Zu guter Letzt

 

Wir haben über mehr als neun Monate ein großes Privileg genossen, mit einem ausreichend bemessenen Budget durch die Welt reisen zu können, nicht zur Arbeit gehen zu müssen sondern unseren Tag frei von den üblichen Alltagsanforderungen und –zwängen gestalten zu können, uns aussuchen zu können, wann wir wohin gehen, der täglichen Routine entflohen zu sein – obgleich : Flucht war es nicht, sondern eine seit längerer Zeit geplante Abwesenheit auf Zeit.  Dennoch, unser Privileg besteht auch darin, Länder in einer von uns gewählten Dauer zu bereisen, an Orte zu fahren, die uns interessieren und nicht nur auf die vermittelten Bilder der Medien angewiesen zu sein. Diese finanzielle und zeitliche Freiheit, letztere in der Grenze des Beurlaubungsjahres, schafft enorme Freiräume und Befriedigung, gibt uns die Möglichkeit, uns mit Eindrücken aufzuladen, von denen wir lange werden zehren können. Es war nicht immer Zuckerschlecken, durch die Länder unserer Wahl zu reisen, nicht jeder Tag war ein Traumtag, aber wir konnten unheimlich viele Traumtage im Verlaufe der Reise sammeln. Wenn nicht alles nach Wunsch klappte, dann war es meist nicht dem bösen Willen anderer, sondern den vor Ort vorgefundenen Lebensumständen geschuldet; es ist zwar eine Binsenweisheit, daß anderswo die Uhren anders gehen als zu Hause, sich an diesen anderen Rhythmus zu gewöhnen dauert bei uns als in Europa  aufgewachsene Menschen etwas länger. Geduld musste eingeübt werden ebenso wie das Vermögen, sich mit bestimmten nicht immer befriedigenden Gegebenheiten vor Ort abzufinden, Toleranz und Verständnis waren gefragt. Auch wenn wir diese Gaben durchaus in größerem Umfang besitzen, manchmal wurden wir auf eine harte Probe gestellt, z.B. bei unseren Versuchen über angabegemäß freie Pässe von Argentinien nach Chile zu wechseln, was erst im dritten Anlauf glückte. Wir haben im Verlaufe der Reise auch mehr über uns selber erfahren, gemerkt, daß selbst unsere Reiseform unter bestimmten Umständen mit Streß verbunden ist, wie z.B. bei der leidigen Quartiersuche in Südamerika, oder wenn wir feststellen mussten, die verfügbare Zeit reicht nicht aus, um ein angestrebtes Ziel noch zu erreichen, Geduld einüben war oft Bürgerpflicht und gerade für mich nicht immer leicht, da anscheinend eine gewisse Ungeduld eines meiner Wesensmerkmale ist. Abschied von Perfektionsansprüchen zu nehmen ist eine weitere Grundvoraussetzung derartiger Reisen; auch das will erst einmal gelernt werden. Auf derart engem Raum wie während der neun Reisemonate lebten wir auch noch nicht zusammen, dies fällt, da wir beide unsere Freiräume benötigen, nicht immer leicht, natürlich entstehen dabei zwischen zwei gestandenen Persönlichkeiten Reibungen, können hier und da auch einmal Funken sprühen. Die individuellen Rückzugsmöglichkeiten waren äußerst begrenzt, die Erfordernis, Kompromisse zu finden, in denen beide sich wiederfinden, ist groß, aber nicht immer einfach. Natürlich konnte jeder von uns seinen Weg gehen, nur musste der irgendwann wieder auf den gemeinsamen Weg zum nächsten Ziel münden, was uns jedoch keine Schwierigkeiten bereitete. In fast allen Situationen haben wir uns perfekt ergänzt, konnte jeder seine Stärken einbringen, manchmal musste der/die eine dem/der anderen bei der leider unvermeidlichen Frustbewältigung zur Seite stehen. Gemeinsam haben wir die manchmal im Weg stehenden Klippen umschifft, uns gegenseitig aufgebaut, denn natürlich gab es auch Tage, in denen Unzufriedenheit hochkam. So lange zu reisen geht nicht reibungslos ab, die Abhängigkeit von Dritten, den äußeren Umständen ist gegeben, nicht immer kann/will man sich damit abfinden. So hing ich z.B. kräftig durch, als wir wegen der extrem schlechten Witterungsbedingungen unsere Wanderung auf der W-Route im Torres del Payne Massiv abbrechen mussten und ich mich so von einem Jugendtraum verabschieden musste. Oder Katrins sich nach und nach entwickelndes Heimwehgefühl, das uns lange Zeit begleitete. In solchen Situationen ist es hilfreich, wenn der Partner in der Nähe ist.

Schaut man zurück versucht man sich auch an die unangenehmen Situationen oder Begegnungen zu erinnern. Wenn uns dabei nur ein enttäuschendes Ereignis einfällt, wenn von den unsere Wünsche manchmal einbremsenden Witterungsbedingungen abgesehen wird, dann leiden wir nicht an Alzheimer, sondern dies entspricht wirklich unserer Wahrnehmung. Entgegen allen Warnungen insbesondere bezogen auf Südamerika sind wir nicht bestohlen, bedroht, bedrängt worden, fühlten uns nicht unsicher, auch nicht, als wir z.B. tief in der Nacht durch Santiago liefen. Der einzige negative Eindruck hat, typisch für das Gewerbe, der Autohändler in Santiago bei uns hinterlassen, der entgegen der getroffenen Vereinbarung “unser” Auto offensichtlich an einen mehr zahlenden Käufer verkauft hat und uns im Regen stehen ließ. Das war mehr als ärgerlich und sein unseriöses Verhalten hat uns, die unmittelbar vor der Abreise aus Santiago standen, richtig viel Geld gekostet. Alle sonstigen menschlichen Begegnungen waren positiv; oft waren wir über die Hilfsbereitschaft allerorten sehr überrascht. Standen wir an einer Kreuzung um uns zu orientieren kam es häufig vor, daß uns Hilfe angeboten wurde. Unsere in Südamerika auf spanisch vorgetragenen Fragen wurden wegen der unzureichenden Sprachkenntnisse nicht als lächerlich abgetan sondern man bemühte sich erkennbar, uns zu verstehen und zu helfen. Wir können uns nur an die uns immer entgegen gebrachte Freundlichkeit erinnern; uns stellte sich dabei die Frage, wie wir zu Hause auf gleich gelagertes Verhalten ausländischer Gäste reagieren. So kann reisen auch erziehen. Diese oft umwerfende Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft war für uns ein Geschenk, gab uns das Gefühl, auch als Ausländer willkommen zu sein. Was fehlte, war der intensivere Kontakt zu den Menschen. Dies konnten wir auch auf Grund unserer Reiseform nicht erwarten, denn dazu war unser Aufenthalt an den einzelnen Orten viel zu kurz. Ein Land und insbesondere seine Menschen besser kennen zu lernen verlangt eine andere Reiseform als die von uns gewählte. Wenn junge Menschen mit “work and travel” ein Land bereisen, haben sie die besseren Chancen des intensiveren persönlichen Kontaktes zur Bevölkerung, bleiben sie während der Arbeitsperioden doch längere Zeit an einem Ort, leben dort gemeinsam mit Einheimischen. Zumindest in einigen Ländern wie z.B. Australien und Neuseeland bietet diese Reiseform die Möglichkeit, etwas tiefer in das Land und seine Kultur einzutauchen, diese Möglichkeiten sind in Südamerika jedoch begrenzt..Hier hilft nur bei entsprechender Sprachkenntnis ein längerer Aufenthalt an verschiedenen Orten, was uns leider nicht möglich war.

Sieht man von den Kurzausflügen in die Südsee und den Besuch auf Rapa Nui ab, haben wir uns im wesentlichen in einem Kulturräum bewegt, geprägt vom “Abendland”, um regionale Facetten ergänzt und erweitert. Den gänzlich anderen Kulturkreis auf PNG haben wir uns aus bekannten Gründen nicht erschließen können. Rückblickend wäre dies eine wichtige Bereicherung unserer Eindrücke gewesen. Es erscheint interessanter zu sein, auf einer so langen Reise verschiedene Kulturen kennen zu lernen, steigert dies die Neugierde und das Interesse, trägt zur Abwechslung auf der Reise bei, ermöglicht Vergleiche, eine Schlußfolgerung für spätere Ausflüge in die weite Welt. Wir hatten zeitweilig das Gefühl einer Reizüberflutung durch die vielen auf uns einströmenden Eindrücke, eine Übersättigung, bei uns bemerkt, die Aufmerksamkeit für das, was um uns herum wahrnehmbar war und geschah sank. Eine kürzere Reisezeit und/oder der Wechsel in eine andere Kulturregion wirken nach unserer Einschätzung diesem “Phänomen” entgegen.  Wir hatten zwar nicht das Gefühl übersättigt zu sein, glauben jedoch, hin und wieder dem Gesehenen nicht immer gerecht geworden zu sein, weniger Begeisterung empfunden zu haben als es dem Erlebten gegenüber gerecht gewesen wäre.

Jedes Land, jede Region war einzigartig, hier eine Wertung vorzunehmen wird dem Erlebten, Gesehenen nicht gerecht. Natürlich gibt es Orte, die sich in unserem Gedächtnis tiefer eingegraben haben als andere, die sich in einer Hitliste eher im oberen Teil befinden, die uns spontan einfallen. Viele durchreiste Landschaften waren weniger spektakulär, dennoch, im Rückblick fallen uns auch hier Besonderheiten, Ereignisse, Wahrnehmungen ein, die sie wiederum bemerkenswert machen. Es war insgesamt keine Reise von Höhepunkt zu Höhepunkt, um touristische Ziele abzuhaken, sondern eine lange Reise durch die jeweiligen Länder und Regionen, in die diese sogenannten Höhepunkte eingebettet sind, die oftmals erst durch die Umgebung richtig zur Geltung kommen, die zu erleben oftmals auch uns befriedigt hat, wobei in vielen Fällen aber der Weg das Ziel war, uns mehr über das jeweilige Land, die Region vermittelte als der eigentliche ”touristische” Höhepunkt. Auch wenn es oftmals mühsam war, die großen Entfernungen zu überwinden, wir haben dabei die Regionen intensiver und körperlich im wahrsten Sinne des Wortes erfahren und dabei viele Schönheiten kennen gelernt, Erfahrungen gesammelt, die nicht zu missen sind. Chile und Argentinien auf z.B. Patagonien oder die Atacama zu reduzieren vernachlässigt die Vielfalt dieser Länder und ihrer sehr unterschiedlichen Regionen. Wir sind froh, beide Länder ziemlich umfassend bereist, sowohl geschwitzt als auch gefroren zu haben, durch Wüste, am Meer, an den Seen, in den Bergen und in der Pampa unterwegs gewesen zu sein. Rapa Nui war und ist einzigartig, staunend standen wir vor den Steinkolossen und versuchten die untergegangene Kultur zu verstehen. Die kurzen Abstecher in die Südsee haben anfangs Lust auf mehr gemacht, die enttäuschenden Eindrücke in Samoa die Reisebegeisterung jedoch wieder gemindert. Neuseeland ist ein Naturparadies, in dem man auf überschaubarem Raum eine große Vielfalt an Landschaften und Natur antrifft, wenn man es darauf anlegt, nach einem Reisetag eine gänzlich andere  Landschaft vor Augen hat, dies mehr auf der Südinsel als in der bevölkerungsreicheren Nordinsel. Der australische Kontinent, von uns nur teilweise bereist, hat uns durch seine Natur, seine Städte, seine Landschaften begeistert, eingetrübt wurde die Freude durch die nicht zu leugnenden Gesundheitsgefahren, die beim Schwimmen an den fantastischen Stränden an der Ostküste bestehen. Trotz dieser Einschränkungen, es war es wert, auch hier einige Wochen gereist zu sein.

Wir waren eher unruhige Reisende, denn wenn wir glaubten, an einem Ort nichts Neues mehr sehen zu können, von hier aus keine interessanten Ausflüge unternehmen zu können, sind wir weiter gezogen. Einfach die Füße hochlegen und den Tag genießen war wohl in unseren Augen gleichzusetzen mit “einen Tag verschenken”, deshalb ging es weiter. 281 Tage waren wir fern der Heimat, nach unserem Sprachkurs in Santiago dann 250 Tage unterwegs, an denen wir an 146 verschiedenen Orten übernachtet haben. Nicht gerade ein Beleg für häufiges Verweilen am Ort, für langsames Reisen.

Natürlich gehört auch eine kleine Apotheke ins Gepäck, die nahezu unversehrt wieder Richtung Heimat transportiert wurde. Pflaster wurde ab und an benötigt, das war es dann auch fast schon, denn richtig krank waren wir nie. Zu Beginn in Santiago haben wir uns wegen der dort herrschenden Kälte und der sehr kalten Wohnung einige Tage erkältet, danach konnten wir gestärkt reisen. Vielleicht hatten wir nur Glück von jeglicher Krankheit verschont geblieben zu sein, aber wir sind ja auch nicht in Regionen unterwegs gewesen, in denen extrem große Ansteckungsgefahren bestehen. Das muß nicht immer so optimal ablaufen.

Erst im Nachhinein wird so richtig deutlich, welche Strecken wir zurück gelegt haben. Die ursprünglich im RTW-Ticket zusammengefassten Hauptflüge addierten sich bereits auf fast genau 33.000 Flugkilometer; durch die notwendigerweise während der Reise hinzu zu buchenden Flüge wie nach Iguazu, in Australien, nach Samoa während unserer Reise und die Änderungen für den Rückflug aus Australien stieg die Zahl der Flugkilometer auf 44.500. Auch mit den benutzten Mietfahrzeugen umrundeten wir die Erde, denn unsere Aufzeichnungen enden bei 37.188 Kilometern. Natürlich entfällt dabei der größere Teil auf Südamerika (rund 20.300 km), die Tachostände der in Australien gefahrenen Camper addieren sich auf fast 8.600 km, in Neuseeland sind wir jedoch nicht sehr viel weniger Kilometer gefahren (7.600 km). Wenige der Strecken waren wirklich langweilig, den größten Teil der Weltumrundung per Fahrzeug haben wir genossen und genießen können, obgleich uns manchmal das lange Sitzen zur Qual wurde.

Natürlich konnten und wollten wir während der Reise nicht aus dem finanziell Vollen schöpfen, hatten uns, gestützt auf die Erfahrungen anderer Weltreisender, ein Budget gesetzt, eine ausreichende Sicherheitsreserve eingeplant. Obgleich die dann gewählte Form der Reise mit Mietfahrzeugen nicht die kostengünstigste war und in dieser Form und so umfangreich anfangs auch nicht geplant war – rückblickend haben wir hier eine sehr gute Entscheidung getroffen –, die eingeplante Sicherheitsreserve wurde nur zu einem kleinen Teil in Anspruch genommen. Wir haben nicht luxuriös übernachtet oder gespeist, hatten aber nie das Gefühl auf etwas verzichtet zu haben, erfüllten uns sämtliche entstandenen Wünsche, so sie denn erfüllbar waren, denn whitewaterrafting hätten wir gerne kennen gelernt, leider wurden die Raftingtouren mangels ausreihender Nachfrage nie dann durchgeführt, wenn wir vor Ort waren. Mangels konkreter Durchplanung der noch zu erwartenden Flugabschnitte hatten wir beim Start nur vage Anhaltspunkte über die auf uns zukommenden Ticketpreise; zum Zeitpunkt der Flugbuchungen stellten sich die früher recherchierten Preise oft als Luftnummer heraus, sind die günstigen Tarife nur bei sehr langfristiger Vorausbuchung und somit sehr konkreter Zeitplanung realisierbar. Dennoch, wir kamen nicht auf der letzten finanziellen Rille nach Hause, das Budget hat gepasst.

Wenn man für eine Reise packt, die in verschiedene Länder und in sehr unterschiedliche Jahreszeiten und Klimazonen führt, ist es nicht einfach, das unbedingt Notwendige an Kleidung zu bestimmen. Natürlich orientierten wir uns am Zwiebelprinzip und verstauten Kleidungsstücke, die sowohl in Kombination als auch für sich genommen ihre Funktion erfüllen konnten. Insbesondere das sagenumwobene und als kalt verschrieene Patagonien bewog uns, lieber einen Fleece zu viel einzupacken. Da wir uns nicht auf tagelange Trecks machten waren einzelne Kleidungsstücke überflüssig, konnten jedoch vorher im saukalten Santiago gut dazu beitragen, daß wir nicht allzu sehr froren. Dennoch, wir haben überflüssiges Gepäck mit uns herum geschleppt. Man staunt, mit wie wenig Hemden Mann z.B. auskommen kann, daß zwei lange Hosen im Rucksack durchaus genügen, Mann auf einen Fleece durchaus hätte verzichten können. Frau geht es dabei nicht anders, d.h. jeder von uns wäre mit mehr als zwei Kilo weniger Gewicht im Rucksack gut über die Runden gekommen. Hier können wir uns bei künftigen Reisen eindeutig verbessern und erleichtern. Schwer genug waren die Rucksäcke ja. Reiseführer haben immer ein beachtliches Gewicht; auch wenn viele der Führer inzwischen als PDF auf einem E-book-reader gelesen werden können, das Buchformat ist während der Reise eindeutig vorzuziehen, denn hier kann schnell und problemlos zurückgeblättert, hin- und her geschlagen werden, sind die Karten lesbarer. So schön es wäre, sich dieser 2-3 Kilogramm zu entledigen, der Gewichtsreduktion sind da Grenzen gesetzt. Andererseits stellte sich der E-book-reader als der Unterhaltungsrenner schlechthin heraus, denn so lange die dort gespeicherten Bücher nicht auf für uns unerklärliche Weise in der “Wolke” verschwunden waren, las insbesondere Katrin intensiv. Man rechnet zwar nicht mit dem schlimmsten, aber ein Technikausfall ist nicht auszuschließen. Aus diesem Grund wurde zusätzlich eine Kleinbildkamera mitgeschleift, die so gut wie nie zum Einsatz kam. Unsere Lumix FZ 150 hielt aufnahmetechnisch bis zum letzten Tag durch, war immer im Einsatz, auch wenn in den letzten beiden Monaten der Displaybildschirm seinen Geist ausgehaucht hatte und nur noch durch den kleinen Sucher das Bildobjekt anvisiert werden konnte. Ärgerlich, aber ein Totalausfall hätte mehr Probleme mit sich gebracht. Auch das eine oder andere Ausrüstungsstück wurde unter dem Aspekt der Sicherheit mitgenommen. Bei Abreise stand noch nicht fest, wie wir reisen, wo und wie wir übernachten. Das verlangte förmlich danach, für alle Fälle einige Schlösser, ein Stahlseil zum Festzurren der Rucksäcke ebenso einzupacken wie ein besonderes Schloß für das Netbook oder einen Safesack für abzugebende Wertgegenstände und unsere Papiere. Bis auf ein Schloß, das wir in Samoa zum Verschließen unserer Fale verwendeten kam nichts davon zum Einsatz, ein weiteres vergeblich geschlepptes Kilo ist identifiziert. Diese und manch andere Erkenntnis berücksichtigt ist es durchaus möglich, eine solche Reise mit 14/15 Kilogramm anzutreten, reist man doch nicht in völlig von der Außenwelt abgeschiedene Gegenden und kann sich im Ernstfall dort Ersatz beschaffen. Schließlich haben wir mehr zurück gebracht als von hier aus auf die Reise gegangen ist. Gewichtssteigernd haben sich nicht die nicht mitgebrachten Reiseerinnerungsstücke ausgewirkt, sondern in Neuseeland erstandene Merinokleidung. So kamen wir quasi mit leeren Händen von der Südhalbkugel zurück in die Heimat, hatten aber den Kopf dafür voller Eindrücke – die wiegen weniger und halten länger.

Kehrt man nach so langer Zeit nach Hause zurück, genießt man die vorhandene Großzügigkeit, das Raumangebot, den Garten, das eigene Bett, die Informationsmöglichkeiten, den Kontakt mit Freunden und der Familie in vollen Zügen – schön, wieder da zu sein und kann sich, zumindest für einige Tage gar nicht vorstellen, wieder in die Ferne zu reisen. Dennoch, erstaunlicherweise kam nach einigen Tage gerade von Katrin die Aussage sie könne sich durchaus vorstellen in absehbarer Zeit noch einmal/wieder eine Auszeit zu nehmen, dann jedoch nicht derart lange an einem Stück zu reisen, sondern in kleineren Zeitabschnitten – es gibt noch so viel, was wir noch nicht gesehen haben. Man kann großen Gefallen  daran finden, einen Blick in fremde Länder und Kulturen zu werfen. Süchtig sind wir zwar nicht, verspüren aber eine große Freude, wenn wir Neues erleben können. Also werden sich langsam neue Wünsche bilden, andere uns unbekannte Reiseziele auf dem Wunschzettel stehen. Ich gehe davon aus, dies war nicht die letzte lange Reise.

Vorerst geht es darum sich wieder einzugewöhnen, hinzunehmen, daß der Tag sich mit Alltäglichem füllt, den normalen Alltag nicht nur zu bewältigen sondern zu gestalten und zu genießen. Das wird schon klappen, dennoch, den Sommer und die Zeit bis zum 15.9., dem Tag, an dem die Pflicht ruft, werden wir sicherlich nicht nur hier rund um unser Heim verbringen. Die eine oder andere Reisealternative liegt schon auf dem Tisch. Schauen wir mal, was daraus dann wird. Vorerst sind wir glücklich, wieder daheim zu sein.

 

Nachtrag

Offensichtlich ist es um ein vielfaches einfacher, monatelang durch die Welt zu reisen, sich in unbekannter Umgebung einen Netzzugang zu beschaffen als in der Heimat einen Telefonanschluß zu erhalten. Inzwischen haben wir eine wahre Odyssee hinter uns beim Versuch, endlich wieder wie normale Menschen kommunizieren und uns informieren zu können. Die Strombergsträßler haben uns zwar netztechnisch Asyl gewährt, Dauerzustand sollte dies aber nicht sein. Auf dem Telekommunikationssektor soll ja Wettbewerb herrschen, so entschieden wir uns, nachdem die Telekom auf Anfrage eine Wartezeit für einen Neuanschluß – wir hatten den bisherigen Anschluß aus Kostengründen gekündigt – von 8-10 Wochen (!!) genannt hatten für einen DSL-Anschluß über 1&1, die eine Wartezeit von 3-4 Wochen zusagten. Nachdem wir frühzeitig einen Anschlußtermin (27.6.) mitgeteilt bekommen hatten begann die Vorfreude, die aber bald nach dem Termin in Frust umschlug. Nachdem die Leitung am 27.6. und den Folgetagen stumm blieb, glühten die Telefondrähte, wurde per Mail mit dem Anbieter korrespondiert. Als Ergebnis wurde uns dann am 5 Tag nach zugesichertem Vollzugstermin telefonisch – auf die schriftliche Bestätigung die angefordert wurde warte ich immer noch – mitgeteilt, mangels zur Verfügung stehender Ports in Nussdorf sei DSL hier nicht möglich. Schönen Dank auch, dies nach mehr als vier Wochen zu erfahren. Doch auch der Fastmonopolist Deutsche Telekom, bei den uns angekündigten Wartezeiten wohl nicht an Kundschaft interessiert, brachte uns nicht ans Ziel. Hier wurde bestätigt, was bekannt war, kein Port in Nussdorf frei für uns, d.h. gleichgültig, ob Telekom oder 1&1 Kunde, DSL ist hier ein leeres Versprechen. Ja, auf eine Warteliste könnten wir uns setzen lassen und aufrücken, wenn ein Port frei würde – wie lange wir warten müssten konnten wir nicht erfahren. Inzwischen gehen wir in die achte Woche ohne Netzzugang was ziemlich ärgerlich und belastend ist. So richtig frustrierend wirkt dann die Nachricht, unten im Tal, in Rieth, dort sei DSL flächendeckend möglich, was uns nicht wirklich hilft sondern den Zorn auf die Telekommunikationsbranche im allgemeinen und die Telekom mit ihren Töchtern im besonderen nur steigert. Worin die Lösung für uns liegt – keine Ahnung, wahrscheinlich werden wir Holz sammeln und beginnen, Rauchzeichen zu senden. Einziger Hoffnungsschimmer die Trennung von Telefonie und Internet, d.h. Telefon zurück in die Steinzeit und den analogen Modus, Internet über Funk. Schauen wir mal, was uns zu dieser Überlegung die Fachleute sagen.

… verdamp lang her …

 

ist der Titel eines Liedes von BAP, trifft auch auf uns zu, zwar nicht mit den wesentlichen Aussagen dieses anrührenden Liedes, aber mit obiger Zeile in Bezug auf den Kontakt zu Freunden, Familie. Ja, es ist verdammt lange her

– das wir die Familie live und in Farbe gesehen und gesprochen,

– mit Freunden und Bekannten ein Bier getrunken und geschwätzt, etwas unternommen haben,

– im eigenen Bett geschlafen und in der großen Wohnung herumspaziert sind, Platz zum ausbreiten hatten,

– ein Viertele Roßwager Halde getrunken haben,

– mit den Nachbarn geschwätzt haben,

– im Wald gejoggt sind,

– einen Tatort und die Sportschau gesehen haben,

– täglich eine aktuelle Zeitung lesen konnten und informiert waren.

– und noch so vieles anderes.

Es ist so vieles verdammt lange her – ist man in der Ferne unterwegs, lernt man auch die angenehmen Seiten des Zuhause besonders schätzen, beginnt dieses zu vermissen. Und je länger die Abwesenheit von Zuhause ist, um so weniger können die durch das Reisen auf einen einströmenden täglich neuen Eindrücke das schleichende Entstehen von Heimweh unterdrücken, das Fehlen so vieler Dinge, wozu insbesondere das soziale Umfeld gehört, kompensieren. Der eine stellt diesen Mangel früher, der andere später fest, kaum einer bleibt davon verschont. Man kann eine Weile versuchen, den Einflüsterungen, wie schön es doch zu Hause ist, sich zu widersetzen, sie bei Seite zu schieben, aber der stete Tropfen höhlt den Stein und irgendwann ist der Wunsch so stark, daß man diesem nachgeben will ja muß.

Gute acht Monate sind wir bereits unterwegs und haben unser Privileg, von der Welt einiges zu sehen, bereits ausgiebig in Anspruch genommen. Wir stellen aber fest, die ersten Monate in Südamerika haben wir intensiver unsere Umwelt “erfahren”, waren in unserer Wahrnehmung wacher, insgesamt auch bereiter, uns besonderen Belastungen auszusetzen, als das im Augenblick der Fall ist. Zum einen sind auf uns derart viele Eindrücke herabgeprasselt, die zu verarbeiten sehr schwer, die Masse zu ordnen nicht leicht ist, der Blog dabei sicherlich eine Hilfestellung leisten kann, das Gros der Arbeit aber unser Gedächtnis und unser Gefühlswahrnehmungen leisten müssen, zum anderen fordert das Umherreisen mit dem Ziel, möglichst viel auch zu sehen, zu besuchen, seinen Tribut, denn so mit links regelt sich nicht alles. Individuell zu reisen ist ein großes Vergnügen, die Zeit und das Geld dazu zu haben ein besonderes Privileg, gleichzeitig aber auch eine Last, ist anstrengend. Fast jeden Tag an einem anderen Ort zu sein, in einem anderen fremden Bett zu schlafen, dabei viel weniger als daheim mit anderen Menschen ausgiebig kommunizieren zu können, kostet Körner, Spannkraft, Energie. Es ist ein Mythos, die Freiheit des Individualreisenden sei grenzenlos, denn diese Freiheit, der Freiraum soll ja ausgefüllt werden und dieses “ausfüllen” geschieht nicht automatisch, sondern muß von uns bewältigt werden, täglich bewältigt werden. Daheim vollzieht sich das Leben in klar bekannten Bahnen, meistens zumindest, hier auf der Reise ist jeder Tag etwas Neues, kommen wir nicht mit Routine und Altbekanntem klar, sondern müssen uns nahezu täglich notwendige Informationen beschaffen, ständig Entscheidungen treffen, werden mit unbefriedigenden Situationen konfrontiert, müssen Frust verarbeiten, dürfen uns aber wie Bolle freuen, wenn wir, wie sehr oft, etwas schönes gesehen, erlebt haben. Wenn man sich nicht einfach treiben lässt, sondern die Reiseländer intensiv bereisen will, geht das nicht ohne besondere geistige und körperliche Kraftanstrengung ab. Wir stellen fest,  so langsam nimmt unser Kraftdepot ab; wir sind zwar nicht abgeschlafft und schleppen uns nur noch von Station zu Station, aber eine längere Ruhepause wäre doch ganz schön. Dort wo diese geplant waren, konnten wir uns nicht entspannen. Vielleicht fällt es uns auch besonders schwer, wenn schon in der weiten Welt unterwegs, dann wollen wir auch ein Optimum aus dieser Reise machen, faulenzen ist nicht, wo geht es denn nun Morgen hin, uns einfach treiben zu lassen. So sind wir aber nicht gestrickt.

Reisen macht Freude, ist inspirierend, aber auch anstrengend, wenn man nicht eine vorkonfektionierte Reise unternimmt. Wir sind so langsam müde geworden, könnten durchaus noch weitere Ziele ansteuern, aber der Nutzen, den wir daraus ziehen, wird immer geringer.

Wir glauben auch den jeweiligen Ländern immer weniger gerecht werden zu können, denn es hat sich die Tendenz entwickelt, die einzelnen Länder, ihre Höhepunkte, zu vergleichen. Dabei wissen wir doch, daß jedes Land seine Eigentümlichkeiten, seine Besonderheiten besitzt. Wie soll ich die Strände Grönlands mit denen auf einem Südseeatoll vergleichen – toll, wenn es einen Sandstrand in Grönland gibt, den die Menschen zum Baden nutzen können, gleich ob dieser schmal oder breit ist, aus weißem oder schwarzen Sand besteht.- welche Rolle spielt dann der Traumstrand in der Südsee?

Inzwischen glauben wir, eine kürzere Reisezeit verbunden mit (noch) weniger Ländern hätte den Genuß, die Freude am Reisen noch weiter gesteigert, wir hätten mehr Aufmerksamkeit den dann kleineren Reisegebieten gewidmet. Die uns geschenkte Freiheit, ein Jahr lang mehr oder weniger völlig unbeschwert zu reisen, in drei Blöcke von je vier Monaten Dauer aufgeteilt, in denen in Block eins und drei jeweils eine Region intensiv bereist worden wäre, ist die bessere Nutzung der zur Verfügung stehenden Zeit. Bei den von uns ausgewählten Ländern ist das aus klimatischen Gründen nicht möglich, so hätten dann die Reiseziele anders definiert werden müssen. Weniger ist daher mehr, obgleich, bei Lichte betrachtet, wir nicht wie die Wahnsinnigen durch die Länder gejagt sind, sondern uns intensiv einigen Regionen eines Landes gewidmet haben. Andere Globetrotter schaffen es in den uns einschließlich Sprachschule für Chile und Teile Argentiniens zur Verfügung gestandenen etwas mehr als 4 Monaten nicht nur, diese beiden Länder zu bereisen, sondern ganz Südamerika, am besten in Mexico beginnend. Man war halt überall, aber war man wirklich vor Ort? Wir glauben, hinsichtlich der in den einzelnen Ländern verbrachten Zeitspannen eine gute Orientierung besessen zu haben, auch wenn hier und da wir mal etwas länger, mal etwas kürzer hätten dort reisen können.

Alle bisher bereisten Regionen haben uns etwas gegeben, uns bereichert, uns mit Eindrücken versorgt, manchmal überversorgt. Keine würden wir bei einer erneuten Reise aus der Liste streichen wollen, auch wenn Katrin unsere Entscheidung nach Samoa zu reisen rückblickend negativ beurteilt. Auch in Samoa haben wir einige schöne Begegnungen gehabt, konnten zwei Südseeinseln, von denen wir sonst nur gertäumt hätten, etwas näher betrachten. Wenn dann das Bild – es ist ein Bild und nicht die Realität, es soll die Realität nur Abbilden abbilden – dieser Südseewelt, unser Bild, nicht mit dem Vorgefundenen in jeder Einzelheit übereinstimmt, dann stimmt das Bild nicht, die Realität/reale Welt ist gegeben. Vielleicht hätte unser Eindruck über die Südsee dem geistigen Bild entsprochen, wenn wir unsere Absicht, die Cook-Islands zu besuchen, hätten verwirklichen können.

Dennoch, es wird Zeit, dem Heimweh nachzugeben, uns wieder in dem Umfeld von Familie, Freunden und Bekannten zu bewegen, das uns auch das Gefühl vermittelt, dort hinzugehören. Die Reiseziele wurden überarbeitet, Papua New Guinea aus unterschiedlichen aber wohlbegründeten Überlegungen heraus aus unserer Reiseplanung gestrichen; damit haben wir, zumindest vorübergehend, einen sehr großen Reisetraum erst einmal bei Seite gelegt, aber nicht aufgegeben. Wir werden also früher zurückkehren, als zu Beginn unserer Reise geplant; es werden wohl etwas mehr als 9 Monate an Stelle der ins Auge gefassten 10-11 Monate sein. Aber  …. verdamp lang her … – und das ist es in der Tat!

Geschafft!

Lange hat es gedauert, aufgelaufene Rückstände in der Berichterstattung “aufzuarbeiten”, zu vervollständigen,  zu bebildern und nach und nach in den Blog “rüberzuschieben”. Insbesondere in den vergangenen 14 Tagen wurde hart daran gearbeitet, ein mir selber gegebenes Versprechen zu erfüllen. Oft waren andere Dinge dringlicher, war das Netbook für Informationsbeschaffung oder Korrespondenz erforderlich, oder fehlte es schlicht an der notwendigen Zeit. Nicht immer stand uns auch in dem erforderlichen Umfang ein Netzzugang zur Verfügung, das Versenden der Blogdateien überforderte manchen Internetanschluss. Wir hatten in der Vergangenheit selten “freie” Tage, sondern haben, wenn nicht ein Sauwetter uns daran gehindert hat, etwas Interessantes unternommen, die Zeit für uns genutzt. Abends sanken wir oft sehr müde ins Bett, das Schreiben am Blog stand dann zurück. Nun haben wir/ich den Anschluß an die Jetztzeit geschafft und hoffen, in den kommenden Monaten nicht allzu sehr in Rückstand zu geraten.

Die eingestellten Bilder wurden in der Regel im Schnellverfahren aus dem Konvolut gemachter Aufnahmen ohne Bearbeitung ausgewählt, ihre Qualität läßt manchmal zu wünschen übrig, wird aber von uns als ausreichend zur Bebilderung eingeschätzt.

Also noch einmal allen, die hier längere Zeit auf mehr Aktualität gewartet haben : ‘tschuldigung, ging leider nicht anders! Nun sind wir endlich aktuell.

Autofahren – anders!

Nun haben wir bislang gut 7000km mit unserem Wagen hinter uns gebracht und sind, das gilt es festzuhalten, in unserem Fahrverhalten dem einheimischen Fahrverhalten immer ähnlicher geworden. Rechts vor links – wir haben bis heute nicht erschließen können, ob dieses Prinzip auch hier gilt; bis auf weiteres heißt es an jeder Kreuzung, so wir uns nicht auf einer Bundesstraße befinden, zu schauen,  wer als erster in die Kreuzung einfährt, denn dann hat man gewonnen, so scheint es zumindest. Auch hier gibt es zahlreiche Verbots- und Gebotsschilder und analoge Straßenmarkierungen. Es scheint, als wenn diese hier als Hinweise verstanden werden, denn eine durchgezogene Linie auf der Straße, ein entsprechendes Überholverbotsschild wird sicherlich zur Kenntnis genommen, denn blind ist man ja nicht, aber beachtet? Inzwischen setze auch ich auf den Landstraßen, die nur so wimmeln von durchgezogenen Linien, zum Überholen an, wenn dies opportun erscheint aber verboten ist. Wer soll das hier denn kontrollieren. Und Geschwindigkeitsbeschränkungen – in der Stadt 60kmh, auf der Landstraße m.E. 110kmh stellen auch nur Empfehlungen dar; Tempo 80-100 in der Stadt, selbst bei dichtem Verkehr auf zweispurigen Straßen sind nach unserer Einschätzung eher Regel als Ausnahme. Es scheint, als wenn der vor vielen Jahren verstorbene Rennfahrer Fangio immer noch Vorbild für die Schnellfahrer im Land ist. Häufig fehlten insbesondere in den Städten Fahrbahnmarkierungen – dies ist praktisch, denn nicht jedes Fahrzeug benötigt den gleiche Fahrbahnbreite. Auch wenn neben der Parkspur im allgemeinen Platz für zwei weitere Spuren vorgesehen ist, dort wo zwei PKWs nebeneinander Platz haben sollte auch Raum für ein drittes Fahrzeug sein, so scheint die Devise vieler Verkehrsteilnehmer zu lauten.  Dementsprechend munter geht es dann auch auf den Straßen bei nicht geringer Geschwindigkeit zu; und wenn man nicht schnell genug reagiert – wozu gibt es eine Hupe, von der dann umgehend und ausgiebig Gebrauch gemacht wird. Paradiesische Zustände? Eher nicht, denn der Fußgänger scheint oft Freiwild zu sein; Zebrastreifen – behindern nur den Verkehr, Fußgänger auf einem Zebrastreifen – sollten am besten umgehend zur Seite springen, wenn ein Fahrzeug in der Nähe ist. Selbst die Busfahrer nehmen keine Rücksicht, ob alt oder jung, die Straße – und der Zebrastreifen gehört ja dazu – sind im Besitz der Autofahrer. Wir wurden von den Fußgängern mit Staunen/Erstaunen angesehen, wenn wir als Abbieger Rücksicht auf die am Zebrastreifen wartenden Fußgänger nahmen; dies ist hier offensichtlich völlig unbekannt.

Nun denn, dieser völlig rücksichtlosen Fahrweise sind wir noch nicht verfallen und hoffen, auch auf unseren vor uns liegenden Kilometern nicht den letzten Anstand, der uns im Straßenverkehr in der Heimat über Jahrzehnte antrainiert wurde, aufzugeben. Wie sehr uns der hiesige Fahrtstil geprägt hat werden wir sehen, wenn wir wieder in der Heimat unterwegs sind.

Was (ich) wir unterschätzt habe(n)

Auf unseren bisherigen auf eigene Faust unternommenen Reisen war es im allgemeinen kein Problem, vor Ort ein passendes Quartier zu finden, eine Erfahrung von der wir glaubten, dies auch in Südamerika bestätigt zu finden. Und es kam anders und damit auch Reisestress auf. Nicht nur, daß wir uns bislang öfter in Regionen aufmachten, in denen die Infrastruktur noch ausbaufähig war, oft mußten wir auch, weil die Fahrtstrecken auf Grund der Straßenverhältnisse mehr Zeit erforderten als uns lieb war, in der einbrechenden Dunkelheit uns auf die Suche machen. Nun könnte man einwenden – es gibt doch Internet, also bucht vor – richtig, wenn wir denn immer Internetzugang hätten und die Quartiere auch über das Netz erreichbar wären. So standen uns im allgemeinen zwei Quellen zur Verfügung : einerseits die übersichtlichen bis fehlenden Hinweise in unserem Reiseführer, andererseits die Hinweise, leider nicht für alle unsere Quartierstädte, die unser Straßenkartenmaterial von COPEC aufwies. Als entscheidendes Problem stellte sich aber die unzureichende Straßenbeschilderung in den Orten heraus, und wenn es welche gab, dann in schlecht lesbarer Schrift auf schwarzem Untergrund, ganz besonders leicht zu entziffern, wenn die Dunkelheit eingesetzt hat und nur sporadische Straßenbeleuchtung vorhanden war. Zudem standen uns für die meisten der Quartierorte keine Ortspläne zur Verfügung. Hin und wieder mußten wir Ortsansässige um Rat fragen, was bei unseren Spanischkenntnissen und deren mehr als gewöhnungsbedürftiger spanischer Intonation, regionaler Sprachfärbung, Sprachgeschwindigkeit,m Verwendung uns unbekannter Idiome etc. mehr als Ratespiel denn als Wissensinformation verstanden werden konnte. Es war Katrins Einfühlungsvermögen, Freundlichkeit und den ständig verbesserten Sprachkenntnissen zu verdanken, daß wir bislang noch jede Nacht, wenn auch nicht immer sehr komfortabel, untergekommen sind. Also, unter die Räder sind wir zwar nicht gekommen, aber unter den geschilderten Bedingungen war die nahezu tägliche Quartiersuche belastend. Den Aufwand und den damit verbundenen Streß haben wir (ich) ganz schön unterschätzt. Eine Konsequenz war/ist, nicht täglich von Ort zu Ort zu reisen, sondern sich Standorte zu suchen, von denen aus wir das weitere Umfeld in Ruhe erkunden können.

So ganz ohne sprachliche Vorbereitung sind wir ja nicht nach Südamerika eingereist; wir hatten auch gehofft, in unserem vierwöchigen Sprachkurs solche Fortschritte machen zu können, daß eine vernünftige Verständigung mit der Bevölkerung möglich ist. Das ist leider nicht der Fall, obgleich bei unseren täglichen Spanischlektionen in der Praxis vor allem Katrin so richtig Fortschritte macht, was sie und mich freut und Katrin in die Pflicht nimmt, sich um nahezu alles zu kümmern, bei dem Spanisch gefordert ist!?

Der eine oder andere, der sich in unseren Blog eingewählt hatte, konnte feststellen, mit welcher Zeitverzögerung  Artikel erscheinen. Ja, es dauert! Ich habe völlig unterschätzt, welcher Zeitaufwand mit dem Verfassen von Artikeln und das Einbinden von Fotos verbunden ist. Dachte ich anfangs, mal schnell etwas zu schreiben, um die Aktualität gewährleisten zu können, blieb es oft bei kurzen Infos für ein weiteres Verarbeiten und der Stau wurde/wird wochenlang vor uns/mir hergeschoben. Oft fehlte auch die Zeit, denn Wichtigeres war zu erledigen, oder ganz einfach die Lust, nach einem interessanten Tag statt sich zu entspannen, das Netbook zu öffnen und zu schreiben. Da die Infos in diesem Blog im Grunde ein nicht geführtes Reisetagebuch ersetzen sollen reicht es einfach nicht aus, einige wenige kurze Informationen zusammenzustellen, sondern ich möchte auch einen Blick zurück  versuchen – und das ist nicht immer in kurzer Zeit getan. Das Problem erscheint mir kaum lösbar, also werden wir mit dem Abarbeiten des Staus uns weiter beschäftigen und ihr auf sehr aktuelle Berichte bis auf weiteres verzichten müssen. Wir hoffen, ihr versteht das.