Atherton Tablelands

Früh waren wir aufgestanden, um auf den Weg nach Norden die Chance zu haben, einige der gestern nicht erreichten Ziele noch zu sehen. Um es vorweg zu nehmen, im Verlaufe der Reise durch Queensland stellen wir fest, daß es deutlich mehr uns interessierende Orte gibt als wir es uns im Vorfeld haben vorstellen können mit der Folge, die uns zur Verfügung stehende Zeit ist mehr als knapp bemessen. Auch der heutige Tag reichte nicht aus, um unsere Wunschorte alle zu erreichen. In die Nähe unseres Tagesziels sind wir jedoch gekommen.

Als wenn wir einen festen Termin hätten, auch heute waren wir um acht Uhr vom Hof sprich dem Campingplatz und fuhren, nachdem wir in Ingham kurz zum Einkaufen angehalten hatten, auf der A1 in Richtung Norden weiter. Die Autobahn, die so gar nicht den vergleichbaren Charakter des deutschen Vorbilds (?) hat, kann hier doch nahezu jedes Fahrzeug fahren, es sei denn, es wird ausdrücklich verboten, verläuft ein Stück landeinwärts, zu den Stränden führen Stichstraßen hin, die Badeorte sind häufig nicht untereinander mit Straßen direkt verbunden. Für einen Besuch der direkt am Ortseingang von Ingham liegenden Tyto Wetlands mit seiner zahlreichen Vogelpopulation hatte Katrin sich nicht begeistern können, den Abstecher in den Girrigun National Park mit seinem Mount Fox und vor allem den berühmten Wallaman Falls (Australiens längster sprich höchster Eintropf Wasserfall – was das heißt, wir wissen es nicht) strichen wir aus unserem Programm, wir wären sonst zur Mittagszeit immer noch nicht über Ingham hinaus gekommen. Ab und an kommen Ausläufer, hier der Cardwell Range, der in einem Abstand von 30 und mehr Kilometern dem Küstenverlauf folgenden Great Dividing Range bis in Küstennähe, wie es bald hinter Ingham der Fall ist. Die Straße steigt bis zu einem kleinen Pass, vielleicht 200 Meter hoch, an, wo sich ein famoser Blick auf die Landschaft und insbesondere die vor der Küste liegende Hinchinbrook Island, eine sehr große und Berge von leicht über 1.000 Meter Höhe aufweisende mit tropischem Regenwald nahezu vollständig bewachsene und als Nationalpark geschützte Insel auftat. Nur ein kleiner Kanal trennt das Festland von der Insel; die Feuchtgebiete an der Küste sind großflächig von Mangroven bewachsen, dieses Gebiet ist, natürlich, auch durch den Status eines Nationalparks, Girrungun NP, geschützt.

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Hichinbrook Island verfügt nur über rudimentäre touristische Infrastruktur, sicherlich eine gute Voraussetzung, den Charakter der Insel zu bewahren. Erreichen kann man diese auch bei Mehrtageswanderern beliebten Insel nur per Fähre meistens von Cardwell aus; die Zahl der Wanderer auf den Mehrtagestouren wird durch die Parkverwaltung streng begrenzt.

Wo ein so schöner Flecken Erde liegt, läßt sich auch gut wohnen, haben sich wohl vor einigen Jahren Investoren gedacht´und Port Hinchinbrook aus dem Boden gestampft. Was hier an Häusern in allerbester Lage am Ufer errichtet wurde, hat seinen Preis; mancher könnte sich daran verhoben haben, denn wir sahen bei unserer kurzen Rundfahrt durch diese Wohnenklave an nahezu jedem dritten oder vierten Haus ein Verkaufsschild; zahlreiche Grundstücke in 1a-Lage warten ebenfalls noch auf einen Käufer. Wer sich hier niederlässt hat auf jeden Fall die Garantie eines wunderschönen Ausblicks auf Hinchinbrook und die kleinen Nachbarinseln.

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So ab 10 Uhr kamen uns ständig mehr oder weniger große Gruppen von Motorradfahrern entgegen, die vom Sound her nicht nur auf sehr schweren Maschinen saßen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach eine Harley bewegten. Wie kann es sein, daß an einem Montag so viele Motorradfahrer in Horden unterwegs sind? An Wochenenden hat man ja häufig beobachten können, wie eine stattliche Anzahl Gleichgesinnter mit ihren schweren Maschinen durch die Gegend fuhr, aber an einem Werktag? Es hatte den Anschein, als ob es sich um tausende handelt, denn der Strom der Gruppen riß über lange Zeit nicht ab. So gegen 12 Uhr wurden es weniger, die gen Süden die A1 hinunterfuhren. Des Rätsels Lösung erfuhren wir bei einem Stop an einem Touristenbüro. Es gibt ein jährliches Treffen der Harleyfahrer, diesmal in Cairns, zu dem man aus dem ganzen Land anreist, d.h. auch aus dem Staat Victoria. Später konnten wir eine Schlagzeile einer lokalen Zeitung erspähen, wonach sich über 1.500 Harleyfreunde mit 1.200 Maschinen getroffen haben sollen – dem größten Teil davon begegneten wir auf unserer Fahrt nach Norden.

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Fast wären wir unserem Vorsatz, die Küstenstrände nicht aufzusuchen, um nicht erneut wegen der eingeschränkten Bademöglichkeiten frustriert zu werden, untreu geworden, denn in einer Touristenbroschüre hatten wir während der Fahrt gelesen, daß es in Küstennähe bei Wongaling Beach die Möglichkeit gäbe, den Cassowary, einen Großvogel, zu sehen. Bei einer bedrohlich geschrumpften Population ist das Tier ernsthaft gefährdet, seine Sichtung somit ein Ereignis. Es reizte wirklich, sich dorthin auf den Weg zu machen. Dennoch verzichteten wir, mehr aus Vernunftsgründen, denn dieser kleine Abstecher war unter 1 1/2 Stunden nicht zu machen und viel wichtiger, uns fiel zum Glück ein, daß der Vogel eher in den Morgenstunden gesichtet werden kann. Auch später bei unserer Fahrt durch das Tableland wurden wir und die übrigen Autofahrer durch Schilder darauf hingewiesen, daß in dem folgenden Straßenabschnitt ein Cassowary kürzlich gesichtet worden sei. Angesichts einer Population von früher nur 100 Vögeln im Bereich der Tablelands, von denen in den vergangenen Jahren angeblich 40 durch  Kollision mit Fahrzeugen ums Leben gekommen sind, sind solche Hinweise sehr verständlich. Um so überraschter war ich als Katrin lauthals auf einen solchen Vogel in einem gerade passierten Vorgarten hinwies – hier an der Straße? Natürlich hielten wir an, um uns das Tier anzusehen. Dieser war von weitem dem echten Vogel sehr ähnlich, bei näherer Betrachtung jedoch als Kunststoffattrappe zu identifizieren. Schade, aber gelacht haben wir ob des Reinfalls kräftig.

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Unser heutige Ziel, das Atherton Tableland ist Teil der Great Dividing Range, die sich in gewissem Abstand zur Küste bis an die 1000 Meter in einigen Abschnitten auftürmt und dann ein Hochplateau bildet, welches nach Westen hin sich als welliges Hügelland fortsetzt. Früher dicht bewaldet, sind die für die Landwirtschaft nutzbaren Flächen bald von frühen Siedlern gerodet worden oder fielen der Holzwirtschaft zum Opfer. Die sehr wilde Landschaft, durch tiefe und oft enge Schluchten gekennzeichnet, hat an vielen Stellen den kompletten Kahlschlag verhindert.  Ein großer Teil dieser Flächen, mit tropischem Regenwald bewachsen, wurde später zum Schutz der Landschaft in verschiedene Nationalparks zusammengefasst. Dort wo möglich, dominiert jedoch auf der Hochebene die Landwirtschaft.

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Zu unserer Überraschung wird hier in nicht gerade großer Höhe auch Tee angebaut, wir hatten etwa 300 Höhenmeter inzwischen erreicht; die erkennbare Fläche war überschaubar, aber mit Teebüschen bepflanzt. Wir fragten uns nur, zu welchem Preis denn dieser Tee auf den Markt kommt, denn das Lohnniveau im Land ist hoch und das Teepflücken ist manuelle Tätigkeit.

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Der Palmerston Highway, die Hauptstrecke hin zum Ort Atherton, führt auch Mitten durch das Nationalparkgebiet, in dem die Regenwaldreste zusammengefasst wurden, den Wooroonooran National Park. Wir waren bereits öfter in Regenwäldern Australiens unterwegs gewesen und hatten uns immer gefragt, wie denn der Wald aus der Höhe aussieht. Da kam der  MaMu Rainforest Canopy Walkway am Rande des NP gerade recht. Der Name des Walkways nimmt Bezug auf die Aborigin-Volksgruppe, die hier früher gelebt hat und der traditionelle Eigentümer des Landes ist. Auf einem 2,5 Kilometer langen Rundweg wird man durch einen nicht allzu dichten, da durch zwei Zyklone 2006 und 2011 in Teilen gelichteten Regenwald, in dem, wie man selber schreibt, nur noch vereinzelt sehr alte Bäume stehen, die Mehrzahl der sichtbaren Baumriesen ist deutlich unter 100 Jahre alt, geführt. Von einer in den bewachsenen Hang ragenden Plattform kann man aus einer Höhe von 20 Metern den Wald betrachten und hat einen Weitblick auf das Umland, über einen sich immer höher schraubenden Stelzenweg wird man in beträchtlicher Höhe an zahlreichen Großbäumen vorbeigeführt, erreicht dabei natürlich nicht deren Wipfelniveau und schließlich ist es von einem 37 Meter hohen Turm möglich, fast in die Kronen der umliegenden Bäume direkt zu blicken. Mit Hilfe von zahlreichen Tafeln wird versucht, das sichtbare Ökosystem, seine Abhängigkeiten und Symbiosen verständlich zu machen. Wir waren fasziniert, aus großer Nähe und Höhe diesen Regenwald etwas näher betrachten zu können. Den hier auch lebenden Cassowary haben wir, obgleich fast auf Zehenspitzen gegangen, nicht erblickt. Der Canopy Park ist sehr informativ, war für uns einer der Höhepunkte des Tages, wird aber erkennbar nur von wenigen Menschen besucht. Die gut 1 1/2 Stunden, die wir hier verbracht haben, waren Genussstunden.

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In einer der zahlreichen Infobroschüren, die leider oft wenig brauchbare Information für uns enthalten, sondern vorwiegend Werbung für Anbieter verschiedenster touristischer Leistungen, hatten wir eine kleine Karte gesehen, auf der 19 in den Tablelands bestehende und als besuchenswert angesehene Wasserfälle verzeichnet waren. So viele zu sehen und anzufahren wollten wir uns dann doch nicht aufbürden, aber auf einer Rundstrecke von vielleicht 20 Kilometern kann man an drei schöne Wasserfälle heranfahren. Natürlich war keiner mit den Niagarafalls vergleichbar, aber jeder dieser Wasserfälle hatte seinen eigenen Charakter. So standen wir vor oder über folgenden Wasserfällen : Ellinjau Falls, Zillie Falls und den Millaa Millaa Falls, letzterer stürzt in ein schönes zum Baden geeignetes Becken und zieht deshalb auch das Bad in kühlem Bergwasser schätzende Menschen an, denn die Quellen aller drei Wasserfälle liegen oben in den Bergen.

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Zwei Maare, d.h. mit Wasser vollgelaufene Vulkankraterseen befinden sich in der Nähe von Yungaburra und ein See bietet immer auch die Möglichkeit, ohne Angst vor Quallen und meistens auch vor Krokodilen schwimmen zu können. Nach unserer Wasserfallrundfahrt führte unser Weg über Malanda auf einer Nebenstrasse zuerst an den Lake Eacham. Dieser bildet zusammen mit dem nicht sehr weit entfernt liegenden Lake Barrine den Crater Lake National Park. Beide Seen sind von einem großen und teilweise sehr dichten Regenwald umgeben, der bis an den See heran reicht. Es wird dunkel, wenn man in den Tunnel hineinfährt, den die Bäume über unserer schmalen Zufahrtsstraße bilden, aber licht, als wir am Parkplatz des Lake Eacham  ankommen. Obwohl es inzwischen auf 17 Uhr zuging und Katrin nervös wurde, noch haben wir keinen Campingplatz für die Nacht gefunden, kann ich sie überzeugen, diesen See zu testen, zumal sie seit Tagen auf das geliebte Schwimmen verzichtet hatte. Sie war anschließend froh, sich umgezogen zu haben, ein “so schönes Seele” hat sie lange nicht mehr gesehen und das Wasser, kristallklar und angenehm temperiert sprich kühl. Dieser See findet sofort Eingang in Katrins Hitliste der allerliebsten Seen.

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Auf der Anfahrt zu diesem Maar hatten wir einen Hinweis auf einen Campingplatz bemerkt, der nur zwei Kilometer von dem See entfernt liegt. Um Katrin zu beruhigen, fuhren wir schnell hierhin zurück und buchten uns in diesen in schöner naturbelassener Lage im Nationalpark liegenden Campingplatz ein, um uns sofort anschließend auf den Weg zu dem weiteren Maar im Tableland zu machen, dem Lake Barrine. Dort angekommen war festzustellen, daß einerseits hier der Tourismus eine größere Rolle als am Lake Eacham spielt, denn es gibt einen Minibootsverkehr auf dem See und ein größeres Restaurant, andererseits das Schwimmen hier verboten ist. Zum Glück hatte Katrin bereits ihre Runden drehen können und es war inzwischen unangenehm frisch geworden. Also beließen wir es auf einen oder eine ganze Anzahl ausgiebiger Blicke auf den See, liefen kurz zu zwei übrig gebliebenen mehrere Hundertjahre alten Kauribäumen, die einen Stammumfang von über 6 Meter aufweisen und etwa 38 Meter hoch sein sollen, und fuhren zu unserem Campingplatz zurück. Einen Wunsch äußerte Katrin sehr bald – Morgen als erstes noch einmal in dem Lake Eacham schwimmen zu können. Das sollte uns keine Probleme bereiten.

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