In ein neues Theater umzuziehen ist für uns inzwischen Routine geworden, jetzt werden wir uns die Naturaufführungen im roten Zentrum Australiens ansehen, von Alice Springs aus werden wir für 8 Tage das Umland erkunden. Ebenso Routine ist das Rucksackpacken, irgendwie zum Flughafen kommen, hier ist die günstigste Variante mit einem Taxi(!), einchecken – am Automaten –, warten und wieder einmal pünktlich abfliegen. Die nur zu einem geringeren Teil gefüllte Maschine brachte uns heute, den 14.5., in 2 Stunden aus dem wolkenverhangenen Cairns, auf das wir bei einer Schleife über die Bucht noch einmal blicken konnten, in das Sonnenscheinstädtchen Alice Springs, wo uns 27 Grad Wärme empfingen. Das ist noch eine Temperatur, mit der wir leben können. Bereits auf dem Flug konnten wir den einen oder anderen Blick hinunter auf die überflogene Landschaft werfen. Sie wirkte eintönig, aber je näher wir an unser Ziel kamen, desto mehr Hügel-/Bergketten waren erkennbar, das Land war von zahlreichen Flüssen überzogen, die aber offensichtlich trocken waren, zunehmend rötlicher Stein sprang ins Auge und kurz vor Alice Springs flogen wir dann einem Teil der MacDonnell Range entlang.
Camper übernommen, wieder das gleiche Modell wie seit Wochen, diesmal gecheckt, ob wirklich alles an Bord ist, für die folgenden 8 Tage eingekauft, denn auf unserer Rundreise durch Northern Territory dürften die am Wege liegenden Einkaufsmöglichkeiten gegen Null tendieren, Campingplatz gesucht und gefunden, den Camper für die nächste Woche hergerichtet – es wiederholt sich diesbezüglich alles. Und endlich konnten wir dann wieder in einem Camper übernachten (!?), die Betten der letzten Tage waren Luxus. Die Route der kommenden Tage ist im wesentlichen vorgegeben, denn der Camper kann nur auf Asphaltstraßen bewegt werden und manche interessanten Orte sind nur über 4WD-fordernde Strecken/Pisten erreichbar und wurden von der Liste gestrichen. Dennoch, wir werden in der folgenden Woche uns über Naturerlebnisse und kleine Wanderungen nicht beklagen können, davon wird es genug geben.
Von Alice Springs haben wir außen den Straßen rund um die Touristeninformation noch nichts gesehen; wir hoffen, nach unserer Rundfahrt noch genügend Zeit hierfür zu finden, denn zum einen kann man in einer ganzen Reihe von Galerien und Art Houses der Aborigines deren Kunst betrachten, zum anderen ist sicherlich interessant, das eine oder andere aus der Geschichte dieser Grenz- und Telegrafenstadt zu sehen.
Am 19.5. kehren wir abends nach Alice Springs zurück, Camperrückgabe am 20.5. steht an, somit auch etwas Zeit gegeben, am 20.5. das Städtchen etwas näher kennenzulernen. Seine Entstehung verdankt der Ort um 1860 einer Entscheidung, an dieser Stelle einen Verstärker für die Überlandtelegrafenleitung zu errichten. Seitdem hat sich AS zu einem Knotenpunkt entwickelt, kreuzen sich hier Nord-Süd wie auch Ost-West-Verbindungen. Die Versorgung dieses Grenzortes wurde anfangs durch Kameltransporte über mehr als 600 Kilometer gewährleistet, bevor 1929 eine Zugverbindung nach Adelaide in Betrieb genommen werden konnte. Es dauerte bis 2004, um die Verlängerung nach Darwin fertig zu stellen. Auf dieser Strecke verkehrt auch ein “berühmter” luxuriöser Zug, der “Ghan”. Hatten wir sehr früh einmal daran gedacht, die Strecke nach Darwin per Zug zurück zu legen, legten wir den Traum schnell zu den Akten, als wir die Preise sahen; darüber hinaus schien es uns nicht gerade aufmunternd zu sein, Stunde um Stunde durch eine gleich gestaltete Landschaft zu reisen, davon sehen wir auf unseren punktuellen Rundreisen doch genug. AS teilt das Schicksal einer Namensänderung mit den berühmten Bergen im Westen. Ursprünglich wurde der Flecken nach dem Entdecker Stuart, der um 1860 die Region erforschte, benannt, bevor man dann sich 1933 in Alice Springs umbenannte. Eigentlich seltsam, denn diese Quelle, die man vor Urzeiten meinte entdeckt zu haben, stellte keine dauerhafte Wasserversorgung der Menschen vor Ort sicher, sondern war von Anbeginn an nur ein vorübergehendes Wasserloch, das sich erst durch Regen füllte, der hier aber nicht wöchentlich vom Himmel fiel. AS profitierte vorübergehend auch von Goldfunden nur um die 100 Kilometer entfernt, jedoch nur vorübergehend. Weniges im Ort erinnert an die alte Zeit, prägnant davon am ehesten noch das um 1900 errichtete Old Stuart Town Goal mit seinen dicken steinernen Mauern, sehr klein geraten, man rechnete damals wohl nicht mit allzu vielen Insassen. Alles was sonst noch aus früheren Zeiten stammt wie ein ehemaliges medizinisches Zentrum, eine Art Krankenhaus, ein altes Gerichtsgebäude oder die Residenz des ersten Gouverneurs für den Süden des Northern Territory wurden alle erst um und nach 1930 errichtet, also kein Ort, der die Geschichte so ausatmet. AS hat den Grenzstadtcharakter teilweise behalten, denn erst viele hundert Kilometer weiter befindet sich die nächste menschliche Siedlung. AS ist aber auch ein Ort, in dem eine vergleichsweise große Zahl von Aborigines lebt, im Ort selber oder in der näheren Umgebung. Manche Stadtbereiche werden von ihrer Anwesenheit “geprägt”; der unbedarft Daherkommende wird dadurch plötzlich mit sichtbarer Verwahrlosung, Armut, Orientierungslosigkeit, Alkoholismus konfrontiert. Gruppen halten sich im Umfeld des durstigen Kamels auf, ein Laden, der alle Sorten Alkohol verkauft, und dabei manchmal auch unter Beobachtung von Polizisten steht, andere wiederum bevölkern das Umfeld der Supermärkte. Leider prägen diese Ureinwohner weitgehend das Bild ihres Volkes, wir nehmen bei derartigen Rundgängen zu wenig wahr, wie viele ihrer Stammesmitglieder in die Gesellschaft integriert sind und z.B. einer Beschäftigung nachgehen. Auch wir müssen uns beim Antreffen dieser Aborigine-Gruppen ermahnen, unser Bild nicht durch diese Wahrnehmung einseitig werden zu lassen.
Die Kunst von Aborigines hat in den letzten zwei-drei Jahrzehnten zunehmend die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erhalten, obgleich die sich in den Bildern verbergende Symbolik uns Außenstehenden meistens verborgen bleibt. Je nach Herkunft des Künstlers/Künstlerin, aus welcher Region oder Stamm, kann mit der Verwendung z.B. eines Kreises, mehrerer Kreislinien, eines Striches, Winkelstriche eine völlig andere Bedeutung verbinden werden. Ähnlich wie die unterschiedlichen Sprachen der Volksgruppen geben diese Symbole unterschiedliche Hinweise auf die Geschichte, die mit dem Bild erzählt werden soll. Insofern können wir uns nur dann ein Bild erschließen, wenn die dem Maler dazu zu Grunde liegende Erzählung mitgeliefert wird. Die Malerei, so hat es den Anschein, ist in manchen Dörfern ein wichtiger Wirtschaftszweig geworden, denn die in den lokalen Art-Centern zusammen geschlossenen Künstler sind nicht nur extrem produktiv, sondern auch sehr zahlreich, wobei deutlich mehr Frauen als Männer ihrer künstlerischen Begabung Raum geben. Geht man durch die Hauptstraße von AS, hat man in weniger als 100 Metern auf allein einer Straßenseite die Gelegenheit, vier verschiedene Galerien aufzusuchen, in den nicht nur zahlreiche Exponate an den Wänden hängen, sondern Stapel von bemalten Leinwänden auf Tischen, Anrichten oder dem Fußboden liegen. Dies deckt sich nicht mit dem Bild, das wir aus deutschen Galerien gewohnt sind, es riecht stark nach Massenfabrikation, um dem Touristen etwas aus der eigenen Kultur zu präsentieren. Natürlich sind wir nicht achtlos an den Galerien vorbei gegangen, sondern haben uns lange Zeit umgesehen, natürlich haben wir dabei auch Gemälde entdeckt, die uns sehr angesprochen haben. Und wie das dann so ist wurden für diese Leinwände Preise genannt, die in Deutschland ein guter Grieshaber kostet, obgleich nicht erkennbar ist, daß der Künstler über eine gleichgelagerte Reputation verfügt, in entsprechenden Sammlungen präsent ist, auf zahlreichen Ausstellungen gezeigt wurde. Also verlassen wir AS ohne eine handliche Erinnerung an die Ureinwohner des Kontinents.
Eine besondere Attraktion von AS wollten wir uns auf jeden Fall ansehen, das Alice Springs Reptile Centre. Eine Attraktion die uns interessiert hatte, Terry das Salzwasserkrokodil, war zwar in Urlaub geschickt, um sein Becken zu renovieren, aber die übrigen dort zu sehenden heimischen Reptilien waren es allemal wert, hierher gekommen zu sein. Wo kann man schon einen kleinen Überblick über die Vielfalt der in Australien vorkommenden Schlangen bekommen; manche extrem klein, extrem gut getarnt, andere sehen von der Hautfärbung wunderschön aus, sind aber gleichzeitig extrem giftig.
Geckos, unsere liebsten Freunde, laufen an der Wand entlang, verstecken sich in jeder Ritze des Raumes und helfen, Mücken und Fliegen im Zaum zu halten. Welche Vielfalt es gibt, konnten wir in einer großen Anzahl von Terrarien erfassen.
Eidechsen hatten wir bislang sehr wenige und dazu auch sehr kleine am Wegesrand entdeckt; hier wurde unser Blick geweitet, wir sahen sehr vielfältig geschuppte, mit Halskrause, Stacheln, Kopfputz, ohne Schwanzfortsatz ausgestattete Eidechsen, von denen der Auffälligste aber gleichzeitig auch relativ kleine der Thorny Devil ist. Auch die größte in Australien vorkommende Echsenart mit deutlich über einem Meter Länge bewegte sich nach langer Wartezeit doch noch aus ihrem Erdloch heraus.
Der Rundgang durch die Räume entlang der zahlreichen Terrarien und durch das Freigelände war sehr interessant, löste viele Aha-Erlebnisse aus, vor manchen Terrarien standen wir längere Zeit, um z.B. die Eleganz der Schlange bei ihrer Fortbewegung zu beobachten, die Schlange oder den Gecko überhaupt zu entdecken, zu sehen, wie flink sich Eidechsen bewegen oder einfach nur sich sonnen. Dann zum Abschluß die Gelegenheit zu haben, einer mittleren ca. 8 Kilo schweren Phyton gegenüber zu treten, große Eidechsen in der Hand zu halten und ihren Schuppenkörper aus nächster Nähe betrachten zu können,
war dann das Tüpfelchen auf dem i, um diese Stunden sehr perfekt und erinnerungsreich zu machen.
Das war es dann auch, was wir aus AS berichten können. Ergänzen müssen wir – leider – das Vorstehende um den 22.5., der Tag, an dem wir am späten Vormittag nach Darwin weiterfliegen wollten, schon gegen 09:30 mit dem Bus zum Flughafen fuhren und dort erst auf Abflugtermin 13:30 Uhr vertröstet wurden, was dann auf 16:50 Uhr weiter ausgedehnt wurde. Einen halben Tag auf dem wirklich uninteressanten Flughafen von AS zu verbringen törnt richtig an. Noch sind wir nicht abgeflogen, warten wir, wie es weitergeht.