Warm war uns in der Nacht vom 21. auf den 22.3. nicht, gefroren haben wir, aber man gewöhnt sich an fast alles, so auch die Kälte; heute Nacht wurden wieder 5 Grad Wärme gemessen. Irgendwann in der Nacht muß es zu regnen aufgehört haben. Hatte es am Abend noch wie aus Kübeln geschüttet und uns im Camper festgenagelt, waren am Morgen nur noch die Riesenpfützen auf den Wegen des Campingplatzes zu sehen. Damit war im Grunde die Frage nach dem was tun geklärt, wandern natürlich, denn deshalb sind wir in diesen Teil des Craddle Mountain NP am Lake St. Clair gefahren, der im Süden des Walls of Jerusalem NP liegt.
Ein gutes Dutzend unterschiedliche langer Wanderungen kann von dem direkt am Campingplatz liegenden NP-Verwaltungsgebäude aus angegangen werden. Der mit etwa 5 Stunden Wanderzeit angegebene Rundweg zum Shadow Lake oberhalb vom Lake St. Clair gelegen reizte uns deutlich mehr, als an einem Teil des Sees in der gleichen Zeit zu entlang hin und zurück zu laufen. Und so machten wir uns um 10:30 Uhr auf den Weg, trugen uns pflichtgemäß in das ausliegende Wanderbuch ein und nach unserer Rückkehr um 14:45 auch wieder aus, schließlich wollen wir keine überflüssige Suchaktion verursachen. Nach so einem langandauernden und heftigen Regen sind natürlich auch die Wege oft morastig und mit riesigen Wasserlachen gefüllt, Bäche führen deutlich mehr Wasser als normal, was die eine oder andere Bachüberquerung zu einem Balanceakt machte und in uns unsere Kängurufähigkeiten zum Vorschein brachte. Es ging über Stock und Stein, große und ganz große Baumstämme, über und durch Bäche, Morast und Wasserlachen – alles für uns kein Problem, denn wir hatten mit unseren Treckingstiefeln zum richtigen Ausrüstungsgegenstand gegriffen. Und zu unserer Freude war und blieb es während der ganzen Wanderung trocken, ja die Sonne kam sogar gegen Ende, d.h. gegen 14:00 Uhr leicht zum Vorschein. Im Gegensatz zur Umrundung des Dove Lake war der Weg, den wir heute unter die Sohle nahmen, ein richtiger Wanderpfad mit allen Stolperfallen die man so kennt, nicht breit, sondern in Teilen fast zugewachsen, so daß an manchen Stellen nur ein hintereinander laufen möglich war.
Wir wanderten anfangs durch einen typischen gemäßigten Regenwald, nicht weil es gerade so heftig gegossen hatte, sondern es regnet hier halt in hohem Maße. Dementsprechend intensiv natürlich auch die Moosentwicklung. Der NP wird in keiner Weise bewirtschaftet oder in ihn eingegriffen; die Folgen kann man hervorragend sehen, denn überall liegt Totholz kreuz und quer im Unterholz und vermodert. Das Unterholz ist in weiten Teilen äußerst dicht, die Blue Mountain Berry Büsche und Bäume haben sich so richtig breit gemacht. Hin und wieder kann man auch einige Methusalems der Eukalyptusbäume erkennen; wie es scheint, wurden bei den vor vielen Jahrzehnten flächendeckenden Holzfällarbeiten immer wieder kleine Oasen vom Kahlschlag ausgenommen, anders ist nicht zu erklären, warum immer wieder auf kleiner Fläche eine Gruppe von sehr großgewachsenen Eukalyptusbäumen steht. Während das Gros des Waldbestandes, es sind fast ausschließlich verschiedene Eukalyptusarten, Stammdurchmesser von weniger als 70/80 Zentimeter aufweisen, kommen die Herren des Waldes auf mehr al das Doppelte, in einzelnen Fällen glauben wir, sind 2 Meter zu gering geschätzt. Auch dieser Nationalpark wurde nicht vom Feuer verschont; das offene Feuer ist hier, wie auch in den übrigen von uns besuchten Parks, verboten. Vor Jahren hat ein Großfeuer das Unterholz entlang eines Teils unseres Weges vernichtet; heute kann man nur noch partiell den Mangel erkennen.
Nach fast zweistündigem Anstieg hatten wir auf etwa 950 Höhenmetern eine kleine Hochebene erreicht, ein Hochmoor schien vor uns zu liegen, in der Ferne dann die höheren Berge, vor allem der Little Hugel, der mit seinen knapp 1450 Metern auch kein Bergriese ist. Um uns herum gluckste es, aus allen Richtungen floß Wasser und wir konnten fast darüber hinwegschweben, denn die Parkverwaltung hatte hier keinen Knüppelweg, wie an manchen sehr morastischen Stellen beim Aufstieg zur Erleichterung gebaut, sondern einen Steg quer durch das Moor gelegt. Trockenen Fußes kamen wir so voran – nicht nur hier.
Als wir schon nicht mehr damit rechneten überhaupt an diesem Tag den Shadow Lake zu erreichen, wir waren inzwischen gut 2 1/2 Stunden unterwegs, hatten aber entgegen den Vorschlägen der Parkverwaltung den Weg entgegen der Uhrzeigerrichtung gewählt, lag er auf einmal vor uns, schimmerte durch den nicht gerade dichten Wald. Betrachtet man diesen sehr still und ohne jegliche Welle vor uns liegenden glasklaren See, kann man der Namensgebung nur zustimmen – der Wald warf einen gut konturierten Schatten auf das Wasser.
Der Shadow Lake war/ist nicht der einzige See an unserer Wegstrecke, wo Wasser ist gibt es hier auch Seen; der nächste, ein Winzling, lag nur wenige Wanderminuten entfernt, war romantischer als der doch sehr groß geratene Shadow Lake. Und wir hatten diesen See, wie auch die ganze Strecke fast nur für uns allein. Während am Vortag um den Dove Lake doch einige Wanderer, in Summe sicherlich zwei, drei Dutzend den Weg mit uns teilten, trafen wir heute nur auf eine Handvoll Mitwanderer. Das mag mit an der anspruchsvolleren Strecke liegen, auch das nach wie vor miese Wetter, der Himmel blieb bedeckt und über 10 Grad wurden es auch nicht, reizte nicht gerade große Touren zu gehen. Wie dieses Seele heißt, wir wissen es nicht; er ist zwar auf den Wanderkarten als Gewässer verzeichnet aber nicht benannt.
Von nun an ging’s bergab; ab und an hörten wir dabei Vogelstimmen, konnten immer wieder auch einen größeren Schwarm dunkelgrüner Vögel über uns entdecken. Noch viel nachdrücklicher brachte sich ein in Richtung Lake St. Clair mit Getöse fließender größerer Bach in unsere Wahrnehmung. Schließlich standen wir dann am Strand des Lake St. Clair, konnten aber nicht das Panorama in uns aufnehmen, das ein Fotograf in einer glücklichen Minute hier aufgenommen hat. Bei einem derartig grauen Tag muß auch jedes Foto grau werden. Auf Grund des gegangenen Tempos, schließlich müssen wir anschließend noch bis kurz vor Hobart fahren, waren wir dann auch froh bereits vor 15:00 Uhr wieder am Ausgangspunkt angekommen zu sein. Selbst die anfangs skeptische Katrin äußerste große Freude, diese Wanderung trotz der nicht optimalen Wetterbedingungen gemacht zu haben.
Wir mussten uns sputen, um bis 18:00 Uhr an unserem vorreservierten Campingplatz einzutreffen, dennoch, als Katrin laut darauf hinwies, ein besonderes Stacheltier neben der Straße gesehen zu haben, wurde angehalten und zurückgefahren. Den Namen dieses Stacheltiers haben wir derzeit nicht präsent, die Schilder, die auf es hinweisen sind uns jedoch bekannt, und nun sehen wir, zum zweiten Mal, ein solches “in echt”. Leider war der Kerl zu schüchtern, uns sein Gesicht zu zeigen und streckte uns/Katrin den Hintern entgegen. In Wahrheit sieht er sehr putzig mit seiner spitzen Nase und den langen Stacheln aus. So müssen wir warten, bis wir den Kerl dann komplett abbilden können; hier somit nur ein Teil von ihm.
Tasmanien verfügt über unzählige Seen, die durch den häufigen Regen auch gut gefüllt werden; wenn das nicht reicht, werden eben Bäche umgeleitet, um Stauseen, die an vielen Stellen gebaut wurden, zu füllen, einziges Ziel der Betrieb von Wasserkraftwerken. Wir hatten schon im Wall of Jerusalem NP zwei Staudämme mit der entsprechenden Technik gesehen, auch hier im Umfeld des Craddle Mountain NP stehen mehrere Kraftwerke. Wie zur Bestätigung finden wir weitere Anlagen dann entlang unserer Fahrtstrecke nach Hobart. Allen Anschein nach kann auf Tasmanien ein sehr großer Anteil der Energie auf umweltverträgliche Weise gewonnen werden.
Die Fahrt in Richtung Hauptstadt Tasmaniens führte uns, oft bei Sonnenschein, dann zunehmend durch agrarisches Gebiet, was uns immer wieder zu der Frage führte, ob dieses doch gelbe und in unseren Augen trockene Gras für Kuh und Ziege das richtige Futter sei, zumal wir auch Wiesen wahrnahmen, die unserem Verständnis einer Wiese, nämlich die Farbe grün aufweisend, entsprach. Wie dem auch sei, der Wald verlor seine Dominanz, die Wiese, sei es für Schaf oder Rind, selten der Acker, trat in den Vordergrund.
Fast pünktlich erreichten wir unser Ziel, den Treasure Island Caravan Park kurz vor Hobart. Wie dieser direkt am Wasser liegende Park zu seinem Namen kam, noch wissen wir es nicht, vielleicht sind wir Morgen schlauer.