Mary River National Park

Am 23.5. sitzen wir im Dunkeln vor unserem Camper, erwehren uns, auch mit Hilfe der Chemieindustrie, der Mückenattacken, und schauen fasziniert und begeistert hinauf zum Himmel der klar ist und voller Sterne leuchtet. Um uns herum weitestgehend Stille, die Bäume rauschen sanft, sonst Ruhe; zwei Camperinnen hatten ein kleines Lagerfeuer an ihrem letzten Urlaubstag angezündet, das Rot der Glut schimmert. Wenn die Mücken nicht wären, es wäre ein paradiesischer Zustand hier im Mary River Wilderness Retreat. Wir campen etwa 100 Meter vom Mary River entfernt. Etwas mulmig ist Katrin, denn der Fluß soll die größte Krokodildichte hier im Norden besitzen, wovon wir aber bei unserer spätnachmittäglichen 2-stündigen Bootsfahrt auf dem Fluß nicht unbedingt überzeugt wurden. Die Betreiber der Loge, Cabins und des Campingplatzes werden es schon richtig einschätzen, beruhigen wir uns, nehmen aber im Dunkeln dennoch unsere Taschenlampe auf dem Weg zur zentralen Sanitäranlage mit, man weiß ja nie, und im übrigen, sagte unser Bootsführer, habe die Zahl der Schlangen hier zugenommen. Wie beruhigend. Dennoch, dieser Tag klang sehr schön aus, nachdem er rumpelig begonnen hatte.

Am Beginn einer mehrtägigen Rundreise steht wie immer die Übernahme unseres Campers, eine Routineangelegenheit. Wir hatten erfahren, man könne auch mit dem ÖPNV dorthin gelangen und waren früh vor 09:00 Uhr an einer Haltestelle der Linie, die unmittelbar am Zielort vorbeifährt. Leider waren wir gut 10 Minuten zu spät dran, die Buslinie verkehrt nur stündlich, was für uns Warten bedeutet. Und so verstrich der Vormittag mit Busfahrt, Übergabeprozedur, Einkaufen, Infos zum Kakadu Nationalpark im  zentralen Tourismusbüro besorgen, die Rücksäcke in der JuHe abholen, und, da inzwischen Mittag war und die Mägen sich meldeten, Mittagessen gehen. So starteten wir deutlich später als ich es mir vorgestellt hatte nach Osten in Richtung Kakadu NP. Das war nicht das einzige Manko des Tages, wir starteten auch ohne einen konkreten Plan, was wir uns überhaupt ansehen wollten. Rückblickend nicht die schlechteste Entscheidung, denn angesichts der Temperaturen, die der Tag mit sich brachte, hätten wir geplante Wanderungen sofort gestrichen. Nachdem wir bei einem kurzen Halt uns auf die Grundzüge des Tages und die möglichen Zwischenziele/Orte verständigt hatten, rollten wir, zuerst den Stuart Highway gen Süden, später ging es nach Osten auf dem Arnhem Highway. Die bislang seltene Bekanntschaft mit den sogenannten “Road Trains” wurde hier zur Dauerbekanntschaft. Schon aus Darwin heraus drängten die aus vier Anhängern und deutlich mehr als 50 Meter Länge aufweisenden LKW-Riesen mit Tempo 100 hinter uns her, überholten, sobald es nur möglich war. Da hieß es, respektvollen Abstand halten. Erstaunlich, wie diese Langzüge es überhaupt schaffen, in einer Großstadt durch den Verkehr zu kommen, wie sie die zahlreichen Kreisverkehre meistern, denn ich konnte einmal einen  Zug beim Abbiegen beobachten, bei dem das Manöver nur gelang, weil er über die Gegenfahrbahn auf eine zweispurige Straße einbiegen konnte. Während der Fahrt auf dem Arnhem Highway begegneten uns dann nur noch Züge mit drei Anhängern.

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Daß wir uns im Krokodilland bewegen war klar; im Gegensatz zu Queensland gilt hier, nur dort, wo ausdrücklich eine Krokodilfreiheit angezeigt wird, besteht diese, d.h. nicht an allen Gewässern befinden sich wie in Queensland Warnschilder – die Krokodile sind halt überall zu finden und man hat entsprechend vorsichtig und umsichtig sich zu verhalten.

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Also sind solche putzigen kleinen Weiher ebenso mit Vorsicht zu genießen wie der große Adelaide River, den wir überquerten.

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An diesem Fluß haben sich zahlreiche Anbieter von Krokodiltouren angesiedelt, zu denen aus Darwin die Gäste herangekarrt werden um zu sehen, wie angefütterte Salzwasserkrokodile sich aus dem Fluß herausstrecken, um an das hingereichte Futter zu gelangen – natürlich nicht mit der Hand serviert, sondern aus sicherer Entfernung mit einer an einer Stange befestigten Leine, wie z.B. bei “Jumping Croc Cruise”. Ob man auf dieser Fahrt noch Krokodile in ihrem natürlichen Umfeld und ihren normalen Jagd- und Freßinstinkten folgend zu Gesicht bekommt? Wir wissen es nicht, halten jedoch das Anfüttern, um der Sensationsgier mancher Reisender entgegen zu kommen für völlig falsch, prägt sich im Gehirn des Reptils ein, Mensch = Futter und wenn kein Futter, dann eben Mensch, obgleich normalerweise der Mensch nicht in das Beuteschema normaler Krokodile fällt, heißt es.

Aber auf einem der zahlreichen durch die Wetlands Richtung Meer fließenden Flüsse mit einem Boot zu fahren, konnten wir uns gut vorstellen. Da traf es sich gut, als wir am Straßenrand eine große Tafel sahen, auf der für Wetland Cruises auf dem Corroboree Billabong geworben wurde; die dort angegebene Zeit passte gut in unsere Zeitplanung, also bogen wir ab, um mehr als 20 Kilometer weitgehend auf einer roten Sandpiste zur Abfahrtstelle zu fahren. Dort die erste Pleite des Tages, denn hier am Abfahrtsort wurden neue Zeiten genannt, und zwar erst wieder für den Abend, für uns zu spät und drei Stunden Warterei war uns nach dem Erlebnis des gestrigen Tages auf dem Flughafen dann auch zu fett. Also zurück zum Highway.

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Weiter gen Osten, das nächste Ziel ist der Mary River National Park. Ein Hinweis an der Straße forderte uns quasi auf, zu einem Bird Billabong, also einem Wasserloch, abzubiegen, an dem zahlreiche Vögel zu beobachten sind. Dieser Anregung folgten wir durch den Wald und über die übliche Piste, die nach einer Reihe von Kilometern auch an einem Parkplatz endete, Ausgangspunkt einer einstündigen Wanderung zu dem Billabong. Schön, wenn man erst hier darüber informiert wird, daß der Weg wegen der derzeitigen Wasserstände unpassierbar ist (!), wobei ich nicht ausschließen will, daß man diese Information auch in der Touristeninfo in Darwin hätte bekommen können.  Aber wußten wir da schon, daß wir hier abbiegen werden? Ein weiteres Schild im Park wies auf einen Flußzugang hin, der dann unser alternatives Ziel wurde. Nun, durch den Wald konnte man den Fluß sehen, ein Weg führte auch an diesem entlang. Dieser sah jedoch nicht so aus, als ob er häufig genutzt würde. Da auch die Regel gilt, wenigstens 5 Meter Abstand von der Uferböschung wegen der dort u.U. lauernden Krokodile einzuhalten, war ein Nähern oder Entlanglaufen praktisch nicht möglich. Selbst eine Annäherung auf 10 Meter wurde von Katrin mit heftigen Warnungen begleitet. So blieb dann nur noch ein kurzes Stück einen Waldweg, sicherer Abstand zum Ufer (!), zu gehen, der jedoch bald im Nichts endete. Bereits auf dem Rückweg sahen wir dann unser erstes Känguru im nördlichen Teil des Northern Territory, wie es durch die Gegend hoppelte, um dann für einen Augenblick inne zu halten, Gelegenheit, den Fotoapparat zu benutzen.

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Also hatte Pleite Nummer drei irgendwie doch noch ein gutes Ende für uns gebracht. Dieser Kängurubegegnung folgten dann am Tag weitere, die aber eher unter die Überschrift fallen – Känguru wurde fast überfahren. Denn wie die kleinen Tierchen plötzlich aus dem Gebüsch auftauchend über den Highway hetzen und dabei natürlich die komplizierte Variante (wie schaffe ich es, zwischen zwei sich entgegenfahrenden Fahrzeugen ungehindert durchzuschlüpfen) wählen, ist für alle Beteiligten atemraubend. Wenige Sprünge bis zur Straßenmitte, das entgegen kommende Fahrzeug passieren lassen, hoffen, daß ich bremse, um dann hinter dem Fahrzeug und vor unserer Nase die letzten Sprünge an das rettende Ufer/Dickicht zu machen, ist eine tolle Zirkusnummer, die hoffentlich immer ein gutes Ende nimmt.

Für uns nahm der Tag ein tolles Ende, denn nachdem wir erkannt hatten, daß bis nach Jabiru nur noch zwei Campingplatzalternativen bestehen, bogen wir bei der ersten Möglichkeit ab und hatten die bestmögliche Wahl getroffen. Wir waren im Mary River Wilderness Retreat gelandet, wo in einer riesigen Parkanlage direkt am Mary River auch ein kleiner Campingplatz betrieben wird, der mit zu dem besten zählt, was wir bislang kennen gelernt haben und dazu noch Mitten in der Natur. Einfach toll.

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Die Krönung war, als wir beim Einchecken einen Hinweis sahen, um 16:45 Uhr sei eine Bootsfahrt auf dem Mary River möglich, und das für bescheidene 30 Dollar je Person. Da gab es nichts zu grübeln, da wurde sofort gebucht. Den Stellplatz belegt, den Camper an das Stromnetz angeschlossen und ab zur Anlegestelle. Zu sechst plus Kapitän stachen wir am Spätnachmittag in See und kamen nach zwei Stunden in der Dunkelheit zurück von einer schönen, ruhigen, unaufgeregten Fahrt, bei der wir nicht nur etlicher Kilometer den Mary River hinaufgefahren sind, bis der Wasserstand ein weiteres Vorankommen verhinderte, sondern dabei auch wenige Krokodile gesichtet hatten.

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Hier im Fluß, bei dem durch eine Sperre in der Nähe des Meeres verhindert wird, daß zu viel Salzwasser hineindringt, leben Frischwasser- und Salzwasserkrokodile meistens friedlich nebeneinander, zumindest so lange, wie für alle genügend Futter vorhanden ist. Auch hier hat jedes Krokodil sein Revier, das es sich erobern muß. Auf einer kleinen Sandbank im Fluß lagen zwei “freshies”/Süßwasserkrokodile, die durch uns aufgescheucht dann die Tiefe suchten. Sie wiesen keine atemberaubende Länge auf, können mit ihrem Wachstum auch nicht mit den Salzwasserkrokodilen  mithalten, denn was sind schon maximal drei Meter Körperlänge? Zudem sind diese Krokodile für den Menschen eigentlich ungefährlich, zumindest so lange, wie man diesen nicht zu nahe kommt.   

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Auf der Rückfahrt scheuchten wir noch ein Salzwasserkrokodil von seiner Ruheposition am Ufer auf; hier konnte man beobachten, wie schnell der Kerl zu Fuß unterwegs ist, als er die wenigen Meter bis zum Wasser rennen musste, um mit einem Hechtsprung im Fluß zu verschwinden, zu schnell für mich, um den ganzen Vorgang zu dokumentieren., ich habe nur die Eintauchphase – eindeutige Abzüge in der Ausführungsnote – erwischt.

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Unvorstellbar für uns, als unser Bootsführer erzählte, wie bei der letzten Regenzeit der Wasserstand mehr als 6 Meter über dem heutigen Niveau lag, so hoch, daß auch auf ihrer Anlage des Wasser bis an den BBQ-Bereich, der auf einer Anhöhe liegt, reichte. Heute eine Anekdote, damals ein Schrecken für Wanderer, denen auf einer kleinen Hängebrücke, die über einen in der Nähe gelegenen Billabong führt, auf dieser ein Krokodil entgegenblickte, ein Überbleibsel des Hochwassers, das es noch nicht bis in den Fluß zurück geschafft hat oder schaffen wollte. Von der Höhe des Wasserstande zeugten dann die in den oberen Ästen am Flußrand hängenden abgerissenen Äste oder die Baumteile, die nach wie vor direkt unter der Highwaybrücke wie festgeklebt hängen. Hierhin machten wir uns, immer die untergehende Sonne im Blick, zum Ende der Bootsfahrt auf den Weg

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– über unseren Weg schwammen dann zwei Salzwasserkrokodile, der erst nach größerer Annäherung an sie Leine zogen und auf Tauchstation gingen. Also hinsichtlich der Tierbeobachtung ein voller Erfolg, auch wenn das größte gesichtete Reptil heute nicht ganz vier Meter gemessen haben soll.

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Ein vollauf gelungener und ereignisreicher Tag war es dann doch noch geworden, der 23.5.

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