Kakadu National Park – und es wird noch heißer!

Den Luxus eines eigenen Bades direkt am Stellplatz nutzten wir ausgiebig, sahen uns aber auch unter Zeitdruck am Morgen des 25.5., denn um 09:20 Uhr begann in Nourlangie, der zweiten wichtigen Stelle im Park, an der es möglich ist, Aborigin-Felsmalereien zu sehen, eine Rangerführung zu den hier möglichen Orten der Felsmalerei. Die gut 35 Kilometer wollen auch erst einmal gefahren sein, zumal die Hälfte auf einer Piste, also konnten wir den schönen von den Temperaturen noch angenehmen Morgen nicht in vollen Zügen genießen, sondern mussten uns sputen. Das war gut so, denn die drei kurzen Vorträge des Rangers Christian waren sehr interessant, für uns eine Bereicherung.

Entlang des Kakadu Highways, der von Jabiru im Nordosten in Richtung Pine Creek im Südwesten verläuft, befinden sich auch einige Höhenzüge, die hin und wieder aus der Ebene sichtbar aufragen. Die Strecke selber führt uns durch den üblichen mehr offen als dichten Buschwald, in dem immer wieder Flächen abgebrannt wurden oder auch aktuell werden, denn hier und da kokelt es noch sichtbar. Diese “Landschaftspflege” wird im Einklang mit dem Oborigin-Kalender durchgeführt, d.h. bald nach dem Ende der Regenzeit, so rechtzeitig, daß neues Wachstum möglich ist, die Pflanzen noch nicht zu ausgetrocknet sind, damit sich insbesondere Bäume und Sträucher gegen die Hitze des Grasbrandes gut zur Wehr setzen können.

Treffpunkt für den ersten von drei kurzen Vorträgen ist ein Aussichtspunkt im Nourlangie-Gebiet;

P1190160

die Ebene liegt vor und hinter uns, von stark gebrochenen Sandsteinfelsen eingerahmt, ein geeigneter Rückzugsort aus der Ebene, wenn diese durch die Regenzeit geflutet ist. Weit in der Ferne ist das Arnhem Escarpment zu sehen, der steile Anstieg aus der Ebene, der den Park gen Osten begrenzt.

P1190122P1190123P1190130P1190126

Christian der Ranger versuchte uns etwas Einblick in das Denken und Zusammenleben der hier ansässigen Aborigines zu vermitteln. Die enge Verbindung und eigentlich auch Abhängigkeit von der Natur, als Nahrungsquelle, Schutzort, Naturgewalt, Grundlage ihres Lebens begegnete uns bereits, dies aber an einem Jahreszyklus verdeutlicht zu erhalten, vertiefte das Verständnis. Es ist eine Plattitüde, alles hängt von allem ab, aber zu erkennen, wie die Urbewohner z.B. bestimmte wechselnde Pflanzenmerkmale mit Tierwanderungen, der bevorstehenden Regenzeit,Wetteränderungen, der Notwendigkeit des Gras- und Unterholzbrandes etc. verbinden, wie daraus sogar sechs Jahreszeiten bei ihnen werden, ist faszinierend. Später fanden wir in einer Ausstellung im Warradjan Aboriginal Cultural Centre eine entsprechende Darstellung dieses Kalenders.

P1190182

Die Parkpflege richtet sich nach Aussagen des Rangers heutzutage nach den Jahrtausend Jahre alten Erkenntnissen der Urbewohner; die Brände werden entsprechend den Erfahrungen der hier nach wie vor lebenden Aborigines kontrolliert und partiell ausgeführt, dienen dazu, den Wald “aufzuräumen”. Christian meinte, man könne sehen, welche positive Wirkung dies auf die Pflanzenwelt hätte, denn der Blütenreichtum habe sich anschließend gesteigert. Dies ist nur ein wenn auch wichtiges Beispiel dafür, wie man bei der Parkpflege und –verwaltung versucht, die beiden Kulturen, die der Balanda, das sind die Nicht-Aborigines, und die der Aborigines zu verbinden. Orte wie Nourlangie sind auf Grund ihrer besonderer Beschaffenheit, deutlich über der Ebene gelegen, Ort von Quellen, sie bieten Schutz, sind gesuchte und verteidigte Orte, seit zehntausenden von Jahren zumindest jährlich vorübergehend von Aborigines bewohnt und folglich auch für Forscher interessant. Sie sind auch Orte, an denen sich die Symbolik mit Geschichten verbindet, an denen Bergmerkmale durch die Vorfahren erschaffen und als z.B. Mahnmal für die Nachwelt genutzt werden, wie dies mit der Geschichte der Feder von Namanjolg geschieht. Ein in der Ferne sichtbarer Felsstein auf einer Klippe ist diese Feder, die die Schwester von Namanjolg aus dessen Kopfschmuck genommen und dort für alle sichtbar ausgestellt hat um darauf hinzuweisen, sie hätten die Inzestregeln verletzt. In dem sehr stark durch “Gesetze”/Normen geregelten Zusammenleben der einzelnen Clans ist dies einer der schlimmsten Verstöße.

P1190132

Alles, was man heute konkret über einzelne Zeichnungen/Figuren weiß, deren Namen, deren Bedeutung in der Mythologie, deren “Verwandschaftsbeziehungen” untereinander, beruht auf Informationen von Stammesmitgliedern, die im Besitz des Stammes”wissens”  und befugt worden sind, dieses Wissen mit den Balanda zu teilen. Wir Balanda verfügen daher nur über ein Teileinblick in die Welt der Aborigines. Das eine Figur einen Bezug zum Blitz hat und welche das ist, der “Lightning Man”, verdanken wir diesem Wissenstransfer, auf dem Foto die rechts außen abgebildete Figur. Wie hätten wir diese oder die anderen hier abgebildeten Figuren genannt, welche Beziehung zum Leben der Aborigines stellen sie dar? Spekuliert hätten wir und wahrscheinlich deutlich daneben gelegen. Im Grunde, so machte Christian deutlich, sind die Aborigines Vertreter der ältesten lebenden Kultur, denn sie können auf eine 40.00-jährige Existenz auf dem Kontinent zurück blicken, vereinzelt werden sogar noch längere Zeitspannen genannt. Deshalb sei es enorm spannend, in deren uralte Kulturwelt eindringen zu dürfen, auch wenn dies nur in kleinem Umfang erfolgt.

P1190136

Die Masse der Hinweise auf die Figuren abzuspeichern war schier unmöglich, uns reichte zu wissen, daß es ein zumindest partiell geteiltes Wissen und damit abgesicherte Erkenntnisse über einzelne Figuren gibt.

P1190137P1190139

Oder die Figur des Nabulwinjbulwinj, ein böser Geist, der Frauen bei bestimmten Vergehen bestraft. Wieder eine Geschichte die dazu beiträgt, die gesellschaftlichen Normen und deren Einhaltung, was für das Überleben der Stämme von enormer Bedeutung war, zu stärken.

P1190144

Oft standen wir nur staunend vor den “Zeichnungen”, die im Gegensatz zu Ubirr, wo der “Speiseplan” dominierte, hier im wesentlichen eine Unzahl von unterschiedlichen Figuren aus der Welt der Aborigines abbildeten. Von einigen haben wir eine Bedeutung erfahren – leider nicht behalten –, bei anderen gibt es einfach keine Erklärung für uns Balanda.

P1190134P1190148P1190149P1190146

Die in Südamerika gesehene Negativtechnik zur Abbildung einer Hand, dort wie hier als Botschaft zu verstehen, ich war hier, findet sich auch in Nourlangie.

P1190151

Offensichtlich hat man nicht nur ernste Geschichten dargestellt, sondern auch Heiteres abgebildet, wie z.B. tanzende Menschen.

P1190153P1190155

Bei all dem ist zu berücksichtigen, daß diese Zeichnungen durchaus 20.000 Jahre alt sein können, so lange ist zumindest nachgewiesen, daß dieser Bereich und die hier vorgefundenen “Höhlen”, im Grunde nur durch Fels überdachte Flächen, besiedelt waren, wie anläßlich einiger archäologischer Grabungen bis in die Tiefe von 1,60 Meter am Hauptort in Nourlangie festgestellt werden konnte.

So voll leider nur begrenzt ins Langzeitgedächtnis gedrungenen Wissen war es schwer, der weiteren Fahrt eine besondere Bedeutung beizumessen, es war eh nur Wald und Buschwerk, ab und an wurde einer der zahlreichen Flüsse/Bäche überquert oder ein stehendes Gewässer passiert, das war es dann auch. Die Versuche, dabei ein Krokodil zu erspähen, waren erfolglos. Da war es ganz gut, einem Hinweis auf einen Lookout, den Mirrai Lookout, folgend abzubiegen und ein paar Schritte zu laufen. Wie so häufig hatte der Wald sich sein Terrain zurück erobert, in diesem Fall den Aussichtspunkt, hier Plattform, an Höhe überwachsen, was den Fernblick mehr als einschränkte. So wirklich sichtbar war weder die Ebene noch das Arnhem Escarpment, eher eine Ahnung davon konnte man bekommen.

P1190165P1190170P1190176

Das Warradjan Aboriginal Cultural Centre, direkt am Yellow Water River gelegen, zu besuchen war empfohlen worden, besteht hier eine umfangreiche Ausstellung über die Aborigines. Da das Zentrum von einem Aborigin-Stamm betrieben wird ist davon auszugehen, hier wird das Wissen vermittelt, das geteilt werden soll. Vieles von dem, was wir von Christian gehört hatten, wurde hier bestätigt. Darüber hinaus  gibt es in der Ausstellung zahlreiche Gegenstände aus dem früheren Leben des Volkes zu sehen, erhält der Besucher Hinweise zum Einsatz von Pflanzen als Heilmittel, die Wanderungsbewegungen, Wohnformen etc., also durchaus interessant und Ergänzung zum bereits Erfahrenen.

Eigentlich hatten wir vor, am Yellow River einen dort möglichen Billabong-Rundweg zu wandern, um mit Blick auf Wasser und Wald den einen oder anderen Vogel zu erspähen. Zeit war vorhanden, denn hier war auch unser Campingplatz. Leider waren sämtliche wassernahen Wege gesperrt – natürlich wegen der Krokodilgefahr. So blieb uns nur ein kurzer Weg zu einer Anlegestelle am Campingplatz, der nah am Yellow River liegt. Doch auch hier werden wir in gehörigem Abstand zum Fluß/Billabong durch ein Gitter an der weiteren Annäherung an die Gefahrenzone gehindert.

Die Nähe zum Wasser bescherte uns dann am Abend zahlreiche Begegnungen mit Vertretern einer extrem großen Kröte die, wie wir tags darauf erfuhren, so gar nicht in diese Landschaft gehört. In Queensland aus Brasilien vor Jahrzehnten eingeführt, um in den Zuckerrohrfeldern einen bestimmten störenden Käfer zu “bekämpfen”, hat sie sich dann auf den Weg durch den Kontinent gemacht, ist inzwischen im Norden des NT angekommen und kümmert sich dort nicht um den Käfer, sondern  bedroht ernsthaft die Vogelwelt, sprich den Nachwuchs, und ist zu einer kaum in den Griff zu bekommenden Plage geworden. Diese hier faustgroßen Cane Toads, sie können übrigens noch deutlich größer werden, sprangen am Abend munter zu Dutzenden vor den Sanitärtrakten herum, drangen in sie ein und störten. Genauso störend waren die hier zu hunderten herumfliegenden Kakadus mit ihrem Geschrei.

Insgesamt war dieser 25.5. ein sehr schöner Tag, auch wenn die angestrebten Wanderungen wieder einmal nicht möglich waren. Auf eine Bootsfahrt auf dem Yellow River zwecks Vogelbeobachtung oder Krokodilsichtung haben wir verzichtet, viel Neues zu sehen erwarteten wir davon nicht.

Heute am 26.5. geht es in Richtung Litchfield National Park, denn hier im Kakadu NP gibt es für uns nicht mehr viel zu erkunden. So interessante Ziele wie die Jim Jim Falls oder die Twin Falls sind nicht nur für uns, weil mit einem 2WD-Fahrzeug unterwegs, sondern auch für die geeigneten 4WD-Fahrzeuge nicht erreichbar, die Krokodilgefahr ist dort noch nicht gebannt bzw. auf ein überschaubares Maß gebracht. Es heißt, auch nach Freigabe einer Fahrt dorthin könne man nicht gefahrlos in den Gewässern an den Wasserfällen schwimmen.

Natürlich machten wir immer wieder Halt an großen zu überquerenden Gewässern, der Drang, nach dem Krokodil Ausschau zu halten, war immer noch sehr groß. An Stelle der gewünschten Riesenkrokodilexemplare sichtete Katrin jedoch ein nicht minder großes Exemplar eines Waran.

P1190217P1190215

Termitenhügel bestimmen immer wieder das Bild des Parks insbesondere für uns sichtbar dort, wo die Vegetation etwas offener ist. Manchmal stehen diese Türme in sehr dichter Folge rechts und links der Straße, ohne eine besondere Höhe zu erreichen, dann wieder haben die Fleißigen enorme Großbauwerke in die Ebene gesetzt, deren Bauformen sehr abwechslungsreich sind.

P1190207P1190203P1190200P1190234

Vertreter des bekanntesten australischen Wappentieres haben wir leider nur sporadisch zu Gesicht bekommen. Wahrscheinlich war es den Kängurus über die längste Zeit des Tages viel zu warm, um sich aus dem vielleicht kühleren Wald in Lichtungen zu bewegen, wo die Chance besteht, von uns Vorbeifahrenden entdeckt zu werden. Früh morgens sind die Erfolgsaussichten, wie generell bei Tierbeobachtungen, deutlich besser, denn Katrin erspähte, kaum hatten wir unseren Campingplatz verlassen, dieses Beuteltier, in sicherer Entfernung zur Straße wohl wartend, bis die Luft zum überqueren rein ist. Andere sahen wir in der Früh wie sie eiligst Gas gaben, sobald sie unser Näherkommen bemerkten.  Andere Tiere, die sogar noch leichter das Weite suchen können, fühlten sich hoch über uns sicher genug um sitzen zu bleiben.

P1190191P1190190

Eine lange Fahrtstrecke stand unter der Überschrift – der Wald brennt, denn immer wieder waren Teile des Grases und Unterholzes in Brand gesetzt worden und es brannte so vor sich hin. Dementsprechend dunkel dann auch der Himmel; bereits von Weitem erkennbar, wie stark hier gekokelt wird. Und manchmal schlugen die Flammen ganz schön hoch auf, die Resteverwerter warteten auf ihren Einsatz.

P1190221 P1190231P1190228

Das sich die Natur von diesen Bränden sehr schnell erholt, es oft schlimmer aussieht, als es der Fall ist, nicht alles, was schwarz ist, auch verbrannt ist, sahen wir bei einem kleinen Zwischenstop.

P1190235P1190236

Für uns stand dann bis zur Parkgrenze nur noch ein Ziel auf dem “Programm”, die Gunlom Falls, wo man auch gefahrlos schwimmen können soll. Ein Teil der Strecke ist nicht asphaltiert, jedoch für 2WD-Fahrzeuge passierbar. Als wir vom Kakadu Highway abbiegen weist uns ein Schild darauf hin, ein Überqueren des Koolpin Creek sei nur mit 4WD möglich, offenbar ist der Wasserstand auf der Furt zu hoch und unser Ziel für uns unerreichbar. Da bleibt uns nur nach kurzer Beratung noch das Ziel, an den Startort der Yurmikmik Walks zu fahren. Ach hätten wir uns doch anders entschieden. 21 Kilometer hinein in die Bergwelt auf einer Piste, die aus ununterbrochenem Waschbrett bestand; das hat Zeit ohne Ende gekostet, denn man kann ja nicht einfach darüber brausen, sondern bemüht sich, materialschonend zu fahren. Irgendwie kamen wir ans Ziel; diese Strecke wird nur sehr selten befahren, konnten wir feststellen. Der Aussichtspunkt (treffend Yurmikmikluk geheißen), in 1 1/2 Stunden zu erlaufen, brachte dann auch nicht die erhofften unwiderstehlichen Ausblicke, sondern Normalkost. Zumindest wurde man zum Bewegen gezwungen. Etwas mulmig war mir dann schon, direkt am Eingang zu der kurzen Wanderstrecke den obligaten Hinweis

P1190243

vorzufinden, quert man doch diverse kleine Bäche und durchläuft Feuchtgebiete, um die herum das Gras fast hüfthoch steht. Da kann sich allerhand verstecken. Ob das mein Tempo beeinflusst hat, ich weiß es nicht, auf jeden Fall war ich nach etwa einer dreiviertel Stunde von dieser 5-Kilometer-tour zurück. Katrin hatte die Zeit genutzt, um einer Gruppe von Schülern zuzuhören, mit ihnen zu sprechen, die hier mit ihren Lehrern für drei Tage die Natur hautnah erleben werden und mit Rucksack und Zelt bepackt in die Wildnis zogen.

P1190246P1190251P1190256

Nach dem Pistenausflug auf den Kakadu Highway zurückgekehrt, ohne das der Camper sämtliche Nieten und Schrauben verloren hatte, erreichten wir südlich fahrend sehr bald die Parkgrenze. Kaum waren wir in “freier Wildbahn”, trafen wir auf zwei Gesellen, die im Grunde nicht hierhin gehören, zwei aus Indonesien stammende bzw. von solchen abstammende Wasserbüffel, die uns aus sicherer Entfernung anglotzten.

P1190262

Im Park hatten wir einen Hinweis gelesen, daß diese Tiere auch aggressiv gegenüber Menschen reagieren, also Grund genug, Gas zu geben und so schnell wie möglich die noch vor uns liegenden 200 Kilometer hin zum Litchfield National Park hinter uns zu bringen. Rechtzeitig genug kamen wir an einem unmittelbar vor dem Parkeingang unseres morgigen Ziels liegenden Campingplatz an, der wunderschön in der Landschaft liegt, voller Bäume und Büsche ist. Nur einen aber wesentlichen Nachteil konnten wir am Abend feststellen – das Gebiet ist fest in Mückenhand. Wir spürten es, denn die Blutsauger fielen über uns her, was den abendlichen Aufenthalt in der schönen Natur deutlich verkürzte und uns in den Camper zwang.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert