Queenstown links liegen (ge)lassen !

Sonntags sollte man ruhen, wir strebten dennoch weiter, wenn auch sehr geruhsam. Das Fjordland hat uns sehr beeindruckt, wir hätten auch den einen oder anderen Tag an Katrins allerliebstem See noch verbringen können, aber der Weg nach Picton muß auch noch bewältigt werden und bis dahin gibt es noch so viel Neuseeland zu sehen! Über Queenstown liest man viel in den Reiseführern, malerisch am Lake Wakatipu gelegen, tolle Berglandschaft als Hintergrundkulisse, viele Outdoormöglichkeiten und unzählige Drehorte für “Herr der Ringe” in akzeptabler Entfernung. Dies schien uns das richtige Ziel, nur knapp 200 Kilometer Fahrt waren zu bewältigen.

Von Te Anau ging es fast 80 Kilometer ostwärts auf Mossburn zu, eine Strecke, auf der wenig Neues zu erkennen war. Immer sanfter und niedriger werdende Berg-/Hügelzüge waren unser Begleiter, das Mararoatal und das Tal des Oreti River wurde immer breiter, beste Bedingungen für den Hauptexportschlager Neuseelands, die Fleischproduktion.

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Wobei gesagt werden muß, nicht alle Berge waren austauschbar; ab und an bemerkten wir Bergzüge, die aussahen, als wäre ein Stück Papier zusammengeknäuelt worden, scharfe Kanten, tiefe Einschnitte und auf allen Bergrücken fast kein Baumwuchs. So rollten wir vor uns hin, räumten ab und an die Straße, um den eiligeren Fahrern Platz zu machen. Von Mossburn nahmen wir dann eine Verbindugsstraße nach Five Rivers, um auf der Nationalstraße 6 nach Queenstown zu kommen. Dier Bilder ähnelten sich, Dörfer passierten wie praktisch nicht und wenn, waren es nur sehr wenige Häuser, große Gehöfte waren auch nur sehr selten sichtbar. Aber Schafe grasten immer wieder auf den Weiden, in vielhunderter oder tausender Stückzahl. Wir hatten gerade den Flecken Fairlight passiert, als wir rechter Hand einen großen Schafauftrieb sahen. Kurz beraten, dann drehten wir um, um uns das Spektakel aus der Nähe anzusehen. Kaum waren wir in Sichtweite der Gatter, wurden wir schon von Tom, so der Name des Schafszüchters herbeigewunken und stiegen in das erste Gatter, in dem sich Lämmer befanden. Tom klärte uns über die Schafszucht ziemlich umfassend auf. Heute ging es vorrangig darum, die Lämmer von den Muttertieren zu trennen und die Böcke abzusondern. Bei den Lämmern stand die Kennzeichnung an, den Böcken sollten, soweit noch nicht geschehen, die Testikel in die Bauchhöhle geschoben werden, um die Zeugungsfähigkeit zu begrenzen. Schließlich sind auch noch die Schafe, die einen Merinoeinschlag haben, erkennbar an dunkler Nase oder teilweise dunkler Nase, auszusondern. Jeder Schafsjahrgang erhält eine andersfarbige Marke. Damit ist es leichter, diese nach etwa sechsjährigem Dasein insbesondere als Wollproduzent oder Gebärmaschine in die letzte Stufe der Verwertungskette zu schieben. Neuseeland ist hinsichtlich Schafsfleisch der größte Produzent auf der Welt. Bemerkenswert, wie die Schafszüchter ohne jegliche staatliche Hilfe über die Runden kommen. Tom meinte, da wir keine Unterstützung erhalten, kann die Politik uns auch nicht hineinreden. Dennoch kämpfen auch sie immer wieder mit den Nachfragezyklen, sich ändernden Moden; ihre Anpassungsgeschwindigkeit ist jedoch relativ gering, so daß es dann bei dem einen oder anderen Schafszüchter auch zu Notlagen kommen kann. Tom selber gehört zu den großen Züchtern; seine Herde ist insgesamt 14.000 Schafe stark, daneben stehen noch 500 Rinder/Kühe auf der Weide. So viel Vieh benötigt große Weiden, Toms Ländereien umfassen rund 5.000 Hektar, die zum größten Teil als Weideland genutzt werden, daneben baut er Futtermais an und muß Heu für die Winterfütterung der Kühe/Rinder machen. Im Winter stallt er zu seinem Rindviecherbestand weitere 300 “Gast”viecher ein, die er durch die kalte Zeit gegen Entgelt durchfüttert. Seine Auskunftsbereitschaft war enorm, zwischendurch treiben er und seine Hunde immer wieder Schafe in das letzte die Separierung ermöglichende schmale Gatter. Das alles wurde von ihm und zwei Helfern bewältigt. Scheinbar benötigt man auch in dieser Größenordnung nicht mehr Mitarbeiter. Nach einer guten halben Stunde machten wir uns mit neuen Informationen gefüttert wieder auf den Weg.

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Auf den folgenden fast 20 Kilometer bis nach Kingston, einem kleinen Flecken am Südende des Lake Wakatipu hatten wir den Eindruck, durch Toms Ländereien zu fahren, denn er deutete an, daß diese sich zu beiden Seiten des Gehöfts entlang der Straße erstrecken. Dann kann man die Größe sich leichter vorstellen.

Und wieder einmal erreichten wir einen See, einen der größten Neuseelands, der sich über 80 Kilometer von Kingston im Süden bis nach Kinloch im Norden erstreckt, relativ schmal ist und auf den Längsseiten von stattlichen Bergrücken und Gipfeln beschattet wird. Die Straße schlängelt sich am Uferstreifen entlang, Kurve um Kurve ist zu fahren. Manchmal gibt es die Möglichkeit, in Ruhe auf den See zu blicken, die eine oder andere wird von uns wahrgenommen.

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Bei Frankton macht der See einen Schlenker in Richtung Westen, ab hier beginnt auch die intensivere Bebauung der Ufer- und Hangregion. Dies setzt sich die kommenden sieben Kilometer bis nach Queenstown fort, um dann in der Stadt selber noch um etliche Galaxien getoppt zu werden. Die Stadt soll etwas mehr als 7.000 Einwohner haben; ein Vielfaches davon schob sich am frühen Nachmittag durch die Innenstadt. Diese hat für uns erkennbar nichts, weshalb man hier unbedingt herumlaufen müsste, ein Geschäft reiht sich an das nächste, die Gebäude bestehen im wesentlichen aus Appartementanlagen und Hotels. Wir sind in klein Malle gelandet, kein Ort, zu dem es uns hinzieht. Queenstown ist das Mekka für die Outdoorfreaks, hier gibt es alles und noch viel mehr. Allein die bestehenden verschiedenen(!) Bungeemöglichkeiten sind mit der Zahl sieben nicht vollständig erfasst. Dieses unfassbare Angebot zu Wasser, auf dem Boden und in der Luft zieht natürlich sein vorwiegend junges Publikum an, aus allen möglichen Ländern. Dazwischen dann Gruppen chinesischer Reisender, die sich offensichtlich hier genau so wohl fühlen wie wir. Uns hat dieser als Zielort auserkorene Ort so beeindruckt, daß wir keine Möglichkeit hatten, ein einziges Foto zu machen, so schnell verließen wir dieses hektische und laute Queenstown. Natürlich kam dann auch der angestrebte Campingplatz in dieser Stadt für uns nicht in Frage. Wir ließen Queenstown links liegen und orientierten uns über eine Nebenstraße nach Arrowtown, nur rund 20 Kilometer in den Bergen entfernt und viel viel ruhiger und entspannter.

Geruhsam wurde es, kaum hatten wir die Ortsgrenze hinter uns gelassen; dann mussten wir eine einspurige Brücke passieren, von der wir einen schönen Blick auf einen kleinen Fluß hatten, der sich sein Bett durch den Stein gefräst hat. Hier holte uns dann die atemlose Hetzjagd nach immer neuen Herausforderungen ein; kaum hatten wir auf einem Parkplatz hinter der Brücke angehalten, sahen wir die Schilder “shotover jet”, wir waren an einer Station dieser Art von Bootsfahrt angelangt. Der thrill besteht wohl darin, mit hohem Tempo auf der Wasseroberfläche durch möglichst kurvenreiche und enge Stellen wie dieses Flußbett zu rasen. Interessenten gibt es genug. Immer wieder kamen aus der Stadt Reisebusse voller Interessenten hochgefahren!

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Wenige Minuten später waren wir in Arrowtown angekommen, dessen Erkundung am Montag erfolgen soll. Da Katrin sowohl auf der Straßenkarte als auch kurz vor der Ortseinfahrt in Form eines Schildes einen See, den Lake Hayes, in der Nähe lokalisiert hatte, die Auskunft auf dem Campingplatz, das Wasser sei zwar kalt, aber nicht extrem kalt, nicht negativ war, starteten wir direkt nach dem Einchecken zum Wassertest an dem 6 Kilometer entfernten See. Er war wirklich schwimmbar, auch wenn kaum einer diese, zugegeben sehr kalte, Erfrischung nutzte. Katrin war wieder einmal in ihrem Element, auch ich konnte mich überwinden, und badete/schwamm. Und ein neuer “allerliebster See” war entdeckt.

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