Te Urewera National Park

Nachdem es uns im Anschluß an die Oldtimerparade nicht so recht reizte, unter den Massen länger in Napier zu bleiben, nahmen wir die nächste Etappe in Richtung nördliche Ostküste in Angriff. Das 120 Kilometer entfernt liegende Wairoa erschien ein günstiger Ausgangspunkt, um in den Te Urewa National Park zu fahren. Hier befindet sich auch einer der 10 großen Trecks, der Waikaremoana Treck, der in vier Tagen und 46 Kilometern um den größten Teil des Lake Waikaremoana führt. Uns interessierte, den ersten Teilabschnitt zu wandern, d.h. keine Rundwanderung, sondern dann von der Zielhütte der ersten Etappe aus wieder zum Camper zurück zu wandern. Da in dem Park auch zahlreiche andere Wandermöglichkeiten bestehen, gab es genügend Alternativen, sollten unser Plan nicht möglich sein.

Napier hatten wir schnell hinter uns gelassen und fuhren zuerst durch Teile des hier große Bedeutung besitzenden Weinlandes ohne es zu merken. Wie sollten wir auch, wurde auf den einsehbaren Feldern, wenn sie nicht als Weide genutzt wurden, im wesentlichen Mais und Rüben angebaut. In einem Weinland/-region vermutet man große zusammenhängende mit Weinreben bebaute Flächen, die wir hier wie auch an anderen Orten nie sichteten. Hier und da wies verschämt ein Schild auf einen Winzer hin, seine Reben hielt er aber gut versteckt und wenn, waren es kleine Flecken, auf denen die Weinstöcke standen. Also durchfuhren wir ein stark agrarisch geprägtes Gebiet, das von Schaf und Rind repräsentiert wurde. Der Kontakt zur Küste und seiner Landschaft brach bei Kilometer 20 ab; verabschiedet wurden wir jedoch mit einem schönen Küstenpanorama in der Nähe von Wirinaki.

P1120867

Durch hügelige Hinterland ging es dann, aufgelockert durch kleine Wälder und den Lake Tutira, an dem wir natürlich anhielten – ohne einen Blick aufs Wasser können wir wohl nicht leben – weiter, diese Region scheint eine wesentlichen Korn- und vor allem Fleischkammer zu sein; das Landschaftsbild sieht entsprechend aus, ausschließlich leicht begrünte Hügel säumten unsere Sicht.

P1120870P1120871

Zur Erleichterung der Reiseplanung aber auch um den Touristen zum Besuch bestimmter Regionen/Orte anzustiften, werden insbesondere von den Kommunen aber auch den Regionen besondere Prospekte herausgegeben, die z.B. einen “Heritage Trail” von Napier nach Wairoa beschreiben und somit zahlreiche auch für uns nützliche Hinweise enthalten. Auf unserer Fahrt nach Wairoa warfen wir selbstverständlich in die schmale Broschüre einen Blick und waren dankbar für neue Anregungen. Manches war zu weit ab von unserer Strecke gelegen, um von uns angesteuert zu werden, anderes lag direkt an der Strecke. Hierzu zählt das Mohaka Railway Viaduct, das zum Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme 1937 mit seinen 95 Metern Höhe das vierhöchste Viadukt der Welt war.

P1120875

Mehr interessierte uns, in den abseits am Meer gelegenen Ort Mohaka zu gelangen, denn dort soll neben einem alten Meetinghouse der Maori auch ein 1885 errichteter großer Rundhallenbau stehen. Die Straßenkarte wies ein Stück hinter Raupunga, es geht hier bergauf und begrab über einen kleinen Höhenzug, eine Abzweigung nach Mohaka auf. Wir warteten auf einen Ortshinweis, den gab es aber nicht. Zufällig nahm Katrin ein Straßenschild wahr, das “Mohaka Township Road” hieß. Ein solches Schild kann überall stehen, aber vielleicht war es auch ein Hinweis, wo der Ort zu finden sei. Wir drehten um und bogen in diese Straße, Richtung Meer und stark abwärts führend, ein. Kein weiterer Hinweis tauchte auf, stattdessen nach gut 5 Kilometern einige Häuser sowie eine Art Kindergarten, in dessen Maori-Namensbezeichnung auch das Wort Mohaka von uns identifiziert wurde. Wir waren im gesuchten Ort angekommen, aber wo waren die gesuchten Gebäude? Wie das so ist in einer Gegend, in der die Häuser, Höfe weit auseinander liegen – Menschen waren nicht auf der Straße, die man hätte fragen können. Also fuhren wir die Straßen, drei an der Zahl, ab, ohne die gesuchten Häuser zu finden. Daß man so prominent beworbene Objekte im Ort selber in keiner Weise erkennbar macht, will uns nicht in den Kopf, insbesondere, wenn wir sehr häufig an Straßen einen Hinweis auf ein traditionelles Versammlungshaus der Maori gesehen hatten. Also Fahrt zurück, schade um die verschenkte halbe Stunde, die uns nur weitere Bergblicke, Meerblicke, den Blick auf eine alte Brücke und die Einmündung des Mohaka River ins Meer brachte.

P1120876P1120878P1120879

Die letzten 30 Kilometer durch das Bergland der Küste schüttelten wir Anfangs noch den Kopf über diese Ignoranz oder Fehlinformation, hatten aber bald wieder Kopf und Auge für die Landschaft frei, bis wir in den im Samstagsnachmittagsschlaf befindlichen kleinen Ort Wairoa hineinfuhren. Wieder einmal hatten wir mit der Campingplatzwahl Glück; unser Riverside Campingplatz liegt wirklich am Fluß, ist ruhig und grün, sauber und durch und durch zu empfehlen.

P1120881P1120883

Nicht die sonntäglich geläuteten Kirchenglocken sondern unser Wecker brachte uns heute am 23.2. früh in Schwung. Der Te Urewera National Park liegt von hier 64 Kilometer entfernt, d.h. mit einer Anreise von bis zu 1 1/2 Stunden zum Einstieg in den Treck müssen wir rechnen. Am Vorabend bekamen wir von einer Camperin, die den Waikaremoana Treck gerade gelaufen war, eine Infobroschüre, aus der die notwendigen Daten hinsichtlich Höhenprofil, Streckenlänge und zu erwartenden Wanderzeiten entnommen werden konnten. Für unsere Strecke stand da für die einfache Strecke eine Länge von 9 Kilometern und eine Wanderzeit von 5-6 Stunden, offensichtlich auf Grund des fordernden Streckenprofils, denn es ging nur bergauf, verlorene Meter mußten beim nächsten Anstieg neu bewältigt werden, denn die Hütte, die Panekiri Hut, steht auf dem höchsten Punkt der Strecke. Kein Wunder wenn es heißt, die Route sei in diesem Teil “demanding”. Da wir auch noch zurück zu Camper laufen wollten hieß daß früh vor Ort zu sein.

Auf dem Weg dorthin das Tal des Waikaretaheke River aufwärts fahrend durften wir wiederholt die Folgen ausgeuferten Holzeinschlags in Form von Landabgängen bewundern. Erstaunt waren wir über den hohen Wasserstand des Flusses, konnten dann aber ein Schild erspähen, daß indirekt den Grund nannte, den Betrieb von Wasserkraftwerken im Verlaufe des Flusses. Ausgehend von dem von uns angefahrenen See wird an drei Stellen talabwärts ein Wasserkraftwerk betrieben, zu dem die notwendige Wassermengen durch jeweils drei meterdicke Rohre geleitet werden. Konsequenterweise folgen dem Waikaremoana Lake talabwärts zwei weitere kleinere Stauseen, die jedoch auf unserer Straßenkarte nicht verzeichnet aber, wie wir sahen, vorhanden sind. Wasserkraft scheint hier häufig und sehr frühzeitig zur Energieerzeugung eingesetzt worden zu sein; soweit ich mich erinnere, wurde der erste Block bereits in den 20er Jahren in Betrieb genommen.

P1120886P1120885P1120888

Soviel Zeit muß sein, um einen kleinen Abstecher hin zu einem am Straßenrand angezeigten Versammlungshaus der Maori zu unternehmen. Betreten dürfen wir und andere Besucher die Anlage und das Gebäude nicht es sei denn, wir haben die Erlaubnis durch den Clanchef. Aber von außen einen Blick darauf werfen ist möglich. Augenscheinlich handelt es sich um ein eher neues Haus, dennoch, die angebrachten Verzierungen sind typisch für die Maraes.

P1120890P1120891P1120892P1120893

Die Region, in dem sich der Nationalpark befindet, ist altes Stammesland der Maori; von besonderer Bedeutung war es auch, um 1840 den kriegführenden Maori und ihrem Führer als Rückzugsort und Fluchtort zu dienen.

Dann endlich waren wir um 10:40 Uhr an unserem Ausgangspunkt für die Wanderung. Nur ein weiteres Fahrzeug parkte hier, es schien nicht viel los zu sein auf dem Treck. Erstaunlich, denn er zählt zu den begehrten Mehrtageswanderungen für die man sich beim DOC wegen der begrenzten Übernachtungskapazitäten auf dem Matratzenlager der Hütten monatelang vorher anmelden muß, um eine Chance auf den gewünschten Termin zu besitzen. Wie wir bei Ankunft auf der Hütte lernten, ließen sich einige der wenigen Anwesenden zum Ausgangspunkt per Boot bringen; andererseits kamen uns insgesamt 12 Wanderer entgegen, diese waren die Runde in entgegengesetzter Richtung gelaufen und ersparten sich damit den anstrengendsten Teil bergan zu gehen.

P1120898

Wie zur Einstimmung waren die ersten Minuten recht gefällig, kein Pfad sondern ein Weg, auf Rasen ging es bergan, aber nur wenige hundert Meter bis zu einem großen Rasenplatz. Ein Schild weist darauf hin, daß an dieser Stelle früher, d.h. um 1850 herum ein Exerzierplatz war und im Umfeld die englischen Soldaten stationiert waren. Nichts von all dem ist heute noch zu sehen, der Wald hat sich bis auf diese Rasenfläche sein Land zurück geholt. Von hier ab mutierte der Weg zum Pfad der stetig bergauf verlief und am besten als Wurzelpfad beschrieben  werden kann. Ständig stiegen wir über Wurzeln, der gesamte Pfad ging ja durch den Wald und Bäume besitzen nun einmal Wurzeln, aber direkt so viele, die ständige Stolperfallen sein können? Auf ebener Strecke wäre es noch gegangen, aber dann über die Wurzeln so zu steigen, als ob man Treppen steigen würde, war die Herausforderung. Den Wald kann man als Rübezahlwald beschreiben, wild, ungeordnet, nicht ganz dunkel, mächtige Stämme und riesige Bäume ebenso aufweisend wie unzählige Farne und Sträucher. Immer und überall waren zahlreiche Schmarotzerpflanzen auf und an den Bäumen zu bewundern. Die Farne sind hier vor allem als Farnbäume zu sehen; sie erreichen nach unserer Schätzung locker bis zu 5 Meter Höhe. Die große Anzahl der Farne, die intensive Bemoosung von Bäumen und Totholz weisen auf gemäßigten Regenwald hin. Das am Morgen sichtbare Wetter hätte hierzu gepasst, denn uns begrüßte ein sehr bedeckter Himmel mit dunklem Wolkeneinschlag, der sich während unserer Wanderung völlig drehte und uns eine Affenhitze bescherte. Etwa die Hälfte der Strecke geht es immer am See entlang den südlichen Bergkamm erklimmend, was immer wieder Ausblicke nach unten auf das Wasser möglich machte. Je höher wir kamen, desto eindrucksvoller der Blick, denn oft fiel die Felswand am Aussichtspunkt steil nach unten. Bei manchen der sichtbaren steil aufragenden Felsen wurden wir an das Elbsandsteingebirge erinnert. Dann verlief der Weg auf den den See begleitenden Hügelkamm, der sich jedoch über eine lange Strecke vom See entfernte und natürlich nicht das einmal erreichte Höhenniveau beibehielt, sondern zum vielfachen Auf und Absteigen zwang. Mit Blick auf den vor uns liegenden Rückweg tendierte Katrin ab Ende der 3.Laufstunde dazu, umzukehren, während ich meinte, so kurz vor dem Ziel und dem möglichen Ausblick wäre das ein Fehler. Nachdem dann eine letzte 5 Minutenfrist genannt wurde, wurde Katrin erlöst, denn von weitem war das Hüttendach erkennbar. Nach 3 1/2 stündiger Wanderung hatten wir das Ziel erreicht.

P1120904P1120915P1120925P1120907P1120929P1120932P1120943

Auf unserem Weg zur Hütte liefen wir lange Zeit auf einem Niveau von 1000 Metern und hatten freien Blick nach Westen. Die dort sichtbaren Berge waren imposant, verwundert waren wir aber, das Meer ganz in der Ferne zu sehen. So schmal ist Neuseeland?

P1120936

An der Panekiri Hut trafen wir auf einige Wanderer, die hier ihren ersten Abschnitt der großen Wanderung hinter sich gebracht hatten und am nächsten Tag die zweite Etappe in Angriff nehmen wollten. Nach einem dreiviertelstündigen Päuschen, Unterhaltungen mit den anderen Wanderern und mehrfachen langen Betrachtungen des Umlandes, des Sees, machten wir uns um 15:00 Uhr auf den Rückweg, für den 4 1/2 Stunden vorgesehen sind. Wenn wir diese Vorgabe nicht deutlich unterschreiten, kommen wir erst mit Einbruch der Dunkelheit auf unserem Campingplatz an, so dachte wohl Katrin, als sie in einem Wahnsinnstempo bergab stürmte. Ich hatte Mühe nachzukommen und beschwerte mich, so von dem Wald nur noch wenig optisch aufnehmen zu können. Schließlich sei doch der Weg das Ziel. Doch Katrin kannte, zumindest für die ersten 50 Minuten, keine Gnade und stürmte weiter den Pfad hinunter. Nach einem Drittel der Strecke hatten wir gegenüber dem Weg hinauf fast eine halbe Stunde gutgemacht. Das sollte für eine Ankunft zu einer vernünftigen Zeit vor Einbruch der Dunkelheit reichen, was auch Katrin einsah; erste Anzeichen, daß die Wanderung bei unserem Tempo ganz schön anstrengend gewesen sei und Hinweise darauf trugen des weiteren dazu bei, die letzten beiden Wegdrittel in normaler Geschwindigkeit zu gehen. Endlich wieder Zeit für den einen oder anderen Blick, die Chance genauer zu lauschen, ob da nicht Vogelgezwitscher sich gegen den Lärm der Zikaden durchgesetzt hatte. Viel zu selten hörten wir Vogelstimmen, in unseren Breitengraden normale Begleitmusik im Wald. Ob die erfolgreiche Jagd der Stoats nach Vogeleiern hierfür verantwortlich ist? Da wir keinen Hinweis auf aufgestellte Stoatfallen fanden, scheint das Raubtier hier eher keine Gefahr zu sein; vielleicht besteht hier keine Priorität, das Tier in diesem NP zu jagen. Wir haben dieses putzige Tierchen bislang tot auf der Straße, im Museum in Wellington und auf einer Informationstafel zu Beginn dieser Wanderung gesehen, ist halt ein nachtaktiver Kerl.

P1120900

Nach gut 2 3/4 Stunden standen wir wieder vor unserem Camper, unsere Beinmuskulatur signalisierte deutlich, an diesem Tag sehr gefordert worden zu sein. Dies hielt Katrin jedoch nicht davon ab, den Lake Waikaremoana als Badesee zu testen.

P1120959P1120960

So erfrischt ging es leichter zurück nach Wairoa, wo wir noch deutlich vor der Abenddämmerung wieder eintrafen.

Ein Gedanke zu „Te Urewera National Park

  1. Hallo ihr Beiden, hab mal wieder bei euch reingeschaut. Wieder tolle Bilder gesehen und Fernweh bekommen. Ich freu mich schon so drauf, wenn du uns persönlich erzählen kannst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert