Die alpine Berglandschaft von Tasmanien konzentriert sich zu einem großen Teil im Craddle Mountain National Park/Lake St. Clair NP sowie dem Walls of Jerusalem National Park. Letzterer bezieht seinen Namen weniger aus einer vermeintlichen Klagemauer, obgleich sicherlich der eine oder andere Wanderer über die sich schnell ändernden Wetterbedingungen seine Klagen an einer solchen vorgebracht hätte, sondern, wie auch zahlreiche Berge und sonstige bemerkenswerte Stellen, von Orten, die in der Bibel vorkommen. Wie so oft hatten wir gehört und gelesen, hier kann man wunderschöne Ausblicke in und auf die Berglandschaft genießen und weitgehend ungestört auf seltener begangenen Pfaden wandern. Unser Quartier in Hadspen war insofern ein guter Ausgangsort, um über Deloraine und Mole Creek an die in den Park hineinführende Straße zu gelangen.
Am Morgen des 20.3. wurden wir nicht gerade von bestem Wetter begrüßt, strahlender Sonnenschein sieht anders aus, es war bedeckt, die Wolken hingen tief und wir starteten mit der Hoffnung auf Wetterbesserung im Verlaufe der nächsten 1 1/2 Stunden Anfahrt zum Park. Hatten wir gestern Halt in Launceston und Evandale wegen der dort vorhandenen sehenswerten historischen Häuser gemacht, setzte sich diese Besichtigungsfahrt heute ungeplant fort. Gleich ob wir durch Hadspen, Carrick, Hagley oder auch Deloraine fuhren, überall bestimmten zahlreiche alte und sehenswerte Häuser das Ortsbild mit, seien es normale Wohnhäuser, Geschäftshäuser oder z.B. ein kurz vor Carrick stehendes großes altes Mühlengebäude, das heute als Restaurant genutzt wird. Diese Eindrücke hätten wir verpasst, wenn wir nicht die kleinen Straßen zu unserem Ziel befahren würden; die von Launceston nach Westen führende A1 macht um diese kleinen Ortschaften einen großen Bogen. Die Landschaft war schön, manche würden sie auch als lieblich beschreiben, geprägt durch den Verlauf des Meander River, weites Tal, in der Ferne eher hügelig, nicht intensivst landwirtschaftlich genutzt sondern abwechslungsreich für das Auge. Teilweise grüßte bereits mit Nachdruck der Herbst.
Kurz hinter Westbury bemerkten wir ein kleines Schild, das auf einen alten Friedhof hinweist. Nachfahren pflegen die Gräber auf diesem Friedhof offensichtlich nicht mehr; bei einem Rundgang konnten auch keine Gräber aus der zweiten Hälfte des 20. Jhd. gefunden werden, der Friedhof ist offensichtlich aufgegeben worden. Gepflegt und erhalten werden die alten Grabsteine und die Anlage, die die Erinnerung an die vergangene Siedlerzeit wachhält, durch “hands-on” Aktivitäten eines Rotary Clubs aus Launceston, soweit ich mich erinnere.
Unsere Straßenkarte weist in Deloraine eine Touristeninformation auf, die wir anfuhren, um nähere Information über unser heutiges Ziel zu erhalten, denn über wirklich brauchbare Unterlagen verfügten wir nicht. Hier wurde uns geholfen und mit Blick aus dem Fenster geraten, es vielleicht mit einem direkt bei Deloraine liegenden Aussichtspunkt zu versuchen, denn im Nationalpark könnte das Wetter wie es aussah sehr schnell wechseln. Wir beschlossen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen, zumal eines unserer Ziele im Park, “Devil’s Gullet Lookout” mit keinem langen Anmarsch verbunden ist, dann kann man weitere Pläne machen.
Die Straßen hinter Deloraine wurden schmaler; angesichts der extrem dünnen Besiedlung in diesem gebirgigen Teil von Tasmanien auch kein Wunder. Mole Creek entpuppte sich, obgleich auf der Karte besonders hervorgehoben, als wenige Häuser umfassendes Straßendorf, verfügt aber über einen Campingplatz. Die uns zum Ziel führende Straße C 138 endet nach etwa 30 weiteren Kilometern; kurz zuvor zweigt die in den Park führende nur am Anfang noch geteerte C 171 ab. Bald umgab uns zunehmend ein alpiner Wald, der je höher wir hinauffuhren, sich lichtete und von niedrig wachsenden Bäumen und Sträuchern abgelöst wurde. Um zu unserem Aussichtspunkt zu gelangen, mussten wir uns 14 lange Kilometer über eine mehr schlecht als recht gepflegte Schotter- und Waldpiste quälen, Kurve nach Kurve fahren, den Schlaglochkratern ausweisen. Endlich am Ziel, bzw. fast am Ziel auf dem Parkplatz, von wo aus es zu Fuß weiter geht, befanden wir uns auf einer Hochebene, anscheinend einem Hochmoor, wie die Pflanzen vermuten lassen.
Nicht erst hier war uns bewußt, eine besondere Sicht würden wir nicht haben, denn die Wolken hingen nur knapp über uns und vernünftiges Licht gab es auch nicht. Dennoch, wenn man schon so weit herangefahren ist, kann man auch die letzten 15 Minuten zum endgültigen Ziel laufen. Wir können sagen, wir waren da, aber den tollen Blick in den mehr als 300 Meter senkrecht abfallenden Berg hatten wir nicht. Von dem Aussichtspunkt hoch ober hat man bei besseren Bedingungen einen fantastischen Blick in die Berglandschaft, wir bekamen nur eine Ahnung davon, wie es aussehen könnte. Dennoch, die stark zerklüfteten Felsen, die Felsnadeln, das vielfach zerrissene Gestein, das nur darauf wartete, angestoßen zu werden, um mit Getöse, wie unzählige Kubikmeter Gestein, die unten im Tal liegen zuvor, nach unten zu stürzen, war trotz der sehr eingeschränkten Sicht imposant. Schade, daß es keine Fernsicht in das Tal gab, nur schemenhaft in der Ferne tauchten die anderen Berghänge auf. Was bleibt ist die Notwendigkeit, sich über das Netz den verpassten Eindruck der tollen Landschaft zu verschaffen.
und das haben andere Reisende (FB) unter besseren Wetterbedingungen von hier oben gesehen :
Zurück am Parkplatz trafen wir auf einen gerade eingetroffenen Amerikaner, der sich bei uns erkundigte; als er vernahm, um die eingeschränkte Aussicht zu bekommen müsse er 15-20 Minuten bergauf laufen, stieg er wieder in seinen Wagen und fuhr davon. Manchen Menschen muß man wohl das Erlebnis an der Autotür auf dem Tablett präsentieren.