Hunderttausende wenn nicht sogar Millionen befahren jährlich diese berühmte Straße an der Südküste von Victoria, die von Torquay im Osten nach Peterborough im Westen verläuft. Es handelt sich somit nicht nur um eine bekannte sondern auch um eine berühmte Straße. Wir schlossen uns heute dem Strom der Schauer an, obgleich auf der Straße sich herausstellte, der große Ansturm und Verkehr auf dieser Strecke liegt schon weit zurück. Der hiesige Sommer ist vorbei, die hier zu findenden zahlreichen Superstrände ziehen keinen Gast mehr an; so teilen sich im wesentlichen Camperfahrer in sehr übersichtlicher Zahl die Straße.
Wir hatten zwar im Vorfeld gelesen, daß entlang der Straße an verschiedenen Stellen Erinnerungstafeln errichtet wurden, die auf die Erbauer hinwiesen, einordnen konnten wir dies jedoch erst, nachdem wir bei Fairhaven die entscheidende Gedenkstätte angefahren hatten. Der Bau dieser nahezu ohne Unterbrechung immer an der Küste entlang verlaufenden Straße geht im Grunde auf eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ab 1918 zurück die dazu diente, die zahlreich in den 1. Weltkrieg gezogenen und lebend zurückgekehrten Soldaten, die nicht in ein gemachtes Nest daheim fallen konnten, mit Beschäftigung und Einkommen zu versorgen. Abgeschlossen wurde der Straßenbau m.E. 1932. Die Orte an diesem Küstenabschnitt waren bis dahin weitgehend nur von See aus zu erreichen, brauchbare Straßenverbindungen gab es nicht. Die Lebensbedingungen der hier lebenden Australier durch den Straßenbau zu verbessern war ein weiteres wichtiges Motiv. So wie wir es verstanden haben, konnten hierfür, zumindest in den ersten 10 Jahren keine öffentlichen Mittel bereit gestellt werden. So gründete man einen Trust, der Gelder einsammelte und hiermit die Finanzierung sicherstellte. Für eine Reihe von Jahren wurde deshalb nach seiner Fertigstellung für die Straßenbenutzung eine Gebühr verlangt. Soweit nichts Ungewöhnliches sieht man davon ab, daß auch Australier im WWI dienten. Schier unglaublich war jedoch zu lesen, daß in WWI insgesamt 260.000 Australier gekämpft haben, wovon 160.000 Verwundungen erlitten und insgesamt 60.000 australische Soldaten starben. Vor dem Hintergrund des enormen Blutzolls, den diese Nation gezahlt hatte, war es eine Verpflichtung, für die Rückkehrer gebührend zu sorgen. Dann versteht man auch, weshalb an mehreren Stellen entlang dieser knapp 260 Kilometer langen Straße auf die Arbeit der Exsoldaten ehrend hingewiesen wird.
Natürlich entspricht die Straße heute nicht mehr dem damaligen Straßenbau, es gab Verbreiterungen und Brückenerneuerungen, Holzbrücken wurden gegen Betonbrücken ausgetauscht, die Streckenführung ist jedoch beibehalten worden. Wie erwartet wurde, profitierten die an diesem Küstenabschnitt lebenden Australier enorm von dem Bauwerk; es stellte die Basis für die Entwicklung von Tourismus dar. Nicht jeder Ort hat davon in gleichem Umfang profitiert, einigen sieht man bereits von weitem an, daß hier nur in der Feriensaison etwas los ist, da er zum größten Teil aus Ferienhäusern, Wohnungen und selten Hotels/Motels besteht, andere haben ihre Natürlichkeit bewahrt und wurden nicht durch entsprechend ausgeuferte Bebauungen als gewachsene Gemeinde gemordet. So stehen z.B. Apollo und Lorne für die Gruppe der erstgenannten Orte und Kennett River oder Wye River für das Gegenteil.
Wir wollen diese überschaubare Strecke in aller Ruhe mit genügend Stops an zwei Tagen “bewältigen” und sind heute bis nach Apollo gekommen. Wenn man eine Küstenstraße, die naturgemäß voller Windungen ist und immer an der Wand lang verläuft, fährt, hat der Fahrer des Wagens die A-karte gezogen, denn die Streckenführung verlangte schon höhere Aufmerksamkeit. Aber auch aus den Augenwinkeln heraus kann nur bestätigt werden, daß die aus Katrins Mund strömenden Entzückung über das Gesehene ausdrückenden Worte zu Recht gefallen sind. Das hier ist eine wunderschöne Küstenlandschaft, die nach jeder Straßenwindung neue Ausblicke bereit hält, bei der sich Strandbucht an die vorherige anschließt, sehr schöne breite und lange Sandstrände auf Besucher warten, die felsige Landschaft sich auch im Wasser fortsetzt, die natürlichen Gegebenheiten der Buchten oft ein besonderes Paradies für Surfer darstellen.
Den Bildern sieht ,man auch schon an, daß der Tag mit Sonnenschein begonnen und es sich dann zunehmend bewölkte.
Die Surfer waren dann auch die einzigen, die wir im Wasser sahen, natürlich alle im Naßbieber. Selbst Strandgänger konnten wir, bis auf eine Ausnahme, nicht entdecken, wenn wir die wenigen Zuschauer an den Surfstränden außer acht lassen. Also nichts los hier, man konnte am Wasser seine Ruhe finden. Der Surfsport hat hier einen großen Stellenwert, wie man an einer in der Nähe von Torquay befindlichen Bucht feststellen konnte; Bells Beach, die wir auch besuchten, ist Austragungsort der seit 50 Jahren (!) stattfindenden Rip Curl Pro, ein internationaler Profi-surf-wettbewerb und in Torquay selber hat man ein “Surf World Museum” errichtet. Ob das hier die Wiege des Surfsports ist, wir wissen es nicht, interessiert auch nicht.
Wo Meer und Küste ist, stehen auch Leuchttürme, oft an besonders exponierten Stellen. Das Spilt Point Lighthouse bei Aireys Inlet gehört dazu, nicht, weil es immer noch seinen Dienst versieht, sondern weil die umliegende Steilküste imponierend ist und nach und nach durch Meer und Wind geformt wird.
Es ist schwierig, sich an die einzelnen Küstenabschnitte zu erinnern, alle waren wild, einzigartig. Unvergessen wird jedoch ein kurzes Abstecher bei Kennett River sein, der uns den ersten Koala bescherte. Es hieß, hier in den Eukalyptusbäumen würden sich kleine Gruppen von Koala aufhalten; wir waren nicht die einzigen, die diesem Hinweis gefolgt waren und konnten von der Aufmerksamkeit anderer Reisender profitieren, die ein extrem fest schlafendes Exemplar im Geäst ausgemacht hatten. Und das Glück wurde noch vervollständigt die die Beobachtung anderer Tiere.
Auf ihrem abendlichen Spaziergang ins “Städtle” wollte Katrin insbesondere die bei unserem Stop nur kurz betrachteten Holzskulpturen vor allem örtlicher Künstler noch einmal in Ruhe anschauen. Natürlich war ein Objekt darunter, das sie sich auch bei uns im Garten vorstellen konnte. Jeglicher weitere Gedanke wurde schnell verworfen, denn wie diese großen Objekte nach Hause bekommen und wenn per Fracht, wie groß ist das Vermögen, das wir dafür aufwenden müssen? Es blieb also bei einigen Aufnahmen statischer Art, der dann auf dem Weg entlang der Küste weitere von dynamischem Anspruch folgten. Der Wind hatte am Abend so aufgefrischt, so daß beste Bedingungen für Kitesurfen bestanden.
Erleichterte uns am Abend das vernehmbare Meeresrauschen und der Wind, ergänzt durch Zikadengeräusche, das Einschlafen, weckte uns ein in der Nacht einsetzender heftiger Regen wieder auf. Es goß, es schüttete aus allen Kübeln. Leider waren die Gefäße am Morgen nicht geleert, sondern wurden weiter, und das den ganzen Tag bis zum Spätnachmittag über, ohne Gnade für uns Reisende, über uns ausgeschüttet. Mal heftig, mal nur tropfenweise kam es von oben. Unsere Tagesplanung, weiter die Strecke gen Westen zu fahren, war Makulatur – bei Regen und mehr als dürftiger Sicht an einer Küste entlangfahren und nur die Ahnung von ihrer Existenz zu bekommen war nicht unser Bestreben. Das alternative Kurzprogramm sah deshalb vor, zuerst in der gemütlichen Touristeninformation uns Netzzugang zu verschaffen, um dringend notwendige Recherche zu unseren Unterkünften auf Samoa zu betreiben, anschließend zwei Ecken weiter zu fahren und zu schauen, ob die Sicht es möglich macht, zum Cape Otway zu fahren.
Nach 1 1/2 Stunden Recherche(versuchen), die immer wieder von Netzunterbrechungen gestört wurden, packten wir ohne wesentlich neue Erkenntnisse unsere Technik zusammen. Auch das Wetter meinte es nicht gerade gut mit uns, unveränderter Regenfall veranlasste uns für alle weiteren Gänge unsere Regenjacken aus den Rucksäcken zu ziehen, hatten wir diese doch in der Hoffnung, ab jetzt gibt es nur noch Sonnenschein, tief unten vergraben. So kann die harte Wirklichkeit aussehen! So ganz auf der Stelle treten wollten wir nun auch nicht, es ging also die Strecke weiter gen Westen. Der Leuchtturm von Cape Otway, 1848 errichtet, wird oft abgebildet und stellt eine besondere Landmarke dar; zudem soll auch die Sicht von diesem Punkt die Küste entlang atemraubend sein. Die Fahrt dorthin führte uns etwas von der Küste weg, verständlich, denn der Leuchtturm steht auf einer größeren Landzunge. Wir durchfuhren den Great Otway National Park, in dem wir geplant hatten, in der Nähe des Caps eine Weile zu wandern; auch dieses Vorhaben fiel richtig ins Wasser. Vom Park sahen wir somit nicht viel außer den recht großen Eukalyptusbäumen rechts und links der Straße. Manchmal bildeten die Baumkronen eine Kuppel unter der wir hindurchfahren durften.
Um zum Leuchtturm zu gelangen, muß man gut 10 Kilometer von der Great Ocean Road auf die Landzungenkopf zufahren; entlang dieser Strecke sollen, so heißt es, ab und an Koalas sich aufhalten. Dementsprechend vorinformiert fuhren wir sehr langsam diesen Streckenabschnitt und Katrin bekam vom permanenten nach oben starren Halsschmerzen, ohne für ihren Einsatz so richtig belohnt zu werden. Das änderte sich bei unserer Rückfahrt, diesmal jedoch nicht in gemäßigtem Tempo. Natürlich hielten wir auch diesmal die Augen offen mit mehr Erfolg als auf der Hinfahrt. Nachdem wir zwei schlafende Koalas in den Bäumen entdeckt hatten, die sich leider nicht geschickt für ein Foto ins Geäst gehängt hatten,
sahen wir wenige Bäume später erstmals einen aktiven, d.h. Nahrung in sich hineinstopfenden Koala. Nicht immer bot er eine Position die das Tier vorteilhaft abbildete, aber manchmal. Ob der Koala jemals so oft wie heute fotografiert wurde wissen wir nicht; aber nachdem andere Reisende uns mit der Kamera in der Hand in einen Baum starren sahen, hielten sie an und kamen mit gezückter Kamera angelaufen. Es kam beinahe zu einem Verkehrsstau, denn ein Vorbeifahrender beschwerte sich ob des Auflaufs, den der kleine Koala ohne eine besondere Regung über sich ergehen ließ und munter Blätter in sich hineinschob. Als wir dann weiter fuhren, hatten mehr als 20 andere Reisende ebenfalls dieses Aha-Erlebnis.
Auf der Hinfahrt war uns ein größeres Gebiet in der Nähe des Leuchtturms aufgefallen, in dem nahezu nur abgestorbene Eukalyptusbäume standen. Später konnten wir lesen, daß hierfür nach derzeitigem Wissensstand, damit will man wohl sagen, so richtig gesicherte Erkenntnisse besitzt man nicht, u.a. die Vielzahl der die Eukalyptusblätter fressenden Tiere im Wald (Koala) verantwortlich seien, aber auch Bodenveränderungen und fehlende Brände (?!) mitursächlich sein könnten.
Das eigentliche Ziel, den Leuchtturm von Cape Otway haben wir auch erreicht, uns aber auf einen Blick aus der Ferne beschränkt. Die Sichtverhältnisse an der Küste waren äußerst beschränkt und für diese Erkenntnis dann auch noch 40 Dollar zu zahlen war uns dann doch etwas zu fett.
So richtig erlebnisträchtig war die weitere Fahrt nicht, wie sollte sie auch, ging es zwar durch einen schönen Wald oder später durch hügliges Gelände, der Blick wurde immer durch die tiefliegenden Wolken – oder war es nicht vielmehr Nebel, es ist doch Herbst hier – getrübt bzw. eingetrübt. Selbst von sogenannten Lookouts war nicht viel präzise zu erkennen.
So war schnell entschieden, sehr früh den nächstbesten Campingplatz anzufahren, damit wir Morgen bei hoffentlich strahlendem Sonnenschein uns einen der Höhepunkte an der Küste, die 12 Apostel, ansehen können. Dieser Campingplatz liegt malerisch auf einer Anhöhe, etwa 3 Kilometer vom Meer entfernt.
Fast mit unserem Fahrtende am heutigen Tag hörte es auch zu regnen auf. Bislang wenig bewegt war damit schnell entschieden, wir laufen auf die Küste zu. Der kleine Spaziergang von 1 1/2 Stunden führte uns durch einen Krüppelwald an die Kante der Steilküste mit einem schönen, jetzt möglichen, Weitblick. Lange standen wir da und schauten den anrollenden und sich kurz vor dem Ufer brechenden Wellen nach.
Das Glück wie bei der Aufnahme des Koala war uns auf dem Rückweg vom Meer bei unseren Versuchen, einen der zahlreichen hier im Busch umherfliegenden Vögel zu fotografieren nicht hold. Wahrgenommen, gesehen haben wir u.a. zwar auch blau-rote sowie dunkel-hellgrüne papageienähnliche Vögel, vor die Linse kamen uns die schnellen Tiere aber nicht. Das wäre dann wohl auch zu viel Glück an diesem Tag gewesen, hoffen wir deshalb, daß Morgen das Wetterglück auf unserer Seite ist.