Von Mount Cook nach Dunedin

Früher als erwartet von der Wanderung am Camper zurück konnten wir ein neues Ziel für den Rest des Tages festlegen. Twizel, praktisch nur den Lake Pukaki zurück fahren, lag zu nahe. Der nächste akzeptable Campingplatz lag in Kurow.

Im Rückspiegel Mount Cook, ein kaum von einer Wolke gestörter Blick, linker Hand der Lake Pukaki mit seiner milchiggrünen Farbe, gesäumt von kleineren Bergen, eine Fahrt, die Spaß machte. Wir ließen uns Zeit, schenkten der Umgebung immer wieder auch bei Stops unsere Aufmerksamkeit, und wurden immer wieder von Schnellfahrern überholt. So können die 55 Kilometer gerne über eine Stunde in Anspruch nehmen. Twizel, entstanden im Zuge des Baus eines großen Wasserkraftwerkes in der Nähe, lebt offensichtlich vom Tourismus und der Nähe zu Mount Cook. Knapp 1000 Einwohner aber zwei große Supermärkte, übertroffen noch von den drei sich in näherer Umgebung befindlichen Campingplätzen, zeichnen Twizel aus, also ein Ort zum Durchfahren.

Hinter Twizel weitet sich die Landschaft auf, die Berge rücken deutlich in den Hintergrund, der Umfang der Landwirtschaft nimmt erkennbar zu, Felder werden größer, die Herden auch.

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Trocken scheint es hier zu sein. Darauf weist die eher ockerfarbige ehemals Gras darstellende Vegetation immer wieder hin. Dort wo möglich, wird mit riesigen Bewässerungsanlagen, deren Rohrsystem nach unserer Schätzung bis zu 500 Meter lang ist, die Weide gewässert, damit genügend Futtermittel für die großen Viehbestände erzeugt werden. Den entsprechenden Landmaschinenhändlern muß es richtig gut gehen, denn diese Großanlagen stehen hier nicht vereinzelt, sondern eher zu hunderten auf den Wiesen. Auf Grund ihrer Größe können sie wohl nicht umgesetzt werden, so daß praktisch je wichtiger Weide eine Anlage installiert werden muß. Wahrlich kapitalintensiv. Wenige Kilometer südlich von Twizel reiben wir unsere Augen als wir ein Schild erkennen, das auf ein Skigebiet hinweist, gleichzeitig jedoch mitteilt, daß die Anlage derzeit geschlossen sei. Am Lake Ohau befindet sich ein Skigebiet; die hier bis über 2.000 Meter aufragenden Berge erlauben im Winter Skifahren.

In Omarama zweigen wir in das Waitakital ab, ein malerisches, manchmal sogar enges Tal. Der Waitakifluß hat eine besondere Bedeutung für das Land, weniger wegen der auch hier bestehenden Maorivergangenheit, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, denn der Fluß wurde an drei Stellen zu riesigen Seen aufgestaut, um Wasserkraftwerke zu betreiben. Das erste wurde 1928 bei Kurow in Betrieb genommen und erfüllt seine Funktion immer noch. Der Staudamm bei Kurow gehört eher zu den kleineren entlang des Flusses. Die weiter flußaufwärts liegenden Dämme bei Otematata und bei Aviemore weisen eine andere Größenordnung auf.

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Staudämme erzeugen Seen und im vorliegenden Fall kann man diese zumindest teilweise umfahren und vermeidet dabei die Rennbahn Richtung Oamaru. Um den aufgestauten Lake Aviemore kann man über 20 Kilometer herumfahren, links Wald und Berg, rechts der See, immer am See entlang. Es hatte am Nachmittag gut aufgebriest, hier an dem lang gestreckten See konnte man gut erkennen, wie durch den Wind sehr schöne lange und vergleichsweise hohe Wellen aufgebaut wurden. Ideal für Segler, von denen keiner in Sicht war. Ist hier in Neuseeland das sogenannte “freedomcamping” sehr eingeschränkt, man kann fast nur noch auf offiziellen Campgrounds über Nacht stehen, erstaunte uns festzustellen, das entlang der Ostseite des Sees in kurzen Abständen auf den schmalen Wiesen am See Wohnwagen standen, ohne daß es sich hier erkennbar um einen offiziellen Campingplatz handelt. es geht also doch, nur erwischen lassen darf man sich nicht. Wir steuerten unseren Kiwi-Campingplatz in Kurow an, gingen auf Nummer sicher. Kaum besucht, aber sehr schön gelegen war dieser Platz, denn er grenzte an den Fluß.

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Obgleich wir noch nicht in Australien sondern hier in Neuseeland reisen, es sieht so aus, als ob Katrin ihr erstes Känguru in freier Wildbahn entdeckt hat. Das diese Tiere hier im Land vorkommen, ist mir neu, aber der Blick auf das Foto überzeugte mich. Ich hatte im Vorbeifahren das bräunliche Fell eher für ein Stück Rotwild gehalten, Katrin forderte mich auf, zu dem am Straßenrand liegenden Fell zurück zu setzen und dokumentierte das Gesehene. Schade, lebend das Tier zu sehen hätte uns Freude bereitet. So bleibt für uns und insbesondere Katrin die Frage ungeklärt, wie kommt dieses Tier auf diese Insel!

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Auch Siedler benötigen wohl kirchlichen Zuspruch, immer wieder stoßen wir auf unserer Fahrt auf kleine Kirchlein, errichtet Mitte 1800. Manchen sieht man an, das Mittel nicht unbegrenzt vorhanden waren, andere wiederum wurden wohl erheblich von der Heimatkirche in England gesponsert, so daß im viktorianischen Stil Prachtbauten errichtet werden konnten. Anglikanische Kirche und die presbyterianische Kirche wetteiferten wohl um die Gunst der Gläubigen. Heute sind die Kirchen meist geschlossen und obgleich oft sehr klein gebaut, füllen sie sich nicht, zu wenig Menschen leben in deren Umfeld.

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Unser Interesse an historischen Wandmalereien war je bereits in Chile/Argentinien geweckt worden, deshalb bogen wir gerne ab, um uns die auf Maori zurückgehenden Wandmalereien in Takiroa anzusehen. Wir wurden enttäuscht. Der größte Teil der Abbildungen wurde vor vielen Jahrzehnten von interessierten Altertumssammlern und Museen freudig den Räubern abgenommen, der Rest ist nahezu unscheinbar und kaum erkennbar. Zwar sollen die Malereien erst aus dem 19. Jhd. stammen, wir haben aber auch andere Zeitangaben gefunden, die bis ins Jahr 1000 (!) zurück gehen, dennoch hätten wir gerne, auch um einen Vergleich zu haben, sie in Augenschein genommen. Abgesperrt ist der Bereich, obgleich man im Grunde nichts mehr sehen kann.

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Das Tal weitete sich zur Flußebene in der Nähe seiner Einmündung ins Meer, wir nähern uns Oamaru. Die Stadt ist es wert anzuhalten und sich das aus dem vorvergangenen Jahrhundert Erhaltene anzusehen. Wie so viele Städte hat sie ihre Blütezeit hinter sich, besitzt aber noch eine Vielzahl ansprechender Bauten aus der Vergangenheit. Gegründet in 1853 blühte die Stadt schnell auf, da sie über einen der wenigen Naturtiefseehäfen in Neuseeland verfügte; ein großer Teil der Fleischexporte erfolgte hierüber. In Hafennähe sind mehrere Lagerhäuser, Bürogebäude, Wohnhäuser dieser Zeit noch erhalten, werden genutzt. Viele kleine Geschäfte haben sich hier niedergelassen; das geht über Buchbinder, Filmausstatter, Buchladen, Antiquitätenhändler bis zu ganz normaler Haushaltsware. Auch ein Hotel hat sich in einem historischen Gebäude wieder etabliert. Die Baustile gehen offensichtlich querbeet, gestaltet wurde so, wie es dem Bauherrn gefiel. Dabei kam sehr oft ein in der Nähe gefundener Sandstein zum Einsatz, den ein eher weißlicher Ton auszeichnet. Das Harbour-Tyne-Viertel ist auf jeden Fall einen ausgiebigen Spaziergang wert.

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Und als ob es abgesprochen wäre, setzt sich auf einmal ein älterer Herr in einen Oldtimer und fährt gemütlich an den historischen Gebäuden der alten Innenstadt vorbei.

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Schöne Gebäude mit Sandsteinfassade findet man nicht nur in Hafennähe, sondern auch entlang und um die heutige zentrale Einkaufsstraße, die bereits damals diese Funktion hatte. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch festzuhalten : das Bedürfnis, überall Werbung für das jeweilige Geschäft anzubringen hat zu Laubengangkonstruktionen mit Werbetafeln geführt, die das Bild erheblich verschandeln. Nur vereinzelt kann man Gebäude ausmachen, die im wesentlichen  in ihrer historischen Form erhalten wurden.

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Ein Höhepunkt vor Dunedin stand uns noch bevor, die überirdischen Steine in Moeraki. Auch hier könnte man glauben, Überirdische seien im Spiel gewesen, zumindest spielen diese Steine auch in den Kulten der Maori eine Rolle. Vor und in der Küste, dem Strand von Moeraki liegen mehr oder weniger ebenmäßig runde marmorähnliche Steine, als wären sie von einem Riesen beim Murmelspielen hier vergessen worden. Einige sind zerstört; an ihnen kann man ersehen, wie diese Steine zusammengesetzt, quasi verleimt wurden – durch eine Form von Kalk? –, um dann durch Wind und Wasser in diese Form geschliffen zu werden. Wir haben nicht verstanden, wie eine solche Form entstehen kann; der Hinweis, um einen Kern herum wären wie bei einer Auster Ablagerungen ebenmäßig erfolgt, kann von uns nicht nachvollzogen werden. Im Grunde ist die quasiwissenschaftliche Erklärung auch nicht so wichtig, auf einer Tafel findet sich der dezente Hinweis, genau erklären könne man den Prozeß auch nicht – warum dann kaum nachvollziehbare Hypothesen als Stein der Weisen herausstellen? –, wir hatten unsere Freude, diesen Ort mit seinen Murmeln und seine interessante Küste zu besuchen und am Strand entlang zu wandern.

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Vielleicht sind die Kugeln ja auch mit Menschenkraft bewegt worden, es geht, man muß nur ordentlich Kraft einsetzen!

Ohne weitere besondere Kraftanstrengung rollten wir dann nach Dunedin, bogen wie immer bei der Touristeninformation kurz ab, um anschließend unser Quartier, den Campingplatz, diesmal nicht am Fluß, sondern direkt hinter der Meerdüne, anzusteuern.

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