Dunedin

Dunedin heißt es, sei die am besten erhaltene Stadt mit victorianischen und edwardianischen kulturellen Erbe, was sich an der Baukultur insbesondere widerspiegelt. Insofern kann man hier klein England erwarten, so auch unsere Erwartung. Die Geschichte der Stadt beginnt nicht erst mit der Ankunft der ersten Siedler um 1850, oder den bereits ab 1820  hier anlandenden Walfängern, sondern mit der Ankunft der ersten Maori um das Jahr 1100. Bislang haben wir über die Besiedlung durch die Maori noch wenig erfahren, wir setzten auf die gut bestückten Museen auf der Nordinsel. Dennoch, auch im Alltagsleben sind Bezüge zur Maorikultur spürbar, ist wahrzunehmen, wie man sich als Neuseeländer auch der Kultur der Urbevölkerung erinnert. In vielen Fällen wird man mit einer Maori-Begrüßung angesprochen. Der größere Anteil der Erstsiedler aus der neuen Welt stammte aus Schottland, auch Menschen mit einem besonderen Nationalstolz. Da ist es nur natürlich, wenn die neu gegründete Stadt nach der eigenen Hauptstadt, Edinburgh, genannt wird, natürlich dann auf gälisch, d.h. Dunedin. Nicht wirklich überraschend zu lesen war, daß bereits mit den ersten Siedlern auch Prediger ankamen, um ihre Kirche hier zu vertreten. Dabei hatte die presbyterianische Kirche mit ihrem Pfarrer Burns die Nase vorn, denn er war schon 1848 (?) vor Ort, so m.E. eine Tafel in der Ersten Presbyterianischen Kirche von Dunedin. Diese Kirche besitzt ein fast quadratisches Kirchenschiff, an das ein Chor gebaut wurde und wirkt im Inneren durch seine Schlichtheit.

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In heutigen Maßstäben nicht weit von der Stadt entfernt, wurde im 19. Jhd. Gold gefunden, eine Quelle des späteren Reichtums. Eine große Kolonie chinesischstämmiger Bewohner geht auf einen großen Zustrom zu Goldgräberzeiten zurück; das besondere Geschick der Asiaten trug ebenfalls zum Wohlstandsgewinn der jungen Stadt bei. Dieser Wohlstand aber auch der Bezug zur alten Herkunftsheimat England prägte in vielen Fällen die auch heute noch zu bestaunenden Bauten. Für Mitteleuropäer wie wir sind manche der gefundenen Baustile stark gewöhnungsbedürftig. Dies gilt insbesondere für die historischen Anleihen, das extrem verspielte in manchen der dennoch anmutigen Bauten.

Es heißt, die Dunedin Railway Station, m.E. erst nach 1900 erbaut, sei das meistfotografierte Objekt Neuseelands; kann durchaus sein, denn auch wir haben es uns von allen Seiten angesehen, seine alten Fahrkartenschalter bestaunt, nicht zuletzt auch deshalb, weil in unmittelbarer Nachbarschaft samstags ein  Bauernmarkt stattfindet.

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Mindestens ebenso interessant ist es, einen Blick auf das alte Gefängnis, auch heute noch in Gebrauch und das direkt daneben liegende prunkvolle Gerichtsgebäude zu werfen.

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Das “Octagon” ist der zentrale historische Platz der Stadt. Natürlich gruppieren sich hier herum besonders bedeutsame Gebäude. Die St.Paul’s Kathedrale ist eines davon, obgleich dieses anglikanische Kirchengebäude bei weitem nicht das älteste ist. Überraschend auch die Feststellung, daß es zum Bau dieses imposanten Gebäudes erst einer Schenkung mit der Auflage verbunden, den gestifteten Betrag zu verdoppeln bedurfte, um Anfang des 20. Jhd. mit dem Bau zu beginnen. Erst vor wenigen Jahrzehnten wurde dann der Chorraum hinzugefügt, das Geld für den vollständigen Bau der Kathedrale fehlte einfach. Diese Gebäude wie auch viele andere für das Stadtbild von damals wichtige Häuser wurden aus Sandstein gebaut bzw. die Fassaden mit diesem im Süden der Insel abbaubaren Stein verkleidet.

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Und wie es sich an solch einem Platz gehört, auch die Stadtoberen und ihre Verwaltung wollen sich präsentieren; die reichen Händler, der Hafen und die Goldgräber lieferten die Grundlagen für den damaligen Wohlstand.

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Das Rathaus sieht zwar ganz schön alt aus, wurde zwischen 1876 und 1880 gebaut. Die ursprüngliche Absicht, eine Art Volkshalle anzuschließen, wurde/konnte bis heute nicht umgesetzt werden. An deren Stelle muß der Bürger mit einem häßlichen Funktionalbau aus Beton vorliebnehmen.

Geht man durch die Straßen der Innenstadt begegnet man immer wieder wunderschön restaurierten alten Gebäuden aus der Gründerzeit Dunedins. Auffallend viele Handels-  und Bankgebäude von sehr großem Ausmaß schmücken die Straßen. Nicht immer entspricht die heutige Nutzung der Ladenlokale unserem Geschmack bzw. entspricht nicht unbedingt dem Stil des Hauses. Zu diesen gewöhnungsbedürftigen Nutzungen alter Gebäude gehören auch die zahlreichen um das Octagon herum befindlichen Gaststätten und Pubs. Für das Leben in der Stadt sind diese jedoch von besonderer Bedeutung. Während wir am Freitagnachmittag auf dem Weg zur Touristenauskunft am Octagon landeten und auf eine lebhafte, geschäftige, volle Innenstadt trafen, konnten wir die Besucher der Innenstadt am Samstagvormittag und –mittag, bei leider im Vortagsvergleich bedeckten Himmel, fast mit Handschlag begrüßen. Samstag und kaum einer bewegt sich in der Innenstadt! Heißt das, das Zentrum wird nur durch die hier arbeitenden Menschen an Wochentagen belebt?

Am Octagon befindet sich auch die Dunedin Public Art Gallery, für uns aus zwei Gründen am Samstag von Interesse. Zum einen um zu sehen, was hier so gezeigt wird, zum anderen gibt es in öffentlichen Gebäuden oft kostenlosen Internetzugang, den wir dringend benötigten. Letztere Möglichkeit war nur sehr begrenzt gegeben, dafür wurden wir jedoch mit einer beeindruckenden Ausstellung von Linolschnitten aus den 30ger Jahren des vorigen Jahrhunderts mehr als entschädigt. Unglaublich, wie die hier ausgestellten Künstler es vermocht haben, auch sehr dynamische Eindrücke in mehreren Farben auf Linol zu schneiden und dann in einer kaum vorstellbaren Präzision zu drucken. Linolschnitte, so heißt es, war auch der Versuch, die Kunst für den kleinen Mann, das Volk erschwinglich zu machen.

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Mit den von zumindest in Neuseeland sehr anerkannten Installationskünstlern ausgestellten Lichtinstallationen konnten wir hingegen wenig bis nichts anfangen.

Fast zwei Nachmittagsstunden verbrachten wir in der öffentlichen Bibliothek und  nutzten deren Internetmöglichkeiten, um unsere Flugmöglichkeiten von Sydney nach Hobart zu checken und nach einem günstigen Quartier in der Nähe von Sydneys Flughafen zu suchen.

Auf dem Rückweg zum Campingplatz kamen wir an einem Playground vorbei, auf dem nun wohl Hobbymannschaften  im Kricket gegeneinander spielten und sahen kurz zu. Zu uns gesellte sich Ian, ein waschechter Dunediner. Wir baten ihn, uns diesen für uns sehr unbekannten Sport zu erklären, was er auch ausführlich, aber auf Grund seines stark dialektgefärbten und extrem schnell gesprochenen Englisch – oder war es doch eine andere Sprache? – für uns nicht in jeder Einzelheit verständlich versuchte. Das eine oder andere der Regeln haben wir verstanden, aber bei weitem nicht die Feinheiten. Insbesondere Katrin unterhielt sich dann mit ihm über dit un’ dat und zum Schluß, unvermeidlich, über das nicht gerade sommerliche Wetter, zumindest nach unserer Auffassung. Trocken und ohne eine Spur von Zweifel meinte Ian darauf, die heutigen 17 Grad wären doch warm, viel wärmer würde es eh nicht. Das sei hier der Sommer. Na dann haben wir die warmen Sachen wirklich zu früh Richtung Heimat verschickt!

Unser Campingplatz liegt ja in unmittelbarer Nähe zu einem großen Strand; was liegt näher, als diesem so weit wie möglich entlang zu laufen. Und wieder einmal ein Strand, von dem man träumen kann, bei Ebbe ein unendlich breiter Sandstrand und im Rücken eine mächtige Düne. Man kann in jede Richtung kilometerlang laufen, wir machten uns nur in eine Richtung auf den Weg und verschätzten uns erheblich, als wir wieder landeinwärts zu unserem Campingplatz kommen wollten. Angekommen sind wir; das Gehen im Sand fordert ganz andere Muskelpartien als auf der Straße, wie wir wieder einmal feststellen konnten. Morgen geht es dann auf die vor Dunedin gelegene Halbinsel Otago.

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Von allen Seiten wird man darauf hingewiesen, ja nicht zu versäumen, die direkt bei Dunedin gelegene  Halbinsel Otago zu besuchen. Gestern hatten wir uns richtig entschieden und blieben bei dem mehr als bedeckten Himmel in der Stadt und verschoben den Ausflug auf heute, den 2.2.. Wir lagen richtig, denn heute Morgen schien die Sonne und der Himmel war nur teilweise bewölkt. Das richtige Wetter, um die Landschaft der Halbinsel zu genießen.

Angepriesen werden vor allem Besuche bei den nur in einer sehr kleinen Kolonie hier noch lebenden gelb-äugigen Pinguine, die Albatrosse am Taroa Head und die sich dort oft auf den Felsen lümmelnden Seerobben. Von einer aus Fellbach stammenden mit uns in Dunedin übernachtenden Camperin erhielten wir den Ratschlag, diesen Anpreisungen nicht zu folgen. Sie hat am Samstag alle Angebote für teuer Geld in Anspruch genommen und hat im Grunde nichts zu sehen bekommen, ausgenommen die Fellrobben. Tiere haben halt so ihre Eigenarten und warten nicht auf uns Besucher. Die Pinguine tauchen, so ist zu hören, wenn dann in der Abenddämmerung auf. Dann ist bei einem frühen Ausflug die Enttäuschung vorprogrammiert. Für zwei Ausflüge jeweils gut 40 Euro pro Person hinzulegen und anschließend wegen der fehlenden Tierbeobachtung gefrustet weiter zu fahren, wollten wir nicht. Man kann auch ohne diese kommerziellen Ausflüge die Halbinsel ganz gut erkunden, was sich bei uns bis in den  Nachmitttag hinzog.

Otago ist eine von Höhenzügen durchkreuzte Halbinsel mit unendlich vielen Buchten, die alle mehr oder weniger zum baden einladen, wäre da nicht die sehr niedrige Badetemperatur und der starke Wind. An den Dutzenden Badestellen sahen wir niemanden, der es ins Wasser wagte. In der Nähe von Dunedin sind die Hügel, Aussichts- und Wasserlagen intensiv bebaut; viele Häuser haben sehr viele Jahrzehnte schon auf dem Buckel, die früheren Generationen, die über das notwendige Kapital verfügten, wußten sehr wohl, wo eine interessante Wohnlage besteht. Je weiter man jedoch sich von Dunedin entfernt, die Halbinsel ist etwa 20 Kilometer lang, desto ländlicher wird es. Die Häuser sind von einfacherer Bauart aber oft nicht weniger interessant anzusehen wie die Millionenbauten. Felder und Wiesen, oft von Schafen beweidet, dominieren. Interessant auch zu sehen, wie häufig hier zumindest Teile eines Waldes stehen gelassen wurden, wahrscheinlich um als Windschutz oder –brecher zu dienen. Manchmal sprangen die kleinen Höhenzüge etwas zurück, manchmal begleiteten sie uns auf der Fahrt über die Küstenstraße, die an der Nordwestseite von Otago entlang verläuft. Ein Pendant hierzu verläuft ab Portobello auf dem Bergrücken in gleicher Richtung; hiervon zweigen einige Stichstraßen in Richtung Ostküste ab, oft nicht asphaltiert, aber durchaus befahrbar. Uns hat es unheimlich viel Freude bereitet, in angemessenem ruhigen Tempo die Küstenstraße zu befahren, die sehr abwechslungsreiche Küstenlandschaft aufnehmen zu können.

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Besiedelt wurde die Halbinsel von den Einwanderer sehr früh. Ein Gang über einen kleinen am Ortsrand liegenden alten Friedhof führt zu Grabmalen, die aus 1853 stammen. Ab und an fallen auch im Vorbeifahren oder wenn man anhält und durch eine der kleinen wassernahen Dörfer läuft Häuser und Häuschen auf, die deutlich mehr als ein Jahrhundert Nutzung hinter sich gebracht haben. Manche wurden besonders herausgeputzt, wie das Fletcher Haus in Broad Bay, andere einfach nur ansprechend in Stand gehalten.

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Sowohl hier, oft in exponierter toller Aussichtslage, als auch in der Stadt Dunedin sind zahlreiche der stilvoll gestalteten Häuser aus dem Ende des 19. Jhd. zu finden.

Auch auf der Halbinsel gab Auswirkungen der letzten Erdbeben. Das Marine Center auf einer Halbinsel vor Portobello besitzt ein interessantes Aquarium mit Meeresfischen, das wegen Erdbebenschäden seit drei Jahren geschlossen ist. Die Lage des Marine Centers reizte uns dennoch zu diesem Abstecher, konnten wir so einen Blick auf die Isolationsinsel werfen, die etwa 100 Meter vor der Halbinsel im Sund liegt. Hier wurden von 1880 bis 1940 erkannte kranke Einwanderer erst einmal vor dem Rest der Insulaner in Sicherheit gebracht und isoliert.

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Die Küstenstraße endet in Taiaroa Head; hier befand sich einmal eine Festungsanlage, wichtiger heute ist das Royal Albatros Center und die, zugegeben seltene, Möglichkeit, die Tiere in freier Wildbahn zu beobachten. Hier ist man nicht auf spanische oder französische Gäste, schon gar nicht auf deutsche eingestellt, sondern im Fokus stehen Japaner und Chinesen. Wie zum Beweis der auf Hinweisschildern entsprechenden Sprachen tauchen Besucher aus diesen Regionen auch mindestens in Hundertschaften auf, in großen Gruppen per Bus oder als Großfamilie mit dem entsprechenden Campmobil. Auch auf den von uns besuchten Campingplätzen war der Anteil asiatischer Reisender extrem hoch. Wie am Ende einer Insel üblich, sieht man einen Leuchtturm, oft einen steil abfallenden Felsen und das Meer. Wir hatten dann das Glück, einige faul auf der Haut und Felsen liegende Fellrobben am Ufer zu entdecken. Katrins anfängliche Begeisterung, sie habe vielleicht doch einen Albatros entdeckt, entpuppte sich nicht als Ente aber als eine sehr große Möwe. Schade.

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Und dann begann fast der schönste Teil unserer heutigen Ausflugs. Ich wollte gerne an die Ostküste über eine Stichstraße fahren, was problemlos gelang. Beim Versuch, auf die über die Inselhügel verlaufende Straße zu gelangen, sind wir falsch abgebogen und landeten zu unserer großen Freude am Sandymount. Vom Parkplatz war es nur ein kurzer gut 1 Kilometer langer Fußweg, der uns anfangs durch eine dicht gewachsene Baumallee führte, um einen besonderen Aussichtspunkt, the Chasm, zu erreichen. Ein weiter fast Rundumblick in das Hoopers Inlet, die Hügelkette vor Portobello, auf Allans Beach – ohne irgendeinen Nutzer –, den gegenüberliegenden Mount Charles und natürlich das weite Meer gab es hier.  Allein dieser Blick war es wert, auf die Halbinsel gefahren zu sein.

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Den Besuch eines wirklichen Schlosses hier auf der Halbinsel, Larnach Castle, 1871 gebaut, um zu imponieren, aber nicht wirklich in diese Landschaft gehörend, schenkten wir uns. Es war auch Zeit, weiter in Richtung Süden zu den Catlins zu fahren.

Von Mount Cook nach Dunedin

Früher als erwartet von der Wanderung am Camper zurück konnten wir ein neues Ziel für den Rest des Tages festlegen. Twizel, praktisch nur den Lake Pukaki zurück fahren, lag zu nahe. Der nächste akzeptable Campingplatz lag in Kurow.

Im Rückspiegel Mount Cook, ein kaum von einer Wolke gestörter Blick, linker Hand der Lake Pukaki mit seiner milchiggrünen Farbe, gesäumt von kleineren Bergen, eine Fahrt, die Spaß machte. Wir ließen uns Zeit, schenkten der Umgebung immer wieder auch bei Stops unsere Aufmerksamkeit, und wurden immer wieder von Schnellfahrern überholt. So können die 55 Kilometer gerne über eine Stunde in Anspruch nehmen. Twizel, entstanden im Zuge des Baus eines großen Wasserkraftwerkes in der Nähe, lebt offensichtlich vom Tourismus und der Nähe zu Mount Cook. Knapp 1000 Einwohner aber zwei große Supermärkte, übertroffen noch von den drei sich in näherer Umgebung befindlichen Campingplätzen, zeichnen Twizel aus, also ein Ort zum Durchfahren.

Hinter Twizel weitet sich die Landschaft auf, die Berge rücken deutlich in den Hintergrund, der Umfang der Landwirtschaft nimmt erkennbar zu, Felder werden größer, die Herden auch.

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Trocken scheint es hier zu sein. Darauf weist die eher ockerfarbige ehemals Gras darstellende Vegetation immer wieder hin. Dort wo möglich, wird mit riesigen Bewässerungsanlagen, deren Rohrsystem nach unserer Schätzung bis zu 500 Meter lang ist, die Weide gewässert, damit genügend Futtermittel für die großen Viehbestände erzeugt werden. Den entsprechenden Landmaschinenhändlern muß es richtig gut gehen, denn diese Großanlagen stehen hier nicht vereinzelt, sondern eher zu hunderten auf den Wiesen. Auf Grund ihrer Größe können sie wohl nicht umgesetzt werden, so daß praktisch je wichtiger Weide eine Anlage installiert werden muß. Wahrlich kapitalintensiv. Wenige Kilometer südlich von Twizel reiben wir unsere Augen als wir ein Schild erkennen, das auf ein Skigebiet hinweist, gleichzeitig jedoch mitteilt, daß die Anlage derzeit geschlossen sei. Am Lake Ohau befindet sich ein Skigebiet; die hier bis über 2.000 Meter aufragenden Berge erlauben im Winter Skifahren.

In Omarama zweigen wir in das Waitakital ab, ein malerisches, manchmal sogar enges Tal. Der Waitakifluß hat eine besondere Bedeutung für das Land, weniger wegen der auch hier bestehenden Maorivergangenheit, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, denn der Fluß wurde an drei Stellen zu riesigen Seen aufgestaut, um Wasserkraftwerke zu betreiben. Das erste wurde 1928 bei Kurow in Betrieb genommen und erfüllt seine Funktion immer noch. Der Staudamm bei Kurow gehört eher zu den kleineren entlang des Flusses. Die weiter flußaufwärts liegenden Dämme bei Otematata und bei Aviemore weisen eine andere Größenordnung auf.

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Staudämme erzeugen Seen und im vorliegenden Fall kann man diese zumindest teilweise umfahren und vermeidet dabei die Rennbahn Richtung Oamaru. Um den aufgestauten Lake Aviemore kann man über 20 Kilometer herumfahren, links Wald und Berg, rechts der See, immer am See entlang. Es hatte am Nachmittag gut aufgebriest, hier an dem lang gestreckten See konnte man gut erkennen, wie durch den Wind sehr schöne lange und vergleichsweise hohe Wellen aufgebaut wurden. Ideal für Segler, von denen keiner in Sicht war. Ist hier in Neuseeland das sogenannte “freedomcamping” sehr eingeschränkt, man kann fast nur noch auf offiziellen Campgrounds über Nacht stehen, erstaunte uns festzustellen, das entlang der Ostseite des Sees in kurzen Abständen auf den schmalen Wiesen am See Wohnwagen standen, ohne daß es sich hier erkennbar um einen offiziellen Campingplatz handelt. es geht also doch, nur erwischen lassen darf man sich nicht. Wir steuerten unseren Kiwi-Campingplatz in Kurow an, gingen auf Nummer sicher. Kaum besucht, aber sehr schön gelegen war dieser Platz, denn er grenzte an den Fluß.

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Obgleich wir noch nicht in Australien sondern hier in Neuseeland reisen, es sieht so aus, als ob Katrin ihr erstes Känguru in freier Wildbahn entdeckt hat. Das diese Tiere hier im Land vorkommen, ist mir neu, aber der Blick auf das Foto überzeugte mich. Ich hatte im Vorbeifahren das bräunliche Fell eher für ein Stück Rotwild gehalten, Katrin forderte mich auf, zu dem am Straßenrand liegenden Fell zurück zu setzen und dokumentierte das Gesehene. Schade, lebend das Tier zu sehen hätte uns Freude bereitet. So bleibt für uns und insbesondere Katrin die Frage ungeklärt, wie kommt dieses Tier auf diese Insel!

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Auch Siedler benötigen wohl kirchlichen Zuspruch, immer wieder stoßen wir auf unserer Fahrt auf kleine Kirchlein, errichtet Mitte 1800. Manchen sieht man an, das Mittel nicht unbegrenzt vorhanden waren, andere wiederum wurden wohl erheblich von der Heimatkirche in England gesponsert, so daß im viktorianischen Stil Prachtbauten errichtet werden konnten. Anglikanische Kirche und die presbyterianische Kirche wetteiferten wohl um die Gunst der Gläubigen. Heute sind die Kirchen meist geschlossen und obgleich oft sehr klein gebaut, füllen sie sich nicht, zu wenig Menschen leben in deren Umfeld.

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Unser Interesse an historischen Wandmalereien war je bereits in Chile/Argentinien geweckt worden, deshalb bogen wir gerne ab, um uns die auf Maori zurückgehenden Wandmalereien in Takiroa anzusehen. Wir wurden enttäuscht. Der größte Teil der Abbildungen wurde vor vielen Jahrzehnten von interessierten Altertumssammlern und Museen freudig den Räubern abgenommen, der Rest ist nahezu unscheinbar und kaum erkennbar. Zwar sollen die Malereien erst aus dem 19. Jhd. stammen, wir haben aber auch andere Zeitangaben gefunden, die bis ins Jahr 1000 (!) zurück gehen, dennoch hätten wir gerne, auch um einen Vergleich zu haben, sie in Augenschein genommen. Abgesperrt ist der Bereich, obgleich man im Grunde nichts mehr sehen kann.

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Das Tal weitete sich zur Flußebene in der Nähe seiner Einmündung ins Meer, wir nähern uns Oamaru. Die Stadt ist es wert anzuhalten und sich das aus dem vorvergangenen Jahrhundert Erhaltene anzusehen. Wie so viele Städte hat sie ihre Blütezeit hinter sich, besitzt aber noch eine Vielzahl ansprechender Bauten aus der Vergangenheit. Gegründet in 1853 blühte die Stadt schnell auf, da sie über einen der wenigen Naturtiefseehäfen in Neuseeland verfügte; ein großer Teil der Fleischexporte erfolgte hierüber. In Hafennähe sind mehrere Lagerhäuser, Bürogebäude, Wohnhäuser dieser Zeit noch erhalten, werden genutzt. Viele kleine Geschäfte haben sich hier niedergelassen; das geht über Buchbinder, Filmausstatter, Buchladen, Antiquitätenhändler bis zu ganz normaler Haushaltsware. Auch ein Hotel hat sich in einem historischen Gebäude wieder etabliert. Die Baustile gehen offensichtlich querbeet, gestaltet wurde so, wie es dem Bauherrn gefiel. Dabei kam sehr oft ein in der Nähe gefundener Sandstein zum Einsatz, den ein eher weißlicher Ton auszeichnet. Das Harbour-Tyne-Viertel ist auf jeden Fall einen ausgiebigen Spaziergang wert.

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Und als ob es abgesprochen wäre, setzt sich auf einmal ein älterer Herr in einen Oldtimer und fährt gemütlich an den historischen Gebäuden der alten Innenstadt vorbei.

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Schöne Gebäude mit Sandsteinfassade findet man nicht nur in Hafennähe, sondern auch entlang und um die heutige zentrale Einkaufsstraße, die bereits damals diese Funktion hatte. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch festzuhalten : das Bedürfnis, überall Werbung für das jeweilige Geschäft anzubringen hat zu Laubengangkonstruktionen mit Werbetafeln geführt, die das Bild erheblich verschandeln. Nur vereinzelt kann man Gebäude ausmachen, die im wesentlichen  in ihrer historischen Form erhalten wurden.

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Ein Höhepunkt vor Dunedin stand uns noch bevor, die überirdischen Steine in Moeraki. Auch hier könnte man glauben, Überirdische seien im Spiel gewesen, zumindest spielen diese Steine auch in den Kulten der Maori eine Rolle. Vor und in der Küste, dem Strand von Moeraki liegen mehr oder weniger ebenmäßig runde marmorähnliche Steine, als wären sie von einem Riesen beim Murmelspielen hier vergessen worden. Einige sind zerstört; an ihnen kann man ersehen, wie diese Steine zusammengesetzt, quasi verleimt wurden – durch eine Form von Kalk? –, um dann durch Wind und Wasser in diese Form geschliffen zu werden. Wir haben nicht verstanden, wie eine solche Form entstehen kann; der Hinweis, um einen Kern herum wären wie bei einer Auster Ablagerungen ebenmäßig erfolgt, kann von uns nicht nachvollzogen werden. Im Grunde ist die quasiwissenschaftliche Erklärung auch nicht so wichtig, auf einer Tafel findet sich der dezente Hinweis, genau erklären könne man den Prozeß auch nicht – warum dann kaum nachvollziehbare Hypothesen als Stein der Weisen herausstellen? –, wir hatten unsere Freude, diesen Ort mit seinen Murmeln und seine interessante Küste zu besuchen und am Strand entlang zu wandern.

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Vielleicht sind die Kugeln ja auch mit Menschenkraft bewegt worden, es geht, man muß nur ordentlich Kraft einsetzen!

Ohne weitere besondere Kraftanstrengung rollten wir dann nach Dunedin, bogen wie immer bei der Touristeninformation kurz ab, um anschließend unser Quartier, den Campingplatz, diesmal nicht am Fluß, sondern direkt hinter der Meerdüne, anzusteuern.

Mount Cook

Vom Lake Tekapo ist es nur ein Katzensprung hinüber zum Mount Cook; im Grunde um drei Ecken fahren, ein bischen bergauf und bergab, 50 Kilometer Strecke, dann ist man  plötzlich am Südende des Lake Pukaki, über den wir sehr früh einen Blick auf den Königsberg Neuseelands, den Mount Cook/Aoraki (3.755 Meter) werfen können.

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Vom Südende des Sees Pukaki führt eine Straße auf seiner Westseite bis hinauf nach Mount Cook Village, Ausgangspunkt zahlreicher Wandermöglichkeiten in diesem Massiv, Standort für The Hermitage, in dem  sich u.a. auch ein Museum zu Ehren von Sir Edmund Hillary befindet. Anregend immer wieder die Möglichkeit hinüber auf die Bergkette zu sehen, die bei unserer Anfahrt sich ohne die oft herrschende Wolkendecke oder Wolkenkranz zeigte. Nach etwa 35/40 Kilometern Seebegleitfahrt waren wir am Nordende des Lake Pukaki angelangt; es schloß sich für einige Kilometer eine Strecke Feuchtland an, in dem ab und an auch einige Schafe nach Futter suchten.

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Das Talende kam immer näher und damit auch unser Ziel, Mount Cook Village. Hier wollten wir nähere Informationen zu den Wandermöglichkeiten einholen, was erfolgreich geschah und einen Blick in das Hillary Museum werfen. Leider handelt es sich nicht um ein reines Museum, sondern eine Art Bespaßungsaktion für die ganze Familie mit diversen Filmen und Filmchen, woran wir kein Interesse hatten. Da man leider nur alles im Paket “erleben” kann und der geforderte Preis von 20 Dollar für das Museum alleine uns unangemessen erschien, machten wir uns direkt auf die erste Halbtageswanderung. Die frühe Ankunft gegen Mittag machte dies möglich. Nach Prüfung aller uns mitgeteilten Möglichkeiten stellten wir fest, so richtig große Auswahl an Eintageswanderungen gibt es nicht. Für den Nachmittag machten wir uns daher auf den Hooker Valley Track, der uns in gut 1 1/2 Stunden zum Gletschersee des Hooker Gletschers führte, einer der Gletscher, die vom Mount Cook Richtung Talebene abgehen. Offensichtlich für die große Zahl der kurze Strecken wie hier unter die Schuhe nehmenden Gelegenheitswanderern wird der Trail fast zu einem rollstuhltauglichen Weg ausgebaut, Staatsmittel machen es möglich. Hier laufen auch nicht vereinzelte Wanderer gen Gletschersee, sondern die erste Hälfte der Strecke wird von Busladungen von Touristen oft in nicht angebrachter Ausrüstung in Angriff genommen.

Anscheinend wir bei ihrem Streben nach dem alles ersehnten Blick auf den Mount Cook eine schöne Stelle am Anfang des Weges links liegen gelassen, der Friedhof/Gedenkstätte für die am Berg verunglückten Bergsteiger. Er ist passend ausgewählt, denn er liegt in der Sichtachse zum Bergmassiv; nicht jeder an den hier erinnert wird, ist direkt am Mount Cook ums Leben gekommen, oft waren es auch Nachbarberggipfel, die ihr Schicksal waren. Wir konnten, als wir dort waren, die Horden in geringer Entfernung vorbeilaufen sehen. Es stellt sich die Frage, welche Beziehung diese Gucker zur Bergwelt haben.

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Der Hooker River muß mehrfach überquert werden; trockenen Fußes gelangt man über Hängebrücken an das andere Ufer; früher war es deutlich beschwerlicher. Vor der ersten Flußquerung hat man einen wunderschönen Blick auf den unterhalb des Footstool liegenden das Schmelzwasser des Mueller Glacier aufnehmenden Muller Lake. Sieht der Footstool aus großer Entfernung nicht besonders beeindruckend und schwierig zu besteigen aus, muß die Beurteilung heftig geändert werden. Der hinaufragende Gletscher ist mehr als nur von einzelnen Gletscherspalten durchzogen, der Felsen ist wirklich extrem steil. Eine Besteigung somit wirklich keine Sache im Vorbeigehen, was einigen Bergsteigern das Leben gekostet hat.

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Nach Überquerung der ersten Hängebrücke führte der Weg durch niedrige Vegetation, kleine Krüppelbäumchen und Büsche, ab und an blühte es auch; wir gewannen kaum an Höhe, stiegen dabei aber immer wieder über Moränen, dank es geebneten Weges ein Gehen wie im Schlaf. Die ganze Zeit hatten wir den Berg im Blick, aber er kam uns oder wir ihm kaum näher. Zweimal kamen und mit Rucksack, Seil, Steigeisen und Eispickel ausgerüstete Bergsteigerzweiergruppen entgegen. Wohin die wohl aufgestiegen waren?

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Bis zur zweiten Hängebrücke sind wohl die meisten der Bustouristen gekommen, der dann folgende Weg war nicht mehr im Schlaf zu gehen, man mußte Feuchtstellen durchqueren, hin und wieder über Steine klettern, nichts für Schnallenschuhträger. Nach etwa 1 1/4 Stunden zügigen Ausschreitens dann plötzlicher Stop, wir waren auf dem Aussichtspunkt am Hooker Lake auf 900 Metern angekommen. Bergsteiger gehen weiter; sie beginnen nach der dritten Hängebrücke am Hand entlang in Richtung Gletscher zu laufen; wir hingegen konnten maximal hinunter zum See gehen und mussten uns mit diesem Blick immer noch aus der Ferne begnügen. Erst auf den zweiten Blick wurde klar, daß das in den See unterhalb des Mount Cook ragende Etwas der Gletscher ist, schwarz und voller Geröll. Trotz dieser Auflage ist es möglich, weiße Gletschereiskälber zu zeugen, die dann auf dem See schwimmen. Auch aus der Ferne wird deutlich, welcher Anstrengungen es bedarf, um die schlappen 3.755 Meter hinaufzusteigen.

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In unmittelbarer Nähe zum Mount Cook Nationalpark existiert kein Campingplatz mit Stromversorgung; wir müssen deshalb zurück bis an die Nordseite des Lake Pukaki fahren. Für den 30.1. haben wir uns vorgenommen, an den auf der Ostseite der Mount Cook Range liegenden Tasman Gletscher und zur Ball Hütte zu wandern, ein Programm für einen ganzen Tag. Dementsprechend früh waren wir auch unterwegs zum Startpunkt des Trails im Tasman Valley. Das gleich zu Beginn den Weg formende Geröll hielten wir für eine zeitweilige Beschwernis, dem bald normale Pfade folgen würden. Wir irrten uns. In der Wegbeschreibung war zu lesen, die erste Hälfte der gut 4-stündigen Strecke müssten wir einen von Allradfahrzeugen genutzten Weg wandern, danach wären mehr Erfahrungen im Wandern in unwegsamen Gelände gefordert. Was für die erste Zeit so vage formuliert war entpuppte sich als dauerhafte Gerölltreterei, kein sauberer unkontrollierter Schritt war möglich, wahrlich kein schönes Wandern. Dabei hatte das Tal seine Reize, konnten wir immer wieder sehen, wo riesige Felsabbrüche erfolgt sind, die den anfangs noch sichtbaren Fluß zuschütteten und auch den Weg mehrfach unpassierbar gemacht hatten. Zu diesem wenig attraktiven Weg kam eine stechende Sonne hinzu, Schatten spendenden Baumwuchs gab es nicht.

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Nach eineinhalb Stunden versperrten große Steinblöcke jedem Fahrzeug den Weg, der jetzt endlich wie ein Wanderpfad aussah, aber nur für kurze Zeit. Nach zehn Minuten standen wir auf dem uns die ganze Zeit auf der östlichen Seite des Weges begleitenden Geröllberg, der sich als eine Seite des Gletschers deckende Moräne entpuppte. Auch hier bestanden anfangs Zweifel, ob wir  nun auf einen Gletscher blicken oder es sich um normalen Geröllschutt handelt. Weiter im Süden war zwar ein See, dies muß aber nicht zwingend der Gletschersee sein. Als wir endlich auf der Oberfläche der vor uns liegenden Masse etwas scheinbar weißes entdeckten war klar, wir stehen neben dem Tasman Gletscher. Ein Blick auf die andere Seite des Gletschertales machte deutlich, wie mächtig dieser einmal gewesen sein muß, denn die Spuren waren dort deutlich an den Hängen sichtbar. Auf dem Rückweg stieg ich die Seitenmoräne hinauf und konnte die Gletscherabbruchkante fotografieren, wodurch allerletzte Zweifel beseitigt werden konnten.

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Wir waren noch nicht am Ziel unserer Wanderung angekommen; jetzt ging es weiter bergauf. Aber nach kurzer Zeit war es kein Wandern mehr, sondern ein immer wieder nach dem richtigen Weg fahndendes mühsames Klettern über Geröllsteine und Felsen. Nur sehr langsam kamen wir voran und waren dankbar, wenn zwischendurch einige Meter normal gewandert werden konnte. Hin und wieder hatten wir dabei auch schöne Aussichtspunkte erreicht, aber zunehmend stellte sich uns die Frage, ob wir auf diese Art und Weise den Rest des Tages uns fortbewegen wollten. Nach einer Vesperpause auf den Felsen, einem langen Blick in unsere Zielrichtung, ist es noch eine halbe Stunde Plackerei oder mehr, wir wussten es nicht, entschieden wir uns, den Rückweg anzutreten getreu dem Motto : de ar ingen skam og snu!

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Wer gedacht hätte, der Rückweg ist leichter irrt. Das Geröll macht egal in welcher Richtung man geht, wenig Freude und ist anstrengend. Ein Liedchen auf den Lippen beim Wandern – hier eher nicht. Natürlich hatten wir immer wieder einen Blick für die Bergwelt übrig, suchten nach den Resten des verschütteten Baches, den wir erst kurz vor Ende des Trails fanden, aber am meisten dachten wir “hoffentlich hat dies bald ein Ende”. Das war einfach kein Wandern, es war eine Plackerei. Froh waren wir, am frühen Nachmittag wieder am Camper angelangt zu sein. Wir hatten uns diese Wanderung zum Tasman Gletscher anders vorgestellt, es sollte eine entspannte Eintageswanderung sein. Leider war es eher ein Kampf ums Vorwärtskommen als ein Wandern. Diesen Tag müssen wir wandertechnisch abhaken, auch wenn uns die Bergwelt auf dieser Seite des Massivs schwer beeindruckt hat.

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Also Abfahrt und an anderer Stelle z.B. an der Westküste einen neuen Versuch wagen, in die Nähe der großen Berge Neuseelands zu kommen.

Banks Peninsula in Richtung Mount Cook

Nach der Enttäuschung in Akaroa strebten wir unserem ersten großen Berg, dem Mount Cook entgegen, nicht sofort und direkt, aber mit einem oder zwei Zwischenstops möchten wir schon vor Ort sein.

Über kleine Seitenstraßen, die Ortschaften Lincoln und Burnbam erreichten wir die Nationalstraße 1, unser “Begleiter” für mehr als 140 Kilometer bis nach Hinds, von wo aus wir über Straßen und Sträßchen uns einem Zwischenziel, dem Peel Forrest näherten und ihn nach kaum einem Umweg auch erreichten. Schon bald hatten wir westlich unserer Route wunderschöne Begleiter ausgemacht, nicht nur eine Bergkette, sondern sogar schnee- oder eistragende Berge kamen in unser Sichtfeld. Irgendwie erinnerte dies uns an manche Strecke in Argentinien oder Chile.

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Landwirtschaft begleitete unsere Fahrt Richtung Peel Forrest; auf den letzten 20 Kilometern lernten wir eine weitere Form der neuseeländischen Viehwirtschaft kennen. Plötzlich sahen wir große Herden von Rehwild hinter deutlich höheren Zäunen als bei Rindern auf den Weiden äsen. Im Gegensatz zu den Schafen, die bereits beim Anschein eines Stops reißaus nahmen, blieben diese höchstens aufmerksam stehen und beäugten den Ankömmling. Die hiesige Viehwirtschaft hat wohl den steigenden Bedarf an Wildfleisch (aus China?) erkannt und bedient diese Nachfrage. Diese Reh-/Rotwildwiesen waren kein Einzelfall; je näher wir dem Peel Forrest kamen, desto häufiger bemerkten wir entsprechend große Herden von Rehwild auf den Weiden.

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Auf den Peel Forrest als erstes besonderes Ziel außerhalb des Einzugsbereiches von Christchurch sind wir per Zufall gestoßen. Der Park ist einer der kleineren im Land, erscheint recht unscheinbar, weist aber Baumbestände auf, von denen man träumen kann. Auch in dieser Region wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jhd. heftig die Axt geschwungen; der wunderschöne alte Wald wurde mehr oder weniger systematisch gefällt und anfangs durch “pit sawing” in Bretter zersägt, später übernahmen diese Arbeit unzählige Sägewerke im Land. Der Raubbau an der Natur, nicht nur durch das Baumfällen, sondern teilweise auch durch Brandrodung, erschreckte das britische MP Arthur Mills bei einem Besuch so sehr, daß er 16 Hektar nicht angegriffenen naturbelassenen Waldes umgehend erwarb; dies war der Embryo des heutigen Peel Forrest, der inzwischen 783 Hektar groß ist. Innerhalb dieses Geländes wurden bis 1908 die meisten großen Bäume gefällt, zum Glück aber nicht alle. Und diese sowohl große Bäume als auch altersmäßig die ältesten im Lande haben unsere Neugier geweckt und uns hierhin gelotst.

Der Wald ermöglicht eine ganze Reihe von Wanderungen, kurze, sehr kurze und Tageswanderungen; bei allen kommt man mit der Besonderheit dieses Naturparks in Kontakt, den alten Pinienbäumen, deren größte und älteste des Landes hier stehen. Der Wald selber ist ein Regenwald, was auch bei jedem Schritt und Tritt durch das Gelände sichtbar und manchmal unter den Sohlen spürbar wird. Der strake Regen der Vornacht hatte auch hier im Wald und insbesondere auf den Pfaden seine Spuren hinterlassen; auf dem von uns ausgesuchten Weg war nach einer dreiviertel Stunde kein Weiterkommen mehr möglich. Natürlich hatten wir viel, aber nicht genug gesehen. Die Methusalems und Baumriesen kann man zwar aus der Entfernung teilweise erkennen, ihren Umfang, ihre Höhe, ihre schiere Mächtigkeit aber nur erahnen. Der von uns dann als Abschluß und zur Entschädigung  gewählte Rundweg führte uns dann an den ganz großen Bäumen praktisch haut-/rindennah vorbei. Diese Bäume sind einfach gigantisch. Und wenn man berücksichtigt, daß ihr Alter auf gut 1.000 Jahre geschätzt wird, wird man ehrfürchtig vor dieser Natur. Das  größte Exemplar ist mehr als 31 Meter hoch und weist einem Stammumfang von 8,40 Meter auf. Dieser Wald hat uns enorm beeindruckt, eine Empfehlung für jeden, der dieses Land bereist; man sollte auch mehr Zeit als uns zur Verfügung stand mitbringen, um, besseres Wetter vorausgesetzt, die längeren Wandermöglichkeiten zu nutzen.

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Das Department of Conservation (DOC) unterhält eine ganze Reihe von Campingplätzen in Neuseeland, auch hier am Peel Forrest kann man legal seinen Camper abstellen. Leider verfügen diese Plätze in fast allen Fällen nicht über einen Stromanschluß, so daß wir auf die Leistung unserer Batterie über die Nacht angewiesen sind, um unseren Kühlschrank in Betrieb zu halten. Wir sind skeptisch, ob die Leistung bis zum morgigen Tag ausreicht und verzichten auf den malerisch im Tal gelegenen Platz. Zum Glück befindet im nicht weit entfernten Geraldine ein Campingplatz, den wir ansteuern.

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Unser Ziel für den 28.1. ist Lake Tekapo. Auf dem Weg dorthin durchfahren wir Landschaften, die auch in Europa, z.B. Toskana, liegen könnten, leicht hügelig, weite Felder, Pinienbäume, Sonnenschein, kurvenreiche Straßen, bergauf und bergab geht es. Einzig die manchmal in der Ferne auftauchenden hohen Berge, der Schnee in den hohen Lagen, weist auf etwas anderes hin. Nicht viele Camper standen auf unserem gestrigen Campingplatz, anscheinend haben alle mehr oder weniger das gleiche Ziel, denn man trifft sich bei dem einen oder anderen Stop. Bereits jetzt wird deutlich, dieses Land wird zumindest an einigen Stellen von den mit Campmobilen fahrenden Gästen nahezu geflutet. Was hier an Wohnmobilen, Campern, selten Wohnwagen auf den Straßen unterwegs ist, kann in den großen Ferien mit unseren aus Holland kommenden Wohnwagenkolonnen bevölkerten Autobahnen durchaus Schritt halten.

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Unsere Fahrt von Geraldine nach Lake Tekapo verläuft immer wieder in Tälern, ab und an muß eine kleine Höhe genommen werden, bevor es in das nächste Tal hinunter geht. So erreichen wir entspannt den Flecken Fairlie, ein Ort zum Durchfahren, weniger um anzuhalten. Aber gute 30 Kilometer später halten wir an, da wir ein Hinweisschild auf die älteste Kirche der Insel gesehene haben, wir sind in Burkes Pass angekommen. Nur eine Handvoll Holzhäuser steht hier, die Menschen müssen wohl früher auf den im weiten Umfeld befindlichen Farmen gearbeitet haben. Wohl auf die geringe Zahl der Gemeindemitglieder ist die Größe der ansehnlichen Holzkirche abgestellt. Schön, daß die wenigen Dorfbewohner es vermocht haben, die fast zum Abriß vorgesehene Kirche wieder herzurichten. Im Umfeld der Kirche kann man auch einige weitere aus der zweiten Hälfte des 19. Jhd. stammende Holzhäuser besuchen; sogar eine Schule aus der damaligen Zeit existiert noch.

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Der Lake Tekapo mit seinem türkis schimmerndem Wasser kündigt sich früh an; wir fahren bergabwärts um eine Kurve und erhaschen den ersten Blick, wie er so vor der Bergkulisse da liegt. Viel Betrieb ist nicht mehr auf der Straße, aber als wir am ersten als sehenswert eingestuften Haltepunkt am Ort Tekapo anhalten, müssen wir uns den Blick auf die Kirche des guten Schäfers (Church of the Good Shepherd) mit einer großen Gruppe chinesischer Touristen teilen. Bürger aus dieser Region scheinen derzeit Neuseeland fast zu überfluten.

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Der Ort Lake Tekapo ist ausschließlich, wie so viele hier im Gebiet um den Mount Cook, auf Touristen und Urlauber eingestellt. Zahlreiche Ferienanlagen, Hotels “begrüßen” uns, eine ebenso große Zahl von Bettenkapazitäten ist anscheinend in Planung bzw. schon im Bau, wie die vielen Hinweise entlang der Durchgangsstraße andeuten. Hier kann man offensichtlich ganz gut in den Touristenboom investieren. Wir investieren in einen schönen Campingplatz, am See gelegen mit schnellem Zugang zum Mount John.

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Wir stellen unseren Camper ab, vespern kurz, peilen die Lage und machen uns auf den Weg hinauf zum Mount John. Keine wirklich anstrengende Angelegenheit, obgleich wir insgesamt gute drei Stunden unterwegs sind. Von einem kleinen Schwimmbad ging es die erste halbe Stunde durch einen uns vor der sengenden Sonne schützenden Wald bergauf. Welche Wohltat dies war merkten wir in den anschließenden mehr als zwei Stunden und wandern unter der prallen Sonne. Ziel war der Gipfel des Mount John, nicht wirklich hoch gelegen mit seinen vielleicht 900 Metern, aber Standort für eine Reihe von Observatorien. Uns war weniger an einem Blick in den Sternenhimmel gelegen sondern an der von dort auf Lake Tekapo und der in der Nachbarschaft liegenden Lake Alexandrina möglichen Sicht. Zwischen beiden Seen, obgleich vulkanischen Ursprungs, gibt es keine Verbindung; wäre das der Fall, würde der höher gelegene Lake Alexandrina schnell leer laufen, da der Wasserzustrom bei ihm sehr gering ist. Auch hier oben auf der Kuppe eine mit vielen geteilte Sicht mit dem einen Unterschied, während wir mehr als eine Stunde bergauf gewandert sind, hat die dort anwesende Hundertschaft, in der Mehrzahl Chinesen, den bequemen Weg genommen und ist über die Versorgungsstraße hier hinauf gefahren.

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Abwärts ging es dann in langen Serpentinen durch trockenes Gras, ab und an mussten wir Schafszäune überqueren, hatten ständig den See und seine Berge vor Augen. Grund genug, auch mal eine Ruhepause einzulegen. Hier war der Weg nicht (nur) das Ziel

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Eines konnten wir am Abend beim Blick in den Himmel bestätigen : die Bedingungen für Astronomen scheinen hier hervorragend zu sein, der Himmel war klar und zigtausende Sterne waren erkennbar, nicht mit dem Bild aus heimischen Breitengraden zu vergleichen.

Banks Peninsula und ein geplatzter Traum

Banks Peninsula ist eine sich direkt an das Stadtgebiet von Christchurch anschließende Halbinsel vulkanischen Ursprungs, geformt durch den Ausbruch zweier großer Vulkane in Vorzeiten. Die beiden Vulkankrater sind heute quasi geflutet, zum Meer geöffnet; die Orte Akaroa und Lyttelton und ihre Häfen liegen an den Kraterrändern. Diese Halbinsel ist für die Geschichte Neuseelands von besonderer Bedeutung, denn dieses Land wurde von einem französischen Wahlfänger 1838 von den dort ansässigen Bewohnern erworben. 1840 machten sich französische Siedler auf Veranlassung des französischen Landbesitzers dorthin auf den Weg, um die französische Tricolore zu hissen und das Land Frankreich “einzuverleiben”. Dem kamen die Engländer wenige Tage vor Ankunft der Franzosen zuvor, sonst wäre u.U. die Südinsel Neuseelands lange Jahre französische Kolonie gewesen. Die Siedler ließen sich, anfangs, nicht unterkriegen, und gründeten Akaroa. Obgleich bereits 1849 die Landrechte an die New Zealand Company und damit indirekt an England verkauft wurden, blieben die Siedler vor Ort und machten das Land der Halbinsel urbar. Auch heute noch soll die französische Fahne zumindest über einigen Häusern in Akaroa wehen und die Stadt ein gewisses französisches Flair besitzen. Dem wollten wir nachspüren und machten uns am Sonntag, den 26.1.2014, auf den Weg.

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Wie wir waren heute, am Sonntag, unzählige Radsportler unterwegs; die hügelige Landschaft, die manchmal steilen Anstiege und Abfahrten machten wohl den Reiz aus, hier auf der Halbinsel die gewünschten Trainingskilometer zu erradeln. Nur etwas mehr als 12 Kilometer von Christchurch entfernt, aber durch eine Hügelkette getrennt, liegt der kleine Hafenort Lyttelton. Auch er hat historische Bedeutung, gehen seine Wurzeln in die Mitte des 19. Jhd. zurück. Einige wenige Bauten aus dieser Gründerzeit der Stadt bestehen noch. Der Hafen hat sicherlich bessere Zeiten gesehen, derzeit ist er im wesentlichen Umschlagplatz für Holz. Bei unserem Spaziergang durch diese kleine Gemeinde, deren Bebauung sich den Hang hinaufzieht, waren auch einige erdbebengeschädigte Häuser erkennbar, aber die Schäden hielten sich in engen Grenzen. Schön war es bei einem Rundumblick über die Hänge immer wieder stilvolle Holzhäuser zu erkennen, wobei festzuhalten ist, nahezu alle Häuser hatten beplankte Holzfassaden, bunt gestrichen, oft gut unterhalten, und hin und wieder waren kunstvolle Holzschnitzarbeiten zur Betonung der Individualität in die Fassade und ihre Elemente integriert worden.

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Die Weiterfahrt von Lyttelton in Richtung Akaroa führte uns über die gesamte Halbinsel, rauf und runter auf einer Straße, die ziemlich kurvenreich war. Oben wiedergegebene Karte zeigt deutlich, wie hügelig diese Halbinsel ist, wie Bergrücken immer wieder gen Küste laufen, die zu überqueren waren. Wo möglich, waren die Flächen  landwirtschaftlich genutzt, große Schaf- und Rinderbestände waren aber nicht zu sehen, ebenso wenig wie größere Bauernhöfe. Nur Reste der früheren Bewaldung haben die Landnahme überlebt; manchmal dienen sie offensichtlich als Windbrecher. Ab und an streiften wir das Meer, z.B. am Lyttelton Fjord, immer wieder sahen wir auf unserer Fahrt Hinweise auf diverse andere Fjorde (Levy Fjord, Little Akaloa Bay, Pigeon Bay, Okains Bay), die anzusteuern jedoch einen 4WD erfordert hätte. So beließen wir es dabei, gemütlich in Richtung Akaroa zu cruisen, denn hier in Neuseeland gehen die Uhren gemächlich, man hetzt kaum.

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Wir näherten uns dem Hafenort aus der Höhe der umliegenden Berge und konnten dabei die wunderschöne Ortslage bestaunen. Die früheren Siedler hatten ein Gespür für einen zur Siedlungsgründung tauglichen und ansprechenden Ort. Aufregend ist das Örtchen nicht, aber interessant. Tatsächlich findet man eine ganze Anzahl historischer Gebäude, sowohl einfache Wohnhäuser, eine Kirche, mehrere Villen, ein altes sehr kleines Zollhaus am ehemaligen Hafen, eine Versammlungshalle, die Gaiety, einen alten französischen Friedhof, von dem nicht mehr als eine Erinnerungsstele erhalten ist. Es lohnte sich, langsam durch die Straßen des alten Ortes zu schlendern. Empfangen wurden wir von einem Freiluftkonzert auf der Freizeitwiese des Ortes; das Musikfestival von Akaroa hatte seinen letzten Tag, für alle, draußen und umsonst. Der Zuspruch war überschaubar; wenige Zuhörer saßen auf der großen Wiese und hörten zu.

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Neuseeland war zu Walfangzeiten wichtige Anlaufstelle der Schiffe; auch Akaroa profitierte vom Fischfang, worauf dezent durch die Ausstellung u.a. von Siedetöpfen für das Walfett entlang der Promenade hingewiesen wird.

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Nach wie vor ist der Ort mit dem Wassersport eng verbunden, die zwar überschaubare Anzahl der im Wasser an Bojen liegenden Segel- und Motorboote lässt das vermuten. Jedes Wochenende tragen einige Skipper auf der doch sehr rauen See vor Akaroa eine Wettfahrt nach Yardstickregeln aus, die man vom Ufer, wie wir es machten, ganz gut verfolgen kann. Für die lokale Wirtschaft jedoch von größerer Bedeutung sind die verschiedenen Angebote, die umliegende See und Natur auf unterschiedliche Art näher kennen zu lernen. Vor dem Akaroa Fjord im offenen Meer hat sich vor Jahren eine kleine Delphinkolonie etabliert, die Hektor-Delphine, die man zum einen “besuchen” kann, zum anderen bietet ein Veranstalter sogar das Schwimmen mit Delphinen an.

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Bisherige Erfolgsquote soll bei 80% liegen. Da war Katrin sofort Feuer und Flamme und wir buchten für den nächsten Tag, den Montag, morgens um 08:30 Uhr eine entsprechende Tour vor. Unsere Weiterreise verschoben wir deshalb auf den Nachmittag. Bevor wir uns bei leicht einsetzendem Nieselregen auf den Weg zu unserem Campingplatz machten, orderten wir bei einem Fischer standesgemäß Fish and Chips. Wo sonst, wenn nicht in Meernähe kann man gut zubereiteten Fish’n Chips essen?

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Hatte es bereits am Nachmittag beim Verzehr unserer Fish an’ Chips Portionen leicht zu tröpfeln angefangen, am Abend verdunkelte sich der Himmel vollständig, ein sehr starker Wind setzte ein und es regnete wie aus Kübeln extrem heftig. Sturm zog auf, die Wellen in der Bucht waren bald schaumbekrönt. Unser direkt an einer Bucht gelegene Campingplatz

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bot keinen Windschutz, so bekamen wir die steife Brise mit voller Breitseite ab. Obgleich nicht in einem Schiffbauch liegend, schaukelte unser Gefährt ganz schön. Irgendwann waren wir eingeschlafen; Katrin hatte dabei wohl die schlechteren Karten gezogen; ob es am Sturm oder an der Anspannung, wie dass Schwimmen mit Delphinen so werden könnte lag, auf jeden Fall schlief sie sehr schlecht. War es eine Vorahnung auf das was kommt? Während der Nacht schlief der Sturm ein, morgens blies nur noch ein laues Lüftchen und es war trocken. Früh machten wir uns auf den Weg nach Akaroa und hatten Hoffnung, da zumindest in der Bucht die Wellen nicht sehr hoch gingen, daß die Tour wie geplant stattfinden würde. Bei aufgewühlter See schwimmen und schnorcheln, sicherlich kein Vergnügen, aber machbar. Dann die ernüchternde Aussage im Büro des Veranstalters, die für 08:30 Uhr angesetzte Tour fällt wegen des Sturms aus, vielleicht geht um 11:00 Uhr etwas. Die Hoffnung stirbt auch hier zuletzt. Wir glaubten nicht wirklich daran und buchten nicht um. Katrin trug die Absage mit Fassung, war aber heftig enttäuscht. Frust bekämpft man am besten mit neuen Eindrücken – wir sahen uns bislang vor uns verborgen gebliebene “Schätze” des Städtchens an, bedauerten einen Segler, dessen Boot sich im Sturm von der Boje gerissen hatte und vom auflaufenden Wasser immer weiter auf das Land geschoben wurde, und konstatierten gegen 11:00 Uhr, daß auch diese Ausfahrt wegen des Sturms gestrichen worden war. Eine Chance war dahin, aber es gibt noch an anderen Orten auf den Inseln vergleichbare Möglichkeiten – hoffen wir, daß dann das Glück auf Katrins Seite ist.

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Christchurch

Am Morgen des 24.1. nahmen wir unseren Camper in Empfang, klein, handlich, übersichtlich und, wie wir merkten, nur mit begrenzter Staufläche ausgestattet. Irgendwie erstaunlich, wie eine über Jason’s vermittelte Buchung bei der Firma Pure Motorhomes NZ landet, die den Auftrag an eine Tochterfirma, Kiwi Campers. weitergibt, damit wir zu guter Letzt das gebuchte Modell mit dem vereinbarten Baujahr von “happy camper”  erhalten. Es scheint, als ob alles mit allem zusammenhängt. Was außen drauf steht, sollte uns nicht stören, entscheidend ist, ob wir das Bestellte auch erhalten. Das ist der Fall, zudem scheint unser Camper vor kurzem beim Innausbau einer Generalüberholung unterzogen worden zu sein.

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Während der Erledigung der notwendigen Mietvertragsformalitäten kamen wir mit dem Agenturchef ins Gespräch. Natürlich fragten wir nach den Auswirkungen der Erdbeben in 2010 und 2011, wie es den Menschen heute ginge.  Man konnte merken, wie schwer es ihm fiel, kein trauriges Gesicht zu machen, die Tränen standen ihm in den Augen, so sehr belastete ihn noch heute, fast drei Jahre nach dem letzten Erdbeben die Situation in der Stadt. Erst als wir selber am folgenden Tag durch die Innenstadt gelaufen waren konnten wir die ganze Tragweite und die deutliche Trauer des Agenturchefs wirklich nachvollziehen.

Dann hieß es, sich auf den Linksverkehr einstellen. Zum Glück sitzt das Lenkrad auf der rechten Seite, dies hilft bei der Orientierung. Zu Anfang wird noch mehr mit dem Scheibenwischer geblinkt und mit dem Blinker die Scheibenwaschanlage in Betrieb gesetzt, aber nach einigen Kilometern schleift sich das auch ein. Sich in einer Stadt mit starkem Verkehr an den Linksverkehr zu gewöhnen hält die Konzentration hoch.

Unseren ersten Campingplatz hatten wir im Vorfeld ausgesucht; ein Kiwi-Campingplatz mit sehr gutem Standard, einer tollen Anlage, etwa drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt und einem netten und auskunftsfreudigen Betreiber. Den Rest des 24.1. nutzten wir  Lebensmittel für die kommenden Tage einzukaufen und uns mit dem Camper vertraut zu machen. Manches wurde erst hierhin, dann dorthin verstaut, alles fand aber am Ende seinen Platz. Nur mussten wir uns fragen, wie es drei Personen, denn der Wagen ist für diese Anzahl Reisender ausgelegt, schaffen, nur dass Allernotwendigste an Kleidung unterzubringen und dann auch noch die dritte Schlafgelegenheit, bei uns der geborene Ablageplatz, nutzen zu können. Sei es drum, uns reicht es, auch wenn die vielleicht 5 qm Fläche ohne Fahrerkabine schon sehr beengt sind.

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Am Samstag den 25.1. machten wir uns auf den Weg, die Innenstadt von Christchurch, durch die Katrin am Vornachmittag schon einmal kurz gegangen war, kennenzulernen.

Christchurch, zweitgrößte Stadt Neuseelands, wird oft als die englischste Stadt des Landes bezeichnet. Gegründet 1850 ist sie keine wirklich alte Stadt, wie auch die Besiedlung Neuseelands durch Europäer nur knapp fünf Generationen zurück liegt. Viele in den letzten Jahrzehnten des vorvergangenen Jahrhunderts entstandene Gebäude weisen einen engen Bezug zu England auf, nicht nur, daß sie aus Stein gebaut wurden, sondern die gesamte Architektur war ziemlich britisch. Zu Wohlstand durch die Schafbarone gekommen, wurde dieser Reichtum auch gezeigt. Verständlich, wenn dann auch der die Stadt durchströmende Fluß Avon genannt wurde, die bzw. eine Universität Canterbury University heißt, die angelegten Parkanlagen den britischen Anlagen sehr nahe kommen. All dies und noch viel mehr wollten wir sehen, hatten im Hinterkopf den Englandbezug von Christchurch. Ausgeblendet waren die Auswirkungen der beiden letzten Erdbeben. Zum einen wurde nach unserer Erinnerung über das Beben in 2010 in den deutschen Medien so gut wie nichts berichtet, das starke Beben in 2011 war dann eine kurze Berichterstattung wert, denn dabei verloren weit über 100 Menschen ihr Leben. Die durchfahrenen Vororte hätten mit ihren Klinkerbauten aber insbesondere mit ihren Vorgärten ebenso gut irgendwie im Mutterland sein können, vieles enorm gepflegt, der Rasen, wenn es denn einen gab der so genannt werden konnte, kurz geschoren, Rosenstöcke als Beete und Einzelpflanze, Hortensienbüsche in jeglicher Farbe. Aber unser Ziel war ja die Innenstadt.

Nach einem strammen Spaziergang, unterbrochen bei einem Outdoorausrüster, um eine Rucksackschnalle zu kaufen, gegangen sind wir mit dem Ersatzteil sowie zwei Merinopullovern – wenn man schon im Land der Schafe ist …-, erreichten wir eine riesige Parkanlage, den Hagley Park, nach unserer Einschätzung mit den Ausmaßen 1 auf 1,5 Kilometer. Einige Baumalleen spendeten Schatten, ansonsten gab es eine satt grüne Rasenfläche, die für die unterschiedlichsten Sportarten genutzt wird, insbesondere aber für Kricket. Auf unserem Rückweg konnten wir mehreren parallel stattfindenden Spielen von Kricketmannschaften zusehen, ohne dabei den tieferen Sinn des sportlichen Tuns überhaupt zu erfassen.

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In den Hagley Park hinein ragt der Botanische Garten der Stadt, durch den auch der Avon fließt. Vor etwa 100 Jahren wurde das Gelände von einem Rechtsanwalt der Stadt gestiftet; nach unserer Erinnerung geht sogar die eigentliche Parkanlage auf den Gönner zurück. Zahlreiche Themengärten können besucht werden, vor allem aber sind eine sehr große Zahl damals angepflanzter äußerst unterschiedlicher Bäume inzwischen zu stattlichen Exemplaren herangewachsen, dominieren die Anlage und sind Blickfang. Erkennbar wird der Garten von den Bewohnern angenommen, wie die zahlreichen Spaziergänger zeigten. Touristisch genutzt wird der Avon, denn auf einer Art Stocherkahn können sich Gäste von den Bootsführern den Fluß hinauf und hinabfahren lassen. Aber auch normale Wassersportler nutzen das Bächlein.

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Dann standen wir vor dem Canterbury Museum, an das sich einige Ende des 19. Jhd. gebaute Gebäude der Universität anschließen. Das Museum war aber weniger unser erstes Ziel am Rand der Innenstadt, sondern das in der Nähe befindliche Gelände des Busker Festival, bei dem über eine ganze Woche weit über einhundert Veranstaltungen meistens umsonst und draußen stattfinden. Am heutigen Nachmittag mühten sich Kleinkünstler und Comedians insbesondere um die Aufmerksamkeit der Kinder und Jugendlichen.

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Zwei Straßenblocks weiter beginnt dann die eigentliche alte Innenstadt. Eine kleine Broschüre der Touristeninformation hat alle für sehenswert angesehene Orte aufgelistet und kurz beschrieben. Am Schluß einer jeden Kurzdarstellung gab es dann einen Hinweis auf den aktuellen Zustand (due to earthquake currently closed; under repair; earthquake damaged). Erst später wurde uns bewußt, daß die komplett zerstörten und abgerissenen Gebäude gar nicht mehr erwähnt worden waren. Wir hatten gehört, einige Gebäude sind durch die Erdbeben in Mitleidenschaft (!) gezogen wurden, einiges musste abgerissen werden, an vielen Stellen ist bereits Neues entstanden oder wird gebaut, d.h. vorgewarnt waren wir. Was wir dann aber sahen, erschreckte uns, machte uns sprachlos und auch traurig. Zyniker würden darauf hinweisen, daß die Erdbeben endlich für genügend Parkplätze in der Stadt gesorgt hätten, denn auf den unzähligen Brachflächen waren zumindest vorübergehend Parkplätze ausgewiesen worden. Zahlreiche Häuser standen zwar noch, waren aber gesperrt, Zutritt verboten. Hier ist über das Schicksal wohl noch nicht entschieden worden. An den Giebelfassaden einiger noch aufstehender Gebäude war sichtbar, wo sich die anschließende Bebauung einmal befunden haben musste. Es war bedrückend, das Ausmaß der Zerstörung mit eigenen Augen zu sehen. Wenn wir schätzen, daß 50 Prozent der Innenstadtbebauung verloren ist, erscheint dies uns noch sehr optimistisch. In manchen Straßenkarrees steht nur noch ein in der Regel sehr neues Gebäude. Zahlreiche auch öffentliche Gebäude wie z.B. die Stadthalle, das Theater sind geschlossen wegen der Bauschäden; auch historische Brücken über den Avon müssen saniert werden. Beim Weg durch die zerstörte Innenstadt kann man immer wieder in Baugruben hineinschauen, im Grunde sind die Objekte nur bis auf die Fundamentplatte abgetragen worden. Christchurch hatte auch einmal eine wunderschöne alte Kathedrale; hier ist ein Teil des Kirchenschiffes eingestürzt, ob eine Sanierung erfolgt, ist noch nicht geklärt. Das frühere Teacher’s Training College, ein im gothischen Stil gehaltener großer prachtvoller Baukomplex aus dem Jahr 1930 war von Bauzäunen umstellt – Einsturzgefahr. Der Viktorianische Glockenturm, deren früheste Teile auf das Jahr 1859 zurückgehen, war erheblich beschädigt; man hatte gerade die Tragkonstruktionen erneuert. Das hinter dem Glockenturm stehende Art Deco Gebäude von 1935 wird wohl ebenfalls abgerissen werden müssen. Die Reihe ließe sich durch viele Beispiele fortsetzen, die wenigen stehen für das Ganze. Wir hätten großes Verständnis, wenn die Bevölkerung ein Trauma erlitten hätte, aus der Stadt weggezogen wäre. Wie uns unser Campingplatzbetreiber erzählte, geht man mit Optimismus an den Wiederaufbau heran. Motto, ihr Deutschen habt nach dem Weltkrieg doch auch euer Land wieder aufgebaut, wir werden das hier auch schaffen. In gewisser Weise zeugt auch der Aufbau einer aus Containern bestehenden Einkaufsstraße am Rande der alten Innenstadt, die am heutigen Samstag stark besucht wurde, man versucht einen Neuanfang und läßt sich nicht unterkriegen.

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Unten stehende Infotafeln fanden wir in der Innenstadt. Zum einen wird darauf dokumentiert, an welchen besonderen Gebäuden in der Innenstadt inzwischen Sanierungsmaßnahmen eingeleitet bzw. bereits abgeschlossen sind (Stand September 2013 fast 100 Gebäude), zum anderen ist ersichtlich, welch große Flächen einer neuen Bebauung zugeführt werden müssen.

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Nicht alles wurde zerstört, einiges ist noch oder wieder in Betrieb, so fahren einige historische Straßenbahnzüge wieder durch die Stadt, die Mutter aller anglikanischen Kirchen in Neuseeland, St. Michael an All Angels Church aus dem Jahre 1872 steht offen, das Canterbury Museum kann besucht werden und die alten Boat Sheds am Avon River werden immer noch als Bootshalle genutzt.

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Nicht gerade beschwingt, sondern ziemlich nachdenklich wanderten wir nach einigen Stunden Stadtspaziergang zurück zu unserem Campingplatz. Es bleibt zu hoffen, daß die Bewohner Christchurch sich nicht unterkriegen lassen.

Ins Maori-Land nach Neuseeland

Nachdem wir einige Monate in meiner Wunschregion Südamerika gereist sind, steht jetzt Katrins Wunschziel Nummer Eins, Neuseeland, auf dem Reiseplan. Die bisherigen Eindrücke auf unserer Reise ließen insbesondere bei Katrin Skepsis aufkommen, ob das Gesehene in Neuseeland noch zu toppen sei. Wir kamen über ein, im Grunde keine Vergleichsmaßstäbe zu besitzen, jedes Land hat seine besonderen Charakteristika, herausragende Schönheiten und kulturelle Höhepunkte zu bieten. Diese sehen und in den Ländern Neues erleben zu können, ist unser Ziel. So werden wir sicherlich auch in Neuseeland ganz besondere aber andere Naturschönheiten zu Gesicht bekommen. Also gilt auch weiterhin mit offenen Sinnen Neues erfahren. Wir sind beide gespannt, wie die fast zwei Monate auf den beiden großen Inseln verlaufen werden, wie beeindruckt wir sein werden, nachdem wir so viele enthusiastische Berichte über verschiedene Reisen durch dieses Land gehört und gesehen hatten. Diese Rundreise wird auch einfacher als die Fahrt durch Chile und Argentinien sein. Verständigungsprobleme dürften kaum bestehen, im Gegensatz zu Südamerika, wo wir sprachlich noch Defizite aufwiesen. Einzig die für unsere Ohren sehr gewöhnungsbedürftige Interpretation der Aussprache des Englischen vor Ort, könnte, bis wir uns daran gewöhnt haben, bei uns für kurze Irritationen sorgen. Optimistisch gehen wir die nächsten Wochen an.

Nicht mit dem öffentlichen Bus, den zu nehmen war uns in Anbetracht der Konsequenz eines zu späten Eintreffens am Flughafen zu riskant, sondern mit einem über unsere Herberge vermittelten Transfer fuhren wir frühmorgens am 22.1. zum Flughafen Faa’a. Nahezu pünktlich hob die einmal wöchentlich nach Auckland fliegende Maschine vollständig besetzt ab. Über 4.000 Kilometer weiter, 5 1/2 Flugstunden und einen Tag später kamen wir in Auckland an. In Höhe von Samoa muß wohl die Datumsgrenze liegen, die uns einen Urlaubstag gestohlen hat und dazu führte nicht zu wissen, wann exakt Katrins Geburtstag am 23. begonnen hat. Mit einem kleinen Fläschchen Wein stießen wir, sicherlich verspätet im Flieger an. In Auckland endete unser internationaler Flug, weiter ging es mit einem Inlandsflug nach Christchurch. In Christchurch dann endgültig auszusteigen war wie in einer anderen Welt anzukommen, alles extrem propper, aufgeräumt, organisiert, geschäftig, weniger lebensfroh als sachlich, aber nicht weniger freundlich. Dafür empfing uns aber ein strammer ziemlich kalter Wind, eine ganz schöne Umstellung aus dem warmen, ja heißen Polynesien. Und dieser stete frische Wind begleitete uns die nächsten Tage. Bald kamen bei Katrin Assoziationen an Südpatagonien hoch verbunden mit der Aussage, dort sei es aber auch nicht kälter gewesen, was für die Spitze Südamerikas fast als Kompliment gelten muß aus Katrins Mund.

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Freundlich und sehr hilfsbereit, so nahmen wir unsere ersten Begegnungen mit Neuseeländern war. Das begann schon bei der Passkontrolle und setzte sich im Flughafengebäude fort bis hin zum Informationsschalter, an dem wir die notwendigen Hinweise zu unserem Bus in Richtung Universität Canterbury bekamen. Zu dieser Uni gehören auch Studentenwohnheime, deren Zimmer in den Semesterferien auch tageweise vermietet werden. Für diesen Übernachtungsort haben wir uns entschieden, nachdem unser Campervermieter auf Nachfrage mitteilte, einen Transfer zur Vermietstation im Umkreis von 5 Kilometern vom Flughafen durchzuführen. Die Bleibe entsprach diesen Kriterien und war zudem mit ÖPNV gut erreichbar. Leider galt die ursprüngliche Zusage später nicht mehr, so daß wir zu einem Treffpunkt im Flughafen am nächsten Tag per Bus fahren mussten. Der Bus, unser Bus, die Nr. 5 der Redline, war eine Wucht, dies gilt insbesondere für den Busfahrer. Allein schon die Berufsbekleidung war etwas besonderes, denn der Fahrer trug dunkelblaue Shorts, und lange dunkelblaue Kniestrümpfe und eine Art Trachtenschuh, denn dieser war recht klobig. Daß es die Dienstkleidung der Fahrer ist, bestätigte sich bei unserer Fahrt am nächsten Morgen. Irgendwie erinnerte er uns an Schottland, nur die Karos fehlten. Wie wir benutzten zahlreich Rucksackreisende den Bus und jeder nannte ein anderes Ziel, fragte, ob mit diesem Bus und ggf. einer Ergänzung der Weg zum Hostel möglich sei etc. Für alle hatte der Mann eine Lösung, erklärte und half. Als wir an der ersten Haltestelle unserer Straße ausstiegen, fragte er lauthals, ob wir denn die ganze Straße hinauflaufen wollten, er würde uns, wenn wir wieder einsteigen würden, vor der Uni absetzen. Das konnten und wollten wir nicht ablehnen, stiegen wieder ein und hatten einen Transport bis unmittelbar vor unser Ziel. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft dieses Busfahrers ist vorbildlich und wir fragten uns, ob wir z.B. in Deutschland einem Fremden gegenüber immer ähnlich hilfsbereit sein würden. Hoffentlich sind wir es!

Die nach Quartierbezug erfolgte Einkaufstour und der Besuch eines indischen Restaurants – endlich einmal eine Abwechslung auf der Speisekarte – machte uns mit dem gewöhnungsbedürftigen Preisniveau in Neuseeland bekannt. Dann kann die Rundreise in Neuseeland beginnen.

Tahiti, die zweitbeste Wahl

Von Teurus Frau wurden wir zum Flughafen auf Huahine gebracht, eine 5-minütige Autofahrt und gebührend verabschiedet. Eine aus Bora Bora kommende Maschine landete hier zwischen und nahm die wenigen wartenden Passagiere auf. Es schien für den einen oder anderen ein besonderer Abschied zu sein; wir sahen Einheimische, die mit einer Vielzahl von Blumen- und Muschelketten behängt, von einem Dutzend Menschen geherzt und geküsst, ständig winkend langsam zur Maschine gingen, als wenn es ein Abschied für immer sei. Ganze Großfamilien verabschiedeten ein Familienmitglied vor Ort, bei wenigen Fluggästen war die Abflughalle gut mit Menschen gefüllt. Hier kommt der starke Familienbezug der Insulaner und wohl auch der Menschen in Polynesien zum Ausdruck, ein Familienzusammenhang, der oft auch bitter nötig ist, denn die inoffizielle Arbeitslosenquote übersteigt bei weitem den EU-Durchschnitt, ja soll sogar über dem Spaniens liegen. Dann hob die kleine Propellermaschine zu ihrem 40-minütigen Flug auf die Insel Tahiti ab, letzte Gelegenheit, einen Blick auf und ein Foto von Huahine zu machen.

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Kaum gedanklich sortiert, setzte die Maschine schon zur Landung auf dem Flughafen Faa’a wenige Kilometer außerhalb von Pape’ete an und bot uns einen Blick von oben auf Tahiti wie auch die Nachbarinsel Moorea. Diese hatte zwar auch auf unserem Wunschzettel gestanden, aber hektisch hin und herfliegen wollten wir nicht, eine uns angenehme und sinnvolle Flugverbindung war nicht mehr zu buchen. Wir glaubten, die Tage auf Tahiti wären eine passende Alternative.

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Tahiti verfügt, so heißt es, über ein vernünftiges Bussystem; von Pape’ete ausgehend wird die West-Süd-Küste sowie die Nordküste mit Bussen, den Le Trucks, regelmäßig befahren. Dies im Kopf hatten wir uns entschieden, nicht den teuren Transferservice zum etwa 13 Kilometer vom Flughafen entfernten Relais Mehorio, unserem Quartier für die kommenden 4 Nächte, in Anspruch sondern den Bus zu nehmen, der uns, so heißt es, praktisch unmittelbar vor unserem Zielort absetzt. Vom Flughafen sind es nur zweihundert aber in guter Hitze mit unserem Gepäck zurück zu legende Meter bis zur Bushaltestelle an der Küstenstraße. Ein dort stehendes Wartehäuschen bot Schatten. unser Bus sollte weithin erkennbar Taravao, der Endort der Südroute und rote Streifen aufweisen. Nach einer guten viertel Stunde Wartezeit bog auch in gutem Tempo ein Bus mit diesem roten Streifen um die Kurve, aber der angegebene Zielort entsprach nicht unseren Vorgaben; später erkannten wir, Pa’ea war angegeben gewesen, für uns genau richtig. Wir stoppten diesen Bus somit nicht, was sich im Nachherein als Fehler erwies. Und so warteten wir, angekommen am Wartehäuschen waren wir kurz nach 11:00 Uhr, die Uhr ging auf 12:00 Uhr und gut darüber hinaus und kein Bus kam in Sicht, der uns an unser Ziel hätte bringen können. Dann endlich ein Bus, jetzt mit grünem Streifen, aber der richtigen Ortsangabe (Taravao); wir wollten einsteigen, bezahlen und fragten nach, ob er in Pa’ea anhalten würde, was der Busfahrer jedoch verneinte. Der Bus mit dem roten Streifen sei der richtige für uns. Also weiter warten. So etwa 12:30 Uhr kam dann der gesuchte Bus in Sicht, wir sprangen auf und gaben wilde Zeichen, aber der Bus fuhr einfach vorbei. Gesehen hatte er uns, warum nahm er uns nicht mit? Diese Frage beschäftigte uns dann eine ganze Weile, ohne uns dem Quartier näher zu bringen. Es hieß Geduld beweisen. Wir gaben dem Bussystem der Insel noch eine Chance, der Bus, der zwischen 13 und 14:00 Uhr vorbei kommen müsste, sollte uns dann mitnehmen. Aber es kam kein entsprechender Bus und die Uhr ging auf 14:00 Uhr zu, wir waren inzwischen ziemlich gefrustet und bereit, viel Geld für den notwendigen Transfer auf den Tisch zu legen. Nicht bemerkt hatten wir, wie ein Polizeifahrzeug während unserer mehr als 2 1/2-stündigen Warterei mehrfach an uns vorbei gefahren war. Umso erstaunter waren wir, als plötzlich der Polizeibulli neben uns am Wartehäuschen anhielt und wir gefragt wurden, wohin wir denn wollten. Auf unsere Antwort hin erhielten wir eine niederschmetternde Auskunft. Heute am Samstag würden die Busse sehr selten fahren und ab 14:00Uhr bis zum Montagmorgen den Betrieb einstellen. Tolle Aussichten, um an unser Ziel zu kommen. Nachdem die Polizisten in unserer Herberge vergeblich angerufen hatten, um darüber einen Transfer möglich zu machen, bot Dany, einer der drei im Wagen befindlichen Polizisten an, uns nach dem Ende seiner Schicht, d.h. in 15 Minuten zum Quartier zu bringen, er würde nur zwei Kilometer entfernt wohnen, es läge praktisch auf dem Weg. So nahm das Ärgernis Busfahren doch noch ein gutes Ende und wir erfuhren wieder einmal, wie freundlich und hilfsbereit viele Menschen uns auf unserer Reise begegnen.

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Tahiti ist gemeinhin ein Synonym für Französisch Polynesien, wenn nicht sogar für Polynesien überhaupt. Aber Polynesien mit Tahiti gleichzusetzen würde dieser Hauptinsel zu viel Ehre erweisen. Aber das mussten auch wir erst noch erfahren. Auch wir hatten vor Augen, Tahiti sei eine Insel voller Traumstrände mit einer ebenso traumhaften Berglandschaft im Rücken der Strände, ruhiges, entspanntes Leben, Menschen voller Lebensfreude und ohne Stress, einfach : die Blume im Haar und Musik im Ohr. Daß die wirtschaftliche und kulturelle Stadt der Insel, Pape’ete etwas anders tickt, als man es in Polynesien erwartet, ist verständlich, also mehr Verkehr, Hektik, Lärm etc. Aber dies sollte sich nicht auf die anderen Attribute einer Südseeinsel (Meer, Strand, Landschaft) negativ auswirken. Unser Quartier hatten wir auch unter dem Gesichtspunkt Nähe zu einem schönen Strand ausgesucht; 300 Meter Gehweg zu einem der, wie es heißt, schönsten Strände der Insel, war uns da nicht zu lang. Die Strecke stimmte auch, aber schöner Strand? Wir fanden einen gut 3 Kilometer langen Sandstrand vor,der manchmal auch 20 Meter breit war, nicht an jeder Stelle es ermöglichte, über Sand ins Meer zu gehen, sondern sich durch ein Kiesbett zu tasten. Aber das größte Manko war, es fehlte fast jeglicher Baum. Südsee ohne Palmen oder andere den im Sand Liegenden beschattende Bäume suchte man hier vergeblich. Wenn es Schatten gab, dann eher zufällig durch einen Baum in einem an den Strand angrenzenden Luxusgrundstück. Dennoch, der Strand war ein gesuchter Fleck Erde, denn am Wochenende steppte hier der Bär – Rimini in Tahiti, nichts für uns. Ein anderes Bild dann am Wochentag, abends hatten wir den Strand fast für uns, ebenso wie den Blick hinüber nach Moorea.

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Auch wenn wir unmittelbar an der Ortsgrenze zu Pa’ea wohnten und inmitten einer Vielzahl von Unterkunftsmöglichkeiten, die Restaurantdichte war mehr als gering. Anscheinend ist man hier ohne Auto aufgeschmissen, denn akzeptable Restaurants lagen allesamt mehr als 5-6 Kilometer Richtung Pape’te. Zum Glück gibt es ja die “roulottes”, diese fahrbaren aber im Grunde an einem festen Ort auch oft mit festen Bauten etablierten Gaststätten für das gewöhnliche Volk. Hier vorbei zu schauen heißt auch, die Einheimischen zu treffen, die wie es aussah in größerer Zahl nicht nur am Wochenende die Küche am Abend kalt ließen und hierher mitsamt der Familie zum Essen gingen oder aber ihr Essen verpackt abholten. Und rund um unser Quartier in einem Umkreis von 2 Kilometern gab es eine Mehrzahl dieser Betriebe, alle mehr oder weniger stark besucht. Aus der Vielzahl der Betriebe auf eine sehr unterschiedliche Speisekarte zu schließen führt hier in die Irre. Es scheint, als wenn sich alle abgesprochen hätten. Bis auf die Ausnahme des Pizzabäckers sieht bei allen (!) die Speisekarte identisch aus, jeder bietet die gleichen Speisen an, d.h. bei einem essen bedeutet bei jedem gegessen zu haben. Keine Verlockung auf Dauer, nur im Notfall. Nachdem wir zwei dieser Betriebe mit unserem Besuch beehrt hatten, kochten wir an den weiteren Abend in unserer Küche, denn wir hatten ja ein großes Zimmer mit Miniterrasse und Kochgelegenheit gebucht, eigentlich nur für unser selbst zubereitetes und vernünftiges Frühstück gedacht – wer isst schon gerne nur weißes Brot und Milchkaffee a la Francaise? –, so wird eben eine umfangreichere Nutzung daraus.

Zwei wichtige Ziele hatten wir für unseren Besuch auf Tahiti auf dem Wunschzettel; zum einen war dies das in der Nähe von Taravao befindliche Gauguin Museum, zum anderen wollten wir den Hinweis von Josef aus Rapa Nui aufgreifen, der uns eine Fahrt quer durch die Insel von Papeari an der Südküste nach Papenoo an der Nordküste wärmstens empfohlen hatte, hier sei die Insel noch typisch. Und wenn schon auf der Insel, wollten wir uns auch Pape’ete ansehen. Da montags gemeinhin die Museen geschlossen sind blieb uns für das Gauguin-Museum und die damit verbundene Inselrundfahrt nur der Dienstag. Dany hatte uns von einem Besuch Pape’etes am Sonntag abgeraten, sonntags sei die Stadt ruhig und leer, damit war auch der Montag verplant. Wenn schon die Inselbewohner am Sonntag entspannen, dann steht uns auch dieses Recht zu, lesen, schreiben, faulenzen, an den Strand gehen, schwimmen waren die Hauptbeschäftigungen dieses Tages.

Am Montag konnten wir dann den funktionstüchtigen Busverkehr der Insel testen und müssen ihn loben. Relativ preisgünstig brachte uns Le truck bis an die Endhaltestelle in Pape’ete gegenüber der Touristeninformation und dem Kreuzfahrtterminal. Ein sehr eifriger Mitarbeiter zeigte uns und wohl auch seinen drei Anlernlingen, wie man einen Touristen umfassend berät. Dabei ließ er so gut wie keine der Sehenswürdigkeiten aus und war in seinem Erklärungsbedürfnis kaum zu stoppen. Zumindest erfuhren wir eine Bestätigung der von uns als betrachtenswert eingeschätzten Ziele. Mit einem Stadtplan sowie einer Broschüre zum Perlenmuseum ausgestattet, machten wir uns auf den Weg. Und wieder kreuzten unseren Weg unzählige meist ältere Kreuzfahrtschiffgäste auf dem Weg in oder aus der Stadt. Ein Riesendampfer hatte angelegt und seinen Gästen Landgang ermöglicht. Natürlich wurden diese am Kai mit der landesüblichen Folklore und Musik begrüßt. Wir bemühten uns, auf unserem Rundgang einige der aus der Kolonialzeit stammenden Gebäude zu sehen und begannen mit der Kathedrale von Papeete. Ein Kirchengebäude, das in keiner Weise mit den Prunkbauten der katholischen Kirche in Europa zu vergleichen ist, eher eines von der schlichten Art aus 1875. Vorbei an einem neueren Fresko, in dem die Geschichte der Meuterer der Bounty dargestellt wurde, ging es zum Tarahoi Platz, um den herum auch in früheren Zeiten das politische Herz der Insel und von ganz Französisch Polynesien als Kolonie schlug, mit u.a. den Gebäuden der Französisch-Polynesischen Versammlung, der Residenz des französischen Hochkommissars. Auch der Banyan Baum, auf den Gauguin angeblich immer hinaufgeklettert sein soll, inzwischen fast 400 Jahre alt, steht hier, liegt aber, wie alle übrigen Gebäude gut durch einen Zaun vor dem Zugriff durch die Touristen geschützt. Uns fielen nur sehr wenige an die Kolonialzeit erinnernde Gebäude in der Innenstadt auf; zu erwähnen ist das Krankenhausgebäude Vai’ami oder das Pharamcist Haus (Wohnhaus des Pharmazeuten des Krankenhauses), das war es aber auch schon. Und damit ist die Liste der eigentlich sehenswerten Baulichkeiten “abgearbeitet”. Zur Entspannung seiner Bürger sind eine ganze Anzahl von Gärten und Parks in der Stadt verstreut, manche extrem klein, aber wirkliche Oasen, manche sehr aufwendig, wie der Bougainville Park, wieder andere, wie die sich an der See bis zum Hafen entlangziehende Parkanlagen, modern gestaltet mit mehr Flanierflächen als Grünflächen. Einen längeren Stop legten wir im Perlenmuseum ein; im Grunde ist dies ein kleiner Annex an die Verkaufsräume des Juweliers und Perlenhändlers Robert Wan, dennoch informativ für denjenigen, der in Sachen Perlenzucht, Perlenfischen, Verarbeitung, Qualität etc. wie wir völlig unbedarft ist. Als Informationsquelle zu empfehlen, da die Präsentation sehr anschaulich ist. Wer mit gut gefüllter Brieftasche hier herein kommt, kann ohne Probleme mit einer leeren aber einer schönen Perlenkette im Kästchen wieder herausgehen. Für uns ein Wahnsinnspreis, aber für eine sehr große schwarze Perlenkette von höchster Qualität wurde ein Preis von über 1,0 Mio. Euro genannt. Wie preiswert erscheinen dann Exemplare in der Preisklasse mittlerer Einfamilienhäuser. Unsere Brieftasche war nicht ausreichend gefüllt, zudem haben wir die Absicht, noch eine Weile mit den verfügbaren Mitteln auf unserer Reise auskommen zu wollen.

Fasst man den Eindruck von Pape’ete zusammen, so ist die Notwendigkeit, hier einige Stunden zu verbringen, nicht erkennbar. Zu häßlich und ohne Flair ist die Innenstadt, zu austauschbar das, was wir sahen. Mit einer gewissen Nachlässigkeit in Umweltfragen und Schmutz rechnet man immer; auch hier wurden wir in dieser Hinsicht nicht überrascht. Einzig der große überdachte und im Herzen der Stadt gelegene Markt, in dem man nahezu alles kaufen und vieles an den Ständen auch essen kann, hebt sich in unseren Augen heraus. Pape’ete war so gesehen eine Enttäuschung und wir waren froh, am Nachmittag wieder in unserem Bus Richtung Pa’ea zu sitzen.

Bleibt noch der Hinweis zu geben : da der Fotoapparat vergessen worden war, konnte das Gesehene nicht dokumentiert werden. Angesichts des enttäuschenden Besuchs sind die fehlenden Bilder für uns kein wirklicher Verlust.

Unser letzter Tag auf Tahiti sollte Fahrtag sein; um 09:00 Uhr nahmen wir unseren Renault Clio in Empfang, für die vorgesehene Strecke sinnvoller als eine Vespa. Auch auf Tahiti gibt es den Ahus auf Rapa Nui ähnelnde Zeremonieanlagen, die Maraes. Unweit unseres Quartiers war in den Karten eine entsprechende Anlage am Meer verzeichnet. Während jeder Strandzugang durch Schilder gekennzeichnet wird, den Hinweis auf dieses archäologische Monument haben wir trotz Nachsuche nicht gefunden. Belohnt wurde unsere Suche dann 15 Kilometer weiter östlich mit dem Maraa Grotto, einer sehr großen und in Grundzügen restaurierten Anlage. In einem großen Park und umgeben von riesigen Bäumen steht die sich den Hang bis zur obersten Plattform hochziehende Anlage. Je höher es hinaufging, um so weniger Menschen damaliger Zeit waren zugelassen bis auf der letzten Plattform vor dem “Altar”, der aus drei Ebenen besteht, nur noch die Priester und der oberste weltliche Herrscher, sitzend an den schwarzen Sitzstein gelehnt, anwesend sein durften. Seitlich soll es eine Stelllage gegeben haben, auf denen Opfer dargebracht wurden. Welche Art Opfer – wir wissen es nicht. Auch die aufstehenden rötlichen Holzschilder haben eine besondere Bedeutung; so wie wir es verstanden haben sollen sie das Firmament halten?! Derartige Plätze wurden von der damaligen Gesellschaft sowohl für religiöse als auch Kriegszeremonien genutzt. Für uns als Betrachter erstaunlich, wie diese einfach aufeinander geschichteten teilweise sehr rundlichen Rand- und Mauersteine den enormen Druck der zentralen Steinmasse abfangen konnten.

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Unweit dieses Marae liegt der Ort Mataiea, an dem Gauguin einige Jahre gelebt hat. Auch hier gibt es eine archäologische Stätte, die aber so gut versteckt ist, daß wir sie trotz eifrigen Suchens nicht gefunden haben. Stattdessen stießen wir auf einen wunderschönen praktisch nur von Surfern genutzten langen, sanft abfallenden schwarzen Sandstrand, vor dem sich die Wellen für die Surfer optimal aufbauten. Einige Zeitgenossen haben sich in Strandnähe einige Behelfsbauten errichtet, um dem Wasser und seinen Wellen ganz nah zu sein. Zahlreiche Sportler lagen mit ihren Brettern weit draußen im Wasser und warteten auf die passende Welle, um sie abzureiten.

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Anschließend galt es, die Augen für die Abzweigung für unsere Inseldurchquerung, die in der Nähe von Papeari liegt, offenzuhalten. Nach mehreren Anläufen hatten wir endlich die richtige Straße gefunden, fuhren in das landeinwärts führende Papenoo-Tal entlang des Flüßchens hinein, um nach etwa 5 Kilometern von einer über die Straße gespannten Kette aufgehalten zu werden. Uns war bekannt, daß ab etwa Kilometer 18, aber jenseits interessanter archäologischer Stätten die Straße tunlichst nur noch mit einem Allradfahrzeug befahren werden sollte/durfte. Die Sperre jetzt konnten wir uns nicht erklären. Eine kleine Tafel am Straßenrand wies auf ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 2010 hin, wonach von hier an die Straße sich auf Privatland befindet, ein Befahren verboten ist. Auch eine Nachfrage bei einem dort wohnenden Jugendlichen gab weder Aufklärung noch Möglichkeit zur Weiterfahrt. Enttäuscht drehten wir um und freuten uns bereits auf unser nächstes Fahrtziel, das wenige Kilometer weiter liegende Gauguin-Museum. Auch in der Touristeninformation in Pape’ete wurde der Museumsbesuch besonders empfohlen. Ohne Probleme fanden wir Parkplatz, Museum und einen schattigen Platz zum Parken. Schön gelegen ist die Museumsanlage, direkt am Meer, in Nachbarschaft ein botanischer Garten und ein toller Ausblick auf Meer und Lagune. Dem Eingang näherkommend bemerkten wir Bauarbeiter, maßen dem aber keine große Bedeutung zu, denn Renovierungsarbeiten können immer anfallen. Doch dann der Schock, das Museum ist wegen Bauarbeiten geschlossen. Scheint man das in Pape’ete nicht zu wissen? Wir zumindest waren sehr enttäuscht, war dieser Museumsbesuch doch ein wesentlicher Grund für unsere Inselrundfahrt.

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Mit ziemlich viel Wut im Bauch setzten wir unsere Fahrt fort und gelangten bald über die Landenge bei Taravao auf den Inselteil Tahiti Iti. Der Inselteil Tahiti Nui, den wir bislang auf der Ost- und Südseite umrundet hatten, wurde, je weiter wir uns von Pape’ete entfernten, attraktiver, zum einen, weil nicht mehr jeder Strandmeter bebaut war, zum anderen erschien uns das Gebirge immer wuchtiger, kantiger, interessanter als  in der Umgebung vom Hauptort. Grün war es überall, auch die Gärten und die Straßenbepflanzung war oft eine Augenweide

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Man kann Tahiti Iti nicht umrunden, sondern sowohl auf der Süd- wie auch der Nordseite nur bis zu einem Endpunkt fahren. Die Bevölkerungsdichte nimmt hier immer weiter ab, verständlich, wenn dann große Straßenprojekte gar nicht erst in Angriff genommen werden Immer ursprünglicher, ruhiger und einfacher erschien uns die Landschaft, das Leben und die Menschen hier fernab der Hauptstadt. Nach wie vor zog sich die Bebauung entlang des mehr oder weniger schmalen Landstreifens vor den nicht immer sehr steil aufsteigenden Bergen. Spektakuläres gab es hier nicht zu sehen, die Strände waren kleiner, aber nicht weniger schön, das Meer oft sehr viel leichter zugänglich, und manchmal auch richtig gut zum Surfen geeignet, wie an unserem Wendepunkt auf der Südseite, Teahupo’o.

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La vache que rie, kein Witz, aber dieser Werbespruch fiel uns in der Nähe von Taravao ins Auge, die Stadt auf der Landenge, eher einer Ebene zwischen Tahiti Nui und Iti. Hier wird bis hinauf auf die Hänge der niedrigeren Berge von Tahiti Iti intensiv Landwirtschaft betrieben, Kuhherden stehen auf den großen Weideflächen. Auf dem Weg hinauf zu einem Aussichtspunkt oberhalb von Taravao konnte man das Gefühl haben, im heimischen Mittelgebirge mit seinen Wiesen, Weiden und Wäldern unterwegs zu sein.

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Die Nordseite von Tahiti Iti, von Touristen eher selten besucht, ist unter dem Gesichtspunkt Entdeckung der Insel, Einflußnahme auf die Inselentwicklung von besonderer Bedeutung. So landete Cook hier, die ersten Missionare kamen hier 1772 an, ohne jedoch großen Erfolg bei der Bekehrung der Insulaner zu haben. Es wird behauptet, durch die später in Tautira angelandeten französischen Missionare sei die Inselübernahme durch die Franzosen und das Ende des Protestantischen Monopols ermöglicht worden. Die Fahrt an das am Straßenende dieser Inselseite liegende Örtchen Tautira führte an eher schroffen Bergmassiven auf Landseite, schmalen Stränden an Seeseite vorbei, durch kleine Siedlungen, in denen die Zeit stehen geblieben war – alles ging hier sehr ruhig seinen Gang. Tautira, auf einer kleinen Halbinsel gelegen, war wohl früher für die französische Marine von Bedeutung gewesen, darauf deuten die zahlreichen Militärbauten, die offensichtlich nicht mehr genutzt werden, hin. Sehenswertes findet man hier nicht, es sei denn, die wunderschönen Aussichten auf Meer und Berge werden in diese Rubrik eingeordnet.

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Von der Nordseite Tahiti Nui wollten wir bei Papeno’o versuchen, in Richtung Süden durch die Insel zu fahren, um etwas mehr vom Inselinneren, seinen Bergen und seiner Vegetation zu sehen. Die zunehmend mit immer mehr Schlaglöchern durchsetzte Piste setzte nach gut 10 Kilometern unserer Erkundungsfahrt, die über besondere Brückenkonstruktionen dem Tal entlang in Richtung Inselnationalpark führte, ein Ende, wir kehrten um. Grün war es hier, dicht bewaldet an vielen Stellen, aber den Inselurwald, die ursprüngliche Landschaft bekamen wir bei diesem kurzen “Vorstoß” leider nicht zu Gesicht. Es blieb eine Enttäuschung.

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Während so langsam der Abend nahte, erreichten wir in der Nähe von Mahina einen Küstenabschnitt, an dem es von Surfern nur so wimmelte. An mehreren Buchten waren die Bedingungen zum surfen ideal, nahezu jeder verfügbare Parkplatz in Strandnähe war belegt. Auf engstem Raum bewegten sich die Sportler im Wasser und warteten auf ihre Chance für einen guten Ride. Bislang hatten wir eher im TV Wellenreiter in Aktion gesehen; hier direkt vor unseren Augen sie zu Dutzenden ihren Sport ausüben zu sehen, den Wellenkämmen entlang zu reiten, von den Wellen ausgehoben zu werden, in hohem Bogen “abzusitzen”, war beeindruckend und ein schöner Abschluß unserer Rundfahrt.

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Was bleibt nach unseren gut drei Tagen auf Tahiti : Tahiti muß man nicht unbedingt besuchen, es gibt eindeutig schönere und lohnenswertere Inseln in Französisch Polynesien. Wir haben hier wenig ursprüngliches vorgefunden, vieles ist, verständlicherweise, sehr touristisch ausgerichtet, wobei das Natürliche verloren gegangen ist. Unser Ziel, mehr von der Inselnatur zu sehen, haben wir nicht erreicht. Vergleicht man Tahiti Nui mit Tahiti Iti, fällt unsere Wahl auf die kleinere östlichere Insel; hier haben wir mehr von dem vorgefunden, was wir mit Südsee verbinden. Heute erneut vor die Entscheidung gestellt, welche Insel(n) wir bereisen möchten, würde Tahiti mit Sicherheit nicht dazu gehören, wir hätten Wege finden sollen, einige Zeit auf Moorea zu verbringen. Schade!

Vielleicht und hoffentlich haben wir mit unseren künftigen südseebezogenen Reiseentscheidungen ein besseres Händchen. Vorerst endet unser Südseeabenteuer, Neuseeland wartet auf uns.

Eine wichtige Beobachtung bleibt nachzutragen. Wir haben uns auf unseren Gängen immer wieder gewundert, welche Körpermassen Mann, Frau und Kind mit sich herumtragen. In unseren Augen ist dieses Volk ein fettes Volk. Als Erklärungsmöglichkeit erinnerten wir uns an die Massen, die wir in den fastfoodähnlichen Gaststätten gesehen hatten, eine gesunde Ernährung ist das nicht gerade. Katrins Forscherdrang wurde geweckt, die Recherche belohnt.  Sie fand den Hinweis, die Bevölkerung von Tahiti/Französisch-Polynesien sei zu 70 % (!!) übergewichtig. Da kommt auf das Gesundheitssystem aber eine Lawine zu, müssen Arbeitsplätze, um nicht zu diskriminieren, anders gestaltet werden.

Angekommen im Paradies – fast, Teil 2

Auf einer Insel leben bedeutet für die Bewohner auch der tägliche Umgang mit der See. Schon früh werden die kleiner Scheißer an das Wasser, die Wellen und das Meer gewöhnt. Immer wieder konnten wir insbesondere Mütter mit den kleinen Knirpsen im flachen Wasser stehen sehen, wie sie ihren Kindern das Schwimmen beibringen. Es ist davon auszugehen, daß die Insulaner sich ganz gut über Wasser halten können, wenn es ernst wird. Daraus aber zu folgern, die Insulaner würden in Massen richtig schwimmen, ist ein Fehlschluß. Nur selten sahen wir den einen oder anderen, der/die nicht im sichten Wasser stand oder saß, sondern weiter draußen seine Bahnen zog. Schwimmen können ist also eine Frage des Überlebens, aber nicht eine Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen. Andere Wassersportarten  stehen hier im Vordergrund, wobei insbesondere das Fahren der oft mit einem Ausleger versehenen Kanus, den Outriggern, allem anderen vorgezogen wird. Wenn die Tageshitze so langsam abgeklungen ist, der Abendwind eingesetzt hat, sieht man den einen oder anderen, sein Boot auf der Schulter ins Wasser tragen, um dann für eine ganze Weile in der Lagune herum zu paddeln. Nicht immer ist man dabei allein, manchmal hat man sich wohl mit einem/mehreren Kumpels verabredet, oft besetzen 3-6 Paddler ein entsprechend großes Boot und durchkreuzen die Lagune. Schülerinnen und Schüler haben es in Sachen Schulsport auf der Insel gut, sie dürfen paddeln gehen, zwar im allgemeinen in der Hitze des Tages, aber auf dem Wasser. Scheinbar finden nicht alle Schüler diesen Sport so interessant, um sich mit Engagement an der Ausübung zu beteiligen. Zweimal hatten wir das Vergnügen zu erleben, welcher Anstrengung es bedurfte, eine Truppe von 15-20 Schülerinnen und Schüler dazu zu bewegen, sich umzukleiden, die Boote in gemeinsamer Aktion für die Ausfahrt vorzubereiten, sie ins Wasser zu tragen, sich wie vereinbart in die jeweilige Bootsmannschaft einzugliedern, das Boot zu besteigen und in einer Art Takt dann auch zu paddeln. Das durchdringende Organ der Sportlehrerin war weithin vernehmbar, die ausgerufenen Kommandos, Aufforderungen prallten an einem Gutteil der Schüler ab – die Geduld der Lehrerin muß man bewundern, denn offensichtlich ließen einige Schüler alles an sich abperlen. Irgendwann nach mehr als einer halben Stunde stach die kleine Bootsflotte in See, die Rufe der Lehrerin, die mit einem kleinen Motorboot die Truppe begleitete, konnte man weit über die Lagune schallend lange hören.

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Man sollte meinen, in diesen Breitengraden und bei so einer kleinen Insel ist der Regen äußerst selten, zumal es sich um keine wirklich große Landmasse handelt auf der zudem sich auch keine wirklich hohen Berge befinden. Dennoch, es regnete täglich, und das war auch gut so. Die kurzen Regenschauer tagsüber, sie hielten meist nur wenige Minuten an, brachten eine kleine Abkühlung, ohne der Natur die wirklich notwendige Feuchtigkeit zu bringen; man konnte fast glauben, der Regen verdunstet, bevor er den Boden berührt hat. Wichtig waren die heftigen und anhaltenden Regengüsse während der Nacht. Am nächsten Morgen waren dann die Pfützen auf manchen Wegen wieder so groß, daß man kaum eine Möglichkeit fand, sie zu umgehen. Dann war die Luft nicht nur gereinigt, sondern die unheimlich große Blumenpracht in den zahlreichen liebevoll gepflegten Gärten konnte weiter aufblühen. Selbst vor einer noch so kleinen und unscheinbaren Hütte war, wenn möglich, Grün angepflanzt, wenn nicht im Beet, dann standen unzählige Töpfe und Töpfchen mit Blumen herum, um die sich die Bewohner auch kümmerten. Für uns gehört diese Blumen- und Pflanzenpracht ebenfalls zu dem Bild einer Südseeinsel.

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Wir hatten schon auf Rapa Nui zahlreiche Menschen gesehen, die das eine oder andere Tatoo trugen. Hier auf Huahine war die Tätowierungsdichte noch um einiges größer. Das Tatoo als Schmuck war/ist weit verbreitet. Dabei wird anscheinend kaum eine Körperpartie ausgelassen, ist jede Altersgruppe an diesem Schmuck interessiert, beschränkt sich die Körperbemalung nicht auf Männer, sondern Frauen tragen mindestens ebenso häufig dauerhaft ein oder mehrere “Bilder”” auf ihrer Haut. Man muß neidlos anerkennen, manche der Tatoos schmücken die Person, bei manchen fragt man sich aber auch, ob die Entscheidung einer Tätowierung in Anbetracht eines deutlich übergewichtigen Körpers überlegt war, denn es wirkte peinlich. Beeindruckt waren wir von den sehr aparten Tatoos, die die Mutter von Tamatea, eine die Kultur der Insel hochhaltende und an die Enkelkinder weitergebende mindestens 50 jährige weißhaarige Insulanerin, trug. Eine kleine, drahtige und fixe, vom Erscheinungsbild auch grauhaarig nicht dem üblichen Klischee entsprechende Inselbewohnerin.

Es sieht so aus, als wenn wir manchmal leider nicht zur richtigen Zeit am jeweiligen Ort sind. Hatten wir bislang bei unseren Versuchen, eine zünftige Raftingfahrt zu erleben, dreimal einen leider vergeblichen Anlauf unternommen, Absagen mangels ausreichender Nachfrage, war uns dieses Glück auch hier auf Huahine treu. Es ging nicht um Rafting, aber wenn man sich auf einer von einem Korallenriff umgebenen Südseeinsel  befindet, ist es ein besonderes Erlebnis, diese Insel von der Lagune aus zu betrachten, die Lagune selber und sein Riff einmal aus der Nähe zu erfahren. Agenturen, die derartige Ausflüge vermitteln, sucht man auf Huahine vergeblich, wir haben zumindest keine aufgespürt. Da kann das Internet und natürlich der Wirt weiterhelfen. Über das Netz hatten wir von einem Anbieter erfahren, der eine Ganztagestour um wesentliche Inselteile herum verbunden mit ausgiebigen Schnorchelmöglichkeiten im sogenannten “Aquarium” am Riffdurchbruch und einem Besuch einer kleinen Koralleninsel zu einem stolzen Preis anbietet. Der Preis war uns die Fahrt wert, Anmeldung per Internet. Auf diesem Weg kam dann auch die Bestätigung verbunden mit dem Hinweis, eine Durchführung bedürfe einer Teilnahme von sechs Personen, bislang hätten nur wir uns angemeldet. Teuru baten wir am Abend, damit wir für den folgenden Tag Planungssicherheit hatten, telefonisch nachzufragen mit dem schon erwartetet Ergebnis. Wieder einmal – oder vielleicht doch zum Glück – waren zu wenig Besucher vor Ort, gab es zu wenig Interessenten. Manchmal ist es schön sich an Orten aufhalten zu dürfen, an denen man nicht alle paar Meter auf andere Touristen stößt, bleibt es damit ruhig vor Ort; andererseits leben viele Menschen an diesen Orten vom Zuspruch von außen und wir hätten dann vielleicht auch die Chance dieser Lagunenfahrt gehabt. Da uns dann bekannt wurde, der von uns angefragte Anbieter, der einzige vor Ort, sei derjenige, der die Haie anfüttert, verschmerzten wir das entgangene Erlebnis leichter.

Die Tage auf Huahine wollten wir genießen, Strand, Sonne und Meer uns zum faulenzen anregen. So richtig faule waren wir nie, aber große Wanderungen haben wir auch nicht unternommen. Es wäre sehr interessant gewesen, Teuru hatte uns in Begleitung eines Guides empfohlen, in einer guten Halbtageswanderung auf den zentralen Berg der Insel,der Mont Turi mit seinen fast 700 Metern, der hinter Fare sich erhebt, zu wandern. Die Erfahrung, schon bei kleineren Anstrengungen, ja Bewegungen, schweißnaß zu sein, die sengende Sonne, hat uns diesen wohlgemeinten Vorschlag nicht aufgreifen lassen. Dann belassen wir es lieben bei den kürzeren Spaziergängen in unserer näheren Umgebung. Nur auf den Umkreis von gut 3-4 Kilometer um unser Quartier wollten wir uns aber auch nicht beschränken. An die Stelle eigener Anstrengungen bei Wanderungen trat jetzt die bequemere und luftige Fortbewegung per Vespa. Der 16.1. war der Tag der Inselerkundung. Korrekterweise muß gesagt werden, Huahine besteht aus zwei Inseln, Huahine Nui, auf der unser Quartier und das Hauptdorf sich befinden,  und Huahine Iti, die kleinere Schwester um Süden, mit Huahine Nui über eine kleine Brücke verbunden.

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Nördlich von Fare liegt ein See, Fauna Nui, den nur eine schmale Landzunge vom Meer trennt und über einen kleinen Abfluß mit diesem verbunden ist. Landwirtschaft ist auch für die Insel wichtig, leider ist sie so wichtig, daß die Äcker und zahlreiche Wohngrundstücke es unmöglich machen, näher an den See als auf Sichtweite heran zu fahren oder zu gehen. Eine gewisse Entschädigung erfuhren wir durch die Baumallee, die wir nördlich des Sees durchfahren konnten, die immer wieder möglichen Blicke Richtung Meer, die von Korallenabbrüchen übersäten Strände, die Ruhe und Abgeschiedenheit.

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Tolle Strände gibt es hier im Norden der Insel, zwar kein Sandstrand, aber Buchten, von denen man träumen kann und immer in Sichtweite das Korallenriff, über das die Wellen hinwegrauschen, gebrochen werden. Verwunderlich, wenn in unmittelbarer Nähe der Cité de Corail das x-Sterne Hotel Sofitel, in einem großen schönen Park sowie an einem besonders attraktiven Strand mit Blick auf den Motu Mahare gelegen, nicht mehr betrieben wird. Weiträumig abgesperrt gammelt die Bausubstanz seit Jahren vor sich hin, wird jedoch bewacht, damit keine Unbefugte sich hier einnisten. Den Strand haben wir inspiziert und hätten die möglichen Gäste um diesen und die Lage beneidet. Kristallklares Wasser, schöner flach abfallender Strand, wenig Strömung, viele Korallenfelsen in erreichbarer Nähe, großer Fischreichtum, also ein Schnorchel- und Badeparadies. An Stelle von Urlaubern nutzen Einheimische die günstige Lagunenlage und verschaffen sich mit einfachen Mitteln die Grundlagen für ein Mittagessen. Binnen kurzer Zeit hatte die in der Lagune stehende Frau mit Hilfe ihrer Angelschnur und einem mit kleinen Fischstückchen bestückten Angelhaken eine nennenswerte Anzahl mittelgroßer Fische “an Land gezogen”. Für sie war es ein erfolgreicher Vormittag.

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Hatten wir auf Rapa Nui ausführlich die dort befindlichen Zeremonieplätze, die Ahus, besucht, konnten wir hier natürlich nicht an deren Verwandten, den Maraes achtlos vorbeifahren. Im auf der östlichen Inselseite Huahine Nuis gelegenen Maeva konzentrieren sich die Kultplätze der Insel. Dieser Ort war früher praktisch der Hauptort der Insel, wohnten hier sämtliche Clanführer in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander. An den Maraes gedachten und ehrten sie ihre Vorfahren, beschworen ihren Geist und ihre Hilfe. Diese Maraes unterscheiden sich in mehrerer Hinsicht auch für uns Laien von den Ahus auf Rapa Nui. zum einen ist die Plattform deutlich höher ausgefallen, zum anderen weist sie eine zweite sehr schmale Ebene auf. Vergleichbar sind die großen Steinplatten der Umgrenzung, die mit allerlei Steinmaterial aufgefüllt wird. Diese zweite Plattform, so heißt es, sei der Sitzplatz für die oder den Gott gewesen; ein anderes Mal heißt es, die zweite Plattform diente als Rückenlehne für die Clanchefs oder die Priester. Der Marae stand in einem umgrenzten Hof, oft sieht man die Umfassungsmauer in Rudimenten noch; inwieweit die außerhalb dieser Mauerreste sichtbaren Teile eine besondere Bedeutung für den Platz hatten, wir wissen es nicht, haben auch keine Hinweise in dem kleinen örtlichen Museum gefunden. Beachtenswert ist vielleicht der Hinweis, in einer Ecke des eingegrenzten Platzes habe ein Haus des Gottes gestanden, in dem für die Verehrung des Gottes wichtige Utensilien aufbewahrt und Tag und Nacht bewacht worden seien. Der Bedeutung des Ortes für die Inselbewohner bzw. den jeweiligen Clan entsprechend seien unter den vier Eckpfosten jeweils Menschenopfer vergraben worden. Das es derartige Häuser gegeben hat, ist von Augenzeugen im 19. Jhd. bezeugt worden; ob es Menschenopfer gab, ist nur eine Vermutung. Umgeben von mehreren Maraes wurde ein ehemaliges Versammlungshaus der Inselbewohner, die Fare Pote’e, restauriert und ist nun Ort einer kleinen Ausstellung über die Kultur und Geschichte der Inselbewohner. Obgleich die archäologischen Untersuchungen der hier im Umfeld aufgefundenen sehr zahlreichen Maraes seit 1925 immer wieder erfolgten, vor Ort ist nicht allzu viel zu erfahren.

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Die größte Marae-Anlage, inzwischen auch restauriert, aber wieder den Natureinflüssen überlassen, befindet sich auf der Maeva gegenüberliegenden Landzunge, das Marae Manunu. Die eigentliche Zeremonieplattform ist etwa 40 Meter lang, 7 Meter breit und gut 2 Meter hoch und weist eine zweite Ebene auf. Innerhalb des Umgrenzungsmäuerchengevierts findet sich ein kleiner ebenmäßiger Steinhaufen; hier soll das Grab des letzten hohen Priesters von Maeva, des Raiti, sein. Dieser Marae war anfangs dem für Huahine Nui wichtigen Gott Tane gewidmet, dem Gott der Perfektion und Menschlichkeit. Später gesellte sich zu diesem der Gott Oro, der Gott des Krieges und der Fruchtbarkeit. Beiden wurde am Marae Mananu gedacht, ihnen Opfer gebracht. Für Außenstehende schwer nachvollziehbar, wie in der damaligen Zeit ein Gott gleichzeitig für den Krieg und das Sterben sowie für das Leben als Folge der Fruchtbarkeit stehen sollte.

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Unweit von Maeva befindet sich der Abfluß des Sees Fauna Nui in das Meer. Ebbe und Flut beeinflussen die Wasserbewegungen in diesem Abfluß erheblich. Dies haben sich die Bewohner von Maeva seit Jahrhunderten zu Nutze gemacht und besondere Form der Fischfallen gebaut. In den Strom wurden v-förmige Mauern gesetzt, an deren Ende dann in einem Kessel Netze ausgebracht wurden, in die das abfließende Wasser bei Ebbe die Fische hineinzog. Einige dieser Fischfallen sind noch heute in Betrieb.

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In Faie kann man eine geschützte besondere Aalart in einem Flüßchen bestaunen, die blauäugigen Aale. Da man heraus gefunden hat, daß diese Aale besonders auf Sardinen ansprechen, steht ein kleiner Verkaufsstand in der Nähe des Baches und bietet seine Konservensardinen an. Auch ohne Fütterung fallen die Fische ins Auge, dafür sorgen schon die hellblau glänzenden Augen. Und nicht wenige schlängeln sich da im Wasser, oft an der Mauer entlang und verschwinden in kleinen Spalten. Einige haben eine beachtliche Länge erreicht.

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Da Huahine auch kleine Berge aufweist, geht unsere Strecke mal auf-, mal abwärts und bietet damit ab und an die Möglichkeit einer Fernsicht. Schön, wenn man aus einer dichten Vegetation hinausfährt und dann einen Blick auf die Nachbarinsel über die Puruvai Bucht erhält, bevor es wieder vielleicht 200 Meter abwärts geht.

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Beide Inseln sind durch eine Brücke miteinander verbunden, von der aus das Meer wieder sichtbar ist. Es zeigt sich, wie nah beide Inseln einander gegenüber liegen.

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Die auf Huahine Nui vorhandene mehr oder weniger dichte Bewaldung setzt sich auf auf Huahine Iti fort; nach jeder Kurve gibt es neue Ansichten von Insel, Meer, Korallenriff und ab und an durchfahren wir auch eine kleine Siedlung. Es gibt zwar einige Ortschaften, die Zahl ihrer Bewohner ist jedoch überschaubar. Je weiter wir von Fare wegkamen, desto häufiger konnten wir sehen, wie die Fischerei wichtiger Bestandteil des Lebend und des Broterwerbs ist. Nicht nur, daß zahlreiche mit Außenborder betriebene kleine Boote am Strand lagen, sondern auch die zahlreichen Fischernetze, die wohl zum Flicken aufgespannt wurden, sprechen hierfür. Die Behausungen waren durchweg einfach, aber immer grünte es drum herum. Der Ostküste von Huahine Iti vorgelagert ist der Motu Murimahora. Die von weitem erkennbare Bebauung mit äußerst ansprechenden Villen in Wasserlage weist auf zahlungskräftiges Klientel hin; angesichts der Entfernung zum Hauptdorf dürften dies eher Ferienhäuser sein.

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Hin und wieder sahen wir auch kleine Strände, unbenutzte Sandstrände, von denen man im Urlaub nur träumen kann und ständig hatten wir das die Inseln umgebende Korallenriff im Blick.

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Nach knapp 80 Kilometern Vespafahrt waren wir am späten Nachmitttag wieder zurück in Fare, hatten trotz Fahrtwind gut geschwitzt. Huahine ist eine wunderschöne sehr abwechslungsreiche Insel, bietet immer wieder neue Blickperspektiven mit tollen Landschafts- und Meeransichten, verfügt über nahezu unbenutzte aber natürlich nicht verschwiegene jedoch atemberaubende Strände, hat eine fröhliche und freundliche Bevölkerung, ist eine Insel, auf der man leben könnte, auch wenn das nicht unser Bestreben ist. Inselbesuch und Rundfahrt haben sich auf jeden Fall gelohnt.

Am ersten Abend haben wir nur von weitem beobachtet, welch schöner Abendhimmel beim Sonnenuntergang über dem Meer entsteht. Früh genug zurück am Quartier machten wir uns rechtzeitig auf zum Strand. Der Himmel war leider nicht wolkenfrei, es zogen immer wieder größere Wolken durch das Bild. Aber in dieser Stimmung das abendliche Bad im Meer zu nehmen, die Ruhe am Strand und in der Lagune wahrzunehmen, das immer weicher werdende Licht zu sehen, hat uns beschwingt. Da war es wieder, dieses unheimliche Südseefeeling, Ruhe, träumen, Weite, Sonne, Entspannung und Genuß.

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Huahine hat einige auch berühmte Nachbarinseln im Westen, auf die wir von unserem Strand aus ständig blickten. 10 Flugminuten entfernt bilden auf die Entfernung die Inseln Ra’iatea und Taha’a optisch eine Landmasse; hinter ihnen leicht nordwestlich versetzt ragt dann der höchste Berg von Bora Bora, auf. Nicht immer erlaubten die Witterungsbedingungen eine optimale Sicht, und wenn, dann war der Fotoapparat im Quartier geblieben.

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Und dann war er da, der letzte Abend auf unserer Trauminsel Huahine, Zeit das eine oder andere noch im Netz zu recherchieren, die Rucksäcke zu packen, zu entspannen, ein Bierchen in einem Hafenrestaurant bei Livemusik (nicht unser Geschmack gewesen) zu trinken und zu träumen.

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Daß wir gut träumen hat sich wohl auch ein ungebetener Gast gedacht. Wie immer haben wir unsere Terrassentür und das Schlafzimmerfenster nachts geöffnet, damit frische Luft durch das Zimmer zieht und für Abkühlung nach dem heißen Tag sorgt. Geschützt durch ein Mückennetz fühlten wir uns vor Überfällen, insbesondere der Blutsauger, sicher. Ob es der anstehende Abflug, noch zu erledigende Aufgaben oder etwas anderes war,, ich schlief nicht gerade sehr fest. Nächtliche Geräusche sind nichts ungewöhnliches, laufen doch Geckos die Wände heraus und herunter, geben schnalzende Geräusche von sich.  Diese Nacht schienen die Tiere etwas lauter als üblich zu sein, denn es scharrte immer wieder auf der Bambusverkleidung, aber nur sehr kurze Zeit. Ich lag da, schlief, döste. Es mußte deutlich nach Mitternacht sein. Dann wachte ich durch ein etwas heftigeres Geräusch aus, als ob etwas die Bambusverkleidung entlang gezogen wird, ungewöhnlich, unbekannt. In das Dunkel lauschend lag ich ruhig da, die Augen geschlossen. Irgendwann hatte ich den Impuls, die Augen zu öffnen, als es wieder einmal ein etwas lauteres Geräusch gab und sah das Schlafzimmerfenster, deren Brüstung gut 1,80 Meter über dem Boden lag, stark verdunkelt. Es dauerte wohl einige Zehntelsekunden bis mir bewußt wurde, daß sich dort eine Person aufgestützt hatte und uns durch den Vorhang anstarrte, regungslos auf der Brüstung aufgestützt. Dann waren einen lauten Fluch ausstoßend, die Decke zur Seite werfen, das Moskitonetz aufreißend und zum Fenster springen eins, aber ich war nicht schnell genug, um den ungebetenen Gast hinauszukomplimentieren. Er war wohl schneller heruntergesprungen als hinaufgeklettert und davon gestoben. Den Rest der Nacht verbrachten wir dann bei geschlossenem Fenster und Tür, ohne die gewollte Frischluftzufuhr; wahrscheinlich war ab dann war unser Schlaf auch nicht mehr sehr tief.

Unseren Gastgebern war der Vorfall mehr als peinlich, sie entschuldigten sich vielfach, obgleich sie hierzu persönlich gar keine Veranlassung hatten – sie sind sehr freundliche Menschen. Wir haben uns, wieder einmal, sehr wohl in unserem Quartier gefühlt, wurden umsorgt, mit Ratschlägen versorgt, konnten ein abwechslungsreiches und jeden Tag mit anderen Früchten bestücktes Frühstück genießen, uns in einer schönen grünen und gepflegten Gartenanlage aufhalten.Tiere gehören irgendwie dazu, wenn wir nicht frühmorgens durch einen Hahnenschrei geweckt wurden, liefen diese wohl in großer Entfernung durch die Anlage. Diese vier Tage auf Huahine waren ein Gewinn, ein Erlebnis und, fast, ein Leben wie auf einer Trauminsel. Vielleicht kann das unten stehende Bild das Glücksgefühl und die Freude von Menschen auf Huahine wiedergeben wie das unterstehende, mit Tamatea und Mr. Nice.

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Bleibt noch nachzutragen, weshalb Huahine nur fast unsere Trauminsel ist. An Landschaft, Menschen, Meer, Natur liegt es nicht. Wir Gäste aus fremden Regionen sind hier sehr begehrt, vor allem von den Mücken. Wir hätten nie gedacht, daß so viele Mückenweibchen auf uns abfahren. Diese kleinen Quälgeister erreichen mit ausgefahrenem Stachel vielleicht 2-3 Millimeter Länge, der von ihren Stichen zugefügte Juckreiz lässt hingegen auf Monstermücken schließen. Wenn es nur vereinzelte Stiche gewesen wären, aber es waren zig Dutzend bei jedem von uns. Auch die eingesetzten Repellants halfen nicht wirklich, wir ergaben uns unserem Schicksal, versuchten den Juckreiz zu unterdrücken, fragten uns immer wieder, warum die Insulaner von diesen Überfällen verschont bleiben, denn wir sahen nie die typischen Hautreizungen bei ihnen. Wenn die Mücken sich bei der großen Masse der Inselbewohner nicht versorgen können, müssen halt wir Weißhäute herhalten. Die Flucht ins Wasser verschaffte Linderung, aber wer will schon den ganzen Tag und die Nacht im Wasser verbringen? Attacken wie durch die Pferdebremsen in Chile haben wir uns nicht erwehren müssen, denn die hiesigen Mücken kommen leise, unerwartet und von hinten.  Da wir nicht dauerhaft Opfer der Mücken sein wollen, müssen wir von unserer Trauminsel, leider, einen kleinen Abstrich machen. Also ist Huahine nur fast unsere Trauminsel, aber einer der schönsten Flecken Erde.

Angekommen im Paradies – fast, Teil 1

Wir hatten uns ja entschieden, von Rapa Nui nicht nach Santiago zurückzufliegen, sondern in Richtung Neuseeland in Französisch Polynesien, genauer auf Tahiti, einen Zwischenstop einzulegen. Als wir uns dann näher mit dem Land beschäftigten wurde mehr und mehr deutlich, wie vielfältig es einerseits und welch große Ausdehnung es andererseits besitzt. Im Bordheft von Air Tahiti haben wir das Flugnetz dieser die Inseln anfliegenden nationalen Airline gefunden, woraus vor dem Hintergrund der Europakarte plastisch erkennbar wird, wie weit sich dieses Inselland ausdehnt.

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Für uns bedeutet das, sich auf das machbare und gewollte beschränken. Acht volle Tage standen uns zur Verfügung, die aufgeteilt werden wollen. Gleichzeitig hatten wir aber auch den Wunsch, nicht jeden zweiten oder dritten Tag wieder zum Flieger eilen zu müssen, um eine weitere Insel anzufliegen. Schnell haben wir uns auf eine der Gesellschaftsinseln, Huahine, verständigt, die wir besuchen wollten. Mo’orea stand auch auf unserem Wunschzettel, aber alle Versuche eine Kombination von Flügen mit den Eckpunkten Huahine, Mo’orea und Tahiti zu Stande zu bringen, bei der wir dann am 22.1. frühmorgens zum Abflug nach Neuseeland wieder auf Tahiti sind, waren erfolglos.  So konnten wir nicht das günstige Angebot von Air Tahiti für einen überschaubaren Preis drei Gesellschaftsinseln anzufliegen nutzen, sondern investierten nahezu den gleichen Betrag in ein Ticket von Tahiti nach Huahine und zurück, suchten uns ein wassernahes Quartier im Hauptdorf auf dieser Insel und waren gespannt, wie diese Entscheidung sich auswirken würde.

Gegen Mitternacht hob unser Flieger von Rapa Nui ab, knapp eine Stunde später landeten wir mehr als 4.000 Kilometer weiter östlich auf dem Flughafen Faa’a in Tahiti. Die Reiserichtung raubte uns quasi den Schlaf, den wir bei dem 5 1/2 stündigen Flug leider nicht hatten. So kletterten wir ziemlich müde aus dem in dieser Nacht fast als letztes gelandeten Flugzeug, nahmen unsere Rucksäcke entgegen und gingen zur Passkontrolle. Hier unsere erste Überraschung – es gab eine besondere Abfertigung für EU-Bürger. Einige Augenblicke später dämmerte es, wir waren ja in Europa gelandet, zumindest hoheitsrechtlich, denn Französisch Polynesien gehört zu Frankreich, ist m.W. eine Art Departement mit besonderen Rechten. Uns konnte es nur recht sein,, da die Abfertigung zügig verlief, leider ohne den üblichen Passstempel. Dann hatten wir endlich Tahiti betreten und durften bis zum Morgen warten. Warten, weil unser Flug auf die Insel Huahine erst um 07:00 Uhr startete. Die Abflug- und Ankunftshalle wurde hinter uns verriegelt, zum Glück standen im Freien einige Stahlstühle, die unser Nachtlager waren. Es war trocken und die Schwüle nicht so stark wie tagsüber, es kühlte sogar leicht ab. Die Zeit verging ziemlich langsam, denn einschlafen wollten wir auch nicht, sondern unser Gepäck im Auge behalten. Es wurde ziemlich ruhig um uns herum; nicht mehr als eine Handvoll Reisender teilte unser Schicksal. Ziemlich ruhig mit Blick auf den Publikumsverkehr, an deren Stelle traten aber die Putzgeschwader mit ihren Maschinen, so daß immer etwas zu sehen und zu hören war, eine Hilfe gegen das Einschlafen. Gegen 05:30 Uhr bewegten wir uns in Richtung Cafeteria, um mit echtem Kaffee unsere Lebensgeister zu wecken, bald darauf öffnete auch der Schalter von Air Tahiti und wir wurden unser Gepäck los, nicht ohne vorher durch Umladen in das Handgepäck das Gewicht unter die Maximalgrenze von 20 kg zu bringen. Bücher, Technik, sonstige für den Notfall mitgenommenen Dinge wie Schlösser, abschließbares Kabel, Sicherung für den PC etc. bringen insgesamt ein nicht zu vernachlässigendes Zusatzgewicht auf die Waage.

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Dann saßen wir endlich in der ich glaube 74 Passagiere fassenden zweimotorigen Propellermaschine, die uns etwa 40 Minuten später und nicht ganz 200 Kilometer Luftlinie weiter nordwestlich sicher absetzte. Beim Abflug konnten wir einen kurzen Blick auf Mo’orea wie auch Tahiti werfen, beim Landeanflug überquerten wir kurz Huahine. Als die Kabinentür geöffnet wurde, schlug uns eine enorme Hitze entgegen, und das vor acht Uhr morgens! Wir standen sofort wieder im Wasser. Teuru, Bruder unseres Gastwirts, holte uns, eine duftende Blumenkette jedem von uns umhängend, ab. Die kurze Fahrt zu unserem Quartier, Pension Meherio, wurde um eine ausführliche (!) aber nicht länger als weitere drei Minuten dauernde Dorfrundfahrt ergänzt, damit wir uns orientieren können.

Unsere Unterkunft für die kommenden 4 Tage befindet sich nur 100 Meter vom besten Sandstrand der Insel  und 5-8 Gehminuten am Strand entlang vom Dorfzentrum entfernt, liegt in einem großen Gartengelände voller bunter Büsche, machte einen sehr gepflegten Eindruck und wird von sehr netten Menschen, im Augenblick von Teuru und seiner Frau Tamatea sowie Mr. Nice, betreut. Der eigentliche Besitzer, Teurus Bruder, ist ein leidenschaftlicher Surfer; leider hat er sich vor kurzem bei einem Crash auf einen Felsen schwer verletzt und liegt im Krankenhaus. Nach Teurus Aussage wird er wieder vollständig genesen und dann, natürlich, auch wieder surfen.

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Obgleich seit mehr als dreißig Stunden auf den Beinen, nach dem Begrüßungsdrink, natürlich Kokosmilch aus eigenen Nüssen, nahmen wir unser Zimmer – mit einer kleinen Terrasse vor dem Eingang – in Beschlag, räumten das Notwendigste aus unseren Rucksäcken, suchten unsere Badesachen und waren schnell auf dem Weg zum Strand. Es war ein Strand wie er im Bilderbuch zu finden ist, wir waren im Paradies angekommen! Der weiße Sandstrand war zwar nicht enorm breit, aber lang, ohne störendes Geröll, von Bäumen und Palmen eingerahmt und das beste : wir waren allein. Das blieb zwar nicht jeden Tag so, aber auf einem Kilometer Sandstrand bis zum Dorf tummelten sich jeden Tag nicht mehr als 10-15 Personen, nie gleichzeitig, sondern über den ganzen (!) Tag verteilt. Ein ganzer Strand und die Lagune davor nur für uns!!! Traumhaft. Und, die Insel war grün; hinter dem nicht allzu breiten Küstenstreifen stiegen die Berge an, alle bis oben hin begrünt und voller Bäume!

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Die Müdigkeit war wie weggeblasen, so schnell waren wir im Wasser, das wirklich azurblau ist, angenehm warm, keine Wellen aufwies. Sengender Sonnenschein, die wenigen immer wieder vorbeiziehenden Wolken brachten keine wirkliche Kühlung, nur vorübergehenden Schatten, es war angenehmer, sich im Wasser als an Land aufzuhalten. So hielten wir es auch, bis die Haut krumpelte nach gut 3 Stunden Badevergnügen von kurzen Landgängen unterbrochen. Die Insel Huahine ist von einem Korallenriff umgeben, das mal weiter mal näher dem Land ist, so daß hinter diesem Riff eine wunderschöne Lagune besteht. Je nachdem, ob es auflaufendes oder ablaufendes Wasser sprich Ebbe oder Flut gibt, ist das Getöse am Korallenriff mehr oder weniger laut, spritzt die Gischt dort hoch oder höher auf. Eine Musik, die durch seine Permanenz und Gleichförmigkeit fast schon einschläfernd wirkt, aber das Traumbild eines Traumstrandes nur weiter malen hilft und es verstärkt. So saßen wir dann immer wieder und blickten über das Wasser zum Riff, lauschten den Geräuschen und träumten. Hier kann man so total entspannen und seine Gedanken fliegen lassen.

Am frühen Nachmittag begannen wir, unsere nähere Umgebung den Strand entlang zu erkunden. Zunächst ging es in Richtung dorfabgewandte Seite. Einige kleinere Hotelbetriebe und Cabanavermieter fanden wir auf unserem Weg, bei allen waren keine bis sehr wenige Gäste wahrzunehmen – die Saison steht wohl noch bevor. Hin und wieder hatten auch Eigenheimer ein Schokoladengrundstück bebaut, oft dann aber fein säuberlich vom Strand und dem kleinen Strandpfad abgetrennt. Nach etwa einem Kilometer versperrten dann große Steinbrocken unseren Weg.

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Fare, das Hauptdorf der Insel, auf der etwa 5.000 Menschen leben, können wir in weniger als 10 langsamen Gehminuten erreichen, gut, wenn es um die Beschaffung von Getränken geht, denn unser Wasserverbrauch ist enorm. Der örtliche Supermarkt, einen anderen ähnlicher Größenordnung haben wir auf unserer Inselrundfahrt nicht entdeckt, kann es problemlos in Größe und Angebot mit großen deutschen Supermärkten aufnehmen. In einem ist der Laden Spitzenreiter – bei seinen Preisen. Daß selbst auf der Insel erzeugtes Gemüse und Obst deutlich mehr kostet als z.B. auf Rapa Nui, war schon bemerkenswert. Wir mussten feststellen – es wird hier wirklich sehr teuer. Daß unser Quartier einen stolzen Tagespreis aufgerufen hat, können wir verstehen, andere Herbergen lagen noch nennenswert über dem Tagessatz der Pension Meherio. Aber das die Lebensmittel, die auch die einheimische Bevölkerung einkaufen muß, derart teuer sind, lässt Fragen entstehen. Ist denn die Entlohnung der Bevölkerung so gut, daß diese Preise von allen bezahlt werden können? Wir erfuhren : eher nicht. Natürlich sind die Transportkosten zu berücksichtigen, jedoch wird die Ware per Schiff angeliefert, so die H-Milch aus Belgien, viele Erzeugnisse haben das Herkunftsland Frankreich. Die Südsee hat also ihren Preis, wir erhalten dafür ein Südseefeeling, das uns schweben lässt.

Fare ist mit der Welt verbunden, auch auf dem Seeweg. Fast täglich, meistens am späten Nachmittag, tauchte am Horizont ein immer größer werdender Fleck auf, der sich dann als Frachter entpuppte, in das Fahrwasser der Lagune einfuhr, geleitet von Seezeichen und einem kleinen Leuchtfeuer oberhalb vom Dorf, und am Hafenkai anlegte. Nach einer guten Stunde war die Ladung gelöscht, die Container abgesetzt und das Schiff verließ unsere Lagune. Am Freitag tauchten dann zwei Schiffe auf, das spätere erreichte den “Hafen” bei einbrechender Dunkelheit, es war ein Fracht- und Fährschiff, das aus Pape’ete hierher – und dann weiter – fährt. Während sonst nach Einbruch der Dunkelheit auf den Straßen nichts mehr passiert, der Ort praktisch tot ist, an diesem Abend lebte Fare, da war das halbe Dorf unterwegs, viele, um einen der Reisenden, meistens Angehörige, abzuholen, um anschließend wieder Ruhe einkehren zu lassen.

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Uns war klar, Restaurantbesuche dürften hier eine Ausnahme sein. Einerseits war die Auswahl nicht sehr groß, andererseits die uns bekannten Preise unserem Budget nicht angemessen. Gelesen hatten wir von der Existenz sogenannter mobiler Essstände, den roullottes, an denen eine überschaubare Zahl von Gerichten zubereitet und für einen vertretbaren Preis verkauft werden. Wie uns Teuru bestätigte, diese roulottes existieren auch im Dorf, sie befinden sich in “Hafen”- und somit Zentrumsnähe. Die späten Essenszeiten aus Südamerika noch im Blut, machten wir uns deutlich nach 20:00 Uhr auf den Weg, trafen auf einige geschlossene Wagen und fanden zu unserem Glück ganz am Ende der Straße eine Garküche, die auch für Katrin genießbare Speisen anbot. Daraus gelernt, hier geht man wohl mit Einbruch der Dunkelheit ins Bett, waren wir an den folgenden Tagen früher unterwegs. An jedem Tag gastierten wir auf einer anderen Bühne, mussten dabei aber feststellen, daß auf jeder Bühne die gleichen Stücke gespielt wurden. Ausnahme war der Pizzawagen, der für seine eher durchschnittliche Produktion einer vegetarischen Pizza den insbesondere für Freiluftgaststätten gewöhnungsbedürftigen Preis von 15 Euro verlangte.

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Die Menschen leben hier äußerst entschleunigt. Hektik war nie zu sehen. Das Klischee eines Lebens in der Südsee fanden wir hier bestätigt. Man saß auf den Bänken im Dorfzentrum, am Kai und plauschte miteinander, und das über Stunden, wie wir bei einem späteren Dorfbesuch erlebten. Da muß es viel zu berichten geben. Südsee und Blume im Haar ist ein weiteres Bild das wir in diesem Zusammenhang vor Augen haben – und auch dieses bestätigt sich, wenn auch nicht flächendeckend. Wir haben immer wieder Frauen gesehen, die eine Blüte im Haar trugen, sei es auf dem Weg zur Arbeit, wie Teurus Frau, Tamatea, sei es auf dem Weg zum Supermarkt. Das sah fröhlich, bunt und relaxed aus. Was man aus anderen Städten kennt, Jugendliche mit ihren Mopeds dröhnen mit Höchstgeschwindigkeit durch die Straßen – hier Fehlanzeige, nicht, weil die jungen Menschen keinen fahrbaren Untersatz haben, hier oft eine Vespa, sondern weil offensichtlich nicht das Bedürfnis besteht, sich in dieser Form zu präsentieren, man fuhr seine Vespa, Moped eben relaxed – ein total entschleunigtes Leben bot sich dar.

Südsee und viele bunte Fische, die um einen herumschwimmen – kein Werbegag, sondern die Wirklichkeit. Wir mussten nur wenige Meter in unsere Hauslagune hineinschwimmen, so sahen wir diese bunten Fische, zwar nicht in dichten Schwärmen, aber sie durchschwammen unsere Lagune mal zahlreich, mal weniger zahlreich, abhängig von den Gezeiten. Wenn wir in der Nähe eines Korallenblocks schnorchelten, schon hatten wir dieses Traumbild. Azurblau und klar war das Wasser, so daß ohne Probleme eine Sichttiefe von 4-5 Metern gegeben war. Ob die Sicht in noch größeren Tiefen gleichfalls so hervorragend ist, können nur die Taucher beantworten. Eigene Bilder von dem Fischreichtum konnten wir nicht aufnehmen, vielleicht findet sich etwas im Netz.

Die Inselbewohner haben ein sehr entspanntes Verhältnis zu der von Haien ausgehenden Gefahr. Nicht geleugnet wird ihre Existenz in den Inselgewässern, jedoch sollen sie sich – meistens – vor dem Riff aufhalten und im übrigen gehören Menschen nicht in sein Beuteschema. Schon beruhigend oder? Wir ließen uns nicht davon abhalten in der Lagune zu schwimmen und zu schnorcheln, auch wenn wir inzwischen erfahren hatten, daß ein Lagunenfahrten anbietendes Unternehmen an einer Stelle, an der das Riff durchbrochen ist, eine Fahrrinne besteht, die hier heimische Haiart “angefüttert” hat, um Besuchern den besonderen Nervenkitzel eines Schwimmens mit Haien zu ermöglichen. Äußerst kurzsichtig, denn damit gewöhnt das Tier sich an die Fütterung mit der Gefahr aggressiven Verhaltens gegenüber den Menschen, wenn das gewohnte Futter ausbleibt. Wie wir erfuhren, wurde das Unternehmen von vielen Seiten auf die Risiken auch für den Inseltourismus im Falle von Haiangriffen hingewiesen, ohne daß dies etwas bewirkt hat. Manche der großen in der Lagune verstreut liegenden Korallenblöcke sind so groß und hoch, daß man auf der abgestorbenen Masse stehen kann, um die sich um den Felsen tummelnden Fische in Ruhe durch die Schnorchelbrille zu beobachten. Das praktizierte ich so lange, bis Katrin aus dem Wasser kam und mir künftig auf diese leichte Art “Fische zu gucken”  verbot. Der Grund : beim schnorcheln um einen dieser besagten großen Korallenblöcke schaute sie auf einmal aus einem Spalt eine mittelgroße Moräne an; ihrer Beschreibung entsprechend müßte der Kopfdurchmessen zwischen 10-15 Zentimeter betragen haben. Ein solcher Anblick verschafft Respekt, ist aber auch ein ganz besonderes Erlebnis – Auge in Auge mit einer Moräne.