Das, was in der Überschrift nach Uluru zu lesen ist, soll der Name des Berges in der lokalen Sprache sein. Überprüfen können wir dies nicht, gehen aber davon aus, daß die Quelle, eine Information des Ayers Rock Resort, verlässlich ist. Wie Kata Tjuta hat auch der Uluru einmal anders geheißen; in den Köpfen der Welt hat sich sicherlich Ayers Rock festgesetzt, ein Name, den der Erstbesteiger des Felsens 1873, William Gosse, dem Felsen gegeben hatte, als Verbeugung vor dem damaligen Premierminister von South-Australia, Henry Ayers. Nun hat der Berg seinen ursprünglichen Namen zurück, den ihm die ursprünglichen/historischen und heutigen Besitzer, die Anangu gegeben haben : Uluru, Betonung auf der letzten Silbe, was auch oft vergessen wird. Der Uluru wie auch der gesamte ihn und Kata Tjuta umfassenden Nationalpark sind historisch Eigentum der Aborigines, die sich auf der Grundlage eines Gerichtsurteils, das den historischen Eigentümern unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit einräumte, geraubtes Land zurück zu erhalten, um die Rückübertragung ihres Besitzes jahrelang bemühten, bei Gericht jedoch unterlagen, da hier bereits ein Nationalpark bestand, der die Rückübertragung – vorerst – ausschloß. Schließlich fand man eine Lösung und setzte 1985 einen Trust der Anangu als Vertreter dieser Volksgruppe der Aborigines in den Besitzerstatus ein da man vereinbart hatte, diese werde im Gegenzug dieses Parkgrundstück sofort für 99 Jahre an die Bundesregierung verpachten. Heute arbeiten deshalb Vertreter des Staates und der Anangu in einem Vorstandsgremium der Parkverwaltung zusammen.
Eine der Bedingungen war auch, die Möglichkeit der Besteigung des Felsens weiterhin zuzulassen, was für die Aborigines ein großes Problem darstellt und es auch ist. Der Uluru ist ebenfalls ein heiliger Ort, hat für die Volksgruppen der Aborigines in der Umgebung eine hohe spirituelle und stammesgeschichtliche Bedeutung. Viele von uns an den Felsen festzustellende Landschaftsformen wie Vorsprung, Einkerbung, Höhle, Quelle, besondere Felsoberfläche, “Beschädigungen” des Berges etc. sind in der Vorstellung der Urbewohner des Kontinents mit dem Wirken sowohl der Schöpfer von Welt und Volk als auch ihrer direkten Vorfahren verbunden, deren Geist immer noch über dem Berg schwebt. Sie haben auch eine ganz besondere Interpretation, wie es zur Schaffung dieses Felsens und der Existenz ihres Volkes gekommen ist, alles eng mit dem Uluru verbunden. Insofern verständlich, wenn das Besteigen des in ihrer Mythologie hochstehenden Berges für die Anangu einen Tabubruch bedeutet. Besucher werden deshalb gebeten, von diesem Recht keinen Gebrauch zu machen.
Auf einer kleinen Wanderung mit einem Ranger am Morgen des 20.5. teilte dieser dann mit, aufgrund der rückläufigen Besteigerzahl sowie der oft witterungsbedingt erforderlichen Sperrung der Aufstiegsroute würde ab 2020 die Besteigung gänzlich und somit vorfristig unterbunden.
Auch am Fuße des Uluru gibt es heilige Orte, und zwar jeweils zwei für die initiierten Frauen sowie die initiierten Männer, zu dem nur diese Zutritt haben. Dem Wanderer rund um den Felsen ist der Zutritt untersagt, dafür sorgt zum einen die Wegführung, zum anderen der Bewuchs vor diesen heiligen Bezirken. Auch das Fotografieren dieser Bereiche sollte aus Respekt vor dem Glauben der Anangu unterbleiben.
Am Tage unserer Ankunft hatten wir bereits einmal vergeblich in der Nähe des Uluru auf einen schönen Sonnenuntergang gewartet, um den Berg in ein besonders warmes Licht getaucht betrachten zu können. Da es am frühen Abend des 19.5. nicht ganz ausgeschlossen werden konnte, heute bessere Bedingungen hierfür vorzufinden, fuhren wir gegen 17:30 wieder in den Park. Das für einen Besuch des NP zu erwerbende Ticket (25.- AUS-Dollar) hat eine dreitägige Gültigkeit, was so eine Entscheidung noch erleichtert. An dem bekannten Aussichtspunkt stand bereits eine Hundertschaft von PKWs, auf dem etwas abseits liegenden Parkplatz für Busse waren erkennbar auch viele Parkplätze belegt – und alle waren vergeblich hierher gefahren! Dennoch, auch ohne das preiswürdige Abendstimmungsfoto des Uluru war es ein Gewinn, diese Stimmung hier erlebt zu haben. Eine warme Farbe strahlt der Berg nicht nur dann aus, wenn die Sonne gerade die letzten Strahlen herüber schickt, nein, auch eine ganze Weile vorher wirkt der Berg nicht grau, sondern strahlt in seinem Grundton rot.
Einen Versuch war es wert, Zeit für einen dritten Versuch haben wir nicht mehr, denn nachdem wir Morgen am 20.5. noch einmal zum Sonnenaufgang vor Ort sein wollen, werden wir gegen Mittag zurück nach Alice Springs fahren müssen, die Campermietzeit läuft so langsam ab.
Wir haben aber ein Pech, nicht nur die Sonnenuntergänge fallen den Wolken zum Opfer, nein auch die Sonnenaufgänge geschehen zwar, aber das Bild, wie so langsam die Sonnenstrahlen am Berg herunterlaufen und ihn immer mehr in ein warmes leuchtendes Licht tauchen, um seine Farbe so richtig heraus zu kitzeln, wird uns nicht geschenkt. Schade, denn wir sind erneut ziemlich früh aus den Federn gekrochen und im doch erkennbar frischen Morgen gen Ziel auf der Ostseite des Uluru an den Talinguru Nyakunytjaku (Namen, die ich mir bei größter Anstrengung nicht merken kann, zum Glück gibt es Hinweisschilder, die ohne die vielen Vokale zeigen, wo es lang geht) zu fahren. The same procedure as every morning – mehr als hundert Mitwartende sind schon vor uns eingetroffen und minütlich werden es mehr. Manche schleppen riesige Ausrüstungskisten hinter sich her, andere hasten mit Apparat und Stativ durch die Gegend, um die bestmögliche Position zu ergattern, einige sind da ganz entspannt, halten ihr Handy in der Hand für eine Aufnahme bereit. Und so warten wir, die Sonne geht auf, aber das Bestrahlen des Uluru bleibt aus. Dennoch, die weitgehend ruhige Stimmung bei gespannter Erwartung, ob das vielleicht selten Erfolgende heute, endlich, einmal eintritt, ist ein besonderes Erlebnis. Wenig erkennbare Hektik, keine wahrnehmbare Enttäuschung; die Natur will es manchmal anders als es in unsere Pläne passt.
Sonnenaufgangszeit 07:17 Uhr, um 08:00 Uhr beginnt am Mala Parkplatz, der an der westlichen Seite des Berges liegt, eine Rangerführung mit einigen Erläuterungen, die wir uns nicht entgehen lassen wollen. Das hieß zügig fahren und auf ein geplantes Frühstück verzichten. Aber Zeit blieb noch, um zwei Dingos, die sich gerade am Straßenrand aus dem Staub machen wollten, näher anzusehen und zumindest teilweise auch zu fotografieren. Am frühen Morgen besteht für die jagenden Dingos wohl die beste Chance erfolgreich zu sein.
Auf der Rangerführung erfuhren wir einige Geschichten zu bestimmten Orten an einem Teil der Westseite des Uluru. Dort sind vor allem zahlreiche Höhlen entstanden, in der Wahrnehmung der Anangu durch deren Vorfahren, die zu bestimmten Zwecken genutzt wurden. Dabei gab es eine strikte Trennung zwischen den Männern und den Frauen, bei denen auch die Jungs bleiben mussten, die noch nicht das Initiierungsritual hinter sich gebracht hatten. Erst im Anschluß daran, sie waren dann ein Mann, konnten sie in die Männerhöhle umziehen und mit den Männern leben. Diese strenge räumliche Trennung führte dazu, daß das von den Frauen zubereitete Essen in die Männerhöhle gebracht werden musste. Es gab Höhlen für die “Rentner”, d.h. Stammesmitglieder, die aus welchem Grund auch immer nicht mehr in der Lage waren, ihren täglichen Beitrag z.B. bei der Jagd zu leisten, meistens waren es sehr alte Anangu. Unser Ranger berichtete, daß diese einen besonders wichtigen Beitrag für das Überleben des Stammes leisteten, sie waren quasi die Vorkoster neu gefundener für essbar gehaltene Nahrungsmittel, Wurzeln, Früchte, Blätter etc. Ihr Überleben nach Verkostung signalisierte dem Stamm die Essbarkeit, ein wichtiger Dienst, der manchmal mit dem Leben bezahlt wurde, wobei zu diesem Zeitpunkt der größte Teil des verfügbaren Lebens bereits gelebt,war. Wir wurden auch an eine Höhle geführt, die als eine Art Schule diente. Hier wurden die Heranwachsenden in die Geschichte des Volkes, die Mythologie, die Jagd etc. eingewiesen. Einige für uns Außenstehende nicht interpretierbare Felszeichnungen sollen dies belegen. Wasser ist heilig und nicht nur für die Anangu überlebensnotwendig. Zu wissen, wo es eine Quelle gibt heißt überleben. Dementsprechend wertgeschätzt wird auch jede Quelle, deren Verunreinigung ein Frevel ist. An eine solche Quelle, ein Tümpel, der aus Felswasser gespeist wird, wurden wir zum Abschluß des kurzen Spaziergangs geführt; sie liegt in der Kantju Gorge.
Auf dieser kurzen Wegstrecke machten wir dann auch Bekanntschaft mit den Hinweisschildern auf heilige nicht zu fotografierende Orte; der Bitte dies zu respektieren, sind wir natürlich gefolgt.
Anschließend begaben wir uns auf den “Base Walk”, der uns auf etwas mehr als 10 Kilometern in oft respektvollem Abstand um den Uluru herumführt.
Auf dieser Strecke konnten man mehr als deutlich sehen, daß der Uluru nicht, wie aus der Entfernung vielleicht zu vermuten, eine ziemlich kompakte nahezu einheitliche Form hat, sondern sehr vielfältig gestaltet ist, immer wieder tiefe Einschnitte aufweist, große Bergabbrüche seine Flanken “verletzt” haben, das Wasser sich seine Bahn gesucht und gefunden hat, dabei an vielen Stellen den Stein unterhöhlte, so daß Abbrüche entstanden sind, die interessante Formen haben entstehen lassen, Wasserlöcher in den Berg gefräst wurden, die Wasserkaskaden hinab ermöglichen – wenn denn mal Wasser vorhanden ist.
Nicht nur am Mutitjulu Wasserloch gab es Vogelstimmen zu hören, denn am Fuße des Uluru wächst manchmal eine sehr dicht und hoch geratene Buschsteppe, die insbesondere dort dicht und hoch war, wo der Besucher von einem Ort ferngehalten werden und keinen Blick auf die Felsformationen werfen soll. Diese Vögel, seien es Finken oder nicht, waren in der Regel viel zu unruhig und schnell, als daß man sie mit dem Objektiv einfangen konnte. In einer in der Nähe befindlichen Höhle waren wieder einige Felszeichnungen erkennbar, Bedeutung – keine Ahnung und nirgendwo Erklärungen gefunden. Erstaunt sind wir jedoch darüber, nicht ausschließlich nicht gegenständliche Zeichnungen zu sehen, sondern mit der Hand etwas sehr Gegenständliches.
Immer wieder brachte ein Blick nach oben einen neuen Eindruck, entweder hatten sich Pflanzen an unmöglichen Stellen festgekrallt, die Natur sprich Erosion einen ästhetischen Gegenstand erzeugt, Wasser den Fels auf interessante Weise gestaltet.
Langweilig wurde uns auf unserem Rundweg nicht, auch wenn nach den 10,5 Kilometern, mit einigen Zugaben auch mehr, am späten Vormittag nicht nur der Magen wegen des fehlenden Frühstücks sich mit Macht meldete, sondern auch so langsam die Gehwerkzeuge eine Pause einforderten. Da passte es, daß der Camper ja am Ende der Rundtour stand und eine Verpflegung möglich war. So hatten wir Gelegenheit, noch eine ganze Weile auf den Uluru zu schauen,
bevor wir den Motor anlassen mussten und ihn bis in Alice Springs knapp sechs Stunden später und rund 500 Kilometer weiter wieder ausmachten. Hin und wieder gibt es Hinweisschilder auf Kängurus, gesehen haben wir jedoch keines. Die kleinen roten Kängurus hier aus der Region verschwunden – wir wollen es nicht glauben. Der Gegenverkehr ebbt ab; je weiter wir uns vom Uluru entfernen, desto seltener treffen wir auf ein Fahrzeug, wollen doch alle bis Sonnenuntergang möglichst vor Ort sein. So reduzierte sich das lässige Handheben zur Begrüßung eines jeden entgegenkommenden Fahrzeuges fast auf Null, als wir auf den Stuart Highway für die letzten 200 Kilometer nach Alice Springs einbogen. Offensichtlich, wir haben die Begrüßung auch erst hier wieder “neu” gelernt, wünscht im Outback jeder jedem eine gute Fahrt und ein Ankommen am Ziel, diesen Wünschen haben wir uns gerne angeschlossen.
Die Fahrt durch bekanntes Terrain, langweilig, lediglich beim Passieren des Mount Conner wurde besonders aufgemerkt und verglichen – ja, dieser Berg ist wirklich nicht nur größer, sondern aus der Ferne betrachtet wirklich interessant.
Für einige Autofahrer muß die Strecke reifenmordend sein, wie eine “Plastik” am Straßenrand deutlich machte.
Wir kamen ohne Panne – wie die gesamte Reise bislang – in Alice Springs auf unserem früheren Campingplatz noch vor Toresschluß trotz Schnelleinkauf an. Morgen heißt es dann wieder einmal die Rucksäcke packen, den Camper aufräumen und ihn abgeben. Für einen Tag bleiben wir in Alice Springs, bevor wir auf bequemem Weg, d.h. mit dem Flugzeug nach Darwin zu unserer letzten Australienetappe weiter reisen.