Wir haben, damit wir den Weg zurück nach Hause finden, einen Kompass zum Abschied geschenkt bekommen, der uns am 30.5. dann die Richtung vorgibt : Kurs Nordwest.
Die vor mehr als einem Jahr für die Rückreise zu einem späteren Zeitpunkt vorgesehene Routenführung von Darwin aus ohne Rückflüge innerhalb Australiens war leider aktuell bei unserem Rückflugzeitfenster nicht mehr machbar. Unser Reisebüro, Colibri-Reisen in Offenburg, hat dann aber eine Lösung gefunden, die zwar mit Umwegen verbunden war, uns aber in noch soeben akzeptabler Zeit nach Hause brachte. Daher : zuerst Kurs Nordost, dann Nordwest.
Ursprünglich war in Thailand ein Zwischenstop geplant um die Möglichkeit zu haben, dort bei Bedarf noch einige Tage die Beine im warmen Wasser ausstrecken zu können, Ferien zu genießen. Zu Gunsten einer schnelleren Heimkehr verabschiedeten wir uns bald von diesem Abstecher; da zum Zeitpunkt unserer Rückreise dort auch wieder einmal politische Unruhen herrschten, die die australische Regierung veranlasste für ihre Bürger eine Reisewarnung auszusprechen, hätten wir diesen Plan auch nicht mehr umsetzen können. So war es gut, diesen Zwischenstop gestrichen zu haben. Von Darwin aus geht es in einige Teile der Welt, diese liegen jedoch meist irgendwo im Nordosten und bringen uns nicht näher an Deutschland heran. So lernten wir den australischen Kontinent in seiner Nord-Südost- sowie Nordost-Ausdehnung von oben kennen, denn von Darwin ging es erst einmal Mitten in der Nacht zurück auf Null, d.h. nach Sydney (fast 4 Stunden Flugzeit), um dann am frühen Nachmittag, nach fast siebenstündigem Aufenthalt, weiter nach Kuala Lumpur (KL) zu fliegen (9 Stunden Flugdauer). Fünf Stunden nach dem Start in Sydney sahen wir dann das erste Mal wieder das Meer unter uns, so lange flogen wir über den Kontinent mit über 900 km/h, was dessen Größe auch irgendwie veranschaulicht. Dieser Umweg verlängerte unsere Flugzeit in die Heimat um sicherlich sieben oder mehr Stunden. Passagiere lassen sich von dem Unglück einer Malaysian Air Maschine nicht abschrecken, die Fluglinie zu nutzen, wir auch nicht; erkennbar waren lediglich noch intensivere Sicherheitschecks bei der Personalüberprüfung. KL ist zwar eine riesige Stadt mit imponierenden Wolkenkratzern, sein Flughafen jedoch erschien uns als einer der kleineren und wenig attraktiven seiner Art, dem sonstigen Bild der Stadt nicht unbedingt entsprechend. Müde kamen wir dort am Abend an, um Mitternacht ging es weiter. Zum Glück ergatterten wir zwei der wenigen Sitzplätze und konnten hin und wieder etwas dösen, denn zu dem Zeitpunkt waren wir bereits gut 38 Stunden auf den Beinen. Nach nur (!) drei Stunden Aufenthalt in KL ging es dann auf die letzte Flugetappe nach Frankfurt (12 Stunden Flugzeit). Was so nüchtern klingt ging uns während dieser sich über zwei Tage hinziehenden Rückreise ganz schön auf die Nerven; das stundenlange Fliegen, zwar von dem Bordpersonal gut betreut, ausreichend ansprechende Filme zur Unterhaltung verfügbar, war nicht nur eintönig und langweilig, wir fühlten uns eingesperrt, unserem Bewegungsdrang konnten wir natürlich hier nicht nachgeben, stundenlanges Sitzen und die Zeit vergeht einfach nicht (woher stammt nur der Spruch “die Zeit vergeht wie im Flug”?). In Flugzeugsitzen zu schlafen haben wir leider noch nicht gelernt, hin und wieder fielen die Augen zu, die unbequeme Sitzposition verhinderte jedoch ein längeres Einnicken. Derartig lange Transferzeiten machen Reiseziele fernab der Heimat zur Tortur, verleiden das Reisen, zumindest dann, wenn man gerade unterwegs ist. Später, wohlbehalten angekommen, relativiert sich das. Man möchte schneller an sein Ziel kommen, weiß aber, welch lange Wegstrecke dazu überwunden werden muß und fügt sich in sein Schicksal. So auch wir, irgendwie gingen die zwei Reisetage vorüber und wir kamen in Frankfurt sogar nahezu pünktlich nach einer Schlußetappe von 12.000 Kilometern gegen sieben Uhr morgens an. Natürlich spürten wir die Müdigkeit in allen Knochen und im Hirn, aber die Euphorie, bald ganz zu Hause zu sein, verleiht Energie, andere würden sagen Flügel, was schön gewesen wäre, denn dann hätten wir nicht noch drei Stunden auf unseren Zug in Richtung Vaihingen/Enz warten müssen. Auch diese Zeit vergeht, insbesondere, wenn man nach mehr als 9 Monaten endlich wieder eine vernünftige deutsche Tageszeitung in der Hand hält, die lang vermisste SZ, um sie bzw. die enthaltenen Informationen zu verschlingen. Mit jeder Minute, die der Zug dann sich Vaihingen näherte, insbesondere nachdem wir in Stuttgart umgestiegen waren, stieg die Vorfreude auf ein heimatliches Mittagessen, das Wiedersehen mit der Familie.
Ulrike, Lotta und Tom warteten dann auf uns, es war, als ob wir nur kurz weg gewesen waren, alles wie immer, nur die Kinder haben erkennbar an Größe zugelegt. Schön war es, wieder anzukommen,
man sieht uns die Freude und weniger die Müdigkeit an, das Wetter trug auch dazu bei, daß wir keine Trübsal blasen mussten, denn der strahlende Sonnenschein passte hervorragend zu unserer inneren Stimmung.
Da schloß sich der Kreis unserer langen Reise, Ulrike hatte uns am 24.8.2013 zum Bahnhof gebracht, die Sonne schien, Ulrike holte uns bei Sonnenschein am 31.5.2014 hier wieder ab. Abgefahren, unbeschadet und mit tausenden Eindrücken wieder angekommen, was will man mehr erreichen in der Zeit? Der Kopf ist voll, wird nach der langen Reise und unseren Erlebnissen gefragt, wissen wir manchmal nicht, womit zuerst beginnen, es muß noch einiges sortiert werden, wir müssen zur Ruhe kommen, um ein Fazit dieser Zeit ziehen zu können.
Was stellten wir zu Hause fest : hier ist wenig passiert, alles beim alten, selbst unsere Wohnung sieht nicht so aus, als wenn wir über so lange Zeit fort gewesen wären. Überall ein sehr herzlicher Empfang, Thomas überrascht uns mit einem frisch gebackenen Brot – und das bei dem Streß mit den Abiprüfungen –, Ruth hat lecker gekocht und dabei mit Brigitte keine Zeit mehr gefunden, das Willkommensplakat bei uns an der Tür zu befestigen, wir freuen uns riesig, die ganze Familie in den Arm nehmen zu können, werden mit großer Freude von unseren Nachbarn Elke und Mechthild und Michael und Hülya fest gedrückt und ausgefragt. Es ist schön, wieder daheim zu sein und nach vielen Monaten wieder einmal im eigenen Bett schlafen zu können. Es wird noch einige Zeit dauern, bis wir so richtig angekommen sind. Wir hoffen, die jetzt zu regelnden Dinge (Auto anmelden, durch den TÜV bringen, Telefon anmelden, liegen gebliebene Korrespondenz etc. abzuarbeiten, Wohnung und Garten weiter in Schuß zu bringen und vieles mehr), nicht dazu führt, die auf der Reise gelernte Gelassenheit und Ruhe allzu schnell aufzugeben.