Auf dem Rückweg Richtung Santiago –ein Besuch im südlichen Teil des chilenischen Seengebietes

Der Kilometerstand heute beim Tanken in Ushuaia war 58.710; von heute an, den 19.12., ist die grobe Fahrtrichtung wieder Nord. Wir haben noch fast 20 Tage bis zu unserem Weiterflug auf die Osterinsel von Santiago aus und es gibt noch einige interessante Regionen insbesondere auf chilenischer Seite, die wir auf unserer sich langsam vollziehenden Rückreise besuchen wollen. Doch davor steht erst einmal Kilometerschruppen, denn bis Bariloche, wohin wir zügig fahren wollen, sind es gute 2.200 Kilometer. Diesmal wollen wir uns nicht auf unser Glück bei der Quartiersuche verlassen und haben  im Vorfeld uns um die Übernachtungen in Rio Gallegos, Perito Moreno und Bariloche gekümmert.  Nur von Perito Moreno kam keine brauchbare Bestätigung, so daß die Route leicht umgeplant werden musste. Nun wird es nicht ein elend langes Stück über die berüchtigte RN40 mit in die hunderte Kilometer gehenden Schotterstreckenabschnitten gehen, sondern über die RN 3 nach Comodore Rivadavia am Atlantik, also küsteaufwärts, um von dort Richtung Bariloche das Land zu queren. Wenn die Straßenkarte die tatsächlichen Straßenverhältnisse richtig wiedergibt, reisen wir auf einem Asphaltband, was bequemer ist und uns auch schneller voran bringt.

In Ushuaia sind wir bei Nieselregen und sehr bedecktem Himmel angekommen, ein Wetter, das leider auch in den beiden Folgetagen dominiert hat. Welch ein Unterschied heute – strahlender Sonnenschein, alle Berge  frei sichtbar, auch die in der Ferne auszumachende Darwin-Kordillere mit ihrer Schneeauflage glänzte im Sonnenlicht. Eigentlich kein Tag zur Abreise, sondern um vor Ort etwas zu unternehmen. Ushuaia hatten wir jedoch nicht als die Stadt kennen gelernt, in der es sich lange zu bleiben lohnt. Dann doch lieber die Zeit in einer uns mehr zusagenden Region wir z.B. dem chilenischen Seengebiet verbringen.

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Das außergewöhnlich gute Vormittagswetter gab uns auf der Rückfahrt die Gelegenheit, immer wieder einen Blick auf die eigentlich sehr niedrigen Küstenberge zu werfen, die, meistens schroff  und zackig, immer wieder auch in Teilen schneebedeckt, uns eine ganze Strecke lang begleiteten. Trotz der geringen Höhe  von rund 1.500m scheinen im Winter hier die Schneeverhältnisse so gut zu sein, daß nicht nur am Rande von Ushuaia eine  Liftanlage besteht, sondern an diversen Orten im Tal  des Rio Lasifasnei ebenfalls “Aufstiegshilfen” entstanden und kleinere Wintersportörtchen im Aufbau begriffen sind. Und alle Berghänge waren mit der hier dominierenden Südbuche bewaldet; erst ab etwa 600m war dann der nackte Fels zu sehen. Oft ein Bild, das uns auch an das eine oder andere Alpental erinnerte.

In einem Reiseführer war ein Abstecher zur Estancia Haberton, am Beagle-Kanal gelegen, als lohnenswert  beschrieben worden, insbesondere die Fahrt durch den dichten Lengawald im Tal wurde dabei hervorgehoben. Wir glaubten, gut in der Zeit zu sein, denn heute standen nur etwas mehr als 600 Kilometer und eine Fährfahrt auf dem Programm und bogen auf die Straße “J” ab. Anfangs war dieser Abstecher eine Enttäuschung, da nur spärlicher Wald, dafür um so mehr gerodeten Land zu sehen war. Nach wenigen Kilometern jedoch fuhren wir durch den als ursprünglich beschriebenen Wald. Da unsere Fahrt wegbedingt sehr gemächlich erfolgen mußte, konnten wir in aller Ruhe aufnehmen, was so rechts und links des Weges sich im Wald verbarg – zahlreiche kleine Gehöfte versteckten sich hier, oft befanden sich die kleinen Holzhäuser in einem bemitleidenswürdigen Zustand. Dennoch, hier lebten Menschen und halten wohl ihre Schafe auf den im Umland geschaffenen Weideflächen. Dann erreichten wir die Laguna Victorio, ein kleiner See, der friedlich vor uns lag, mit sehr klarem aber eiskaltem Wasser. Idyllisch und ruhig war es hier, ein guter Platz, wenn man ungestört und in Frieden sein Zelt aufschlagen möchte. Da bedeutsame neue Eindrücke von einer weiteren Fahrt in Richtung Beagle-Kanal nicht zu erwarten waren, kehrten wir auf die Hauptstraße zurück.

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Hier war dann auch richtiger Verkehr. Zahlreiche Reisebusse karren ihre Passagiere, die erkennbar  mit einem Schiff am Morgen angelandet waren, zu einem der auch vor uns liegenden Höhepunkte, nach dem Passieren des kleinen Lago Escondido den Lago Fagnano und dem von einem Aussichtspunkt in der Ferne noch auszumachenden Lago Yehuin. Dieser Lago Fagnano, tief unter uns so ruhig daliegend, von Bergen und Wald umgeben, war ein imposantes Bild, zumal dieser See sich dem Betrachter nur mit einem Teil seiner insgesamt gut 60 Kilometer messenden Länge darbot. Während die auf Landgang befindlichen Schiffstouristen anschließend wieder in Richtung Ushuaia zurück fahren mussten, durften wir einen guten Teil entlang des Sees weiter fahren, denn die Straße verlief dauerhaft an seinem Ufer entlang und gab uns unterschiedliche Blicke auf den, so weit erkennbar, von keinem Schiff befahrenen See frei.

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Auch jetzt noch, gut 120 Kilometer hinter Ushuaia  dichter Wald, soweit wir blicken konnten. Bei genauerer Betrachtung fiel jedoch auf, daß hin und wieder einige deutlich größere aber abgestorbene Baumstämme aus der grünen Masse hervorragten. Wir zogen daraus die Schlußfolgerung, der ursprüngliche Wald war bereits – zumindest – einmal einem Einschlag zum Opfer gefallen, was wir sahen, war die neue Baumgeneration. Wie zum Beweis, daß in dieser Region Feuerlands die Holzwirtschaft eine besondere Rolle spielt, sahen wir dann in Tolhuin, am Ende des Lago Fagnano gelegen, eine Großsägerei, in der die Baumstämme verwertet wurden; auch zwei Holzkohlenmeiler gehörten zu dieser Anlage.

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Keine Antwort konnten wir auf die Frage finden, weshalb auch in höheren  Regionen auf großen Flächen ein Waldsterben erfolgte; bei den abgestorbenen Bäumen in Bachnähe  hingegen könnte die Vermutung, sie hätten zu lange im Wasser gestanden, da durch den Bau von Dämmen durch die hier ausgesetzten und sich in Massen vermehrten Biber die aufgestauten Bäche und Flüsse Riesenflächen unter Wasser gesetzt haben, mit den entsprechenden Auswirkungen für den Bewuchs, in die richtige Richtung deuten. Entsprechende Hinweise auf die Biberplage und die diversen Versuche, dieses Problem zu lösen, wurde in den Reiseführern verschiedentlich berichtet. An anderer Stelle war erkennbar, daß in manchen Talniederungen auch  Moorland war.

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Nach etwa 200 Kilometern war es dann mit dem grünen Vorhang rechts und links endgültig vorbei, nachdem bereits so nach und nach immer größere Flächen zur Schaffung von Weideland, ohne das wir eine nennenswerte Beweidung feststellen konnten, gerodet worden war.

Dann erreichten wir auch wieder den Atlantik, an dem entlang  wir nun bis hinauf nach San Sebastian/Argentinien in geringem oder größeren Abstand in Richtung Norden fuhren. Eine relativ zügige Abfertigung an beiden Grenzen und wir waren wieder auf Schotterpiste in Chile unterwegs. Unser nächstes Zwischenziel ist die Fähre in Bahia Azul, um auf das Festland überzusetzen. War doch das Fahren entlang von Wäldern und Seen eine Erholung, die Strecke bis zum Hafen bot hingegen kaum eine Abwechslung, einzig die ab und an am Rande sichtbaren Guanakos, manchmal zahlreicher vertreten als das eigentliche Nutztier der Region, das Schaf, sorgte für Abwechslung für Auge und Gehirn. Dann sichteten wir noch in der Nähe unseres Hafens eine kleine Gruppe Lamas, ungeschoren, sowie später die bereits des Winterkleides beraubten Artgenossen. Die Tiere ließen sich durch unsere Annäherung kaum aus der Ruhe bringen, waren sie doch den Menschen gewohnt. Auch das Bild des Cowboys hat sich wohl gewandelt, denn wir sahen zwei Männer auf Quads fahrend eine Schafherde zusammentreiben, natürlich mit Unterstützung der Hütehunde!

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Die Fährfahrt verlief ruhig und planmäßig, wenn davon abgesehen wird, das vor den PKWs eine Fähre die sich aufgestauten LKWs nach Puerto Delgado beförderte. Auf den nach dem Verlassen des Schiffes anstehenden etwas über 100 Kilometern bis zur argentinischen  Grenze wurden die Wagen gefordert was das Zeuge hielt, zumindest von den Argentiniern. Die wußten wohl, was uns dort erwartete – lange Warteschlangen, die sich immer dann spürbar verlängerten, wenn die mit einer Fähre Übergesetzten ankamen. Auf der Fähre weit vorne sahen wir uns an der Grenze weit hinten und durften gut 1 1/4  Stunden warten, bis wir alle 4 Stationen der Grenzprozedur durchlaufen hatten. An diesem Ort arbeiten chilenische und argentinische Grenzer, für uns das erste Mal, zusammen; von einem Hand in Hand Arbeiten, auch organisatorisch ersichtlich, bemerkten wir wenig, nur unnötige Bürokratie und Mehrfacharbeiten. Worin der Sinn dieser getrennt-gemeinsamen Abfertigung bestehen soll, konnten wir nicht so richtig erschließen. Und direkt hinter der Grenze das wohl obligate Schild auf dem aller Welt mitgeteilt wird, die Malvinas (vulgo Falklandinseln) sind Bestandteil des argentinischen Hoheitsgebietes. Hierzu und weiteren Merkwürdigkeiten wird später einmal gesondert berichtet.

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Eine gute Stunde später fuhren wir dann gut nach 21:00 Uhr in Rio Gallegos ein und waren froh, eine bestätigte Unterkunft ansteuern zu können. Uns war zwar bekannt, daß diese Herberge nicht überragend bewertet worden ist, aber das es mit der Sauberkeit und dem Zimmerzustand so schlecht steht, hatten wir nicht erwartet. Für eine Nacht “freundeten” wir uns mehr oder weniger mit dem Vorgefundenen an. Dauerhaft werden wir jedoch nicht in derartigen Quartieren unterkommen (wollen). Und wie immer gestaltete sich das Essenfassen am späten Abend schwerer als gedacht – zum Glück fanden wir dann doch noch eine Gelegenheit, unser Riesenhunger zu stillen.

Am 20.12. stand  der 800 Kilometerritt nach Comodore Rivadavia an. Die Straßen zogen sich, wenn nur irgendmöglich, fast schnurgerade durch das Land. Die Landschaftkontur – sie wechselt zwischen potteben, fast eben, etwas hügelig, also weiter und weitester Blick in die Ferne/Zukunft. Vegetation bietet auch keine oder  nur geringe Abwechslung, Grasbüschel in dichter Form eher braun oder beige, vertrocknet, Büschel in lockerer Anordnung und hin und wieder auch kleinste Sträucher. Wenn man sich bückt und ganz knapp über die Vegetation hinwegblickt könnte man meinen, in der heimischen Lüneburger Heide zu sein. Doch bald wird klar, die Heide hat man nach 100 Kilometern bereits hinter sich gelassen, hier geht es, zumindest heute, sieben Mal weiter und : die Heidefläche wird durch kleine Wälder, Büsche und Haine unterbrochen, ist abwechslungsreich, hier sorgen allenfalls die immer wieder entlang der Straße sichtbaren Guanakos, als Einzel-, Gruppentier oder in einer kleinen Herde sowie ab und an Nandus für etwas eine echte Abwechslung. Es zieht sich endlos,Ortschaften weitgehend Fehlanzeige, Flüsse selten überquert, Tankstellen im 300 Kilometerabstand, Möglichkeiten, einen Imbiß zu bekommen ebenfalls in dieser Häufigkeit. Mit knurrendem Magen nähern wir uns unserem Tagesziel.

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Dann, etwa 80 Kilometer vor Comodore Rivadavia, rechter Hand am Horizont das blaue Meer, der Atlantik läßt grüßen, endlich etwas Abwechslung auf der Fahrt. Anfangs begleitet es uns in respektvollem Abstand oder besser, die Straße hält diesen ein, verständlich, wenn man sieht, welche Landabbrüche durch den Ozean verursacht worden sind. Dann plötzlich gab es eine Möglichkeit, Richtung Ufer abzubiegen und wir standen fast am Strand. Keine Menschenseele war hier zu sehen; Katrins Wassertest fiel positiv aus, Badetemperatur soeben erreicht, aber eine Probe in echt wollte sie dann doch nicht unternehmen, denn das Salz auf der Haut wäre vor Ort nicht abzuspülen gewesen. Dennoch, ein schöner Blick und ein akzeptabler Strand aus kleinem Kies. Von jetzt ab lagen immer wieder Strandabschnitte neben unserer Strecke, die von einigen nicht nur zum Sonnenbaden, sondern auch zum Schwimmen genutzt wurden.

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Wir hätten es wissen können, wenn wir die passierten oder uns passierenden Pickups richtig wahrgenommen hätten – sehr viele von ihnen trugen auf dem Heck und auf der Motorhaube große Buchstaben und Ziffern. Uns waren derartige Fahrzeuge aus dem Minenland im Norden Chiles bekannt, Explorateure, Ingenieure, Servicefahrzeuge etc. unterwegs, dort ausschließlich in roter Wagenfarbe, hier sahen wir weiße Pickups. Darüber hinaus sichteten wir immer wieder Ölförderpumpen und Tankanlagen. Wie zur Bestätigung dann im nächsten Ort, eigentlich der erste Ort seit gut zweihundert Kilometern, Caleta Olivia, begrüßte uns auf einem zentralen Platz eine Skulptur eines Ölarbeiters. Wir waren nicht im Minen-, sondern im Ölland angekommen.

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Unseren ersten Versuch, ein Nachtquartier zu finden, starteten wir in einem kleinen Küstenort, Rada Tilly, gut 15 Kilometer vor Comodora Rivadavia. Das Touristenbüro gab zwar bereitwillig Auskunft, die benannten Quartiere waren jedoch nicht nur kaum zu finden, sondern, was entscheidend war, öffneten nicht. Schade, denn der Ort liegt direkt am Meer. Das hieß weiterfahren in das Herz der Ölindustrie im Süden Argentiniens. Inzwischen war es 18:00 Uhr – wir kamen direkt in den Feierabendverkehr. Als Ortsunkundiger in dieser Situation auf gut Glück ein Quartier in dieser Großstadt (über 160.000 EW) zu suchen war die berühmte Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Zum Glück hatten wir uns aus dem Netz eine Quartieradresse etwas nördlich vom Zentrum aufgeschrieben, die wir, nachdem wir in einer guten 3/4 Stunde endlich den innerstädtischen Bereich verlassen hatten, auch nach einigen Umwegen endlich gegen 21:00 Uhr gefunden hatten. Wie sich herausstellte, war die Hospedaje im Netz viel zu  positiv dargestellt worden, wir mussten jedoch den Spatz in der Hand mangels Alternative nehmen.

Am Samstag, den 21.12., führt uns eine sehr lange Reiseetappe von gut 850 Kilometern in Richtung Nordwesten nach Bariloche, quer durch das Land, d.h. auch von Ost nach West. Was wir am Vortag in der Annäherung auf den letzten 70-80 Kilometern schon bemerkt hatten, war jetzt noch stärker sichtbar : Ölförderanlagen, Ölförderpumpen, Tanks, Lager, Bohrtürme, kilometerlange Pipelines, Verarbeitungsanlagen, Gelände der Serviceunternehmen etc. Immer wieder waren an den Berghängen große Terrassen angelegt worden, auf denen dann nach Niederbringen der Bohrung die Förderpumpen aufgebaut werden konnten. Über alle Berghänge zogen sich nicht nur schnurgerade auf ein Ziel, die Pumpe,  verlaufende Stromleitungen mit ihren Masten, sondern Fahrspuren waren kreuz und quer aber ebenso zielgerichtet angelegt. Wir waren auf den ersten 150 west-nordwestlichen Kilometern im Ölland unterwegs. An die Stelle der nur einen kargen Ertrag abwerfenden Schafszucht war die renditestarke Ölindustrie getreten. Nur sehr selten konnten wir aufgelassene Gehöfte oder Estancias ausmachen.

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War dieser Teil der Fahrtstrecke noch interessant, weil wir immer wieder neue Förderanlagen entdecken konnten, war nach etwa 150 Kilometern wieder Langeweile angesagt. Bemerkenswert vielleicht das Passieren des sehr großen Lago Musters bei Sarmiento, dem in diesem großen Talkessel offensichtlich eine etwas intensivere Nutztierhaltung zu verdanken ist, denn sonst war Steppenland und fast schon Wüste unser Begleiter. Wir fuhren immer wieder durch große Ebenen, die in der Ferne von niedrigen Hügeln begrenzt wurden. Es war nicht nur staubtrocken, wie unsere Staubfahne auf den ungeteerten Streckenabschnitten über Kilometer sichtbar zeigte, es war ein durch und durch verdorrtes Land, obgleich die vermutlich – nur – 30 Grad in der Sonne nicht so entscheidend sind wie der mangelnde Regen. Für uns insofern noch auszuhalten, als ständig ein ganz schön kräftiger Wind, in der Regel immer aus Westen, für Abkühlung sorgte. Einen weiteren Lichtblick gab es gut 50 Kilometer weiter, als wir am südwestlichen Horizont Teile der Andenkette erkannten und auch schnee- oder gletscherbedeckte Bergteile ausmachen konnten. Dieses Glück war uns über die restliche Fahrtstrecke immer wieder zuteil.

Für einen, der in dieser Hitze hier durch die Wüste/Pampa/Steppe fährt, völlig aus der Zeit gefallen erscheinen Hinweisschilder, daß bei Schneefall Kettenpflicht besteht. Also Affenhitze im Sommer und arschkalt mit Schnee im Winter.

Am Nachmitttag gelangten wir in die Nähe der Vorkordillere und sofort änderte sich das Gesicht der Vegetation. Mühten sich hundert Kilometer weiter südöstlich die Schafe darum, überhaupt Fressbares zu finden, standen jetzt ganze Schafherden auf den Weiden, auch Rindviecher wurden gesichtet. Die aus der Vorkordillere gespeisten kleineren Flüsse brachten das notwendige Wasser in die Ebene, nicht nur an ihren Bach- und Flußläufen entlang entwickelte sich eine üppige Grünzone, in der zunehmend auch richtige Bäume auftauchten. Dann ging es bald nach Gobernador Costa erst in weiterem, dann in näherem Abstand parallel zur Andenkette nordwärts Richtung Bariloche. Die Berge waren nicht mehr nur als Silhouette, sondern deutlich konturiert zu sehen. Endlich wieder flächen- und bergflankendeckender Wald, bald dann auch im Tal nördlich von Esquel sattes Weideland. So langsam kam uns die Landschaft bekannt vor, denn vor gut 6 Wochen kamen wir aus dem Norden um bei Esquel nach Westen und somit nach Futelafú zu reisen. Während damals der Frühling fast noch im Tiefschlaf war, wir mussten warme Sachen tragen und manche liefen in El Bolsón mit Mützen durch die Straßen, begrüßten uns heute bei der Ortsdurchfahrt von El Bolsón nur Träger von Sommerkleidung, d.h. kurze Hose und T-shirt waren in Mode. Was 6 Wochen bewegen können! So viel Grün und so zahlreiche Blumen hatten wir nicht in Erinnerung und das damals nicht mit Wasser gefüllte Freibad mitten in der Stadt war jetzt Anziehungspunkt der nach Abkühlung suchenden Bevölkerung.

Auch in Bariloche war der Sommer richtig ausgebrochen und Katrins Wunsch, endlich kurze Hose tragen zu können, konnte erfüllt werden.

Nach einer so langen Fahrt, am Ende hatten wir seit dem Start in Ushuaia 2280 Kilometer zurück gelegt, haben wir uns verdient, richtig gut essen zu gehen. Sehr zufrieden waren wir damals mit unserem Besuch im El Vegetariano, wohin wir auch diesmal, nach unserem Einchecken im Portofino gingen. Manche zieht es immer wieder zum gleichen Tatort, nicht nur wir waren zurück, sondern ebenfalls eine junge Frau, die vor gut 6 Wochen in unserer Nähe saß. Katrin erkannte sie und so gab es ein freudiges Hallo. Wie sich herausstellte, war der Gast eine Freelance-Journalistin aus Brasilien, die Argentinien bereiste und nunmehr seit mehr als 6 Wochen in Bariloche weilt, weil der Ort ihr so gut gefällt. Gastwirte haben oft ein erstaunliches Gedächtnis, wie wir auch heute wieder feststellen konnten. Unser Wirt erkannte uns, obgleich nur einmal in seinem Lokal gewesen, sofort wieder, aus Deutschland seid ihr doch! Wir haben wohl nicht den schlechtesten Eindruck hinterlassen.

Unsere vergleichsweise kurze Weiterreise in den südlichen Teil des chilenischen Seengebiet um den Lago Llanquihue kann unter der Überschrift “Fahrt in die Weihnachtsferien” laufen, denn wir hatten uns für 5 Tage in einem Hostal in Puerto Klocker, der Posada del Colono, eingemietet, wie sich bei Ankunft herausstellte, eine gute Wahl. Das alte Bauernhaus steht unweit des Sees, es gibt einen Seezugang, wir  haben Blick auf den See und nicht nur auf den Vulkan Osorno, der quasi direkt hinter unserem Gasthaus steht, sondern in Sichtweite stehen zwei weitere Vulkane. Ländlich ruhig, landschaftlich Spitze und das alles bei herrlichem Sonnenschein.

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Nur seltsam, wenn wir in der Badehose am schwarzen Sandstrand herumlaufen und zu Hause zieht man die Mütze auf und Handschuhe an, um die letzten Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Weihnachtsstimmung – Fehlanzeige. Wir sind es eben gewohnt, daß es um die Weihnachtszeit kalt und grau ist, dieses Sommerwetter passt so gar nicht in unserer eingeübtes Bild. Wir werden mal sehen, wie dann der 24./25.12. vergeht.

Manchmal lässt es sich nicht vermeiden, eine Strecke doppelt zu fahren, unsere Fahrt entlang des Lago Nahuel Huapi von Bariloche Richtung chilenischer Grenze gehört dazu, auch wenn die Richtung für uns neu war. Auch diesmal wieder ein Riesenbild, das der See abgab, diesmal lag er jedoch ganz ruhig unter uns, vor 6 Wochen wogten hier die Wellen und blies ein kräftiger Wind, von dem heute so gut wie nichts zu spüren war.

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Die Grenzabfertigungen zogen sich diesmal hin, nicht zuletzt, weil bei uns das gesamte Gepäck aus dem Wagen heraus musste und einer ziemlich genauen Kontrolle unterzogen wurde. Dabei wurde ein Vergehen festgestellt. Es ist verboten, Frischprodukte wie Obst etc. einzuführen. Wir hatten vergessen, vor fast 6 Wochen in El Bolsón frischen Ingwer eingekauft zu haben, dessen Rest in unserem Küchensack auf den Verzehr wartete. Das Produkt hatte inzwischen mindestens viermal die Grenze passiert, immer wurde von uns seine Existenz vergessen. Hier nun wurde die Knolle dann entdeckt und musste entsorgt werden! Den Verlust verschmerzen wir gerne, liegen jetzt doch die beiden letzten Grenzprozeduren mit dem Wagen hinter uns.

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Entspannend war dann die Weiterfahrt, ging es anfangs doch wieder durch einen dichten Wald, in dem auch eine große Anzahl von Alercen erkennbar war. Plötzlich standen dann um uns herum nur noch abgestorbene Bäume, und zwar auf großer Fläche. Bei einem Halt, um an einen vom Straßenrand sichtbaren kleinen See heranzufahren, wurde der Grund für dieses Baumsterben deutlich, denn der Boden auch im See war mit einer dicken Schicht relativ weißen und relativ feinen Staubs bedeckt. Auswurf eines Vulkans bei einem Ausbruch. Wir hatten von derartigen Folgen eines Vulkanausbruchs in anderen Regionen gelesen und standen hier vor einem prägnanten Beispiel. Wenige Kilometer weiter war dann wieder ein intakter Wald zu bestaunen. Später erfuhren wir, daß Mitte 2011 der u.a. der Vulkan Puyehue ausgebrochen ist und für die Verwüstung verantwortlich ist.

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Schon von Weitem begrüßte uns der erste unserer drei Seen auf der Fahrt zum Weihnachtsquartier, der Lago Puyehue, auf den wir aus den Bergen kommend zufuhren. Die dann wahrzunehmende Landschaft glich irgendwie dem Allgäu, leichte Hügel, grüne Wiesen, Tiere auf den Wiesen, Heu gemacht, Bauernhäuser, alles friedlich und ruhig. Klingt nach Stereotype, trifft aber auf das Gesehene zu. Das i-Tüpfelchen gab dann der See.

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Bei Entre Lagos war dann die Fahrtrichtung wieder Süd, es ging am Lago Rupanco vorbei, Landschaft wie vorher beschrieben, bis wir an unseren “Haussee”, den Lago Llanquihue ankamen, ein Mordsdrum, bei dem das andere Ufer nur geahnt aber nicht gesehen werden kann. Ziemlich entspannt kamen wir dann bei unserer Herberge an, exakte 2.541 Kilometer Fahrtstrecke ab Ushuaia liegen hinter uns, packten kurz aus, um unseren ersten, aber gewiß nicht letzten Gang an den See zu machen, den Katrin natürlich sogleich auch praktisch testete. Warm war das Wasser nicht, aber das Schwimmen war angenehm, sogar schöne Wellen gab es, so daß Katrin meinte, fast wie am Meer, nur ohne Haifische!

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Unser “Weihnachtsferienquartier” liegt idyllisch in der Nähe zum See, um uns herum Natur pur, Vieh grast, Ibisse schreien, Hunde bellen (ab und zu), kaum ein Auto passiert die 200 Meter entfernt liegende Straße, der Wind spielt mit den Bäumen, hier kann man sich erholen. Wie immer hat eine solche Idylle, manche würden auch von Abgeschiedenheit sprechen, nicht nur Vor- sondern auch Nachteile. Den wesentlichen bekamen wir am Abend zu spüren. Uns war ja bewußt, das an diesem östlichen Seeabschnitt nur sehr spärlich Ortschaften existieren, das es jedoch so wenige waren, hatten wir unterschätzt. Für das Abendessen wurden wir auf ein 500 Meter entfernt liegendes Restaurant verwiesen, das sich leider als geschlossen präsentierte. In den 5 Kilometer entfernten Ort Las Cascadas gingen wir dann nicht, sondern benutzten – zum Glück – den Wagen. Die beiden Restaurants vor Ort : geschlossen! Der nächste Ort, Ensenada, lag dann 20 Kilometer weiter entfernt. Auf kurvenreicher dem See folgender Straße, eigentlich eine sehr schöne Strecke, aber nicht bei einbrechender Dunkelheit und mit erheblich knurrendem Magen, gelangten wir endlich an diese fast letzte Möglichkeit, etwas zu essen zu bekommen. Auch hier war fast alles dunkel, die zahlreichen Beherbergungsbetriebe und Cabanavermieter hatten gegen 22:00 Uhr schon die Nachtbeleuchtung eingeschaltet und wir begannen uns auf eine Nacht mit knurrendem Magen einzustellen. Ein letzter Versuch, wir fuhren weiter bis ans Ende des im Dunkel liegenden Ortes und, welch eine Überraschung, stießen dabei sogar auf zwei (!) Restaurants, die ein “tenedor libre” anboten. Uns war anfangs nicht bewußt, was das bedeutet, bis wir, nach der Speisekarte fragend, auf das aufgebaute Buffet hingewiesen wurden. Dies hatte auch einen stolzen Preis und veranlasste uns, eher eine Gabel zu viel als zu wenig zu essen – man weiß ja nie, wie die Zukunft aussieht.  Das aufgebaute Buffet war sehr umfangreich wenn auch schon deutlich geplündert, die Gästezahl, uns eingerechnet, betrug um diese späte Abendstunde zwei. An den abgeräumten Tischen konnten wir jedoch ablesen, daß vor uns bereits einige hungrige Mägen besänftigt worden waren und zwar zu einer Zeit, die für das Abendessen in Chile, hier isst man sehr spät zu Abend und wir lagen genau in dieser Zeit, eher untypisch ist. Mehr als gesättigt waren wir dann das einzige Fahrzeug auf der Straße. Mit seiner Hilfe fanden wir den Rückweg zu später Stunde zu unserer Posada.

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