Brisbane–Teil 1

 

Die Nacht war relativ kurz, denn wir mußten um 03:00 Uhr aufstehen, um unseren um 06:45 startenden Flug nach Brisbane zu erreichen. Um 04:00 Uhr stiegen wir ohne Frühstück in unser Taxi, das uns gegen 05:00 Uhr am Flughafen absetzte. Der Flughafen von Samoa ist nicht Frankfurt, der Andrang an Fluggästen eher überschaubar, also sollten die wenigen Fluggäste auch zügig abgefertigt werden können – glaubten wir. Um sechs Uhr standen wir immer noch vor den Eincheckschaltern, es ging fast in Millimeterschritten vorwärts. Endlich diese erste Hürde genommen, die letzten Tala in australische Dollar gewechselt und den Sicherheitscheck absolviert warteten wir auf das Boarding. Der in der Vergangenheit schlechte Service und die seltene Versorgung mit Getränken veranlasste Katrin in der Dutyfreezone zwei Wasserflaschen zu dem entsprechend gepfefferten Preis zu kaufen. Sie konnte sich leider nur kurze Zeit an diesem Vorratskauf freuen. Zum Boarding aufgerufen erfolgte ein zweiter Sicherheitscheck; dem fielen dann die Wasserflaschen zum Opfer, obgleich weder geöffnet noch vor sondern nach dem Zugang in den gesicherten Bereich erstanden. Das Sicherheitspersonal ließ sich nicht erweichen. Wieso dieser eher untypische Check erfolgte ist ein Rätsel, zumal nicht sämtliche in der Dutyfreezone erstandenen Flaschen konfisziert wurden, Alkohol ging durch, Wasser wurde eingesammelt. Eine komische Sicherheitsphilosophie. Verdurstet sind wir auf dem fast sechsstündigen Flug nach Brisbane mit Virgin Australia nicht, das lag aber weniger an dem aufmerksamen Personal sondern an unserer Penetranz, mit der wir uns Wasser bei den Stewardessen erbaten.

Dieser Flug hatte keine Verspätung, wir hatten es aber auch nicht sehr eilig, denn bei einer Ankunft wie erfolgt vor 10 Uhr morgens ist eher damit zu rechnen, daß unser Zimmer in der JuHe von Brisbane noch nicht bezugsfertig ist. Mit einem Hotelshuttle (!) wurden wir direkt vor unser Quartier für die kommenden vier Nächte gefahren. Die JuHe Brisbane City ist in einem modernen Gebäude in zentraler Lage untergebracht; wenige Meter sind es in eine schöne auch mit zahlreichen Kneipen und Gaststätten durchsetzten Stadtteil rund um die Caxton Street, etwas länger aber immer noch bequem zu Fuß zu erreichen ist die Innenstadt von Brisbane. Ein idealer Ausgangspunkt, wenn man die Stadt näher kennenlernen will. Unser Zimmer stand bereit, wir konnten es sofort beziehen aber der einsetzende Hunger zwang uns bald, die nähere Umgebung zu erkunden.

Wir vermuteten, im Umfeld des zentralen Bus- und Bahnhofes ein Angebot an Gaststätten zu finden, wurden aber enttäuscht, denn außer den bekannten Systemgastronomen gab es nichts oder aber die Gaststätten hatten geschlossen. Auch bei unserem Gang in Richtung Innenstadt besserte sich unsere Situation nicht, der Hunger nahm zu. Es war Samstagmittag, aber offensichtlich besteht die Innenstadt im wesentlichen aus Büros, die am Wochenende natürlich nicht aufgesucht werden, wodurch den Gastronomen die Mittagskundschaft ausbleibt. Irgendwie bekamen wir eine Kleinigkeit zwischen die Zähne um den Magen zu beruhigen und kehrten in unser Zimmer zu einer kleinen Siesta zurück, die wir uns verdient hatten. Rückblickend lag die Erklärung für die negativ ausgefallene Suche auf der Hand, es ist Osterwochenende, da werden auch die meisten Menschen in Brisbane besseres zu tun haben, als in der Innenstadt zu bummeln. Typische Folge von Langzeitreisen, bei denen man den Bezug zu Wochen- und Kalendertagen wie auch Feiertagen verliert.

Brisbane besitzt eine Reihe besuchenswerter Museen; die Gallery of Modern Art, auf der Southbank gelegen und in einem 15-minütigen Spaziergang zu erreichen, zählt dazu. Wir hatten gelesen, daß hier auch Aborigines-Werke ausgestellt werden, Grund, uns am Nachmittag dann auf den Weg zu machen. Das Museum zeigt viele unterschiedliche Kunstrichtungen; ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den bewegten Bildern, teilweise Op-Art-Kunst und Performances aus den 60/70er Jahren, m.E. sind auch Projekte von Otto Mühl darunter, alles nicht so ganz nach unserem Geschmack. Gespannt waren wir auf die Präsentation einer Vielzahl indigener Künstler, teilweise in einer Gegenüberstellung mit Werken anderer australischer Kunstschaffender. Die Formelsprache, die Symbolik, die sich stark an erdenen Tönen orientierenden Farben in den Aborigine-Bildern hatten ihren Reiz, da im wesentlichen nicht gegenständlich war es für uns schwer, die Bedeutung der Bilder zu erschließen. Anscheinend muß man dazu auch einiges über die Mystik und das Weltbild der Ureinwohner des Landes wissen, um ein Bild “lesen” zu können. Es wird wohl Gründe geben, weshalb das GoMa über alles gelobt wird; die moderne Kunsthalle muß wohl mit modernster Kunst, die m.E. den wenigsten Besuchern so richtig etwas sagt, gefüllt werden. Für einen Nachmittagsbesuch reichte es, angesichts der heranrückenden Schließenszeit hatten wir auch keine Probleme, rechtzeitig den Ausgang zu finden. Nach einem kurzen Spaziergang entlang des Parks der Southside, wo sich weitere Museen und Veranstaltungsgebäude sowie Teile der Uni befinden, ging es zurück zur Roma Street, unserem Standort, denn es galt, eine Gelegenheit für ein vernünftiges Abendessen zu finden.

Am Abend lenkten wir unseren Schritt in eine neue Richtung, zum Stadtteil Paddington, in die Caxton Street, nah bei unserem Quartier hinter dem Großbahnhof gelegen. Ein Reiseführer empfahl hier ein Thai-Restaurant und wir gingen davon aus, daß weder Koch noch Personal besondere Rücksicht auf die Ostertage nehmen müssen und im Gegensatz zu vielen anderen Restaurants geöffnet haben. Wir standen vor geschlossener Tür und mussten einen Besuch auf den Osterdienstag verschieben. Wieder einmal musste ein indisches Restaurant herhalten, auf unserer Reise haben wir zahlreiche verwandte Gastronomen gesehen, öfter aufgesucht, dieser wurde fast zu unserer Stammgaststätte, denn wir kehrten an allen Ostertagen hier abends zum Essen ein.

Irgendwie mussten wir die Ostertage in dieser Stadt sinnvoll gestalten, obgleich vermutlich viele Türen geschlossen sein dürften, also etwas ansteuern, bei dem man nicht auf Öffnungszeiten angewiesen ist. Die bereits in einem kleinen Teil gestern kurz besuchte Southbank von Brisbane wird in allen Stadtinformationen als ein schönes Ausflugsziel genannt. Unser Quartier liegt so günstig, daß von hier aus die meisten der interessanten Punkte der Stadt bequem zu Fuß erreicht werden können, so auch die Southbank. Von weitem sieht man eine seiner Landmarken, ein riesiges Riesenrad, das sich sehr langsam dreht. Entlang des Brisbane River hat man vor wohl über 2 Jahrzehnten im Zuge der Entwicklung dieser Uferregion weg von einer hafennahen Nutzung hin zu einer Wohnnutzung, wozu eine Weltausstellung auch beigetragen hat, eine sich lang hinstreckende Grünzone geschaffen, es aber nicht bei dem Grün belassen, sondern auch ein großes Strandbad mit Liegewiese, Veranstaltungsbereich, umfangreicher Gastronomie, echtem Sandstrand und viel, viel Wasser in allen Varianten aus dem Boden gestampft. Nun war ja Wochenende, dies war erkennbar, sobald man in die Nähe dieses Erholungsbereiches kam. Im Gegensatz zur Innenstadt steppte hier am Ostersonntag der Bär, jung und alt, Familien mit großem und kleinem Anhang, Sonnenanbeter und Wassersüchtige, Musikfans oder nur Spaziergänger, Flaneure und Gaststättenbesucher bevölkerten die Wege. Im Zentrum eines alten Teils der Southbank, um den herum das Neue geschaffen worden ist, ein Markt mit kunstgewerblichem Angebot. Also viel zu sehen und sehr kurzweilig.

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So gar nicht in den Trubel rund um die Vergnügungsmeile passt die zur Weltausstellung gebaute nepalesische Pagode, die von einem großen an japanische Gärten erinnernden Park umgeben ist.

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Heute, am Ostermontag den 21.4., wollten wir uns den Kern der Stadt näher anschauen und die Gelegenheit zu einer Fahrt auf dem Brisbane River nutzen. Wir hatten zwar wenig Hoffnung, daß an einem Feiertag die angekündigte Stadtführung, Treffpunkt vor dem Rathaus um 11:00 Uhr, stattfinden würde, dennoch waren wir rechtzeitig am Ort, um dann selbständig die wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Zentrum zu erlaufen. Was wir sahen, erinnerte an den Reichtum der Stadt vor gut hundert Jahren, die City Hall, vor der wir standen, ein dominantes Sandsteingebäude mit klassischen Stilanleihen, 1930 errichtet. Schräg gegenüber steht ein kleines kirchliches Gebäude, die Albert Street United Church, das, wie so oft gesehen, von den umliegenden Hochhäusern, oft in moderner Architektur der letzten 2 Jahrzehnte, schier erdrückt wird.

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Die Läden waren zwar geschlossen, aber die Ladenpassagen teilweise offen, so daß wir einige der historischen Arkaden durchlaufen konnten, die sich im Bereich der Queen Street befinden, so die Rowes Arcade und die Brisbane Arcade. Beide atmen noch den Stil aus ihrer Gründungszeit aus, die Schaufenster, die Aufgänge, die Fahrstühle, die Fußbodenornamente schlichtweg alles Sichtbare scheint noch so zu sein, wie damals beim Bau festgelegt.

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Vorbei an einem heute ein Luxushotel beherbergenden Gebäude aus den 30er Jahren und dem ANZAC Square War Memorial gelangten wir zur Central Station, dessen Ursprung auf den Beginn von 1900 zurückgeht. Hinter der eher unscheinbaren aber erhaltenen Fassade befindet sich heute ein moderner Bahnhof.

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Wir passieren ein massiges Logenhausund  befinden uns um Umfeld der Ann Street, wo sich einige sehr alt erscheinende Kirchen, die erste ist wirklich die älteste Erhaltene im Stadtgebiet, letztere die St. John’s Cathedral, 1906 wurde mit dem Bau begonnen und vor wenigen Jahren erst beendet, befinden.

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Man muß sie suchen, die alten Gebäude in der Stadt – und oft mehr als einen Meter laufen. Ein sehr imposantes und schönes Gebäude findet man in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Banktürmen am Rande der engeren Innenstadt, das Customs House, direkt am Brisbane River, wo denn sonst, gelegen und aus dem Ende des vorvorigen Jahrhunderts stammend. Wie profan sehen demgegenüber die im Umfeld stehenden Funktionsbauten und Wohntürme der Neuzeit aus.

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Der botanische Garten, an der Südspitze des CBD gelegen, ist wirklich eine Oase in der Stadt. Er wird an zwei Seiten vom Brisbane River umflossen, ist sehr großzügig gestaltet, weitläufig und mit einer großen Zahl von Bäumen unterschiedlicher Herkunft bestückt. Viele Bäume erwecken unsere Aufmerksamkeit, aber eine sehr weit wuchernde und ausladende Feige in Nachbarschaft zum Parlamentsgebäude gelegen, ist etwas besonderes.

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Über die Goodwill Bridge kann man vom innerstädtischen Bereich hinüber auf die Southbank gehen. Hier stießen wir auf großen Trubel, offensichtlich war jeder der laufen konnte, hierhin geeilt. Der bereits am Sonntag beobachtete Trubel war zu steigern, man schob sich bald die Wege entlang. Im Wasser waren anscheinend nur noch Stehplätze zu ergattern, während eine ein Freiluftkonzert gebende Band gerne mehr Zuhörer gefunden hätte. Aus wie vielen Ländern Menschen nach Australien ausgewandert (oder geflohen) sind, konnte man gut bei dem Rundgang sehen, alle Erdteile und viele Religionen waren vertreten. Die von jedermann nutzbaren BBQ-Stellen waren allesamt dicht belagert und genutzt; es scheint, als ob man hier nichts anderes kennt, als ein BBQ. Zum Glück kann man fliehen, wir auf ein Schiff, um entlang der Skyline der Stadt auf dem Brisbane River hinauf und hinab zu schippern.

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Auf dem Brisbane River fahren unterschiedliche Linienschiffe, eines davon befährt eine ganze Reihe von Haltepunkten, so daß man sowohl die innerstädtische Skyline vom Wasser aus sieht, als auch einen Teil der östlichen Vororte, und das sogar für umsonst! Dieses Angebot nutzen vor allem Touristen, um sich einen Überblick zu verschaffen, aber auch Einheimische kommen an Bord. Das von uns dann “geenterte” Boot war nahezu voll belegt und wir genossen bei kühlendem Fahrtwind die möglichen Blicke nach rechts und links. Deutlich zu sehen war, wie viel Geld hier in Ufernähe in exquisite Wohnbebauung gesteckt wird, Leerstände waren nicht zu erkennen, und der Bauboom setzt sich fort. An anderen Uferstellen dominiert noch die Bebauung aus der Zeit Anfang des 20. Jhd., dort war eine Art von Kapitänshäusern, aus Holz gebaut, beplankt, immer wieder auf erhöhter Position zu sehen.

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Ich glaube, wir waren fast zwei Stunden unterwegs, der Abend nahte, als wir von Bord gingen. Nicht ganz rechtzeitig trafen wir in unserer JuHe ein, um von der Dachterrasse, auf der sich auch ein kleines Schwimmbecken befindet, eine Aufnahme von der Skyline der Stadt in der Abendsonne zu machen. Diesen Blick haben wir, natürlich bei anderen Lichtverhältnissen, jeden Morgen beim frühstücken.

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