Brisbane – Teil 2

Nun hatten wir in der Vergangenheit mehrfach nach Koalas gesucht und ab und an auch welche gesichtet. Das hätten wir auch deutlich einfacher haben können, denn in Brisbane befindet sich die “Lone Pine Koala Sanctuary”, in der seit fast 90 Jahren heimatlose, verletzte, verstoßene Koalas aufgepäppelt werden. Daneben werden in diesem kleinen Zoo einige wenige andere Tierarten weitgehend artgerecht gehalten. Den letzten Tag in Brisbane widmeten wir deshalb einigen wichtigen Tieren Australiens. Die Sanctuary liegt nicht um die Ecke, sondern am Stadtrand an einem Fluß. Vom Stadtzentrum aus kann man mit einer Buslinie, die einen Halbstundenrhythmus hat, bequem und für kleines Geld den Zoo erreichen. Früh unterwegs können wir vor der Busfahrt noch einen kurzen Rundgang durch die exquisiten und eleganten Malls im Zentrum machen und fragen uns immer wieder, wer die zahlungskräftige Kundschaft ist, die zu den horrenden Preisen in den Exklusivläden die Regale leerkauft.

Zwölf Kilometer weiter und 45 Minuten später nach einer durch die Innenstadt und Außenbezirke führenden Busfahrt stehen wir am Eingang der Lone Pine Koala Sanctuary. Der Eintrittspreis erscheint auf den ersten Blick hoch, wenn man jedoch bedenkt, wie aufwändig das Halten, die Pflege und Fütterung der unzähligen Tiere ist, wie personalintensiv eine solche Einrichtung arbeiten muß, sind die paar Dollar mehr als gerechtfertigt. Namensgeber findet man auf dem Gelände in großer ja größter Zahl. Sie sind durch keinen Zaun gehindert, sich davon zu machen; da aber Koalas offensichtlich nicht zu den risikofreudigsten und wanderlustigsten Gesellen gehören, lieber dort bleiben, wo das Futter geliefert wird statt es sich suchen zu müssen, dann bleibt man auf seinem Ast mehr oder weniger sitzen. In offenen überdachten kleinen Unterständen stehen einige Baumskelette, die “Heimat von 6-8 Koalas sind. Das Futter wird zu bestimmten Zeiten des Tages in Form kompletter kleiner Eukalyptusästchen heran gekarrt; sobald die sonst mehr oder weniger regungslos auf dem Ast oder in einer Astgabel sitzenden Koalas dies wahrnehmen, entsteht Bewegung auf den Ästen und jeder versucht so schnell wie möglich in die Nähe seines Futterplatzes zu kommen. Die frischen Zweige sind noch nicht in die Halterung gesteckt worden, da werden bereits die ersten Blätter gerupft und ins Maul gesteckt.

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In den Koala-Wohngemeinschaften leben entweder die alten, die pflegebedürftigen, das Mittelalter, die Jugend zusammen, aber nach Geschlechtern getrennt. Versucht wird, wenn eine Überlebenschance in Freiheit besteht, die Tiere in entsprechend geschützte Bereiche umzusiedeln. Die Verpflegung der nach Schätzung weit über 100 Koalas ist sehr aufwändig; wir konnten nahezu ständig Zoomitarbeiter Karren voller Eukalyptuszweige durch die Anlage schieben sehen. Wenn ich mich recht erinnere, benötigt der Zoo zur Verpflegung seiner gefräßigen Koalas an die 100 ha Eukalyptusplantage. Nun ist es putzig, den kleinen faulen, trägen Tieren zuzusehen, ihren extremen Eifer bei den Mahlzeitzeiten zu beobachten, aber auf dem Gelände von Lone Pine leben weitere interessante Tiere des Kontinents.

Natürlich gehören auch Kängurus dazu, die auf einer großen Freifläche umherspringen, sich dabei das Land problemlos u.a. mit Emus teilen. Es besteht die Möglichkeit, auf dieser Freifläche herum zu laufen, die Tiere stören sich nicht daran sondern machen ihr Ding. Wirst du zu aufdringlich, ziehen sie halt weiter. Während wir Kängurus bereits in größter Zahl aus der Nähe betrachten konnten, einem Emu nahe zu kommen wäre eine neue Erfahrung. Auch diese Tiere haben ein Gespür dafür, ab wann der Mensch zu aufdringlich wird und zieht weiter, dieser Abstand ist jedoch relativ gering.

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Bislang hatten wir nur vereinzelt den einen oder anderen Papagei entdeckt; wie zahlreich die hier vorhandenen Papageienarten sind, davon konnten wir einen kleinen Eindruck bei unserem Spaziergang entlang zahlreicher Volieren bekommen, in denen fast überwiegend aber nicht ausschließlich Papageien leben. Beileibe nicht alle vorhandenen Arten waren hier versammelt, aber der Querschnitt und somit die Farbgestaltung des Gefieders, der Schnäbel und Köpfe war groß und eindrucksvoll.  In der Phantasie kaum auszumalen, wie farbenprächtig die Tiere sind und dazu auch oft mit einer schönen Stimme ausgestattet. Manche erschienen wie graue Mäuse, wohl ein Schutzmechanismus in der normalen Umwelt des Vogels, andere schreiend bunt, so daß die Augen schmerzten, vielleicht auch eine Form abzuschrecken.

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Die Tasman Devils sahen wir bislang nur auf Plakaten oder tot am Straßenrand liegen. Sie sind geschützt und haben vor allem auf Tasmanien in einigen Bereichen eine Chance, daß die Art erhalten bleibt. Die hier in Lone Pine gehaltenen Tiere sollen wenn möglich ausgewildert werden, wenn das nicht gelingt, hat man die Chance zu Nachzüchtungen. Als im wesentlichen nachtaktive Tiere halten die kleinen Vierbeiner sich tagsüber mindestens im dunklen Schatten, am liebsten aber in Höhlen, Löchern und Röhren auf. Ab und an steht dann einer der Kerle einmal kurz auf, um sich um seine Schlafstatt herum die Beine zu vertreten. Wie immer werden auch diese Tiere bei der Fütterung munter, dann werden die Pfoten geschwungen, um von den Fleischbrocken genügend abzubekommen.

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Uns wurde berichtet, daß ein Wurf junger Devils bis zu 50 kleinste Devils umfasst.  Sofort beginnt der Run auf die Zitze der Mutter, die jedoch nicht alle durchfüttern kann. Fast schon darwinistisch mutet die Aussage an, nur einer aus dem Wurf überlebt, derjenige, der zuerst die Zitze der Mutter erreicht hat.

Australien ohne giftige Schlangen – ein Paradies, aber nicht vorstellbar. Hier in Lone Pine hält man die wichtigsten gefährlichen und giftigen, giftigsten Exemplare in Terrarien. Ganz gut, so einmal die Inland Taipan aus sicherer Entfernung und durch dickes Glas geschützt zu sehen, denn deren Gift (40-50mg) soll ausreichen, über 200.000 Mäuse zu töten – für wie viele Menschen die Menge reicht, wurde nicht ausgeführt, sicherlich aber problemlos für mehrere. Und das war nicht die einzige der bemerkenswerten Giftnattern. Die Braunschlange, Kupferkopfschlange oder die Tigerschlange wurden ebenfalls hinter Glas vor dem Menschen geschützt, dies gilt auch für verschiedene Pythonarten. Viele der giftigen Arten kommen nur in sehr begrenzten Gebieten des Landes vor, was etwas erleichtert, aber nahezu alle haben eine Hautfarbe, die es nicht leicht macht, sie aus Entfernung sofort zu erkennen. Wir hoffen, daß unsere Verhaltensweisen in freier Natur ausreichen, die Schlangen am Wegesrand zu bewegen, sich davon zu schleichen.

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Vielleicht um dem Besucher die Angst zu nehmen befinden sich in einigen Terrarien auch verschiedene Echsenarten, die wie aus einer anderen, der Vorzeit, stammend aussehen, steinalt, aber rege, wie man an einem Pärchen erkennen konnte.

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Sehr interessant war das Informationsangebot in Lone Pine, denn am Vormittag und Nachmittag gab es zu den verschiedenen Tierarten kurze einführende Vorträge über die Besonderheiten der Art, das Lebensumfeld, die Haltebedingungen, die Zukunft der Tiere, zur Lebensgeschichte des dann vorgeführten Exemplars. Auch Schlangen wurden in die “Vortragsmanege” mitgebracht, jedoch aus Rücksicht auf die Besucher (und wahrscheinlich auf den Pfleger) beschränkte man sich auf ein ungiftiges Exemplar, eine Würgepython.

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Ein weiteres hier heimisches Beuteltier ist der Wombat, klein, gedrungen, plump, Dackelgröße und mit langen Krallen ausgestattet, um sich seine Wohnhöhle zu graben. Die hier sichtbaren Exemplare der Gattung scheinen auch zu den Nachtaktiven zu gehören, denn wann immer wir, bis auf eine Ausnahme, an ihren Gehegen vorbei kamen, lagen sie schlafend, dösend in ihrer Behausung. Einmal hatten wir Glück, daß eines der kleinen Tiere für einen kurzen Augenblick aufstand und eine Runde durch seinen Vorgarten machte.

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Im Rahmen einer “Flugshow” wurden den Besuchern, die auf einer Tribüne Platz nehmen mussten, mehrere Greifvögel präsentiert, d.h. Informationen zu den Tieren gegeben und ihr Verhalten und ihre Kunstfertigkeit bei der Beutesuche vorgeführt. Dabei wurde wieder einmal bestätigt, welch messerscharfe Augen die Tiere haben, wenn sie aus großer Höhe auf ein kleines Beutetier hinunterstoßen. Während die Greifvögel eher an den Fußgurten zogen, um fliegen zu können, saß m.E. ein Uhu ruhig und wie angewachsen auf dem Arm seiner Pflegerin, bis er auf einen Flug über die Köpfe der Zuschauer geschickt wurde und dabei so schnell war, daß ich, überrascht, den Vogel nicht vernünftig vor die Linse bekam. Anschließend ließ er sich seelenruhig auf einem Ast nieder und wartete, was nun geschah – nichts, er wurde, wie die übrigen Tiere “eingesammelt” und konnte den Rest des Tages in Ruhe in ihren Volieren verbringen.

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Australien ohne Schafe ist wie Bayern ohne Lederhosen – oder so ähnlich, nämlich unvorstellbar. Unser bisheriges Bild eines Schäfers kann wohl so beschrieben werden : gemütlich, wenn auch bei jedem Wetter, mit seiner Herde über die Wiesen streifen, die Natur genießen und eigentlich ein leichtes, wenn auch hartes abseits vieler Menschen stattfindendes Leben zu haben. Ein Teil mag stimmen, aber wie hart der Job wirklich ist, wurde uns auf einem Teil der Anlage mit einer kleinen Herde vorgeführt. Dabei bezieht sich hart insbesondere auf die Schäferhunde. Bislang hatte ich geglaubt, die bekommen die Herde mit ein bischen Gebell und Gerenne in Reih und Glied und die richtige Richtung bewegt – weit gefehlt. Diese Tiere werden richtig ausgebildet, zumindest hier, um die Herde an Hindernissen vorbei, durch Öffnungen hindurch, auf Rampen hinauf, in die umzäunten Weiden hinein zu lenken, zu treiben. Alles erfolgt auf Kommandopfiffe des Schäfers hin, der während der Vorführung praktisch nicht einschritt. Zu Beginn hatte ein einziger Hund die Aufgabe, die Herde zu lenken, was von ihm ständige Lauferei erforderte, denn irgendein Schaf wollte immer woanders hin, aber der Kerl schaffte es, die Herde auf kleinem Raum beisammen und um die Hindernisse zu lenken. Später bekam er Unterstützung durch zwei Artgenossen, was die Arbeit erleichterte und den schnelleren Erfolg brachte. Einen Schäferhund so weit zu trainieren, abzurichten, daß er die Herde wie vorgeführt lenkt, ohne einem Tier zu nahe zu kommen, dauert bis zu einem dreiviertel Jahr, also eine echte harte Arbeit für den Schäfer, denn sein Erfolg hängt von der Qualität seiner Schäferhunde ab.

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Wo Schafe sind, da gibt es auch Schafscherer die eine extrem körperliche und anstrengende Arbeit verrichten, wie uns demonstriert wurde. Natürlich hat es im Verlaufe von Jahrhunderten auch Erleichterungen bei der Arbeit gegeben, so z.B. die eingesetzte Schurmaschine oder die Auflage, um dem Scherer die stundenlange gebückte Haltung bei der Arbeit etwas zu erleichtern. Wenn aber, wie das so üblich ist, jede technische Verbesserung zu einer Erhöhung der Vorgaben führt, der Scherer somit so gut wie nicht finanziell von den Verbesserungen und der gestiegenen Stückzahl pro Zeiteinheit profitiert, ist Zorn vorprogrammiert. Es muß historisch auch einmal zu einem längeren Streik der Scherer gekommen sein, als die jetzt eingesetzten Maschinen zu einer sehr deutlichen  Erhöhung der Vorgaben führten. Das Tempo der Schur während der Vorführung war hoch, da der Scherer sehr konzentriert arbeitete, aber beileibe nicht das Tempo, das die Scherer bei ihrer täglichen Arbeit erreichen müssen. Nach etwas mehr als einer Minute – geschätzt – wurde das um sein Fell erleichterte Schaf entlassen und es lag auf dem Tisch sein zusammenhängendes Schafsfell. Das in dem Tempo und ohne Verletzung des Tieres zu schaffen, verlangt besonderes Geschick und langjährige Erfahrung.

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Nun hatte ich im Süden von Argentinien einmal Gelegenheit, die eingesetzte Technik zur Schafschur zu sehen; die mir dort erinnerlichen Maschinen und die Hilfsmittel scheinen nach der heutigen Vorführung nicht auf dem neuesten Stand gewesen zu sein, d.h. die Arbeit dort war noch beschwerlicher als hier vorgeführt.

Das war ein lehrreicher, informativer und interessanter Tag, den wir in der Lone Pine Koala Sanctuary verbracht haben, wieder einmal ein Ausflug, der jedem empfohlen werden kann. Zeit sollte man auf jeden Fall genug mitbringen, denn zu sehen und zu erleben gibt es hier sehr viel.

Zurück mit dem Bus zur JuHe und die Rucksäcke packen, denn Morgen möglichst früh wollen wir unseren Camper übernehmen, um die Küste nach Norden hoch zu fahren.

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