Heute wollen wir uns in eine gute Ausgangsposition für einen Besuch von Frazer Island bringen; unser Ziel ist nicht die stark frequentierte Harvey Bay, von der aus zahlreiche Anbieter Touren nach Frazer Island anbieten, sondern die gegenüber dem Südzipfel der Insel gelegene Rainbow Beach, ein deutlich kleinerer und wie es heißt auch gemütlicherer Ort. Angesichts der noch andauernden Ferien in Queensland strebten wir eine Ankunft vor Ort am frühen Nachmittag an, denn bei nur zwei vorhandenen Campingplätzen ist bei einer Spätankunft die Gefahr zu groß, ohne Quartier dazustehen. Trotz dieser “Vorgaben”, eine direkte Fahrt dorthin ohne einen Abstecher in das hinter der Küste liegende Land zu machen war uns zu schlicht. Dennoch, so ganz ohne einen langen Blick auf die Strände an der Sunshine Coast geworfen zu haben konnten wir uns auch nicht von Caloundra und Umgebung verabschieden.
Wir schlugen die entlang der Küste nach Norden führende Staatsstraße 6 ein in dem Glauben, diese verlaufe sehr küstennah. Alles ist relativ, wurde uns wieder bestätigt. Die Straße folgte zwar der Küste, das Meer und die vielleicht vorhandenen Strände bekamen wir nicht zu Gesicht. Einerseits war der Blick permanent verbaut, und zwar nicht mit kleinen Häuschen, sondern in großer Zahl mit Bettenburgen. Es ist hier eben Ferienland, dem tragen die Investoren Rechnung. Wie man aber einen Komplex mit “oceanside” bewerben kann, der erkennbar mindestens 5-8 Kilometer von diesem entfernt binnenlands liegt, ist das Geheimnis des Verkäufers. Andererseits verlief die Straße etliche Kilometer hinter der Strand, an den man höchstens über immer wieder sichtbare Stichstraßen gelangen konnte. Vielleicht 10 Kilometer taten wir uns diesen Tort an, dann erleichterte uns ein auftauchendes Hinweisschild auf eine in Richtung Autobahn führende Straße die Entscheidung, den Unsinn dieser Fahrtstrecke zu beenden.
Unser eigentliches Umwegziel war der Besuch der Blackall Range, ein sich etwa 50 Kilometer von Nord nach Süd hinziehender Höhenzug, etwa 25-30 Kilometer landeinwärts gelegen. Über Landsborough ging es dann langsam bergan; die Höhenzüge des Blackall Range erreichen fast 500 Meter. Zurückblickend konnten wir in der Ferne die stark bebaute Sunshine Coast erkennen und das wahre Ausmaß der regen strandnahen Bautätigkeit richtig ermessen.
Bevor die Siedler Freiraum für ihre Landwirtschaft schufen, waren die Hügel dicht mit einem dichten Regenwald und feuchten Eukalyptuswäldern bedeckt, heute wird ein kleiner Rest in den winzigen Naturparks geschützt. Eine solche Schutzzone, die Mary Cairncross Scenic Reserve fuhren wir an. Es war ein lohnenswerter Abstecher von der Hauptroute, denn wir wurden reich belohnt. Auf dem Parkplatz vor dem durch zahlreiche Ehrenamtler betriebenen Parks (Eintritt wird keiner erhoben, um eine Spende, die wir gerne gaben, wird gebeten) hatten wir einen wunderschönen Panoramablick auf den gestern durchfahrenen Glass House Mountains Nationalpark und insbesondere die markanten Bergspitzen.
Auf einem vielleicht zwei Kilometer langen Rundweg wird man durch den Wald geführt, erhält immer wieder Erläuterungen und kommt aus dem Staunen über die Baumriesen nicht heraus. Wir wandern durch einen subtropischen Regenwald, sehen riesige Exemplare der roten Zeder, Jahrhunderte alte Würgefeigen, die inzwischen auch ohne den erdrosselten Wirt weiterleben, Black Bean Bäume, Tamarinden, große Farnbäume und Palmen, um einige der in Erinnerung gebliebenen zu nennen. Wir bekamen Musik auf die Ohren, denn uns begleitete bei dem Waldspaziergang unentwegt ein sehr vielstimmiger Vogelchor; so viele unterschiedliche Vogelstimmen hatten wir schon lange nicht mehr gehört. Natürlich suchten wir nach den konzertanten Gefiederten, bekamen aber nur drei verschiedene Exemplare zu Gesicht, von denen zwei eine Aufnahme nicht ablehnen konnten.
In den Blackall Range liegen einige kleinere Ortschaften, allesamt sehr malerisch, nicht allzu geschäftig, oft sieht man kunstgewerbliche Geschäfte, die sich natürlich an den durchfahrenden Touristen wenden. Maleny, heute waren hier erstaunlich viele Menschen um die Mittagszeit auf der Straße, Mapelton und Montville sind die größeren passierten Orte, eher als Dörfer zu bezeichnen, so wirken sie auch. Wir umrundeten anschließend quasi den Höhenzug, indem wir die Straße über Canondale und Kenilworth nahmen; hier hatten wir teilweise den Eindruck wegen der dominanten Viehwirtschaft uns in Teilen des Allgäus zu bewegen, Wiesen und Wälder wechselten sich ab, die Hügel waren eher sanft, die Straße folgte ihrem Verlauf.
Kurz vor Kenilworth befindet sich entsprechend eines Hinweises auf unserer Karte ein kleiner Figtree Forest, durch den man auf einem kleinen Rundweg laufen kann und Bewegung tut uns bei der vielen Fahrerei gut. Natürlich waren dies nicht die ersten Feigenbäume, große Feigenbäume, jahrhundertalte Feigenbäume, die wir sahen. Neu war für uns aber, daß die Moreton Bay Fig für den Menschen nicht ungefährlich sein soll. Ihre Blätter sind mit feinen Härchen besetzt, die bei Berührung durch den Menschen heftige allergische Reaktionen hervorrufen; selbst bei seit Jahrzehnten eingelagerten Blättern besteht dieser Wirkmechanismus fort. Es wurde empfohlen, mit geschlossenen Schuhen zu laufen, die Blätter liegen ja auf dem Boden, und das Geländer, so eines als Gehunterstützung angebracht war, nicht zu berühren. Tolle Aussichten für einen entspannten Rundgang!
Wir stapften trotz dieser Hinweise mit unseren Sandalen über den vorgegebenen Weg und blieben unversehrt. Dem hier im Wald stehenden Feigeriesen haben wir unsere Reverenz erwiesen, vor 48 Metern Höhe und einer erst in über 30 Metern beginnenden Krone verneigt man sich. Nicht nur Feigenbäume stehen hier, man kann eine große Vielfalt heimischer Bäume entdecken, worunter auch zwei oak-arten gehören. Wie mächtig bei einzelnen Baumarten die Brettwurzeln sich ausbilden können, zeigt ein Größenvergleich.
Von Ameisen heißt es ja, sie seien die Polizei im Wald, fleißig und räumten auf. Auch bei ihnen wundert man sich, zu welcher Leistung sie im Vergleich zur Körpergröße fähig sind. Zufällig sah Katrin zwei fleißige besonders große Ameisen bei ihrer Arbeit, die aber bei näherer Betrachtung eher ein blutiges Geschäft war. Sie hatten zwischen sich eine noch lebende Biene “gespannt”, die sie ziemlich zügig an ihren Flügeln ziehend einem Ziel zutrugen, zuzogen; Abwehrbemühungen der Biene waren nicht mehr erkennbar.
Wo Berge sind gibt es auch Wasserfälle; sie sind imposant, wenn der letzte Regen nicht allzu lange zurück liegt. Wann es hier zuletzt so richtig gegossen hat, wissen wir nicht; nach unserem Besuch bei dem angepriesenen Wasserfall von Mapleton, der eine Fallhöhe von 120 Metern aufweisen soll, können wir jedoch mitteilen, daß dies schon lange her sein muß. Es war kein Wasserfall sondern ein Wassertröpfeln, den gefahrenen Umweg wirklich nicht wert.
Nach gut vier Stunden Fahrt und Spaziergängen verließen wir den Bereich der Blackall Range und strebten ziemlich eilig Rainbow Beach zu. Bei Nambour stießen wir auf die Rennpiste gen Norden, die wir bis nach Gympie nutzten, dann ging es weiter über ganz normale Bundesstraßen in Richtung Meer und nach Rainbow Beach. Über unendlich viele Kilometer wähnten wir uns erneut in Brandenburgs Kiefernwäldern, denn links und rechts der Straße zogen sich ohne Unterbrechung stramm aufrecht und in Glied stehende Kiefernbäume hin. Erst gegen Ende unserer Fahrt wurden diese Forste durch Eukalyptusforste abgelöst. Da waren wir wirklich froh, endlich einen Streifen Meer in Rainbow Beach erkennen zu können. Fast hätten wir wieder umkehren müssen, denn der erste angefahrene Campingplatz war voll besetzt und der etwas außerhalb liegende hatte, als wir nach 16:00 Uhr ankamen, nur noch zwei freie Plätze. Froh den einen dann ergattert zu haben, besetzten wir unsere Parzelle um uns sofort daran zu machen, die verschiedenen Angebote an Tagestouren zu prüfen. Auch hier hatten wir Glück, eine von den beiden Favouriten war nicht ausgebucht. Morgen werden wir dann für einen Tag Frazer Island besuchen. Wir sind gespannt, was diese von vielen als “must do” bezeichnete Sandinsel wirklich zu bieten hat. Kurz vor Sonnenuntergang, hier ist es gegen 17:30 Uhr bereits stockdunkel, gingen wir kurz an das direkt hinter dem Campingplatz liegende Meer.