Heute am 31.3. wollten wir uns auf die Suche nach unserem eigenen Goldschatz machen; die “Goldfields Touring Route” durch einen Teil des Bundesstaates Victoria sollte in Teilen unser Führer sein. Aber zuvor statteten wir “Brambuk”, dem Nationalpark- und Kulturzentrum von Gariwerd, so heißt nämlich der Grampian in der Sprache der Aborigines, einen Besuch ab. Hier bekommt man nicht nur gute Auskünfte zu den möglichen Wanderungen, sondern wesentlicher Bestandteil des Zentrums ist ein besuchenswertes Museum, das von fünf Aborigines-Stämmen in Eigenverantwortung gestaltet und geleitet wird. Allein die Form des Baukörpers drückt die enge Verbindung dieser Menschen mit der Natur, hier einem cockatoo, aus; es ist ein offener, leichter und luftiger Baukörper, in dem auf einige Aspekte der Kultur der Urbewohner, insbesondere aber auf die Jahrhunderte andauernde Unterdrückung durch die Siedler und die Krone, ausführlich eingegangen wird. Manch Neues erfuhren wir. Aus den Schuhen geschlagen hat uns der Hinweis, daß bis 1960 Aborigines-Kinder von ihren Eltern, insbesondere wenn es sich um “Mischlingskinder” handelte, getrennt wurden und isoliert von der Sippe eine Schule besuchten, in einem ihnen fremden Umfeld aufwuchsen und so zu einer mit ihrer Kultur nicht zu vereinbarenden Assimilation gezwungen wurden. 1960!! Dargestellt wurde in dem Zusammenhang natürlich auch, welche besondere Rolle das Bildungswesen und die Kirche(n) hatten, um aus den Ureinwohnern der Kolonialmacht und deren Kultur genehme Menschen zu machen. Über zwei Jahrhunderte strebten die Ureinwohner nach gesellschaftlicher Anerkennung, die ihnen u.a. im Sport oder durch Ableisten des Militärdienstes z.B. in WWI zuteil wurde, aber nicht ihre Gesamtheit erfasste. Nicht immer blieben die Schuriegelten friedfertig, zu Waffen griffen sie eher selten, in einigen Fällen kam es zu ausdauerndem zivilen Ungehorsam, Streiks. Man nahm es nicht mehr einfach hin, in Camps, was nichts anderes als Konzentrationslager waren, zusammengepfercht zu werden, ihre normale Lebensgestaltung nicht mehr fortsetzen zu dürfen/können. M.E. erst in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde offiziell anerkannt, welches Unrecht man der Urbevölkerung zugefügt hatte. Eine offizielle Entschuldigung durch einen Beschluß des Parlamentes gab es m.W. erst nach dem Jahr 2000. Das von den Siedlern und der Krone, der Kolonialmacht geraubte/enteignete Land hatte auch vor 300 Jahren Eigentümer, nämlich die unzähligen Stämme der Aborigines. Allein für den Bundesstaat Victoria, wohl flächenmäßig der kleinste in Australien, ist die Existenz von 39 Stämmen mit einer eigenen Sprache nachgewiesen, die in exakt abgegrenzten Territorien lebten und diesen Boden als ihr Eigentum, das sie zu bewahren hatten, ansahen. Dies muß auch der Kolonialmacht bewußt gewesen sein, auch wenn ihr Handeln nicht danach ausgerichtet wurde, denn ein Landkauf, bei dem einige Pakete Wäsche gegen über 100.000 Hektar Boden den Besitzer wechselten, wurde nicht anerkannt. Bei dem “Käufer” handelte es sich um einen der Gründerväter der Stadt Melbourne. Im großen und ganzen wurde der Landraub aber toleriert und staatlich gefördert oder um genau zu sein, durch das Rechtsprinzip, vor Ankunft der Kolonialmacht habe es keinen Rechtsanspruch auf Land gegeben somit sei folglich die Kolonialmacht Eigentümer, war die Krone der Räuber! In welcher Form es in der jüngsten Vergangenheit Entschädigungen gab, wissen wir nicht. In einer Broschüre haben wir am Ende den Hinweis gefunden, wonach man die Besitzrechte der Urbevölkerung, hier wurde der Name eines Stammes genannt, zur Kenntnis genommen hat, man spricht m.W von den ursprünglichen Eigentümern, und die Kultur der Aborigines respektiert.
In einer kleinen Ausstellung wurde auch die Bedeutung der Natur für den Jahresablauf und das Leben der Urbevölkerung sichtbar gemacht, wonach die Aborigines sogar 6 Jahreszeiten unterschieden haben, abhängig von den Möglichkeiten, in den Grampians Nahrungsquellen unterschiedlicher Art sich zu erschließen. Da die Tierwelt einen wichtigen Beitrag zur Ernährung liefert, ist eine ausreichende Futterquelle von großer Bedeutung. Das mit Augenmaß und kontrollierte Abbrennen von Unterholz und Weiden trug dazu bei, das Austreiben besserer Gräser und Sträucher zu fördern, somit die Nahrungsqualität z.B. für die Kängurus zu verbessern. Ob die heutzutage wahrgenommenen großen Brandschäden noch unter diesem Gesichtspunkt als positiv für die bessere Regeration der Natur angesehen werden müssen, bezweifeln wir.
Nach dem Bildungsaufenthalt im Brambuk machten wir noch einen Abstecher ins Gebirge. Gut 20 Kilometer von Halls Gap entfernt, gibt es sowohl den Reed Lookout als auch wenige Gehminuten entfernt die Balconies. Von beiden Orten hat man einen wunderschönen Weitblick hinein in die Grampians.
Kurvenreich war die Strecke, die uns bis kurz vor die letzte Abzweigung auch durch den typischen Eukalyptuswald dieser Region führte, dann wurde es auf der nördlichen Straßenseite ziemlich licht und verkohlte Stämme standen auf verkohltem Boden. Bis hierhin hatte sich das Feuer aus dem nördlichen Parkgebiet ausgebreitet und konnte wohl an der Straße endlich gestoppt werden. Einige Bäume auf der Südseite der Straße haben gleichfalls unter der Hitze ziemlich gelitten.
Manchmal ist die Welt sehr klein. Auf dem Weg vom Reed Lookout zu den Balconies überholen wir ein Ehepaar und werden angesprochen, auf Deutsch und mit erkennbar schwäbischem Akzent. Die beiden aus Messkirch stammenden Landsleute hatten ihre auf Kangaroo-Island verheiratete Tochter besucht und reisen nun mit dem Camper einige Wochen durch Victoria.
Unsere Tierbegegnungen hielten sich heute in Grenzen; gesichtet wurde nur die dritte Eidechsenart in zwei Tagen, diesmal mit geschuppter Haut, nachdem wir gestern sehr schwarze mit gespaltenem Schwanz sowie normale mit runden Schwanz in der Sonne liegend entdeckt hatten.
Mitte des 19. Jhd. hatte ein Goldrausch Australien erfasst; in großem Maße war davon auch der heutige Bundesstaat Victoria betroffen. In der Mitte des Landes wurde an zahlreichen Stellen eine Goldader entdeckt und sofort strömten Zehntausende hierhin, um ihr Glück zu suchen. Wie auch in Neuseeland, wo der Goldrausch zeitverzögert einsetzte, reisten zahlreiche Chinesen an die Fundorte, teilweise prägten sie die Entwicklung ganzer Ortschaften so stark, so daß auch heute noch ihr Einfluß spürbar ist. Meistens wird geraten, nach Ballarat als “Zentrum der Goldregion” zu reisen. Wir entschieden uns jedoch den deutlich weiter nördlich gelegenen Ort Bendigo zu besuchen. Zur Zeit der Goldfunde war Bendigo der reichste Ort in Australien; aus seinen Gruben wurde die zweitgrößte Goldmenge zur damaligen Zeit in Australien gefördert. Der Boom war zwar nur von kurzer Dauer und dauerte im wesentlichen nur bis etwa 1860, aber in Bendigo selber wurde noch bis in die vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts eine Goldgrube, die bis auf gut 500 Meter abgetäuft wurde, betrieben. Heute steht diese eingeschränkt für Besuche offen. Aber bevor man in Bendigo ist, müssen einige Kilometer gefahren werden.
Unsere Route führte uns über Stawell, Ort bekannter Leichtathletikwettkämpfe und eines sehr alten und ehrwürdigen Stadions, Landsborough, Navarre, Avoca, Maryborough, Maldon bis kurz vor Bendigo nach Marong auf unseren Campingplatz, der nur jedem empfohlen werden kann. So nichtssagend wie die meisten der aufgeführten Ortsnamen, so unspektakulär auch die durchfahrene Landschaft. Wir waren im Korn- und Weideland angekommen, bemerkten manchmal ausgedehnte Wälder, auch Staatsforste und geschützte Regionen passierten wir, umfuhren die Pyrenäen, die weder so wild noch so hoch waren und zu den europäischen Pyrenäen nur eine Namensgleichheit aufweisen. Hin und wieder war sehr deutlich an der Blattfärbung zu erkennen : es herbstet.
Eine “neue” Schafrasse entdeckten wir auch; kaum vor dem Vorbeifahrenden verborgen grasten sie ein Feld ab.
Seit langem hatte es in dem Bundesstaat nicht mehr so richtig geregnet; die Teiche und Rückhaltebecken die wir sehen konnten, waren fast leer. In diese Situation passt auch ein nicht nur heute, sondern gleichfalls in den zurückliegenden Tagen wiederholt wahrgenommenes Hinweisschild, das zur sparsamen Wasserverwendung aufruft. In diese Trockenheit passt dann ebenfalls, fern am Horizont eine sehr dunkle Wolke zu entdecken die nach etwa 30 Kilometer Fahrt sich als dunkle Rauchwolke herausstellte. Einige Kilometer abseits der Straße brannte es auf größerer Fläche; aus Richtung Bendigo kamen uns wohl deshalb eine ganze Anzahl kleiner Löscheinheiten entgegen.
Unser Campingplatz in Marong vor den Toren von Bendigo war ziemlich leer, hatte eine umfassende Ausstattung, wie wir sie bislang in Australien noch nicht gesehen haben, pikobello sauber, grün und einen solarerwämten kleinen Swimmingpool, in den wir uns natürlich sofort – in Badesachen – hineinwarfen. Nicht riesig aber ausreichend und trotz des erwärmten Wassers richtig erfrischend. Das tat auch Not, denn es war ein warmer wenn nicht sogar heißer Tag mit gut 30 Grad. Und für Morgen sind noch höhere Temperaturen angesagt. Auch wenn ich die Sonne mag, so langsam ist aber auch eine Temperatur erreicht, bei der ich nein danke sagen würde.
Am 1.4. besuchten wir Bendigo. Es hat sich richtig gelohnt. Auch wenn die Stadt mit 70.000 Einwohnern keine kleine Stadt ist, sie ist überschaubar, hat eine wunderschöne alte Bausubstanz in der Innenstadt erhalten, wirkt auch in den Einkaufsstraßen nicht aufdringlich, man fühlt sich wohl, denn sie wirkt gemütlich. Dazu tragen nicht nur die auch von uns bewunderten alten Häuserfassaden bei, sondern gleichfalls die großzügigen Grünanlagen in der Stadtmitte. Man hat einen alten botanischen Garten erhalten sowie ein früheres stadtnahes Goldfeld vor vielen Jahrzehnten in den Rosalind Park umgewandelt. Man kann an den Fassaden der öffentlichen Gebäude, die alle aus der Zeit bis 1890 stammen ansehen, daß hier Reichtum vorlag, die Stadt im Geld/Gold nur so schwamm. Der gute Zustand der gesehenen Objekte mag dann auch die Vermutung unterstützen, selbst heute herrscht hier keine Armut. Wir sind mit Freude und oft Erstaunen die gut zwei Stunden im innerstädtischen Bereich von Denkmal zu Denkmal gewandert, haben die Stadthalle, das Gerichtsgebäude, eine Minenschule, das Gaol (Gefängnis) – leider im Umbau begriffen – ebenso angelaufen wie alte Schulgebäude, das Theater, eine Galerie aus damaliger Zeit und eine Mehrzahl von Geschäftshäusern. Während zu Anfang des Rundgangs wir an der St. Killian Kirche, einem Holzbau von 1888, vorbeikamen beschlossen wir fast unsere Wanderung mit der Sacred Heart Cathedral, einem mächtigen Steinbau aus dem Jahre 1897, dann wurde mit dem Bau begonnen um ihn 1901 einzustellen und 1950 fortzusetzen bis zur Weihe in 1977, also ein Jahrhundertbauwerk (!). Hier wurden wir von Orgelmusik empfangen, der Organist übte und es wir hörten ihm gerne eine Weile zu.
Fast in den Hintergrund gerückt ist die Bedeutung, die die Goldminen für die Stadt haben; im Rosalind Park kann man jedoch einen alten Förderturm besteigen, um von oben einen Überblick über die Stadt zu bekommen. Auf die frühere große chinesische Gemeinde am Goldgräberort Bendigo kann das Golden Dragon Museum wie auch das Bendigo Joss House zurück geführt werden. Als Sportler schlug mein Herz höher, als ich die Tribüne des Queen Elizabeth Oval von weitem erblickte; der Platz war zwar irgendwie oval, vielleicht auch eher rund, aber die sichtbaren Linien hatten nichts mit einer Leichtathletikanlage sondern mit Kricket zu tun. Dennoch, diese Tribüne erinnerte an die altehrwürdigen Grandstands in England, dort aber auf Fußballplätzen.
Nervig waren dann die nächsten 1 1/2 Stunden die wir damit verbrachten, ins Netz zu gelangen. An allen Stellen, an denen wir es versuchten, brach nach kurzer Zeit die Verbindung zusammen – wie soll man dann die Quartierfrage in Samoa klären? Letzte Rettung war nicht McD, dort haben wir die gleichen frustrierenden Erfahrungen gemacht, sondern, wieder einmal, die öffentliche Bibliothek. Man war so freundlich, uns den Zugangscode mitzuteilen und so konnten wir wenigstens einige Anfragen losschicken und mögliche Quartiere recherchieren.
Den dann am Lake Eppalock ausgesuchten Campingplatz, etwa 25 Kilometer östsüdöstlich von Bendigo, haben wir nach einer kurzen Besichtigung durch Katrin dann doch nicht ausgewählt. Ursprünglich fiel die Wahl auf ihn wegen der direkten Seelage. Bei Betrachtung stellte sich auch dieser See als inzwischen sehr flaches Gewässer heraus, in dem zu schwimmen fast nicht möglich erschien. So sind wir dann in Heathcote am Rande eines Nationalparks gelandet. Weinkenner werden fragen, warum wir denn nicht in einer der Weinkellereien, die es in dieser Region von Victoria gibt, eingekehrt sind – die Antwort, uns war bei diesen Temperaturen wirklich nicht nach einer Weinprobe. Am Abend dann, als wir auf einem Nachbarstellplatz sahen, wie dort eine Flasche geöffnet und geleert wurde, hätten auch wir gerne die Gläser gehoben.