Es ist befremdlich wenn man früh aufsteht und lauthals ausgelacht wird. In den vergangenen Tagen haben wir wiederholt sehr laute Vogellaute gehört, die sich anhören, als wenn gelacht würde. Und heute Morgen werden wir durch derartige Laute begrüßt, die Lage des Campingplatzes im Regenwald ist ursächlich dafür.
Es hatte über Nacht nicht geregnet, aber am frühen Morgen tropfte es von dem Bäumen, nicht leicht, sondern kräftig. Man merkt, warum es hier Regenwald gibt, bei der Feuchtigkeit, die auch durch den Morgennebel herangetragen wird. Wir konnten lesen, daß in Teilen des Regenwalds 40% des dort ankommenden Wassers nicht als Regen niedergeht, sondern von den Blättern aus den Wolken, dem Nebel herausgeangelt wird.
Ohne darauf zu achten hatten wir uns auf dem Campingplatz eine Stelle ausgesucht, die bereits frühmorgens von der Sonne beschienen wird. Nach der Kühle der Nacht, es war wirklich sehr frisch draußen, so daß wir unsere Fleece anzogen, tat es gut, von der Sonne gewärmt zu werden. Sie war leider nicht stark genug, um ohne wärmende Bekleidung im Freien zu frühstücken. Was wir heute und in den letzten uns zur Verfügung stehenden Tagen sehen wollen, ist noch nicht entschieden, wir zogen die Reiseführer und Infobroschüren zu den nördlicheren Regionen zu Rate. Letztlich wurde das Ziel Cooktown als quasi in Queensland nördlichste auf normaler Straße zu erreichende Stadt von der Wunschliste gestrichen, weniger Kilometer sind dann zu fahren, wir können versuchen, es gemütlicher ausklingen zu lassen bis zum Wochenende, wenn der Camper am 10.5. abgegeben werden muß.
Und gemütlich ließen wir auch den übrigen Tag angehen, fuhren erst gegen 9 Uhr wegen der notwendigen Lektürestunde los und kamen nicht weit, denn das gestern bereits bebadete Maar Lake Eacham wollte Katrin ein weiteres Mal schwimmend durchqueren (so ein schönes Seele, allerliebst). So früh morgens hat man den See nahezu für sich allein; lediglich die drei Teilnehmer eines Tauchkurses standen in Ufernähe im Wasser und hörten den Erklärungen des Experten zu. Es war ein erfrischendes Bad und die Gefahr bestand, unseren Aufenthalt hier zu verlängern, wären nicht in Yungaburra, wenige Kilometer entfernt, drei Attraktionen zu bestaunen. Zum einen sollen im Peterson Creek Platypus/Schnabeltiere sich aufhalten, des weiteren halten sich in den Bäumen an diesem Fluß Lumholtz Baum-Kängurus auf und schließlich steht unweit des Ortes in einem Wald ein sehr alter und eine besondere Form aufweisender Feigenbaum, die “Curtain Fig”.
Der Ort Yungaburra fiel eigentlich nur auf, weil durch Straßenbaumaßnahmen sehr langsam in ihn hinein gefahren werden musste; eine kurze Hauptstrasse, zwei Kirchen, einige Kunstgewerbe verkaufende Läden, ein Trödler, kein Bäcker, aber ein Metzger, ein in einem renovierungsbedürftigen Haus befindliches Hotel, einige kleine sonstige Beherbergungsbetriebe, eine Pizzeria und eine kleine Touristeninformation, damit ist fast alles Vorhandene aufgezählt.
Also wirklich kein Ort, an dem man sich länger aufhält, es sei denn, man will eine der oben genannten Attraktionen sehen. Von der Touristeninformation erhielten wir ein kleines Blättchen, auf dem ein entlang des Peterson Creek verlaufender Weg verzeichnet war, von dem aus man immer wieder den Bach auf das Schnabeltier absuchen kann. Dann gehen wir mal suchen – leider auf den gut 2 Kilometer Pfad ohne Erfolg. Zum Glück hatten wir ja früher bereits nicht nur eines, sondern mehrere dieser Tiere im Wasser beobachten können. Das Lumhotz Baum-Känguru ist vom Aussterben bedroht, besonders geschützt, aber leider nicht so schlau, um die stark befahrenen Straßen zu meiden. Einer Information zur Folge hatte man in den vergangenen 15 Jahren am Straßenrand im weiteren Umkreis von Yungaburra über 400 Tierkadaver am Straßenrand gefunden. Ein in seinem Bestand gefährdetes Tier, das zudem eher in der Dämmerung als am hellen Tag aktiv und somit leichter sichtbar ist auf unserer kurzen Wanderung zu entdecken, käme fast einem Wunder gleich. Obwohl wir immer wieder die am gegenüber liegenden Ufer stehenden Baumwipfel und Astgabelungen absuchten, fast einen steifen Hals bekamen, als wir auch auf unserem Rückweg durch ein ebenfalls von dem Baum-Känguru genutztes Habitat gingen, gesichtet haben wir keines. Es wäre auch zu schön gewesen.
Bäume können sich nicht davon machen oder verstecken, jedenfalls nicht kurzfristig. Die “Curtain Fig” haben wir dann in voller Größe vor uns stehen gesehen. Eigentlich ist uns die Würgefeige nicht unbekannt, wie sie ihre ursprüngliche Wirtspflanze mordet. Die hier zu besichtigende ist jedoch außergewöhnlich, hat die Feige doch unendlich viele Wurzeln gebildet, die mit Abstand betrachtet eine Art Vorhang bilden. Zu lesen war, dieser Baum sei 500 Jahre alt.
Über Atherton, eine geschäftige Kleinstadt, die auf etwa 700 Metern in Mitten des Hochlandes liegt, fuhren wir den Kennedy Highway nach Norden. Um uns herum anfangs die hier übliche Landnutzung durch großzügige Zuckerrohrplantagen, wenig Viehhaltung, dafür um so mehr Gemüse-, Obstanbau, ja sogar Erdnussplantagen wurden gesichtet. Später nahm der Anteil an Weideland zu bzw. ungenutztes Grasland war zu sehen. Dazwischen große Waldflächen oder zumindest bewaldete Flächen. Also weder neu noch aufregend, sondern auf dieser fruchtbaren Hochebene nur eine Wiederholung bereits Gesehenes. Hier profitiert man einerseits vom Klima, warm nicht heiß, feucht und nicht zu trocken, der Höhenlage und vor allem vom vulkanischen Boden, der sehr fruchtbar sein soll.
Wir hatten gelesen, hier auf der Hochebene gäbe es auch sogenannte Wetlands, die Lebensgrundlage zahlreicher Vogelarten und anderer Tiere sind. Katrin meinte gelesen zu haben, dort könne man sogar “freshis”/Süßwasserkrokodile sehen, Gründe genug, von unserem Weg abzuzweigen und die “dirt road” 12 Kilometer landeinwärts zum Mareeba Tropical Savanna and Wetland Reserve, einem großen Naturschutzgebiet um eine Reihe von Lagunen, zu fahren.
Viele verirren sich nicht hierhin, denn in dem großzügigen Informationszentrum trafen wir nur eine weitere interessierte Engländerin an. Mehrere Zähne wurden uns sehr schnell gezogen – zum einen hat der vor drei Wochen auch hier gewütete Zyklon dazu geführt, daß die sonst bereits jetzt hier eingetroffenen Vögel sich verspätet haben, zum anderen sei ein freshi noch nicht gesichtet worden. Auch wenn damit eine Wanderung zur Vogelbeobachtung für uns ausfiel, eine kurze Rundfahrt über die vor der Tür liegende Lagune unternahmen wir dann doch noch. So stellen wir uns Ökotourismus vor – wir fuhren in einem kleinen mit Elektromotor angetriebenen Bötchen über den See; Schwamm darüber, daß die Energie über eine Leitung von weit her geliefert und nicht durch den Einsatz von Solarpanelen erzeugt wurde. Natürlich haben wir bis auf einen Reiher keine Vögel gesehen oder große Fische gesichtet, aber die nahezu geräuschlose Fahrt über den See, auf dem in großen Flächen Seerosen wachsen – leider auch vom Zyklon beschädigt –, die große Stille, die Friedlichkeit, die wir empfanden, hat gut getan.
Übrigens, diese Wetlands sind menschengemacht! Für die wasserhungrigen Zuckerrohrlandwirte wurde in den 80ger Jahren ein Kanal gebaut, in dem das in dem zentralen Hochlandsee, Lake Tinaroo, gespeicherte Wasser nach Norden zu den Feldern geleitet werden sollte. Als die Kanäle gebaut waren stellte man fest, daß in der nördlich von Mareeba liegenden Region die Bedingungen für den Zuckerrohranbau nicht die besten waren. Man hatte also Wasser und zu wenig Abnehmer. Da stieß die Idee, dieses Wasser in die hier vorhandenen Mulden langsam einzuleiten, um ein Wetland zu Steigerung der Vielfalt von Pflanzen und Tieren in der Region der Tablelands zu schaffen, zum Glück auf offene Ohren. Es wurde ein staatliches Projekt, in dem zahlreiche Naturschützer und Verbände sich einbrachten, aus der Taufe gehoben. Wie wir erfuhren, wurde keines der inzwischen in den Wetlands gesichteten Tiere hierhin verfrachtet, alle Tiere sind quasi auf eigenen Füssen, Flügeln oder Flossen hierhin gekommen. Für den Laien ein kleines Wunder, auch die Ranger vor Ort freut es feststellen zu können, daß inzwischen mehr als 200 verschiedene Vogelarten in den Wetlands gesichtet worden sind. Von den in einer großen Voliere am Infozentrum gehaltenen ebenfalls vom Aussterben bedrohten bunten Vögel, es handelt sich um den Gouldian Finch, sollen nur noch 3.000 Exemplare in freier Wildbahn existieren; durch Abholzen und die gestiegene Zahl von Bränden wurde ihnen die Lebensgrundlage genommen. Ziel dieser Voliere ist es, geschützt Nachwuchs zu erzeugen, um die Überlebenschancen der Art zu steigern. Die Farbenvielfalt an nur einem Vogel war für uns sehr überraschend.
Termitenhügel sind an sich nichts besonderes; hier in dem Naturpark tauchten sie jedoch in einer so großen Zahl auf, daß wir uns die verschiedenster Formen unter die Lupe nahmen.
Weiter ging es dann am Nachmittag am Lake Mitchell vorbei, der auf der Landkarte viel größer aussieht als er sich uns heute zeigte, über Mount Molloy, kurz danach zweigt der Mulligan Highway nach Cooktown ab, in Richtung Küste nach Mossman und Port Douglas. Bald nach Atherton begann die Hochebene nach Norden hin langsam aber stetig abzufallen, die Vegetation änderte sich auch. Die Vielfalt des Anbaus nahm ab, die dominante Kultur, Zuckerrohr, nahm deutlich zu. In einigen wohl klimatisch begünstigten Regionen unserer heutigen Tagesstrecke wurde intensiver Obstanbau betrieben. Was an Ortschaften nach Mareeba durchfahren wurde, waren eher kleine Hausansammlungen, auch Mt. Molloy macht da keine Ausnahme. Hinter Humula steigt die Straße an, um schon bald phantastische Ausblicke auf die Berge des Daintree National Parks und die Küste vor Mossman zu bieten.
Die kurvenreiche Passstraße hinunter gefahren und 15 Minuten später sind wir bereits in Mossman, unser heutiges Ziel, der in unseren Augen ideale Ausgangspunkt, um Morgen die Mossman Gorge zu besuchen und hinauf zum Cape Tribulation zu fahren. Und zur besonderen Freude von Katrin haben wir uns für einen Campingplatz entschieden, der direkt neben dem Schwimmbad liegt, das wir mitbenutzen können. Da war doch klar, was sofort nach dem Einparken des Campers geschieht : ausgiebig Bahn um Bahn im Schwimmbecken ziehen. Fast wie zu Hause.