… und Zikaden begleiten uns

Am Vorabend, als wir einen kleinen Spaziergang von unserem nur 300 Meter vom Meer entfernten Campingplatz zum Strand unternahmen, blies ein kräftiger Wind, gegen den auch ein Fleece wenig ausrichten konnte. Gut durchgeblasen kamen wir sehr bald wieder zum Camper zurück. Der stramme kalte Wind war nur der Vorbote für das, was man sehr kalte Nachttemperaturen nennen kann. Trotz warmer Decke, insbesondere Katrin fror beim oder statt des Schlafens erbärmlich. Um so froher waren wir, als wir die wirkliche Morgensonne begrüßen konnten, die einen sehr warmen Tag einläutete. Hier scheinen die Extreme sehr nah beieinander zu liegen. Temperaturmäßig ist Katrin von ihrem Wunschland sehr enttäuscht – das soll ein Sommer sein? Da trösten auch Hinweise von Einheimischen nicht, an einen derart kalten Sommer könnten auch sie sich nicht erinnern. Klingt ein bisschen nach Beschwichtigung. So bleibt uns nur die Hoffnung, die der Wetterbericht für die nächsten Tage in der dann zu besuchenden Region, das Fjord- (und Berg-)land gemacht hat – es erwartet uns in den nächsten vier Tagen strahlender Sonnenschein und bis Mitte 20 Grad (tagsüber). Darauf lässt sich aufbauen.

Nur noch wenige große Strände liegen heute, den 5.2. vor uns, bevor die Fahrtrichtung grob gesprochen Norden lautet, um in das Fjordland der Insel zu gelangen. Für diese wenigen Strandabschnitte haben wir uns jedoch ganz schön viel Zeit gelassen; Schönes soll man genießen.

Cosy Nook, so die Namensgebung einer kleinen Bucht mit einem kaum zu findenden Strand, die auf den im vorigen Jahrhundert hier seinen Lebensabend verbringenden Hafenmeister von Riverton, der unweit sein Refugium hatte, zurückgeht. Genutzt haben diese sehr steinige aber gut geschützte Bucht einige Jahre auch ein paar Fischer, jetzt wird hier höchstens noch geangelt. Zu Maorizeiten war diese Bucht ebenfalls besiedelt gewesen. Heute stehen hier vier oder fünf Behausungen, in die hineinzublicken bei dem einen oder anderen das Gefühl aufkommen lässt, man sei in einem übervollen Trödelladen gelandet. Dennoch, diese Minisiedlung war etwas besonderes, sie störte nicht, sie “schmückte” die Bucht. Und Schmuck in Form von Muschelschalen, in denen das Perlmutt nur so glänzte, hatte ein Bewohner an seinem Zaun befestigt.

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Ein strammer Wind geht hier, dem man sich entgegen stemmen muß. Dies gilt nicht nur für Mensch und Tier, in ganz besonderem Maße sind hier die Bäume “gefordert”. Ihre Anpassungsfähigkeit kann man ganz gut erkennen.

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Während wir um zur Cosy Nook zu gelangen, etliche Schüttelkilometer bewältigen mussten, bekamen wir andere wirkliche Traumstrände quasi im Vorbeifahren frei Haus geliefert. Wäre der stramme Wind nicht, wäre das Wasser nicht durch die aus der Antarktis hier vorbeiströmenden Wassermassen stark abgekühlt und für Normalsterbliche zum schwimmen geeignet, Neuseeland könnte sich des Ansturms sonnen- und badehungriger Gäste nicht erwehren. Aber so nutzen nur die Möwen die ausgedehnten Liegeflächen. Andere Strandabschnitte bestanden demgegenüber aus ausgedehnten Felsformationen. Und so langsam traten beim Blick gen Westen die Höhenzüge des Fjordlandes ins Blickfeld.

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Vorletzte Küstenstation war eine kleine Bucht, in der man bei Ebbe auf das Monkey Island und seinen kleinen Hügel trockenen Fuße gehen kann. Dieser kleine etwas vorgeschobene Hügel hatte bei den Maori eine besondere Bedeutung, sowohl hinsichtlich der Stammes- und Herkunftsgeschichte aber auch ganz praktisch als Ausguck nach früher vor dieser Küste auftauchenden Walen. Und während der eine von seinem Stühlchen mit der Angelrute versucht, seinen Fisch zu fangen, schnorcheln andere an den vor dem Ausguck liegenden Felsen, um sich die besten Muscheln zu sichern.

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An der Einfahrt zur Gemstone Beach sind wir vorbeigefahren, uns ist dadurch die Chance entgangen, mit viel Glück einen Halbedelstein zu finden. Nicht verpasst haben wir hingegen McCrackens Rest, wissen jedoch nicht, wie diese Aussichtsstelle zu diesem Namen gekommen ist. Auf jeden Fall war die Aussicht auf die Te Waewae Bay so schön, daß man durchaus hier auch länger Halt machen kann. In der Ferne sichtbar eine kleine Insel, Solander Islands, die vulkanischen Ursprungs ist. Im Westen die Berge des Fjordlandes.

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Dann ging es endgültig in Richtung Norden, dem Tagesziel Manapouri am Lake Manapouri entgegen. Die durchfahrene hügelige Landschaft der ersten 50 Kilometer war für Jahrzehnte Grundlage eines besonderen Wirtschaftszweiges, der Sägemühlen, deren Schwerpunkt sich in Tuatapere befunden hat. Die Ergebnisse des intensiven Holzeinschlages kann man gut sehen – riesige landwirtschaftliche genutzte Flächen wohin man blickt, manchmal ergänzt durch Neuanpflanzungen von Nutzholzbäumen. Von der einstigen wirtschaftlichen Herrlichkeit ist heute der Ort meilenweit entfernt, wie er auch sonst irgendwie am Rande liegt. Ein Sägewerk mit einfacher Holzverarbeitung existiert noch; ein Blick auf Lager und verarbeitetes Material zeigt, viel wird hier nicht verarbeitet. Der Ort darbt, siecht wohl vor sich hin und wer kann, sucht sich eine neue Heimat. Dies könnte man meinen, wenn man wie wir auf einer kurzen Strecke von knapp 500 Metern an einer aus dem Ort herausführenden Straße insgesamt 11 zum Verkauf stehende Häuser identifiziert.

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Es wird Zeit, wieder in einem Wald spazieren zu gehen. Der gut 25 Kilometer abseits unserer Strecke liegende kleine Regionalpark zum Schutz der Totara Bäume war unser Ziel. Der Park liegt wirklich fast im Nirgendwo, die Fahrt führte auch fast vollständig über Schotterstraße, aber der Anblick dieser Baummethusalems war fast jeden Umweg wert. Auf unserer kurzen Wanderung durch einen dunklen, feuchten, voller Farne, durch viel Unterholz sehr dichten Wald, in dem selten das Sonnenlicht bis zum Boden durchdringt, werden wir die ganze Zeit von Zikadengeknarrre begleitet. Ein echter Regenwald umgibt uns. Ergänzt wird dieser Dauerton, der mal mehr, mal weniger anschwillt immer wieder von Vogelgezwitscher, ein Gezwitscher, wie wir es bislang bei unseren Wanderungen noch nicht gehört hatten. Leider konnten wir keinen einzigen der Lautmaler erkennen. In einem kleinen für den Besucher zugänglichen Bereich, die Wegstrecke ist kürzer als 1 Kilometer, treffen wir auf gut 20 Totara Bäume von schier unglaublichem Alter. Die hier sichtbaren Exemplare sind etwa1000 Jahre alt; der mächtigste unter den einsehbaren Bäumen hatte einen Stammumfang von 8,31 Metern. Dieser gewaltige Umfang schraubt sich ohne wirklich stark abzunehmen hoch bis in den verasteten Bereich. Die Bäume erreichen eine Höhe, die mit meinem Weitwinkel beim besten Willen und unter allen denkbaren Verrenkungen nicht abgebildet werden kann. Wir schätzten sie auf deutlich mehr als 30 Meter, geht wohl eher auf die 40 Meter zu, denn die Bäume überragen den Rest des Waldes, der weitere sehr hochwachsende Bäume enthält, erheblich. Obgleich der Hinweis auf diesen geschützten Wald in einigen wenigen Broschüren enthalten ist, Massen reisen nicht hierhin, wir waren die einzigen, die vor Ort waren und bei unserer mehr als halbstündigen Anfahrt zu diesem Park wie auch bei der Rückfahrt begegneten wir keinem weiteren Naturliebhaber.

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Und noch ein Wald wird heute von uns angesteuert, diesmal umrahmt er einen kleinen See, den Lake Manowei. Warum nur sind alle schönen Plätze im Fjordland immer nur über kilometerlange Schotterpisten erreichbar? Will man den Besucherzuspruch so gering wie möglich halten? Die Fahrt dorthin ist wie immer etwas beschwerlich, denn unser kleiner Camper ist nicht das geborene Fahrzeug für eine schlaglochübersähte Schotterpiste. So ging es auch nur langsam vorwärts. Wie offensichtlich eine große Anzahl der Seen im Fjordland wird das Wasser zur Stromerzeugung genutzt; insbesondere die stromfressende Aluminiumhütte unmittelbar bei Bluff gelegen, ist der Großabnehmer der hier erzeugten Energie. Zu diesem Zweck wurde der vorhandene See durch Bau einer vielleicht 20 Meter hohen Staumauer weiter aufgestaut. Das hat dem Bild des Sees, der einsam und weitgehend verlassen zwischen den Bergen liegt, vom Wald umgeben, ruhig und friedlich scheint, keinen Abbruch getan. Insofern kann man von einem kurzen Spaziergang durch den ursprungsbelassenen alten Wald zu einem kleinen Ausguck an der Spitze einer Landzunge nicht anderes erwarten, als einen Blick in die Tiefe des Sees, der sich vor unseren Augen um diverse Bergrücken drehte. Einzig durch die Möglichkeit, daß hier über eine kleine Rampe auch Boote zu Wasser gelassen werden können, schmälert die Freude, denn wenn das Geknatter der Außenborder hier ertönt, ist es mit der himmlischen Ruhe dahin. Schade.

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Spät kamen wir von unserem Abstecher zum Manowai Lake zurück zur Hauptstraße und mussten uns sputen, wollten wir in einer von Touristen stark frequentierten Region noch einen vernünftigen Stellplatz auf einem Campingplatz erhalten. Zügig ging es auf Manapouri zu, jedoch nicht ohne ab und zu der Landschaft entlang der Strecke mehr als nur einen flüchtigen Blick zu schenken.

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Wir landeten auf einem kleinen aber toll am See gelegenen Campingplatz mit direktem Zugang zum See. Alles in Butter, wenn nur die Mücken nicht wären, gerade hier in Wassernähe sind sie eine echte Plage. Nicht zu hören, so winzig, daß man sie kaum erkennen kann, geschätzte 2 Millimeter groß, aber ihr Stich/Biß ist dauerhaft schmerzhaft. Es ist wohl an der Zeit, die Chemiekeule herauszuholen, wollen wir ruhig schlafen.

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