeschreibung war zu lesen, die erste Hälfte der gut 4-stündigen Strecke müssten wir einen von Allradfahrzeugen genutzten Weg wandern, danach wären mehr Erfahrungen im Wandern in unwegsamen Gelände gefordert. Was für die erste Zeit so vage formuliert war entpuppte sich als dauerhafte Gerölltreterei, kein sauberer unkontrollierter Schritt war möglich, wahrlich kein schönes Wandern. Dabei hatte das Tal seine Reize, konnten wir immer wieder sehen, wo riesige Felsabbrüche erfolgt sind, die den anfangs noch sichtbaren Fluß zuschütteten und auch den Weg mehrfach unpassierbar gemacht hatten. Zu diesem wenig attraktiven Weg kam eine stechende Sonne hinzu, Schatten spendenden Baumwuchs gab es nicht.
Nach eineinhalb Stunden versperrten große Steinblöcke jedem Fahrzeug den Weg, der jetzt endlich wie ein Wanderpfad aussah, aber nur für kurze Zeit. Nach zehn Minuten standen wir auf dem uns die ganze Zeit auf der östlichen Seite des Weges begleitenden Geröllberg, der sich als eine Seite des Gletschers deckende Moräne entpuppte. Auch hier bestanden anfangs Zweifel, ob wir nun auf einen Gletscher blicken oder es sich um normalen Geröllschutt handelt. Weiter im Süden war zwar ein See, dies muß aber nicht zwingend der Gletschersee sein. Als wir endlich auf der Oberfläche der vor uns liegenden Masse etwas scheinbar weißes entdeckten war klar, wir stehen neben dem Tasman Gletscher. Ein Blick auf die andere Seite des Gletschertales machte deutlich, wie mächtig dieser einmal gewesen sein muß, denn die Spuren waren dort deutlich an den Hängen sichtbar. Auf dem Rückweg stieg ich die Seitenmoräne hinauf und konnte die Gletscherabbruchkante fotografieren, wodurch allerletzte Zweifel beseitigt werden konnten.
Wir waren noch nicht am Ziel unserer Wanderung angekommen; jetzt ging es weiter bergauf. Aber nach kurzer Zeit war es kein Wandern mehr, sondern ein immer wieder nach dem richtigen Weg fahndendes mühsames Klettern über Geröllsteine und Felsen. Nur sehr langsam kamen wir voran und waren dankbar, wenn zwischendurch einige Meter normal gewandert werden konnte. Hin und wieder hatten wir dabei auch schöne Aussichtspunkte erreicht, aber zunehmend stellte sich uns die Frage, ob wir auf diese Art und Weise den Rest des Tages uns fortbewegen wollten. Nach einer Vesperpause auf den Felsen, einem langen Blick in unsere Zielrichtung, ist es noch eine halbe Stunde Plackerei oder mehr, wir wussten es nicht, entschieden wir uns, den Rückweg anzutreten getreu dem Motto : de ar ingen skam og snu!
Wer gedacht hätte, der Rückweg ist leichter irrt. Das Geröll macht egal in welcher Richtung man geht, wenig Freude und ist anstrengend. Ein Liedchen auf den Lippen beim Wandern – hier eher nicht. Natürlich hatten wir immer wieder einen Blick für die Bergwelt übrig, suchten nach den Resten des verschütteten Baches, den wir erst kurz vor Ende des Trails fanden, aber am meisten dachten wir “hoffentlich hat dies bald ein Ende”. Das war einfach kein Wandern, es war eine Plackerei. Froh waren wir, am frühen Nachmittag wieder am Camper angelangt zu sein. Wir hatten uns diese Wanderung zum Tasman Gletscher anders vorgestellt, es sollte eine entspannte Eintageswanderung sein. Leider war es eher ein Kampf ums Vorwärtskommen als ein Wandern. Diesen Tag müssen wir wandertechnisch abhaken, auch wenn uns die Bergwelt auf dieser Seite des Massivs schwer beeindruckt hat.
Also Abfahrt und an anderer Stelle z.B. an der Westküste einen neuen Versuch wagen, in die Nähe der großen Berge Neuseelands zu kommen.