Die Sonne begrüße uns heute am 29.3., es schien ein schöner Tag zu werden. Als wir aber uns auf den Weg von Hamilton in die Grampian Mountains nach Halls Gap aufmachten, sahen wir im wesentlichen nur in Nebel, nicht sehr dicht aber intensiv genug, um uns jegliche Freude an einer Weiterfahrt und vor allen Dingen einer Fahrt in die Berge zu nehmen. Vor allen Dingen Katrin war unzufrieden, in einem ihrer Wunschländer vom schlechten Wetter verfolgt zu werden, da könne man ja wirklich depressiv werden. Was sollten wir denn sehen bei diesen Bedingungen, jeden einzelnen Schritt zwar, aber Aussicht oder sogar Fernsicht war auf keinen Fall zu erwarten. Bereits auf den ersten Kilometern, mit derartigen Sichten links und rechts der Straße begrüßt,
begannen wir, nach Alternativen zu suchen. Eigentlich war der Besuch der Grampians ein wichtiger Baustein in unserer Rundreise durch den Westen von Victoria, jetzt hieß es, den Streckenverlauf zu überdenken, vielleicht bessert sich das Wetter in einigen Tagen. In Dunkelt, knapp 20 Kilometer von Hamilton entfernt, gibt es eine Touristeninformation, dort wollten wir uns noch einmal über die Wetterlage und denkbare Alternativen erkundigen. Wie zum Hohn dann ein Hinweisschild am Straßenrand, das uns auf einen Lookout hinwies. Was wir sehen sollten, war bezeichnet, nur sehen wir …. nichts.
Und das wäre bei guten Wetterbedingungen zu sehen gewesen (Fremdbild – natürlich).
In der Touristeninformation gab es gute Nachricht, das Wetter sollte sich kurzfristig bessern. Was wir zuerst noch als Aufmunterung verstanden hatten unsere Fahrt wie geplant fortzusetzen, stellte sich als wirklich gute Botschaft heraus : kaum hatten wir Dunkelt hinter uns gelassen und waren auf die Straße in den NP eingebogen, lichtete sich der Nebel zusehends und anfangs sporadisch, dann dauerhaft war die Sonne zu sehen. Es wurde bis zum Nachmittag hier in den Bergen richtig warm.
Halls Gap liegt im westlichen Teil der Grampians, gleichzeitig aber auch so zentral, daß von hier aus eine gute Auswahl an Tageswanderungen besteht. Bereits die Fahrt in den NP machte Lust auf mehr; im Osten der Straße Hügelketten bis oben hin bewaldet, im Westen blickten wir auf bewaldete oft felsige Berge und Bergketten. Der Wald des NP besteht, wie fast immer hier, aus Eukalyptusbäumen, die relativ locker stehen und die Entwicklung von Unterholz ermöglichen. Hin und wieder ist erkennbar, daß es hier in den Wäldern gebrannt hat; zahlreiche Stämme weisen eine verkohlte Rinde auf, wachsen zum Glück aber weiter. Bereits in Dunkelt hatten wir erfahren, daß auf Grund eines im Januar im Nordwesten von Halls Gap durch zahlreiche Blitzeinschläge ausgebrochenen Feuers geschätzte 30% des NP feuergeschädigt sind und ein Betreten derzeit nicht erlaubt ist. Zwei Wochen benötigte man, um die Feuer in den Griff zu bekommen.
Um die Mittagszeit erreichten wir Halls Gap, suchten und fanden einen passenden Campingplatz und begannen mit der Hausarbeit, d.h. das Wetter wurde ausgenutzt, um die angesammelte Schmutzwäsche in die Maschine zu stecken und sie anschließend auf den mitgeführten Leinen um unseren Camper herum aufzuhängen. Da der Einstieg in einen Wanderweg von hier aus gut 6 Kilometer entfernt ist, verschoben wir den aktiven Teil im NP auf den Folgetag, der auch sonnig zu werden versprach.
Im übrigen hatten wir einen Zoo rings um uns herum, was bei einem in einem NP befindlichen Campingplatz nicht ungewöhnlich ist. Völlig ohne Scheu lief am Nachmittag eine große Gruppe Kängurus über den Platz auf der erfolgreichen Suche nach Grünfutter. Während diese Tiere, die sich auch durch uns herumlaufende Gaffer nicht aus der Ruhe bringen und uns auf 1-2 Meter an sich herankommen ließen, putzig erscheinen sind die zahlreichen Kakadus, die sich in einem der großen Schatten spendenden Bäume versammeln, eine wahre Plage, denn, wie wir beobachten konnten, sind sie so dreist, wie die Geier auf unbeaufsichtigte Speisen zu stoßen, um sich mit der Beute davon zu machen. Gäste fördern dies noch, indem diese Vögel angefüttert werden.
Und während einige Camper bei Bier und Gegrilltem, der Grill wird hier bei jeder Gelegenheit angeworfen, den schönen sonnigen Samstagnachmittag genießen, machen wir unsere Hausarbeiten, schreiben diesen Text, recherchieren unsere nächsten Ziele, liegen eine kurze Weile auf der faulen Haut am winzigen Pool.
Der Spaziergang am späten Nachmittag hin zu Lake Bellfield, einem Stausee, hinter dessen fast 60 Meter hohen Mauer unser Campingplatz liegt, bescherte weitere Tierbeobachtungen. Ganz in der Nähe unseres Campingplatzeinganges entdeckte Katrin in einem Busch einen Papagei, der sich durch eine grell rote Brust auszeichnete. Leider machte er sich auf und davon, bevor ich mit der Kamera zurück war. Erfolgreicher waren wir auf dem Rückweg, als unseren Weg eine kleine Gruppe von Emus kreuzte auf dem Weg zu einer kleinen Lichtung, um dort in der Dämmerung zu äsen. Die Tiere kümmerten sich – kaum – um uns, zumindest so lange, wie wir eine Mindestabstand von geschätzten 20 Metern einhielten. Nachdem ich bei dem Versuch, eine bessere Aufnahmeposition zu erreichen, mich zu nah an sie herangeschlichen hatte, stoben sie davon.
Als wir in völliger Dunkelheit zu unserem Camper zurückkehrten, konnten wir überall auf dem Gelände einzeln oder in Gruppen Kängurus bei der Nahrungsaufnahme schemenhaft erkennen. Selbst unmittelbar vor einem Zelteingang wurde seelenruhig die Wiese abgegrast. Am Morgen konnte man dann das Ergebnis der Futtersuche und anschließender Verdauung überall auf der Wiese erkennen. Wir stehen eben mit unserem Camper mitten im Park, die Tiere haben einen Teil ihrer Scheu offensichtlich verloren. Und morgens wird man dann von einem ohrenbetörendem Vogelgeschrei aufgeweckt, wobei offensichtlich die Kakadus die größten Störenfriede und Kreischer sind.
Den Sonntag, 30.3., kann Katrin mit Fug und Recht wettertechnisch auf der Positivseite verbuchen. Strahlender Sonnenschein schon am frühen Morgen, im Verlaufe des Tages erreichten wir 28 Grad, kaum Wind, die Wolken am Himmel störten die Sicht nicht. Endlich einmal ein Wetter, auf das sie so lange gewartet hatte. Es stellt sich nur die Frage, ob es sich um einen schönen Sommertag handelte oder einen tollen Ausreißer des Herbstes. Da unsere Tage in Victoria gezählt sind, am 5.4. geht es weiter nach Sydney und dann in Richtung Samoa, hoffen wir, daß uns für diese verbleibende Zeit das Wetterglück zur Seite steht.
Heute ist Wandertag, wir hatten uns eine 5-Stundenwanderung in den Grampians hinauf zu “The Pinnacle”, den Wonderland Loop, vorgenommen. Es hat richtig Spaß gemacht, durch diese Landschaft zu wandern, auch wenn es entlang der Strecke so gut wie keinen Schatten gab und wir richtig ins schwitzen kamen. Bereits der Einstieg in den Rundwanderweg war verheißungsvoll, denn direkt vor uns auf einer Wiese pickten sogar zwei der gestern nicht vor die Linse zu bekommenden Papageien – es gibt sie also wirklich.
Die Grampians sind ein fast 170.000 Hektar großer Nationalpark, der jedoch, wie wir sehen konnten und auf Nachfrage bestätigt erhielten, immer wieder in größeren Teilen in Flammen steht. Auch entlang unserer Wanderstrecke konnte man angekohlte Baumstämme “bewundern”, vor allem aber sich darüber freuen, daß ein großer Teil der verletzten Bäume wieder ausgetrieben hat und offensichtlich “nur” das Unterholz vollständig verbrannt, jetzt aber wieder nachgewachsen ist. Hier wütete 2006 das Feuer wie auch in einem sehr großen Parkteil; es heißt, über 50% der Fläche hätte damals gebrannt, der angesprochene Mitarbeiter der Touristeninformation sprach sogar von 110.000 in Flammen gestandenen Hektar, das sind fast 70%! Gleichzeitig kann man aber auch sehen, wie schnell sich der Wald, der, wie früher bereits gesagt, nur eine sehr lockere Bewaldung aufweist, im Kern erholt, wenn denn die Bäume überleben. Stichwort Wald : erst 1995 wurde der Holzeinschlag in dem NP völlig eingestellt!
Besonders auffallend, ja spektakulär an den Grampians sind die Berg-/Felsformationen. Sie erinnern in großen Teilen an das Elbsandsteingebirge, kein Wunden, liegt auch hier Sandstein vor. Vor Millionen von Jahren aus dem Meer herausgehoben und teilweise steil aufgekantet sind die Felsen ein Blickfang; die Erosion hat es geschafft, immer neue Formen zu gestalten, Zerfallsprozesse tragen ihren Teil zu einer bizarren Berglandschaft bei.
Und ähnlich wie im Elbsandsteingebirge werden auch hier die steilen aber griffigen Felsen zum Klettern genutzt.
Wie auf den Tafeln am Parkeingang dargestellt, gibt es eine Vielzahl von Varianten, von Halls Gap aus in den Grampians zu wandern; unser Ziel The Pinnacle, ein Aussichtspunkt/-felsen etwa 400 Meter über dem Tal mit Blick auf Halls Gap und den Stausee.
Unsere Wanderkarte nannte als erstes Zwischenziel Venus Baths, offensichtlich aus den Felsen durch den kleinen Fluß ausgewaschene Kuhlen, die zum Baden einladen. Wir hatten auch nach 15 Minuten einen Platz erreicht, der von zahlreichen Kindern als Planschbecken benutzt wurde; viel Wasser sahen wir jedoch nicht, der Bach war nur noch ein Rinnsal. Dabei gab es gut 10 Minuten Fußweg den Berg hinauf eine mit deutlich mehr Wasser gefüllte Badewannenlandschaft.
Wir liefen oder stiegen das Tal des Stoney Creek weiter hinauf; es war mehr ein Steigen, denn einen richtigen Wanderweg gab es nur sehr eingeschränkt, meistens stiegen wir von Stein zu Stein. Es war uns klar, der in der Wanderkarte verzeichnete Wasserfall Splitters Fall dürfte wegen fehlenden Wassers, hier hatte es seit Monaten nicht mehr geregnet, kaum einen Besuch lohnen; dennoch, wenn wir schon in der Nähe sind… Das, was da den Felsen fast schon heruntertropfte und nur mit dem großen Tele erkennbar war, war kaum noch als Rinnsal zu bezeichnen.
Weiter oben verjüngte sich die Schlucht erheblich, es ging in den Grand Canyon, hier oft steil hinauf und hin und wieder unter Benutzung von Stahltreppen. Schließlich passierten wir einen schmalen nach oben führenden Gang, die Silent Street, um an deren Ende auf einer kleinen Ebene in wenigen Schritten über die Felsen die Aussichtsplattform zu erreichen. Die bis hierhin knapp zwei Wanderstunden waren wirklich schweißtreibend.
Der Blick von hier oben ging weit hinaus, das Tal und die Bergflanken der östlichen Grampians lagen vor uns und diesmal störte kein Nebel und keine Wolke das Erlebnis. Von hier oben sehen die Grampians dicht bewaldet aus, bei näherem Hinsehen bestätigt sich die eher lockere Bewaldung, von der wir, da die auf unserer Strecke fast nur Buschwerk existierte, keinen Nutzen hatten.
Der Weg abwärts war dann nicht mehr so spektakulär und interessant wie der Aufstieg und nach etwa 3 1/2 Stunden waren wir wieder am Ausgangspunkt in Halls Gap.
Eines ist nachzutragen : Katrin hat ihre und unsere erste Schlange gesehen und sich dabei natürlich heftig erschrocken. Vor ihr auf dem Weg lag das Tier, schwarz und etwa einen Meter groß. Vermutlich hat die Schlange blitzschnell erkannt, daß der daherkommende Mensch nicht in sein Beuteschema passt und sich dann schnell verkrochen. Zeit für eine Dokumentation bestand leider nicht.
Der Abend klang dann in unserem Zoo auf dem Campingplatz aus mit der Invasion von einigen Dutzend Kängurus, dem dauernden Gekrächze der Kakadus, unzähligen Entenfamilien, Emus und was es sonst noch so an Getier in diesem Nationalpark gibt. Wozu in den Zoo fahren, hier beim Camping in Halls Gap hat man alles frei Haus.