In Araucania – Teil 1: Curacautín

In der Nacht vom 6. auf den 7.11. ließ der Starkregen nach und am früher Morgen fiel kein Tropfen mehr. Die Region bietet genug Möglichkeiten in den zahlreichen Naturparks zu wandern, Grund vor Ort zu bleiben und nicht weiterzufahren. Einzig der uns nicht mit Bargeld versorgende Geldausgabeautomat der örtlichen Bank und die geringen vorhandenen chilenischen Bargeldbestände machten Fahrt zur Bargeldversorgung in das 90 Kilometer entfernte Temuco notwendig.

Auf der Suche nach dem lokalen Tourismusbüro fielen uns mehrere Hinweise auf Hostels auf; dem ersten gingen wir sofort nach und stießen auf ein sehr empfehlenswertes Hostel, Epu PeweN, in dem wir uns sofort für zwei Nächte einquartierten. Das gelöste Quartierproblem gab uns die Chance, statt nach Temuco direkt in den Nationalpark Tolhuaca, gute 30 Kilometer nördlich gelegen, zu fahren, in dem einige schöne Wanderwege existieren. Und wir wurden nicht enttäuscht.

In der Region gibt es, auf Grund der besonderen geologischen vulkanischen Situation zahlreiche Thermalquellen und –bäder. Auf dem Weg zum Park stießen wir auf eine derartige Einrichtung mit einem Außenbecken in einer Anlage, die früher bessere Tage hatte, da der Gesamtkomplex sichtbaren Renovierungsbedarf hatte. Mit Blick auf die fast auf Null gesunkenen Bargeldbestände entschieden wir dann trotz im Wagen vorhandener Badeausstattung, den Thermenbesuch zu vertagen. Stattdessen machten wir uns auf den mit 1 1/2 Stunden einfache Wegstrecke ausgewiesenen Wanderweg zur Laguna Verde. Vorbildlich die Wegmarkierung, zumindest am Einstieg in den Weg; später erübrigten sich wohl weitere Markierungen, der schmale Fußweg leitete den Wanderer vorzüglich. An der Tafel am Streckenbeginn war die Weglänge mit 2 Kilometern angegeben, eigentlich auf einem Bein zu bewältigen in der angegebenen Zeit. Es ging unter einem grünen Blätterdach anfangs stetig bergauf,manchmal mußten wir auch über Baumstämme klettern, uns über das Geröll eines Bachbettes “hocharbeiten”, die ersten Araucariebäume wurden gesichtet, denen immer mehr folgten. Wir fühlten uns wohl, das Wandern machte so richtig Spaß und zu unserem Glück blieb es trocken, teilweise konnte man die Sonne durch die Wolkenlücken erahnen. Nach etwa einer Stunde bergangehen kamen erste Zweifel auf, ob wir auf dem richtigen Weg uns befinden, 2 Kilometer, die sind doch schon längst hinter uns. Da wir uns an eine Weggabelung nicht erinnern konnten blieb nur die Schlußfolgerung, dem richtigen Weg zu folgen – Angaben können auch fehlerhaft sein, siehe unsere Versuche der Passüberquerung in den vergangenen Tagen. Irgendwann, es müssen gut 1 1/2 Stunden vergangen sein, hörten wir ein immer stärkeres Geräusch eines bergabfließenden Baches – dann kann die Quelle und vermutlich der See nicht weit sein. Schließlich waren wir am Ziel, an einem idyllisch von hochstämmigem Wald, in der Mehrzahl Araucariebäume umsäumten kleinen Bergsee, in dem sich wenige Enten tummelten, ansonsten war hier eine herrliche Ruhe. Wir freuten uns, nicht nur, das Ziel erreicht zu haben, sondern so etwas ruhiges, friedliches und schönes zu Gesicht bekommen zu haben, der Tag war bereits jetzt ein Erfolg.

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Die Zeit des Rückweges stoppten wir und als wir feststellen mussten, trotz schnellem Gang 50 Minuten gebraucht zu haben, war die ursprünglich angegebene Weglänge als fehlerhaft entlarvt.  Es müssen eher 4-5 Kilometer sein, so unsere Schätzung, aber für uns war nicht die Länge, sondern das Erlebnis von Bedeutung.

Die Weiterfahrt durch den Nationalpark führte uns an immer neuen Baumriesen vorbei an eine große Laguna, die Laguna Malleco, die wir bereits durch die Bäume während unserer Wanderung in weiter Ferne ausgemacht hatten. Schon bald hinter dem Parkende breiteten sich größere Ackerflächen ebenso aus wie riesige abgeholzte Areale, die jetzt brach lagen. Uns begegneten zahlreiche LKWs mit Hängern, voll beladen mit Holzstämmen – hier wurde offensichtlich der Baumbestand drastisch reduziert und zu Geld gemacht. Später bemerkten wir, daß zumindest auf einigen der abgeholzten Flächen eine Wiederaufforstung stattgefunden hat. Dann wiederum stießen wir auf lange Alleen sehr hoher und sehr schlanker Bäume, bei näherem Hinsehen stellten sich diese als Eukalyptusbäume heraus, die plantagenartig angepflanzt und, wie an den abfahrenden LKWs ersichtlich war, ebenfalls großflächig gefällt wurden. Wie wir später erfuhren, verkaufen die Landwirte ihre ausgelaugten Äcker an die Holzindustrie, die dann dort Plantagen mit schnellwachsenden Pinien und Eukalyptusbäumen anlegt.

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Die vom Park in die rund 55 Kilometer entfernte Stadt Victoria führende Straße war die übliche Schotterstraße, bei der an Schlaglöchern nicht gespart worden ist. Um so erstaunter waren wir, als an unserem haltenden Wagen ein Holztransporter vorbeistob, bei dem sich ein etwa 4m langer Stamm schon fast zur Hälfte herausragte und drohte auch vom Hänger zu fallen. Wir hinterher und nach etlichen Kilometern, die der LKW zum Teil mit Tempo 70 auf dieser Strecke zurücklegte, konnten wir ihn endlich überholen und auf sein Ladeproblem aufmerksam machen. Für uns erstaunlich, wie sorglos hier geladen wird; Zurrgurte sind zumindest bei den gesehenen Holztransportern wohl unbekannt, denn am Weg liegende Stämme zeugten davon, daß auch andere Transporter bereits Lasten verloren hatten.

Autobahnen und der Verkehr darauf sind bei uns streng reglementiert; wer dies auf hiesige chilenische Verhältnisse übertragen will, irrt. Nun hat sich sicherlich auch bei uns einmal ein verwirrter Radfahrer auf eine Autobahnauffahrt verirrt, hier in Chile scheinen jedoch Radfahrer auf diesen Pisten nicht zwingend die Ausnahme zu sein, und schon gar nicht bei Fahrten entgegen der Fahrtrichtung. Fußgänger nutzen auch die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, d.h. sowohl Überquerungen der Fahrbahnen trotz teilweise aufgestellter Zäune zwischen den beiden Richtungsbahnen finden in bemerkenswerter Zahl statt wie auch das Nutzen der Fahrbahn als Fußweg. Schließlich scheinen die Autobahnen ein guter Treffpunkt zu sein, wenn man für eine Mitfahrt verabredet ist, wie zahlreiche am Rande wartende Bürger belegen.  Andere Länder, andere Sitten, hier muß wohl mit allem gerechnet werden.

Temuco haben wir kurz zum Geldtanken besucht, so interessant soll die Stadt auch nicht sein, um hier Stunden zu verbringen. Am Abend nutzten wir dann die Küche unseres Hostels und konnten seit langem endlich einmal etwas anderes als die sattsam bekannten Restaurantspeisen genießen.

Freitag den 8.11. hatten wir uns vorgenommen, im südlich von Curacautín gelegenen Nationalpark Conguillio eine mehrstündige Wanderung in Richtung der Berggruppe Sierra Nevada zu unternehmen, ein Weg, der als wunderschöner Aussichtsweg mit Blick auf den Lago Conguillio und den Vulkan Llaima beschrieben wird. Die Absicht zu dieser Wanderung konnten wir nicht umsetzen, denn wer läuft schon gerne stundenlang bergauf, um dann in Wolken zu stehen und das gewünschte nur vor dem inneren Auge wahrzunehmen? Während der Anfahrt auf den Nationalpark sank die Wolkendecke zunehmend, vom Vulkangipfel war nichts wahrzunehmen. Dennoch, die Fahrt in und durch einen guten Teil des Parks waren ein Gewinn. Immer wieder gingen die Augen nach oben und suchten die Baumkronen der Riesenbäume, die hier im Park in sehr großer Zahl stehen. Es war wie im Urwald, denn der Park und sein Baumbestand wird sich selber überlassen. Manchmal sah man von der Piste aus die Riesen flachgelegt und verfaulend. Auf einem kleinen Rundweg durch einen nahezu ausschließlichen Araucarienbestand waren wir den alten Bäumen dann greifnah, konnten seine sehr dicke schrundige oft als Fünfeck ausgeprägte Borke deutlich sehen und fühlen, sammelten ausgeworfenen Samen und versuchten, die Baumhöhen zu schätzen.

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Der Vulkan Llaima gehört zu den regeren seiner Art; zuletzt  ist er am 1.1.2008 ausgebrochen; auf der Fahrt durch den Park kann man sehr deutlich die Bahnen sehen, die das Lava damals genommen hat; auch entfernt von der eigentlichen Flußstrecke hat der Baumbestand nicht unerheblich gelitten, wie verkohlte Stämme zeugen.

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In der Hoffnung auf Wetterbesserung haben wir die Wanderung nur aufgeschoben.

Das war ein Tag, der 9.11., ein Tag, den man sich an die Wand hängen kann! Damit sind nicht Ereignisse gemeint wie der Matrosenaufstand 1917 oder der Mauerfall 1989, sondern unser Tag hier in Curacautín und dem angrenzenden Nationalpark Conguillio. Zwar schien früh morgens keine Sonne, aber die Hoffnung bestand auf einen Anstieg der Wolkendecke. Als wir uns dann um 10:00 Uhr auf den Weg in den 35 Kilometer entfernten Park machten gab es Hoffnung aber keine Gewißheit auf einen ungestörten Blick auf den Llaima. Aus dem Ort fahrend hatten wir endlich freien Blick in Richtung Süden und waren  mehr als überrascht, denn wir sahen nicht nur den ganzen Vulkan in stolzer Größe, sondern bis weit hinunter an den Fuß in der Ebene war Weiß zu erkennen – es hatte kräftig geschneit und so kamen wir in den Genuß eines märchenhaften Bildes. Unten im Ort war es in der Nacht zwar ziemlich kalt, etwas über Null Grad wies die Vorhersage aus, aber es war trocken geblieben. Schön, wenn dann wenige Kilometer entfernt das Wetter eine so überraschende Wendung nimmt. Nicht nur der Llaima, sondern auch die übrigen sichtbaren Vulkane wie der Lonquimay, der Lanin viel weiter im Süden und die Sierra Nevada trugen reichlich Neuschnee. Auf der Fahrt in den Park konnte zumindest ich mich  an dem tollen Bild nicht sattsehen.

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Geplant war eine Wanderung beginnend am südöstlichen Ende des Lago Conguillio hinauf auf Aussichtspunkte in der Sierra Nevada, um von dort einen, wie beschrieben, unglaublichen Blick über See und Araucariewälder auf den Vulkan zu haben. Und das war nicht zuviel versprochen. Wir gingen mehr oder weniger stetig durch eine Art Märchenwald bergan, in dem Monsterbäume zu Hauf standen, nicht alle bei bester Gesundheit, will sagen, aus unerfindlichen Gründen waren einigen die Kronen abhanden gekommen. Aber ihre Baumstammumfänge, wir schätzten auf 1,50-2m in vielen Fällen und die Stammhöhen, die auf kein Bild zu bannen waren, imponierten. Der Wald wird sich selbst überlassen als Naturpark, weshalb Leben und Tod nebeneinander immer wieder Platz haben, umgestürzte Bäume von noch gesunden aufgefangen und gehalten werden oder kreuz und quer liegen und langsam sich zersetzen. Der hier durchwanderte Wald war ein Mischwald, in dem neben den häufig anzutreffenden Araucariebäume auch Buchen stehen.

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Fast während der gesamten Wanderung vernahmen wir nur naturnahe Geräusche wie fließendes Wasser, herabstürzende Bäche, Vogelgezwitscher, Blätterrauschen und auch das Pochen eines, nein es waren erkennbar drei verschiedene Spechte. Hoch oben, leider oft sehr gut durch die Blätter verdeckt, bearbeiteten die Vögel das Holz. Ihr “Klopfen” war deutlich zu hören, selbst von mir, jedoch die Vögel finden? Dank Katrins guter Augen entdeckten wir den Arbeitertrupp, der sich von den Menschen dort unten auf dem Weg nicht abhalten oder verscheuchen ließ.

Wie wir am ersten größeren Aussichtspunkt feststellten, waren wir nicht die einzigen auf dem Weg. Wir trafen dort vespernd eine Schulklasse auf ihrer Abschlußfahrt an, im Verlaufe des Tages begegneten uns darüber hinaus auch mehrere Wanderer aus deutschsprachigen Ländern, die sich fast ausnahmslos durch ihr “Hallo” und keine spanische Begrüßung zu erkennen gaben.

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Nach etwa 1 3/4 Stunden Anstieg hatten wir den Kamm eines Bergrückens erreicht, auf dem wir zum abschließenden Aussichtspunkt, der dem Vulkan und seinen beiden Kegeln genau gegenüber liegt, wandern wollten. Das Schnee gefallen war, hatten wir ja gesehen, jedoch war uns nicht klar, bis auf welche Höhe der Schneefall reichte. Und dann trafen wir, mit normalen Wanderschuhen ausgerüstet, auf die ersten kleineren Schneefelder, die sehr langsam wegen des ziemlich abschüssigen Geländes überquert wurden. Zuerst wechselten sich die durch Bewuchs geschützten und praktisch schneefreien Flächen mit den ausgesetzten und stark beschneiten Flächen ab. Dann ganz oben auf dem Kamm lag vor uns nur noch eine weiße Fläche, in die wir uns hineinarbeiteten. Immer wieder konnten wir die Sicht auf den Vulkan genießen, bemerkten aber gleichzeitig, wie der Schnee trotz besten Bemühens den Weg in die Schuhe fand und wir nasse Socken bekamen. Nach einer guten 3/4 Stunde Stapfen im Schnee ohne Aussicht auf grundlegende Besserung, denn der angepeilte Aussichtspunkt lag auch auf einer sehr ausgesetzten Stelle des Kamms, entschieden wir, die letzten vor uns liegenden wenige hundert Meter uns zu schenken, denn deutlich besser als der vom aktuellen Punkt ermöglichte Blick über See, Wald und Vulkan dürfte weiter vorn nicht zu erwarten sein, umzukehren. Ein, wie sich herausstellte sehr guter Entschluß.

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Gut eine viertel Stunde später bemerkten wir über uns zwei große Vögel, die fast ohne einen Flügelschlag ihre Kreise am Himmel zogen; einer von ihnen ließ sich bald talwärts gleiten, der andere zog weiterhin erst große, dann über uns immer kleinere Kreise, kam im Flug immer tiefer und ließ sich dann etwa 200m entfernt auf einem Araucariebaum nieder. Von uns aus schwer auszumachen, um was für einen Vogel es sich handelt, getippt wurde auf einen Geier, denn Kondore sollen ja einen roten Dutt auf dem Kopf haben, den wir jedoch nicht wahrnehmen konnten. Leider platzierte sich der Vogel für die Kamera so ungeschickt auf seinem Baum, daß er uns förmlich den Rücken zuwandte und die “Nase in den Wind drehte”. Schade, denn den Kerl auf die Platte zu bannen war so kaum möglich. Ab und an hob er die Flügel an aber offensichtlich nicht, um wieder abzuheben, worauf der Fotograf wartete, sondern wohl nur, um sich etwas Wind unter die Federn blasen zu lassen. Nach mindestens 5-minütiger Warterei gingen wir davon aus, daß dieses Flugobjekt für längere Zeit in Parkposition gebracht worden war und gingen unseres Weges. Katrin, oft mehr als einen Schritt voraus, während ich immer wieder Ausschau nach rechts oder links nahm, wartete bald auf mich um zu berichten, daß in einem Abstand von vielleicht zwei Metern ein riesiger wohl ähnlicher Vogel auf einem Baum regungslos vor ihr über Minuten gesessen hätte, um dann den Abflug zu machen. Also waren uns an diesem Tag drei sehr große Vögel begegnet.

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Am Abend in unserem Hostel zeigte ich die wenigen Bilder, die möglich waren, den Mapuche-Hostelbetreibern, um eine Antwort auf die Frage Geier oder was zu erhalten. Wir wurden aufgeklärt, daß in dieser Region der Anden Geier nicht vorkämen. Ein Blick auf die Fotos und dann anerkennende Äußerungen. Wir hätten wirklich Kondore gesichtet; daß diese Vögel uns so nah herangelassen hätten, sei kein Normalfall. Aus Mapuchesicht hätten die Vögel uns quasi begrüßt und uns ihren Respekt bezeugt. Gleich wie die Sichtweise der naturverbundenen Mapuche ist, wir freuten uns riesig,  diese Vögel über so lange Zeit beobachtet und gesehen zu haben.

Der Tag war somit ein besonderer für uns, tolle Wanderung in beeindruckender Landschaft, freier Blick auf einen sonnenbeschienenen schneebedeckten Vulkan, eine imposante Berglandschaft darum herum und die Begegnung mit drei Flugobjekten, die sich als Kondore herausstellten. Was will man mehr an einem Tag?

Am Abend trafen wir dann im Hostel auf neue Gäste, von denen zwei sich als auf der Fahrt in den Park gesichtete Radfahrer herausstellten. Hatten wir den beiden am Straßenrand stehenden Sportlern bereits beim Vorbeifahren durch den hochgereckten Daumen unsere Anerkennung signalisiert, wuchs unsere Hochachtung im Verlaufe eines abendlichen Gespräches mit dem aus dem Elsaß stammenden Paar. Im Verlaufe von 7 Monaten hatten die beiden Teile von Peru und Bolivien durchfahren und sind die Anden entlang in Chile und Argentinien – unter Einschluß der Halbinsel Valdez in Argentinien (!) – bis tief in den Süden nach Ushuaia geradelt; jetzt quasi auf einer Zwischenetappe wieder im Seengebiet gelandet, um in etwa zwei Wochen dann im Süden die Mutter der Radfahrerin zu treffen. Auf rund 10.000km seien sie gekommen mit ihren einschließlich Gepäck zwischen 40 und 50kg schweren Rädern. Übernachtung in der Regel im Zelt, auch bei deutlichen (20) Minustemperaturen, Verpflegung wurde mitgeschleppt und bestand in der Zeit meistens aus Reis, Nudeln und Fischkonserven. Vielfach seien sie auf sehr hilfsbereite Menschen gestoßen, hätten aber auch oft Unverständnis hervorgerufen – Unverständnis aus Unwissenheit, denn hier ist man ein armer Mensch, wenn er kein Auto hat, sondern mit dem Fahrrad herumfahren muß! Europäer, die sich kein Auto leisten können – hier ein Treppenwitz, wenig Verständnis dafür, daß es auch andere als konsumorientierte Lebensentwürfe gibt. Wie Allain und seine Frau uns erzählten, war dies nicht die erste und wird nicht die letzte monatelange Fahrradtour sein. Als nächstes Ziel steht Tadschikistan/Kirgisistan auf dem Wunsch- und Planungszettel! Und die beiden haben einen Elan – abends angekommen wird sofort für den nächsten Tag eine Besteigung des schneebedeckten mehr als 2700m hohen Lonquimay mit Pickel und Steigeisen, die hier im Hostel ausgeliehen werden können, in Angriff genommen, Abmarsch ist 06:30 Uhr. Dass Angebot, doch mitzukommen, haben wir dankend abgelehnt, obgleich wir bei den beiden bergerfahrenen in guten Händen gewesen wären, denn Allain kann allein 14 Besteigungen des Montblanc aufweisen.

Für den 10.11. hatten wir dann den Besuch des Nationalparks Malalcahuello und Nalcas mit seinem Hauptvulkan Lonquimay ins Auge gefasst. Bei seinem letzten Ausbruch 1988 ist hier ein zweiter junger Krater entstanden, zu dem wir wandern wollten. Am Park angekommen mussten wir feststellen, daß der Schnee weiter herabreichte als wir uns vorgestellt haben und der Weg für den vierstündigen Anstieg im wesentlichen durch die Geröllfelder alter Vulkanausbrüche führt, für dass Auge nach den vergangenen grünen Tagen eine Strafe, für den Wanderer bei starker Sonne ohne Schatten keine Freude. Wir hatten, wie uns die Elsässer am Abend berichteten, schon etwas verpasst, aber trockene Füße behalten. Stattdessen entschieden wir uns für die erste Hälfte des Weges “El Coloradito”, von dem aus in größerer Höhe immer wieder Blicke auf den Vulkan möglich sein sollen. Anfangs gab es auch, wie wir es von den Vortagen gewohnt waren, Wegmarkierungen, die sich jedoch dann im Nichts verloren. Wir stapften dann eine gute halbe Stunde über die letzte Markierung hinaus einem als solchen empfundenen Pfad nach, der sich entlang eines Baches nach oben schlängelte, bis wir vor einer nahezu undurchdringlichen grünen Wand standen. Ein weiterer Weg war weder zu erkennen noch zu erahnen – Konsequenz : Rückweg nach fast einer Stunde Gehzeit. Am Startpunkt dann angelangt bot es sich an, den Weg auf einen kleinen Nebenberg zu gehen, auf den wir uns dann auch machten. Es floß Schweiß, aber nach einer guten Stunde waren wir dann auf gut 1800m Höhe angekommen, genossen aber nur kurz die Sicht, denn vom Tal kam der Wind in starken Böen hochgeschossen. Auch wenn wir heute unser ursprüngliches Ziel nicht erreichten, wir haben dennoch einige schöne Wanderstunden erlebt.

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Unsere beiden unkaputtbaren Elsässer hatten – selbstverständlich – den Vulkangipfel erreicht; dazu reichte ihnen die Zeit von 07:30-11:00 Uhr. Sie haben sich dann auf dem Gipfel und einer anderen Abstiegsroute auch über den jungen Vulkan einen schönen Nachmittag gemacht und kamen ohne Anzeichen einer besonderen körperlichen Anstrengung wieder im Hostel an.

Sowohl im Naturschutzgebiet des NP Conguillio als auch in NP Malalcahuello-Nalcas bestehen Skiarenen an jeweils einer Vulkanflanke mit jeweils drei relativ kurzen Liften an augenscheinlich problemlosen Hängen. Insbesondere am Eingang des NP Conguillio hat sich in der Vergangenheit eine rege Bautätigkeit entwickelt; eine größere Ansammlung von Cabanas/Hütten und eine gewisse Skiinfrastruktur mit Skischule, Restaurants, Sportshops etc. sind die Folge. Die umliegenden Ortschaften bis hin zum gut 25 Kilometer entfernten Curacautín profitieren von den Übernachtungsgästen im hiesigen Winter. Wie wir bei einer Kaffeeinkehr auf der Rückfahrt vom NP Malalcahuello-Nalcas in einer kleinen Hütte Cafe Aleman Augsburg von der Besitzerin, einer deutschstämmigen Chilenin erfuhren – Streuselkuchen von bescheidener Qualität, zwar Bohnenkaffe, aber in der Stärke den chilenischen Verhältnissen angepasst –, hat sich die Skisaison wegen stark reduzierter Schneemengen in den vergangenen 10 Jahren merklich um einen guten Monat verkürzt. Nach ihrer von uns natürlich unwidersprochenen gebliebenen Auffassung Ausdruck des Klimawandels. Kurze Wintersaison und eine ebenso kurze Sommersaison – das Leben der vom Tourismus Abhängigen dürfte nicht leicht sein.

San Pedro nach Salta/Argentinien – ein anderer Blick auf die Anden

Chile und Argentinien sind Länder mit erheblicher Ausdehnung, dies muß man bei der Planung von Tagesreisen berücksichtigen. Als wir uns am 19.10. um 9:00 Uhr aufmachten, um über den Paso de Jama (Höhe 4.406m) nach Argentinien weiter zu reisen, gingen wir von einer langen aber auch langweiligen Fahrt aus. Wir irrten uns, mußten aber am Tagesende feststellen, wie gut es war, am Vorabend noch schnell über das Internet unser Quartier in Salta gebucht zu haben.

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Liegt San Pedro de Atacama  schon auf gut 2.400 m, ging es in den kommenden drei Stunden den Altiplano hinauf zur Grenzstation direkt hinter dem Paso de Jama stetig bergauf, manchmal in steilen Serpentinen, manchmal stetig ansteigend in einer weiteren Hochebene, manchmal verloren wir auch wieder gewonnene Höhenmeter, nachdem die nächste Bergkuppe überwunden war. Hatten wir in den zurückliegenden drei Tagen die östlich unseres Standortes gelegene Bergkette zur Genüge studieren können, gewannen wir auf unserer Fahrt völlig neue Ein- und Ausblicke auf die Giganten, teilweise Vulkane, teilweise nur “einfache” Berggipfel. War der den Ort San Pedro überragende und für die Atacamawüste oft als prägend dargestellte Vulkangipfel Lincancabur, Berg des Volkes in Aymara genannt (5.920m), von Westen aus nahezu ohne Schneeauflage, wiesen seine nach Süden gerichteten Flanken zahlreiche Schneeflächen auf, wirkte der massive Berg wieder anders als von der Talseite aus betrachtet.

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Im Verlaufe der vielstündigen Fahrt hatten wir nicht nur ungeahnte Ausblicke auf die sich ständig ändernde Berglandschaft, sondern ebenso immer wieder “Begegnungen” mit der Tierwelt dieser kargen Region. In der Region zwischen etwa 2.800 – 3.500m nahm die spärliche Vegetation wieder zu, begünstigt durch die zunehmende Feuchtigkeit der Höhenlage, gespeist aus dem Schmelzwasser der Bergwelt. Zwar gab es nie einen grünen Teppich, jedoch standen die harten Grasbüschel und sonstige Flechten immer dichter, wodurch offensichtlich genügend Nahrungsgrundlage für Vicunas, Lamas, Ziegen und später, auf argentinischer Seite auch Schafe bestand. Sahen wir, teilweise nah an der Paßstraße anfangs vereinzelt kleine Gruppen von Vicunas, nahm mit zunehmenden Abstand zu San Pedro und steigender Höhe die Gruppengröße der wild lebenden Vicunas zu. So mußten wir öfter einen Fotostop einlegen. Lamaherden kreuzten die Straße; ihre Markierungen an den Ohren wiesen auf ihre Besitzer hin. Putzig, wenn sie aufmerksam, die Ohren steil aufgestellt beobachteten, wie sich die unbekannten Wesen an der Strasse verhalten. Konnten wir vor zwei Tagen bei unserem Besuch Laguna Chaxa , einem Bereich, in dem sich zahlreiche Flamingos aufhalten sollten, nur wenige Exemplare teilweise in großer Entfernung ausmachen, hatten wir auf den ersten 200km von San Pedro in die Berge hinein mehr Glück.

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Mehrfach passierten wir kleinere und größere Salzseen im Nationalpark Los Flamencos, in denen zahlreiche Flamingos nach Nahrung fischten, in Höhen von 3000m und mehr! Manchmal gesellten sich auch Vicunas dazu, die diese Wasserflächen als Tränke  nutzen.

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Auch das dritte Wüstentier bekamen wir zu Gesicht, leider in einem anderen Zustand, als dieses es sich gewünscht hätte – plötzlich lag vor uns auf der Straße ein überfahrener Wüstenfuchs. War wohl nicht listig genug oder sehr schlecht bei Fuß der kleine Kerl. In den drei Stunden Fahrt bis zur Grenzstation hatten wir das Glück,mehr der hier heimischen Tiere zu sehen als in der vorangegangen Woche, ein schöner – vorläufiger – Abschluß unserer ersten zwei Reisewochen.

Hochachtung nötigte uns die Anpassungsfähigkeit von Fauna und Flora in dieser unwirtlichen Umgebung ab. Große Flächen sind versalzen, dennoch gedeihen hier kleinste Sträucher, finden in der Hochebene lebende Tiere hier ihre Nahrung, kommen z.B. auch Vicunas mit dem salzigen Wasser der Hochlandseen zurecht.

Wie hoch wir während unserer Fahrt hinaufkamen belegen auch die zunehmenden, wenn auch insgesamt spärlichen Schneefelder und die Schneereste am Straßenrand. Kein Wunder, wenn die Paßstraße  im hiesigen Winter für sämtlichen Verkehr gesperrt ist.

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Nach geschätzten 20-25 Fotostops erreichten wir nach fast dreistündiger Fahrtzeit den Paß, konnten einen letzten Blick auf den hier sich ausbreitenden Salzsee werfen, und kurz danach die gemeinsame Grenzstation von Chile und Argentinien. Aufwendige Grenzprozeduren waren zu erledigen, insbesondere wegen unseres Mietwagens, aber nach etwa 20 Minuten und einen Blick der Grenzpolizisten auf die Ladefläche unseres Pickups ging es dann hinein und hinunter nach Argentinien.

Geplant war, an der hinter der Grenze befindlichen Tankstelle uns mit aktuellen Straßenkarten Argentiniens auszustatten, um einen weitgehenden “Blind”flug zu vermeiden. Tanken hätten wir können – aber mussten wir nicht –, aber eine Straßenkarte – Fehlanzeige; vielleicht im nächsten Dorf, das aber auch unendliche Kilometer landeinwärts lag. Wir wußten, daß die von uns befahrene Straße zuerst nach Jujuy führen würde, von wo aus es dann weitere 120 km nach Salta, unserem nächsten Stop wären, es jedoch eine Abkürzung von über 100km gibt, wenn wir eine nach Süden führende Piste nutzen, die uns auf eine südlicher verlaufende direkt nach Salta führende Bundesstraße bringen würde. Soweit die Theorie, aber in der Praxis benötigen wir, um bei den schlecht ausgeschilderten Straßen die richtige Abzweigung nehmen zu können verläßliches Kartenmaterial. Und so fuhren wir auf unserer schönen Teerstraße gen Osten und hielten die Augen nach einem Hinweisschild in Richtung Salta offen, konnten aber keines erkennen. Nach 64km durch das Altiplano auf argentinischer Seite, das anfangs dem bekannten Bild auf chilenischer Seite entsprach, dann aber zunehmend grüner wurde, trafen wir auf eine Ortschaft, Susques, wo wir endlich nachfragen konnten. Natürlich wurden wir weiter auf die alte Strecke nach Jujuy geschickt. Wie wir später feststellen konnten, auch zu Recht, denn die Alternative, die wir verpassten, hätte gute 140 Schüttelkilometer auf schlechter Piste bedeutet. So hatten wir zwar, in Salta angekommen, statt knapp 500km über 600km Fahrt hinter uns gebracht, diese waren jedoch deutlich entspannter zu bewältigen als auf der alternativen kürzeren Strecke.

Susques, eine kleine Gemeinde, ist geprägt durch seine wie an einer Perlenschnur die wenigen Straßen entlang aufgereihten Adobehäuser, geduckt, kleine Fenster, braune Ziegel, strohgedeckte Dächer, Straßen, die aus festgefahrenem Boden bestehen, einzelnen nahezu vertrockneten knorrigen Bäumen, die versuchen, der Vegetationszeit folgend auszuschlagen und zu grünen und kaum einer Menschenseele auf den Straßen. Wann immer wir durch derartige Dörfer kamen, die weit abgelegen ihr Dasein fristeten fragten wir uns, wovon die Bewohner eigentlich lebten. In den ariden Bereichen, die wir in der vergangenen Woche durchfahren hatten, war im allgemeinen nur sehr eingeschränkt eine rudimentäre auf Selbstversorgung ausgerichtete Landwirtschaft möglich, konnten kleine Viehbestände gehalten werden; besser die Situation in den Oasen, aber Susques liegt in keiner Oase. Eine Antwort kennen wir nicht, die immer wieder in den Ortschaften zu sehenden verfallenden und unbewohnten Häuser sprechen ihre eigene Sprache – auch die Bevölkerung des Altiplano beiderseits der Grenze nimmt Reißaus.

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Wie wir so ab der 5./6. Fahrstunde bemerkten, hatte die “Umweg”strecke nicht nur den Vorteil einer asphaltierten Straße, sondern bestach auch durch seine “einzigartige” Landschaft. Nahezu stundenlang ging es oft stupide geradeaus, ab und an ein kleiner Schlenker, aber wir blieben fast 160 km auf der gleichen Höhe bei zunehmender Vegetation und erkennbar umfangreicherer Viehhaltung. Und dann bemerkten wir auch am Straßenrand einzelne Bauernhäuser, auf deren Dächern sich ein Solarpanel befand – zumindest die Stromversorgung war gesichert, der Raubbau an der Natur bei der Suche nach Feuerholz konnte damit vielleicht reduziert werden, auch meilenweit von der nächsten Stadt entfernt, konnten so einige Familien am technischen Fortschritt teilhaben. Auf der anderen Seite steht aber die Wasserversorgung aus einem Ziehbrunnen.

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Und dann kam insbesondere Katrin noch zur Bekanntschaft mit einem richtigen Salzsee, den Salinas Grandes auf argentinischer Seite. Eigentlich hatte ja der Besuch des Salar de Uyuni auf bolivianischer Seite auf unserem Plan gestanden. Mit eigenem Fahrzeug oder per Bus möglich, nicht aber mit einem Mietwagen – striktes Verbot, die bolivianische Grenze zu  überqueren, da die Fahrzeuge dort offenbar schneller mit neuen Papieren umdeklariert werden können als dem Vermieter recht sein kann. In San Pedro klärte Katrin dann die Alternative einer von dort organisierten Rundfahrt über 4 Tage mit einem ernüchternden negativen Ergebnis. Um so erfreulicher, als plötzlich vor uns eine riesige weißglänzende Fläche auftauchte und beim Heranfahren auch erkennbar wurde, daß hier, wie in Bolivien, Salz abgebaut wurde. Wir waren an den Salinas Grande angekommen, durch den auf einem Damm die Straße führte. In der Ausdehnung zwar nicht mit dem Salar de Uyuni zu vergleichen, dennoch sehr beeindruckend, auch interessant wahrzunehmen, wie hier die Salzgewinnung manuell erfolgt.

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Und dann kam ein weiterer Höhepunkt unserer heutigen Fahrt. Nachdem wir uns an einem Talende durch wie wir glaubten unzählige U-turns in die Höhe schrauben mussten, ging es kurz nach der Überquerung der Passhöhe der Cuesta de Lipan (rund 4.100m hoch)) fast 1200m in wirklich unendlichen Serpentinen hinunter ins Tal. Wann immer wir, wenn es denn möglich war, einen der sehr langsam vor uns fahrenden schwer beladenen LKWs überholten, nahmen wir den Geruch von verbranntem Bremsgummi wahr, zumindest kam uns immer dann eine überriechende Duftwolke in die Nase. Diese Strecke forderte von Mensch und Maschine wirklich viel ab – und erst die bergauffahrendem LKWs! Im ersten Gang quälten sich die wenigen Exemplare, denen wir begegneten, zur Paßhöhe hinauf. Immer wieder taten sich eindrucksvolle Einblicke in das Tal auf, eine tiefeingeschnittene Schlucht mit bizarr geformten Felsformationen. Und dann öffnete sich der Einschnitt zu einem kleinen aber grünen Tal – wir waren in Purmamarca angekommen, ein kleines Städtchen, in das sich, wie die zahlreichen Hotels ausweisen, nicht nur Durchreisende verirren. Und dann am Ausgang des Ortes nahmen wir in der Ferne mehrere Bergrücken mit unterschiedlichen Farben wahr; nicht nur das allseits bekannte Braun war sichtbar, sondern Rottöne prägten die Felsen ebenso wie Grau- und Grüntöne. Manche Reiseführer weisen auf insgesamt sieben Farben hin, die diese Felsen aufweisen sollen.

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Der Rest des Tages verging dann wirklich wie im Flug, denn die Zeit drängte und wir wollten möglichst vor Dunkelheit unser Quartier in Salta erreicht haben. So nahmen wir mehr aus den Augenwinkeln die große Breite der bis auf ein kleines Rinnsal  nur aus Geröllmassen bestehenden Flußbette des Rio Grande und der zuströmenden Nebenflüsse wahr.

Und immer noch hatten wir weder Karte noch Stadtplan von Salta, einer Stadt mit 500.000 Einwohnern, d.h. mal eben reinfahren und nach dem Quartier suchen war keine erfolgversprechende Strategie. Gut 10km vor dem Stadtzentrum dann ein mautpflichtiger Straßenabschnitt und ein Hinweis auf eine Touristeninformation an dieser Stelle. Obgleich im allgemeinen auch samstags die Geschäfte in Argentinien bis 20/21:00 Uhr offen sind, die Infostelle hier vor Ort war verwaist. Zu unserem Glück hing im Fenster ein übersichtsartiger Stadtplan von Salta. Wir entschieden uns ins Zentrum zum zentralen Platz, hier Plaza 9. Julio, zu fahren und von dort aus das Quartier anzusteuern; also mußten wir nur noch die Teile des Stadtplanes “abmalen”, die uns an unser Ziel führen. Und wir kamen, wenn auch über Umwege, weil Einbahnstraßen zu beachten waren, an unser Ziel, das Hostel Salta por siempre.

Hatten wir schon beim Durchqueren des Stadtzentrums die Menschenmassen, die sich durch die Straßen schoben wahrgenommen, wurden wir, auf der Suche nach einem Restaurant am Abend dann förmlich durch die Straßen geschoben. Es hatte den Anschein, als ob alle Bewohner der Stadt sich auf den Weg in die Innenstadt gemacht hatten, um entweder nur zu Schaufenstern oder gleich die Läden leerzukaufen.

3 Tage in San Pedro de Atacama

Geht man durch San Pedro fällt sofort auf, daß jedes Haus im innerdörflichen Bereich mit dem Tourismus verbunden ist, sei es als Herberge, Hotel, Hostal, Adventureanbieter –  hiervon gibt es unzählige –, Restaurant, kleiner Lebensmittelladen, Kunstgewerbe, Sportbekleidung, Kunst, Andenkenläden, Empanadabüdchen, gehobene und normale Bekleidung etc. Alles aber auch alles ist auf die Einnahmequelle Tourismus zugeschnitten. Es sieht so aus, als ob es eigentliche “Ur”einwohner von San Pedro, die Atacamenas, im Dorfkern nicht mehr gibt, sie hier auch nicht mehr wohnen. Stattdessen bevölkern, wir auch, größere Touristengruppen die innerdörflichen Straßen. Uns erschien die Menge der Gäste schon groß, wie wird hier erst geschoben, wenn die Saison begonnen hat, denn jetzt sind wir in der Vorsaison.

Grund genug, möglichst wenig Zeit im Ort zu verbringen und sich auf den Weg zu den uns interessierenden Orten im und am Salar de Atacama zu machen. Dennoch, der Vormittag wurde der Ortsbegehung gewidmet, schließlich steht hier eine alte “Kathedrale” aus dem Jahr 1744, aus Adobesteinen – wie fast alles hier – gebaut, ganz in weiß gehalten und mit einer Deckenkonstruktion aus Kaktusholz versehen, die immer noch an vielen Stellen entweder mit Lederriemen oder Holzdübeln zusammengehalten wird. Und noch etwas von kultureller Bedeutung zeichnet San Pedro aus, das Museo Arqueológico Padre Gustavo Le Paige, in einem sehenswerten ortsangepassten kleinen modernen Museum präsentiert. Der Pater kam in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts nach San Pedro und entdeckte Gräber und Wohnhäuser früherer Bewohner der Atacamawüste. Seine sehr umfangreichen Funde sind der wesentliche Grundstock des Museums, in dem das Leben und die Lebensbedingungen der Atacama-Bewohner über eine Zeitspanne von mehreren tausend Jahren nachgezeichnet wird. Interessant war die Ausstellung und in Teilen sehr informativ; leider krankte die Wissensvermittlung manchmal an den nicht vorhandenen englischsprachigen Erläuterungen – für die spanischen Ausführungen waren wir nicht sprachkundig genug.

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Da der Mietwagen nicht nach Bolivien mitgenommen werden darf, wollten/mussten wir andere Optionen einer Fahrt zum Salar de Uyuni in Bolivien, der größte und in meinen Augen auch schönste Salzsee der Erde, prüfen. Uns war bekannt, daß von San Pedro aus, nicht weit von der Bolivianischen Grenze gelegen, auch 3-4 Tagestouren um den See angeboten werden. Katrin machte sich deshalb auf den Weg zu den diversen Agenturen und kam enttäuscht aber mit einem Entschluß zurück.  Positiv : derartige Touren werden angeboten; Negativ :die Übernachtungsmöglichkeiten sind jedoch mehr als dürftig und Katrins Anforderungen an eine Mindesthygiene werden nicht erfüllt. Schienen dies noch Rahmenbedingungen zu sein, über die man diskutieren kann, war die Antwort auf den Guide dann das Aus für diesen Reisepunkt. Obgleich es hier in San Pedro nur von internationalem Publikum so wimmelt, die Touren werden nur mit einem spanischsprechenden Guide durchgeführt. Es scheint wenig zu interessieren, den Gästen auch etwas über die Region zu vermitteln. Auf Katrins Nachfrage, ob eine Tour auch mit einem englischsprachigen Guide durchgeführt würde – wohlgemerkt, die Mindestteilnehmerzahl ist 6 Gäste –, meinte man, dies lasse sich eventuell einrichten. Für diesen “Service” hätten wir jedoch pro Tag (!) 100 US-Dollar zusätzlich entrichten müssen! Das hätte den Preis für uns nahezu verdoppelt und nur Sinn gegeben, wenn wir vier weitere Mitfahrer mit gleichem Interesse gefunden hätten, um die Kosten zu teilen. Damit war das Thema Abstecher zum Salar de Uyuni abgeschlossen und wir bemühten uns, die vor uns liegenden Salzseen in Chile und Argentinien als “Ersatz” zu verstehen.

Der Nachmittag wurde dann ganz der Kultur gewidmet; in der Nähe von San Pedro sind die Überreste sprich Ruinen der Festung Quitor zu besichtigen. Quitor, ein Wehrdorf, wurde im 12. Jahrhundert errichtet und widerstand mehrere Jahrhunderte allen Eroberungsversuchen. Auch die Inkas konnten sich den Ort nicht mit kriegerischen Mitteln einverleiben, sondern mit Diplomatie. Erstmals den Spaniern gelang es im 16. Jahrhundert, die Festung einzunehmen. Viel zu sehen ist nicht mehr, auch wenn die Restauratoren einiges wieder hergestellt haben. Erkennbar ist die sich einen Hügel terrassenförmig hinaufziehende Ortsanlage und die sie umfassende Wehrmauer. Ohne weitere Erläuterung standen wir, obgleich es sich hier um einen Museumskomplex handelt und Eintritt erhoben wurde, eher staunend als wissend vor den Mauerresten.

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Interessanter war es dann schon, auf den nahegelegenen Aussichtspunkt etwa 45 Minuten hoch zu laufen, um von dort einen Überblick über die Oase San Pedro zu erhalten.

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Und dann war es schein Zeit, sich in das Valle de la Luna aufzumachen, auch nicht gerade um die Ecke gelegen und die Zufahrt musste erst noch gefunden werden, wollten wir nicht nur zum Sonnenuntergang dort sein, sondern bis dahin auch das Tal erkunden. Es liegt mehr als 10 Kilometer von San Pedro entfernt und man benötigt weitere gut 25 Kilometer Fahrt, um bis an sein Ende zu gelangen. Das Valle de la Luna war zu Urzeiten ein See, der dann nach oben gedrückt und zum Teil aufgefaltet wurde. Zusammengepresster Sand, Lehm und teilweise Salz waren dann das durch Wind und Wetter zu formende Material, als dessen Ergebnis nicht nur bizarre Formen entstanden sind, sondern tiefe Vadis, interessante Höhlen, ein tolles Farbenspiel der verschiedenen Sand-/Gesteinsarten erkennbar ist, Verwitterung überall seine besonderen Spuren hinterlassen hat. Nicht nur menschenähnliche Figuren wie die Tres Marias sind das Ergebnis, sondern auch eine hohe Düne, von der aus man nicht nur einen tollen Einblick in das als Amphitheater genannte und von Hügeln umkränzte Oval hat, sondern zugleich den besten Aussichtspunkt für einen Sonnenuntergang bietet. Wir waren zeitig dort und blieben, während angereiste Reisegruppen nach wenigen Minuten den Weg zurück in den geschützten Bus suchten, denn gegen Abend wurde es nicht nur wegen des Windes empfindlich kühl. Das sich dann präsentierte Farbenspiel bei abnehmendem Sonnenlicht auf den umliegenden Hügeln war es wert, hier oben zu frieren und dann im Halbdunkel sich aus dem Tal herauszutasten.

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Für den heutigen Tag, den 17.10., war eine längere Rundreise geplant, die uns zu der Reserva National de los Flamencos im Salar de Atacama führen sollte, anschließend dann weiter und wieder einmal in Richtung argentinischer Grenze zu den unterhalb des Vulkans Miniques liegenden Lagunen. Der Salar ist nicht gerade klein, und so standen etliche Kilometer Anfahrt auf dem Programm, die uns zuerst an den sich im Süden an das Hauptdorf San Pedro anschließenden kleineren Oasen, die anscheinend inzwischen Schlaf- und Wohnort der einheimischen Bevölkerung geworden sind, vorbeiführte, bevor uns dann die Weite des Salars umgab.  Rechts von uns der Salzsee bzw. die sand- und schotterbedeckte sichtbare Oberfläche, durch die nur hin und wieder deutlich die Salzkristalle durchschimmerten, rechts begleitete uns eine Bergkette, aus der natürlich der Vulkan Lincancábur herausragte, dominiert dieser Berg doch die Bergkette allein schon durch seine Größe (5.916m).

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Der kleine Ort Toconao war nach knapp 40 Kilometern erreicht; er liegt eher am Rande des Salzsees und ist von großflächigen Waldungen insbesondere der einheimischen Tamarugo Bäumen umgeben. Sehenswert hier insbesondere die alte zu Kolonialzeiten erbaute kleine Kirche mit ihrem abseits auf der Plaza  stehenden dreistufigen Glockenturm, deren Tür als Kakteenholz gefertigt ist. An die Kirche angeschlossen ist ein kleines Frauenkloster; die Nonnen trafen gerade die Vorbereitungen für das am kommenden Tag stattfindende Kirchenfest. Das war es aber schon an feststellbaren Aktivitäten in diesem kleinen Dorf, in dem die wenigen sichtbaren Menschen sehr gemächlich sich bewegten oder plaudernd zusammen standen. Auf eine Besonderheit in der Hausbauweise muß hingewiesen werden. Im Gegensatz z.B. zu San Pedro, wo die Häuser aus Adobesteinen gebaut werden, greift man hier auf in der Nähe abbaubares Vulkangestein zurück, das weiche und zugleich auch weiße Liparitagestein . Auch die Kirche ist aus diese Material gebaut und erstrahlt dementsprechend weiß.

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Bald hinter Tocanao mußten wir dann die schöne Asphaltstrasse, die zum Paso de Jama und somit nach Argentinien führt, verlassen und tauschten das ruhige Fahren gegen ein Dauergerüttel auf einer Erdpiste durch den Salar ein, um zum Lago Chaxa zu kommen, wichtiger Teil der Reserva National de los Flamencos. Der Salar de Atacama ist praktisch der See, in dem der Rio San Pedro aber auch andere aus den Andenbergen unterirdisch abfließender Flüsse münden. Da kein Abfluß besteht, denn es ist eine Senke, verdunstet das Wasser schnell an der Oberfläche und zurück bleiben die im Wasser enthaltenen Salze. An einigen Stellen des Salar bilden sich dennoch einige sehr salzhaltige Wasserflächen, ein ideales Revier für Flamingos. Der Lago Chaxa ist die größte dieser Wasserflächen auf dem Salar; hier haben sich dauerhaft eine ganze Anzahl von Flamingos angesiedelt. Rund um die Lagune dann das übliche Salarbild, eine braune Kruste, nicht glatt, sondern oft aufgebrochen, mit Gesteinsablagerungen, auch aus den letzten Vulkanausbrüchen, übersäht, mit einigen weißen Salzsprenkeln,  eine große weiße Salzfläche ist kaum zu erkennen. Der Besuch bei der Flamingostation beginnt mit einem kleinen erläuternden Rundgang, auf dem dem Besucher die Entstehung des Salar aber auch das Verhalten der hier lebenden Flamingos vermittelt wird. Für uns neu, die Flamingos leben in monogamer Beziehung, bis das der Tod sie scheidet. Nun war dies die erste Möglichkeit, Flamingos in freier Wildbahn zu sehen; aber die Vögel halten sich verständlicherweise nicht dort auf, wo der Besucher sie leicht zu Gesicht bekommen kann. So blieb uns die Fernsicht auf die im Grunde sehr kleine Gruppe an Flamingos, die zudem auch immer wieder ihren Standort auf dem See wechselten. Auch wenn die großen Flamingopopulation hier nicht zu sehen war, beeindruckt haben uns die wenigen Tiere in ihrem majestätischen Gang und eleganten Flug schon.

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Unser nächstes Ziel waren zwei schöne Bergseen/Lagunen in der Nähe des Paso de Jama, die wir nach fast 100 Kilometer Fahrt erreichten. Gute 75 Kilometer lang war es, nachdem wir vom Salar wieder auf die RN 23, die zum Pass führt, zurückgekehrt waren, ein angenehmes Fahren, genügend Gelegenheit, nach rechts und links zu schauen und das Bergpanorama zu genießen. Stetig ging es bergauf, schließlich waren wir auf deutlich über 4.000m angelangt und fuhren über eine Hochebene. Fast hätten wir es übersehen, dieses kleine unscheinbare Schild, das auf eine kleine enge Schotterpiste den Berg hoch hinwies. Da war es dann mit dem gemütlichen Fahren vorbei, denn die nächsten mehr als 20 Kilometer ging es im wahrsten Sinne über Stock und Stein auf einer Piste, die nur Platz für ein Fahrzeug bot. Dem einzigen entgegenkommenden Wagen konnten wir zum Glück in einer Ausweichstelle Platz machen. Trotz des angestrengten Blickes auf die vor uns liegende Wegstrecke bemerkten wir mehrfach oberhalb von uns Wildtiere. Einzelne Guanakos grasten dort, machten sich aber schnell davon, als sie bemerkten, wie wir anhielten und machten somit unser Bemühen um eine Dokumentation dieser Begegnung zu Nichte.

Der Bereich um die beiden Lagunen Laguna Miscanti und Laguna Meniques, nach meiner Erinnerung teil des Nationalparkes, wird von der indigenen Dorfbevölkerung von Socaire, gut 30 Kilometer entfernt, betreut. Und so wartete am Eingang zu dem Park in einer kleinen Steinhütte eine dick eingepackte und sich vor der Kälte schützende Indigena, um uns die Eintrittskarten zu verkaufen. Auf einer vorgeschriebenen Route war es möglich, in die Nähe der tiefer in einer Senke  liegenden beiden Lagunen zu fahren, auf vorgezeichneten Fußwegen konnte man sich dem Wasser nähern, ohne es zu erreichen. Gutes Sehen war also angesagt. Was sahen wir : zum einen kristallklares grünliches Wasser, im Hintergrund jeweils imposante Gipfel, den Cerro Miscanti und den Cerro Meniques, beide fast 6.000m hoch, und eine einsame Möwe, die die Nähe der Wandernden suchte, um Futter abzustauben. Ein strammer Wind ging hier oben, und warm war es auch nicht, eigentlich sollte man sagen, es war saukalt, was nicht unbedingt zu längeren Fußwegen anregte. Es war wohl eher das geeignete Möwen- als Menschenwetter, weshalb wir diese malerische und nahezu ohne Störung durch andere Besucher wahrzunehmende Gegend nach einer guten Stunde wieder verließen und uns über die Holperstrecke zurück zur RN 23 und nach San Pedro auf den Weg machten.

(Fremdbilder von beiden Lagunen, mein Foto hatte eine Störung!)

Der Besuch der El Tatio Geysire in einem etwa 100 Kilometer von San Pedro entfernten Hochtal gehört zu den Ausflugszielen, wenn man in San Pedro ist. Da, so wird berichtet, die Chance auf hohe Fontänen am frühen Morgen, wenn das gefrorene Wasser auftaut und die Fontänen einen größeren Druck aufbauen müssen, am größten ist, hieß dies, am heutige 18.10. im Dunkeln aufstehen und fast 2 Stunden in Richtung El Tatio in die Hochebene fahren. Da wir zu Recht vermuteten, die Beschilderung ist nicht nur mangelhaft, sondern im Dunkeln auch kaum zu erkennen, legten wir uns gegen 04:30 Uhr an der in Richtung El Tatio führenden “Straße” auf die Lauer und warteten auf die Busse der Reiseagenturen. Wir wurden nicht enttäuscht und konnten uns dann an ein Fahrzeug über lange Zeit dranhängen. Sichtlich vor Morgendämmerung und 30 Minuten vor der geplanten Zeit erreichten wir fast als erste den Park. Nun hieß es in schneidender Kälte warten. Trotz Dunkelheit konnten wir weit vor uns weiße Rauchwolken erkennen, die Geysire dampften so vor sich hin. Ein gespenstisches aber auch sehr interessantes Bild. Mit zunehmendem Morgenlicht war es möglich, das gesamte Areal wahrzunehmen. Aus gut 100 Löchern zischte und dampfte es, kleine Fontänen schossen ab und zu in die Luft, es brodelte um uns herum, als wir bei Tageslicht über das zugängliche Gelände liefen. Obgleich es von unten warm heraufströmte und Gelegenheit bestand, sich auf der einen Seite zu wärmen, überkam einem auf der Rückseite ein Frösteln, es war wieder einmal saukalt hier oben in den Bergen. Die Frostgrenze war unterschritten. Und eine wärmende Sonne war (noch) nicht in Sicht. Es war ein sehr beeindruckendes Bild zu erleben, wie hier die Erde atmete, unter uns quasi lebte und wir praktisch in den Erdschlund blicken konnten. Natürlich hatten wir das erhoffte besondere Erlebnis einer meterhohen Fontäne nicht, aber der gesamte Eindruck der El Tatio Geysire war ein starker. Fast waren wir geneigt zu sagen, nachdem wir dies gesehen haben ist eine Fahrt zu den Geysiren auf Island entbehrlich. Übrigens, die Erdwärme sollte genutzt werden, weshalb man vor Ort in dem Gebiet der Geysire Bohrungen ausführte mit dem Ergebnis, die Geysire versiegten. Großer Protest wegen des Verlustes dieser Naturschönheit und die Bohrungen wurden eingestellt. Auf dem Areal kann man noch einige versiegelte Bohrlöcher “bestaunen”.

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Einfach gegen 09:00 Uhr wieder zurück nach San Pedro zu fahren war nicht unser Ding. Die Straßenkarte und Hinweise in den diversen Reiseführern legten nahe, eine kleine Rundfahrt durch das Gebirge hier im Norden von San Pedro zu unternehmen. Es war eine denkwürdige Rundfahrt, die zu nicht geplanten Einsichten und Erlebnissen führte.

Offensichtlich ist die Morgendämmerung des Guanakobetrachtenden Freund, denn auf dieser Fahrt durch das Altiplano in Richtung Calama sahen wir sehr häufig diese scheue Lamaart. Immer wieder bemerkten wir in akzeptabler Entfernung auch größere Tiergruppen, die wohl beim Frühstücken durch die Täler liefen.

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Die Fahrt über das Altiplano hatte seine Reize und seine Herausforderungen. Straßenschilder, natürlich, Fehlanzeige, so konnten wir uns nur auf unsere nicht gerade einen kleinem Maßstab darstellende Straßenkarte und die vermutete Himmelsrichtung verlassen. Irgendwie kamen wir, wenn auch nicht immer sofort an unser erstes Ziel, die Gemeinde Caspana, ein kleines unspektakuläres Nest direkt am Rio Caspana gelegen, von indigenen Atacamenas, den Aymara, bewohnt. Kurz vor dem Ort bemerkten wir einen Friedhof, dem wir einen Besuch abstatteten. Friedhöfe unterscheiden sich erheblich von den uns in Deutschland bekannten. Hier werden kleine Häuser für die Toten gebaut, oft stehen auch Getränke bereit und ganz besonders auffällig ist der üppige (Kunst-)Blumenschmuck.

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Hinein kamen wir nach Caspana, die Karte wies auch einen Weg durch den Ort in Richtung Bundesstrasse im Norden, den wir aber nicht fanden. Also hieß es über eine sehr schmale Brücke über den Rio Caspana zurück und die in der Karte eingezeichnete Alternativroute suchen. Ich erinnerte mich, am vor dem Ort gelegenen Friedhof eine Wegabzweigung in Form einer sehr einfachen Piste gesehen zu haben. Das mußte dann wohl die in der Straßenkarte eingezeichnete Verbindung zur Bundesstraße sein, die nach etwa 10 Kilometern erreicht sein sollte.  Recht hatte sie, die Straßenkarte, aber ein so richtig befahrbarer Weg oder Sträßchen war es nicht!

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Karten können sich nicht irren, die Richtung stimmte und der Weg schien zu Beginn auch gut befahrbar, schließlich sitzen wir in einem ganz gut motorisierten Wagen mit großer Bodenfreiheit. Die gute Stimmung verflog in dem Maße, wie die Wegverhältnisse sichtbar schlechter wurden. War es zu Anfang noch eine weitgehend normale Schotterpiste mutierte dieser Weg zunehmend zu einem nur mit Ochsenkarren und viel Geduld der Zugtiere nutzbaren Strecke. Wir ruckelten langsam unserem – vermeintlichen – Ziel entgegen, doch die Stimmung verschlechterte sich weiter als erkennbar war, nun geht es ziemlich steil in eine Schlucht hinunter. Links der Felsen, dann eine Art Weg und rechts ging es dann mehr oder weniger steil und direkt hin zum Fluß. Umkehren war nicht möglich, wie sollte man auf einem maximal drei Meter breiten Weg unser Ungetüm von Auto wenden und rückwärts hinauf ging schon gar nicht. Ich muß zugeben, ich erinnere mich nicht, jemals so langsam und behutsam eine Strecke gefahren zu sein und angespannt war ich auch ziemlich. Katrin auf dem Beifahrersitz wurde ganz ruhig und starrte starr und sehr angespannt nach vorne. Meter um Meter ging es abwärts; mußte hart gebremst werden hatte ich das Gefühl, auf der Schotterschicht zu schwimmen. Ich weiß nicht, wie lange die Bergabfahrt dauerte, es fühlte sich nach Stunden an. Endlich im Tal angekommen stand uns die zweite Überraschung bevor. Zwar führte ein Weg auf der anderen Flußseite wieder die Wand hinauf zum Licht, aber zuvor war der Fluß zu durchfahren. Nach eingehender Prüfung der Wassertiefe wurde der Versuch gewagt und mit dem maximal möglichen Anlauf dann durch das Wasser geprescht. Wir waren also drüben aber noch nicht oben. Die bislang gefahrene Strecke zurückzufahren traute ich unserem nur auf einer Achse angetriebenen Wagen bei der starken Steigung nicht zu, also konnte es nur heißen mit Hoffnung sich auf den Weg nach oben zu machen. Katrin ging voraus, um den Anfang der Strecke zu prüfen – es war machbar. Also Mut gefasst und den Wagen im zweiten Gang behutsam am Gas haltend langsam nach oben ziehen – Anspannung pur, denn Stehenbleiben und dann erneutes Anfahren, ob das gelingt? Wir schafften auch diese Hürde und sahen unter uns ein wirklich schönes sehr enges Tal. Natürlich hätten wir den Blick zurück lieber nach einer anderen als dieser stressigen Erfahrung gemacht. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wußten, es wartete noch eine zweite Schlucht mit ähnlichen Bedingungen auf uns. Man könnte fast sagen, wir hatten ja jetzt Erfahrung und könnten die neue Herausforderung gelassen angehen – traf aber nicht auf uns zu. Auch diesmal ging “der Arsch/mein Arsch auf Grundeis”. Aber, man darf den Beifahrer ja nicht ängstigen und so blieb ich äußerlich ganz cool, kein Problem, das schaffen wir doch! Ja, wir kamen durch, und das ohne Blessuren. Zugegeben, der Weguntergrund an der zweiten Schlucht war nicht ganz so extrem wie zu Beginn, aber auch für Ralleyfahrer wäre es eine besondere Herausforderung gewesen. Und wie zum Beweis, daß wir nicht die einzigen und schon gar nicht die ersten waren, die diesen in unseren Augen Wahnsinnsritt unternommen haben, begrüßten uns in der zweiten Schlucht eine Reihe frei laufender Lamas, die auch irgendwann von irgendwem eingefangen werden. Endlich wieder sicheren Boden unter den Reifen an der Bundesstrasse mußte ich Katrin versprechen, derartige Mutproben nicht mehr abzuliefern. Ja wenn ich gewußt hätte, wie die Strecke insgesamt ist, wären wir sicherlich so nicht gefahren. Aber wer ist schon Hellseher oder Allwissend?

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Angesichts dieser stressigen Fahrerei verzichteten wir auf einen Besuch des indigenen Dorfes Toconce, das eine besondere kleine Kirche besitzen soll und beschränkten uns auf einen Abstecher zu den Banos de Turi, einer Kulturstätte. Als wenn wir nicht schon genug Frust an diesem Tag geschoben hätten, die fehlende oder falsche Beschilderung verhinderte trotz aller Bemühungen, an diesen Ort zu gelangen. Irgendwann ist die Geduld weiter zu suchen erschöpft und wir traten den Rückweg auf die schöne Bundesstrasse in Richtung Calama an. Einzig den für die Region und seine indigene Bevölkerung typischen Ort Ayquina, nahe an unserer Strecke gelegen, wollten wir noch besuchen. Hier war auffallend, daß quasi im Oberdorf Neubauten für die Bürger geschaffen worden waren, im alten Unterdorf jedoch das Leben in den alten Gemäuern stattfand. So wie wir es verstanden haben, wurde hier für die Aymara ein Ort geschaffen bzw. der vorhandene indigene Ort so “erweitert”, daß weitere im Umland lebende Aymara hierher umsiedeln konnten/mußten. Der Ort soll in bestimmten Belangen eine ihre Kulturbelange berücksichtigende Selbstverwaltung haben. Der alte Ortsteil, die Häuser aus Bruchstein gemauert, warvoller kleiner Treppenfluchten zwischen den Häusern und den Gassen. Die Häuser waren quasi übereinander in den Hang gebaut worden und der jeweils einzige Zugang erfolgt über die Steintreppe. Ein nur noch in wenigen Fällen historisches Bild war zu sehen, denn die Modernisierer waren auch hier schon am Werk. Immer wieder konnten wir auch an zentralen Orten Brotbacköfen für die Ortsbewohner sehen.

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Die weitere Fahrt führte uns nah an Calama heran. So hatten wir die “Gelegenheit”, aus großer Entfernung die über Chuquicamata liegende Dunst- und Staubglocke zu bewundern. Und wie zum Beweis, daß die Atacama Goldgrube für die Schürfrechte Besitzenden ist, trafen wir dann auch auf einige weitere Minen. Erfreulich hingegen der Anblick einer überschaubaren Anzahl von Windrädern modernster Bauart, die sich heute, im Gegensatz zu unserer ersten Fahrt nach San Pedro wirklich im Wind drehten. Angesichts des Potentials für alternative Energieerzeugung in Chile erscheinen diese vom Energiemulti Endesa errichteten Spargel wie die Beruhigungspille für den Kritiker.

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Später als geplant erreichten wir unser Quartier in San Pedro, konnten auf einen schönen und ereignisreichen Tag zurückblicken, der uns manchmal auch ganz schön Angst eingejagt hatte. Morgen geht es dann wieder weiter in Richtung Argentinien.

Chuquicamata

Wenn es in die Atacama geht kann man an der Welt größten Tagebaukupfermine Chuquicamata nicht vorbeifahren, ohne einen Blick in diese riesige Grube geworfen zu haben. Ausgangspunkt ist der Bergbaustadt Calama, in der der Bereich Öffentlichkeitsarbeit der Grube ein Büro hat und die Gäste nach Anmeldung einmal täglich für etwa zwei Stunden über das Grubengelände fährt. So trafen wir, etwas hektisch zwar, da wir ohne genauen Stadtplan in der Hand, das Büro in einem Stadtrandviertel suchten noch rechtzeitig kurz vor 11:00 Uhr ein, um dann eine weitere halbe Stunde mit den weiteren Besuchern auf die Abfahrt des Besichtigungsbusses zu warten.

Bodenschätze insbesondere Kupfer sind der Exportschlager Chiles und sind für den Staatshaushalt von eminenter Bedeutung. Auch nach dem Sturz der Unidad-Popular-Regierung unter Salvador Allende durch die Pinochet-Putschisten wurde die bereits unter dem Christdemokraten Eduardo Frei als Präsident eingeleitete Verstaatlichung, zuerst durch Erwerb von 51% Anteile an der Anaconda Copper Mining Corporation, später durch die Verstaatlichung des Restes unter Allende, nicht rückgängig gemacht. Vielleicht weil man fürchtete, die katastrophalen Arbeitszustände und miesesten Löhne zu Zeiten der Anacondaherrschaft würden dann umgehend wieder hergestellt, vielleicht aber auch, weil insbesondere die Arbeiterschaft im Norden Chiles zu Allendes Befürwortern zählten. So ist der Staat auch heute noch uneingeschränkter Eigentümer dieser Mine, deren Arbeiter zu den bestbezahlten im Land zählen.

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Die eigentliche Grube soll heute in einer Abbautiefe von 1000m angekommen sein; seine Außenmaße liegen bei gut 3 x 5 km. Mit riesigen Radladern wird Abraum wie auch kupferhaltiges Gestein auf den serpentinenartigen “Straßen” entlang der Grubenwände vom Grubenboden hinauf auf Niveau Null gefahren. In einer 8-Stundenschicht sind angabegemäß 7 (!) Fahrten möglich. Uns genannte Zahlen in diesem Zusammenhang : der Radlader kostet rund 5 Mio Euro, ein Reifen, Lebensdauer etwa 7 Monate, wird mit 40.000 Euro veranschlagt; die Maschinen stammen aus Deutschland (Liebherr) oder Japan und werden in Teilen angeliefert, um hier zusammengebaut zu werden. Nutzlast je Typ zwischen 50 und 70 Tonnen bzw. gut 80 Tonnen je Fuhre. Die langsam auch an uns vorbeischleichenden Maschinen waren nicht haushoch, sondern mehrfamilienhaushoch; der Fahrer in seiner kleinen Kabine war kaum zu erkennen. Wie Ameisen schraubten sich die Radlader hintereinander den steilen Weg hinauf, genau abgepasste Abstände sicherten, daß die bergabfahrenden Radlader passieren konnten. Es schien wie auf ein geheimes Zeichen hin alles nach einem exakten Takt abzulaufen. Auch die riesigen den Abraum aufladenden Bagger schafften ohne Pause. Ab und an konnte man in einem kleinen Areal etwas “Dampf” aufsteigen sehen, dann ist hier wieder gesprengt worden, um für Nachschub zu sorgen. Gut 100 dieser Radlader sind im Einsatz und müssen alle 4-5 Jahre komplett ausgetauscht werden.

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In der Grube mit allen dazu gehörigen Betriebsteilen sind gut 15.000 Menschen beschäftigt; die wenigsten sieht man an den in der Grube arbeiten Maschinen, auch wenn hier sieben Tage die Woche rund um die Uhr gearbeitet wird. Uns nicht zugänglich gemacht, früher war das, wie uns eine Reisebekanntschaft erzählte, anders, wurden die Bereiche, in denen das erzhaltige Gestein gebrochen, einem chemischen Prozess zur Herauslösung der kupferhaltigen Materie unterworfen wird – es wird m.E. Schwefelsäure und Arsen eingesetzt, nicht ohne große Gefahr für die Umwelt (!) -, die “Suppe” wird dann auf über 1000 Grad erhitzt, die Kupfermasse gereinigt und anschließend verhüttet. Im übrigen ist festzuhalten, daß als quasi “Abfallprodukte” auch Metalle extrahiert werden, die auf dem Weltmarkt sehr gefragt sind. Der Prozeß zur Kupferherstellung ist enorm energieaufwendig; die notwendige Energie wird über ein 200 Kilometer entferntes Kohlekraftwerk bereit gestellt. Angeblich soll der gesamte chemische Prozeß, bei dem ebenfalls Unmengen von Wasser benötigt werden, für die Umwelt unschädlich sein. Das verbrauchte Wasser wird erst nach umfassender entsprechenden Reinigung erneut dem Produktionsprozeß zur Verfügung gestellt. Und täglich fahren lange Güterzüge mit den Kupferbarren beladen vom Werksgelände gen West nach Antofagasta.

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Schon aus sehr großer Entfernung nimmt man die über dem Gelände liegende Dunst- und Staubglocke wahr, gesund kann das doch nicht sein; die Grube dürfte der größte Umweltverschmutzer der Region, ja des Landes sein. Ein Ende der Ausbeutung und damit der fortlaufenden Umweltverschmutzung ist nicht in Sicht. Inzwischen wird dieser Teil des chilenischen Bodens seit über 100 Jahren ausgebeutet; eine normale Grube hat eine Lebens-/Ausbeutungsdauer von 30-40 Jahren. Der Betreuer unserer Rundfahrt teilte stolz mit, daß für mindestens mehrere Jahrzehnte – von bis zu 100 Jahren sprach er -noch abbaufähiges erzhaltiges Material vorhanden sei. Und man hat noch weiter vorgesorgt für die Zukunft, denn in näherer Nachbarschaft, auch vor den Toren Calamas wurden zwei weitere Gruben im Tagebau erschlossen; weitere Beschäftigung für zehntausende Arbeiter aber auch weitere Belastung der im Umfeld lebenden Menschen durch die Luftverschmutzung.

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Während die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter vor Ort für E. Frei und später S. Allende wesentlicher Antrieb war, durch eine Verstaatlichung eine Veränderung dieser Verhältnisse herbeizuführen hat es noch weitere fast 5 Jahrzehnte gedauert, bis die direkt an das Werk angegliederte Arbeiterwohnsiedlung endgültig geschlossen wurde. Wir legten während unserer Rundfahrt zuerst einen Halt in dieser inzwischen zur Geisterstadt gewordenen Gemeinde auf dem Werksgelände ein. Eine komplette Stadt war hier zu besichtigen mit Kino, Schulen, Kasino, mehreren Kirchen, Sporthalle und –plätze etc.

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Die Arbeiter wohnten hier mit ihren Familien und wurden wohl auch hier begraben. Der Bereich war Werksgelände und entsprechend eingezäunt, Zutritt auch früher nur mit Berechtigung. Eigentümer der Häuser und Wohnungen war der Mineneigentümer, der, soweit erinnerlich, den Wohnraum kostenlos zur Verfügung stellte, damit aber auch eine enorme Bindung der Arbeiter und ihrer Familien an das Unternehmen erreichte. Nicht zu vergessen, daß durch die menschenunwürdig niedrigen Löhne das Unternehmen sich die Miete auf anderem Wege holte. Der letzte Bewohner war erst 2005 ausgezogen, seitdem ist die Stadt unbewohnt, aber permanent bewacht. Als Begründung für die Verlagerung zurück in die Stadt Calama werden, wie wir es verstanden haben, die hohen Unterhaltskosten für die Objekte genannt; die neuen Quartiere stehen nicht mehr kostenlos zur Verfügung. Der Hinweis, ob nicht auch die besonders hohe Belastung durch die Luftverschmutzung direkt an der Grube wesentlich für die Entscheidung der Aufgabe dieser Stadt war, wird vom Führer geflissentlich überhört. Inwieweit die Bewohner dieser Werksstadt erhöhte typische Krankheitswerte aufwiesen ist nicht bekannt, sollte jedoch nicht ausgeschlossen werden. In dem gut 20 Kilometer entfernten Calama dürfte der ausgestoßene Minendreck deutlich verdünnt ankommen. Gespenstisch das Bild dieser ehemaligen Stadt, in der noch am zentralen Platz in den Bäumen die Weihnachtsbeleuchtung hängt.

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Insgesamt war der Blick in die Grube beeindruckend, ebenso beeindruckend ja fast schon beängstigend war jedoch festzustellen, welche Auswirkungen der hier praktizierte Produktionsprozeß auf die Umwelt heute und morgen hat, die jedoch offenbar nicht offiziell zur Kenntnis genommen werden wollen. Eine Besserung z.B. in der enormen Staubentwicklung durch die Grube soll in den kommenden 10 Jahren erreicht werden, wenn nach und nach der Tagebau in der Chuquicamata zu Gunsten eines Untertageabbaus eingestellt wird. Der Betrieb der beiden neu erschlossenen Tagebaugruben wird dabei wohl außer Acht gelassen!

Die Atacamawüste lebt – jeden Tag etwas mehr!

Die zwischen dem 18.  und dem 27. Breitengrad liegende Atacamawüste ist für Reisende reizvoll, sucht man doch nach Gelegenheiten Beweise dafür zu finden, daß die Wüste lebt – und sie lebt, nicht nur durch die sich im Zuge der Evolution genial an die extremen Bedingungen angepasste Tier- und Pflanzenwelt, die zwar von geringer Zahl, dafür aber umso widerstandsfähiger den Bedingungen trotzt, sondern nahezu täglich kommen Vertreter einer anderen Spezies hinzu, die sich ober- und unterirdisch zum Bestandteil der Wüste machen, der Mensch in seiner besonderen Ausprägung als Minenarbeiter, Explorateur, Bergbauingenieur, Maschinenfahrer etc..

Nun ist bekannt, daß in Chiles Wüste vor gut 100 Jahren intensiv Salpeter abgebaut wurde; ganze Städte sind damals entstanden – und später, als der Boom auf Grund künstlich hergestellter Düngemittel komplett einbrach – auch wieder aufgegeben worden. Zeugen davon haben wir zahlreich entlang der Straße von Antofagasta nach Calama sehen und besichtigen können. Lange ist das her, aber der damalige Boom wird von der derzeitigen Suche nach und Förderung von Bodenschätzen in der Atacama weit in den Schatten gestellt. Der Hunger der Welt nach Rohstoffen will befriedigt werden, und Chile kann hier eine große Rolle spielen; denn neben Kupfer, Gold, Silber, werden auch seltenen Erden gefunden und gefördert- Die Bedeutung, die die Rohstoffförderung und Verarbeitung für Chiles Wirtschaft und den Staatshaushalt hat, ist enorm, kaum vorstellbar, wie es in Chile aussehen würde, wenn die Atacamawüste sich nicht als Lottogewinn für den Staat herausgestellt hätte.

Schon früh sind wir ersten Gruben begegnet, und zwar auf unserer Pistenfahrt von Combarbala nach Tehaluén sahen wir wiederholt Grubeneingänge im Fels, kleine Abraumhalden vor dem Stolleneinstieg, kleine Pisten, die hinauf zum Einstieg führten und manchmal auch ein Dreibein mit Umlenkrolle, der Förderturm chilenischer Bauart, wenn in die Tiefe vorgetrieben worden war. Nirgends war große Technik feststellbar – offensichtlich  Gruben von kleinen Kooperativen, die ihr Glück im Bergbau suchen. Die hier durchfahrene Region ist bekannt für Lapislazuli, ein Halbedelstein, der in zahlreichen kleinen Manufakturen zu Schmuck verarbeitet wird.

Wenig nördlich von La Serena bei Puerto de Choros begegneten wir dem ersten riesigen Tagebau, bei dem ganze Berge abgetragen, versetzt werden, eine riesige Region unter den Umweltbelastungen leidet. Und von da an nahmen wir auf unserer Fahrt ein Vielfaches mehr an Hinweisen auf Abzweigungen zu Minen wahr, als Ortsschilder sichtbar wurden. Der Bergbau boomt, die hier liegenden zentralen Orte wie z.B. Copiapo, El Salvador oder Calama wachsen in kurzer Zeit enorm, haben Schwierigkeiten, die notwendige Infrastruktur für die Zugezogenen, in der Regel nur die Männer, die Familien vieler Arbeiter bleiben in der alten Heimat im Süden, bereitzustellen.

Das Heben des Schatzes scheint hier allerhöchste Priorität zu haben, Umweltfragen haben hintenan zu stehen. Rücksicht auf Naturschutz, nur dort, wo die wirtschaftlichen Interessen nicht tangiert werden. Der Salar de Atacama ist etwas einzigartiges, eigentlich selbstverständlich, wenn mit Blick auf die Bedeutung für die Tierwelt, z.B. als Aufenthaltsort und Zwischenstation auf ihren Reiserouten für einige Vogelarten wie die Flamingos das gesamte Areal unter Schutz gestellt und der staatlichen CONAF, der für die Nationalparks zuständigen staatlichen Behörde, komplett anvertraut würde. Dem ist leider nicht so, lediglich ein kleiner Teil, einige der offenen Wasserflächen mit etwas Umland, in denen sich  kleine Flamingokolonien aufhalten, wurden als Nationalpark ausgewiesen. Und im Abstand von einigen Anstandskilometern wird dann schon fleißig nach dem Gold der Atacama geschürft, werden die Schätze gehoben.

Ich will nicht verschweigen, die Minen haben unter bestimmten Gesichtspunkten auch eine positive Wirkung. Ohne die Existenz großer Minen würden gerade im Nordteil Chiles manche Straßen nicht existieren, andere in noch schlechterem Zustand als vorgefunden bestehen. Das Eigeninteresse der Minenbesitzer ist so groß, daß in vielen Fällen die vorhandenen Wege so ausgebaut und dann auch unterhalten werden, daß schwere LKW ihre Last gen Westen, zu den Häfen fahren können und Materialnachschub die Minenorte erreicht. Deutlich sichtbar ist auch der Nutzen für die insbesondere Pickups herstellende Automobilindustrie. In manchen Regionen begegneten uns mehr rote Pickups als andere Fahrzeuge. Die rote Farbe weist in den meisten Fällen – auch wir tragen rot (!) – auf ihren Einsatz für und in den Minen hin. Zu Recht haben die Minenarbeiter einen Anteil an den Gewinnen der Minengesellschaften durch vergleichsweise gute Löhne erstritten, ist ihre Arbeit doch hart, gefährlich und lebensverkürzend. Verständlich, wenn dann auch Statussymbole angeschafft werden, meistens in Form großer Schlitten, insbesondere aufgemotzte Pickups, in denen insbesondere die Jüngeren dann durch die Ortschaften cruisen. Es scheint, als ob diese Pickups hier das sind, was bei uns der Golf ist – das alles dominierende Fahrzeug.

Die Wüste wird umgegraben, ein Schatz gehoben – leider partizipieren nur einige und dann auch nur für eine begrenzte Zeit von diesem Geldsegen. Mir ist nicht bekannt, daß in Chile die aus den endlichen Bodenschätzen gewonnenen Staatseinnahmen Rücklagen, wie z.B. in Norwegen, für die künftigen Generationen gelegt werden, die dann eine geplünderte Atacama vorfinden und weniger Zukunftschancen haben.

Staubfressend nach San Pedro de Atacama

Beschreibungen in Reiseführern stellen nahezu alles in rosigem Licht dar. So wird, nicht nur von der schreibenden Zunft, das Valle de Elqui als eine grüne Oase der Vielfalt beschrieben, in der einige Tage zu bleiben sich lohnt. Recht haben sie, denn entlang des Flüsschens zieht sich Grün entlang, leider besteht dies zu nahezu 100% aus eingezäunten Weinterrassen.

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Im Schatten wandern – Fehlanzeige, dafür im Geröll und praller Hitze die Hänge hinauf stapfen, das geht, aber nicht mit uns. Obgleich unser letztes Quartier, “El Tesor de Elqui” mit seinem schönen Garten, den Pool und angenehmen Wohnumfeld sehr reizvoll waren, einfach einen Tag hier abzuhängen, danach war uns nicht. Also machten wir uns bereits am 9.10. auf die Weiterreise. Und dabei kam uns zu Hilfe, daß mit uns weitere Rucksackreisende im Quartier waren, die unsere nächste Station, den Nationalpark “Pingüine de Humboldt” gerade besucht hatten.So erfuhren wir noch rechtzeitig, daß die Boote, mit denen man zu den Inseln herausfahren kann, um von der Seeseite aus diese und andere geschützte Tiere zu beobachten nur einmal täglich um 11:00 Uhr von Punta Choros, einem kleinen Fischerdorf mit CONAF-Stützpunkt abfahren. Fahrtstrecke bis dorthin rund 220 km, davon gut 40km Piste; mit einer Fahrtzeit nicht unter 4 1/2 Stunden muß gerechnet werden, unmöglich, mal eben am Vormittag anzureisen. Also umdisponieren und gemütlich mit Zwischenstopp in La Serena, um uns mit einem Prepaidhandy für den Notfall auszurüsten, über Chungungo nach Punta de Choros weiterzufahren, um dort zu übernachten. Auf dem Plan sieht alles ganz einfach aus, die Realität bestraft den Optimisten.

Chungungo mag dem einen oder anderen aus dem Erdkundeunterricht oder aus einer Galileosendung bekannt sein – und zwar unter der Überschrift “die Nebelfischer von Chungungo”; ich gehörte zu den Unwissenden, ein Grund mehr, die Bildungslücke zu schließen und den Umweg von gut 50 Pistenkilometer in Kauf zu nehmen, denn Zeit hatten wir ja heute. Chungungo ein verlassenes irgendwie auch verkommenes Nest am Pazifik, im Grunde keinen Abstecher wert. So sehr wir auf der Anfahrt entlang der Küste als auch der Weiterfahrt hoch die Küstenkordilliere die Bergrücken nach den “berühmten” Netzen absuchten, wir bekamen kein einziges zu Gesicht! Selbst dort, wo sich in der Straßenkarte ein besonderer Hinweis befand – von Netzen keine Spur, dafür aber die ersten Vorboten er uns die nächsten Tage begleitenden Minen.

Hier ein Fremdbild zu den Netzen :

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In Punta de Choros angekommen begrüßte uns nach etlichen Wüstenkilometern eine Ansammlung einfachster Behausungen; unsere Quartiersuche gestaltete sich sehr schwierig. Zwar wird der Ort von den Chilenen zu Ferienzeiten stark besucht, in Ferienzeiten! Hinweise auf Cabanas gab es wiederholt, aber keinen Ansprechpartner. In einigen Fällen waren Telefonnummern angegeben, wir schätzten jedoch die Chance, uns telefonisch verständlich zu machen und unseren Gesprächspartner auch zu verstehen als so gering ein, daß wir darauf verzichteten. Auf Nachfrage in einem kleinen Lebensmittelgeschäft wurden wir an die Bewohnerin eines grünen Hauses verwiesen und uns der Weg dorthin beschrieben. Der Beschreibung folgend fanden wir an der angegebenen Stelle kein grünes Haus, jedoch etwas weiter an ebenso einem grünen Haus einen Hinweis auf Cabanas. Also Wegbeschreibung falsch aber Ziel erreicht! Wie sich herausstellte, war die Vermieterin nicht die gesuchte Person, aber wir hatten  endlich ein sehr gutes Nachquartier gefunden, in dem locker noch vier weitere Personen hätten übernachten können. Wir waren in diesem Ort wohl die einzigen Nachtgäste, denn außer Hunden und ab und zu einen Pickup mit Fahrer trafen wir bei unserem Dorfspaziergang auf der Suche nach einem Restaurant niemand an. In Meernähe sollte man Fisch essen, so fiel auch unsere Bestellung aus – es gab in dem Restaurant auch kaum eine andere Wahl, die aber richtig gut war!

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Und noch etwas fiel auf : hier ist Tsunamizone, wie die an jeder landwärts führenden Straße aufgestellten Schilder zeigen.

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Am Abend hatten wir uns noch bei dem CONAF-Büro über Eintritt und Abfahrtszeiten der Boote (!) erkundigt und glaubten, den Ortshinweis richtig verstanden zu haben. So waren wir um 10:45 am kleinen Fischereihafen und warteten, warteten und nichts passierte.

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Gegen 11:15 entschlossen wir uns zum Aufbruch und Fahrt zum CONAF-Büro – zum Glück, denn die Boote – es war nur eines, in dem insgesamt 5 Passagiere auf die Reise gingen – legten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Büro ab. Da wir uns am Vorabend bereits beim Bootsführer angemeldet hatten, wartete man auf uns – und wieder hatten wir Glück. Wir sahen zwar weder Wal noch Delfin, dafür aber zahlreiche kleine Kolonien von Humboldtpinguinen, verschiedene Kormorane, auf der faulen Haut liegende Seelöwen, Seetölpel und andere Vogelarten beim turteln, füttern, dösen, bergauf stapfen, fischen und fliegen. Putzig war zu erleben, wie die steifen Pinguine steile Berghänge hinauf watscheln, über Felsen klettern und sich auch von rutschendem Geröll nicht davon abbringen lassen, zurück in die “Heimat”, das eigene Nest zu kommen. Der dreistündige Bootsausflug, von einem kurzen Landgang auf der Isla Damas hat sich richtig gelohnt und war eine schöne Unterbrechung der doch langen Fahrtstrecken.

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Unser nächstes Ziel war der Nationalpark Tres Cruces, der Salar de Maricunga und die Laguna Verde, alles in einer Höhe zwischen 3.500m und 4.500m nahe der chilenisch-argentinischen Grenze gelegen. Die Bergbaustadt Copiapo schien uns ein passender Übernachtungsort zu sein, sollte es doch bei einer Größe von 125.000 Einwohnern leicht sein, ein Quartier zu finden. Wir klapperten die im Vorfeld auch aus finanziellen Gründen ins Auge gefassten Quartiere ab – entweder stimmt der Preis nicht oder der Zustand war unzumutbar. Die vergleichsweise hohen Löhne im Bergbausektor haben sich hier wie im gesamten Norden heftig auf die Preise und somit auch die Übernachtungspreise niedergeschlagen. Irgendwann sinkt bei der Suche das Anspruchsniveau wie auch die Bereitschaft Preiszugeständnisse zu machen steigt – und wir kamen unter, überteuer, klein aber sauber und, was auch wichtig war, mit Parkmöglichkeit für unseren Pickup.

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Um die geplante Runde bis in die Nähe des Passes San Francisco/Laguna Verde, dann wieder teilweise zurück bis zum etwa 100km vorgezogenen chilenischen Grenzposten (!) und weiter am Salar de Pedernales bis zum Ort El Salvador, wieder eine Bergbaustadt, an einem Tag zu schaffen, 520km, davon sollte laut Reiseführer etwa 1/3 Piste sein, wollten wir früh aufstehen um vor 9:00 Uhr auf der Strecke zu sein. Es kam anders, und wir zu einer weiteren Übernachtung, diesmal aber in einem schönen Hotel mit Garten im Copiapo. Wir verschliefen und mussten nach Erledigung der für die lange Strecke notwendigen Einkäufe gegen 10:30 Uhr feststellen, daß bei einer folgender Abfahrt die Übernachtung im Wagen fast vorprogrammiert war, oder aber große Teile der Strecke gestrichen werden müssten. Weiterfahrt ohne das Wasser der Laguna Verde gesehen zu haben – für den einen oder anderen vorstellbar, für uns aber nicht. Also Quartiersuche, frühes einchecken, ausruhen, das Hotelambiente genießen, Stadtbummel machen – Copiapo hat im Grunde wenig bis nichts zu bieten – und uns mental auf den folgenden Tag vorbereiten.

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Und der hatte es in sich, lange Strecke, unendliche Landschaft, hohe Berge, Staub, Geröll, Starkwind, einen Grenzposten im Nirgendwo, einen See, von dem man träumen kann, und wir kamen durch, d.h. wir hatten abends ein Quartier! Im Grunde kann man hier wie auch an vielen anderen Stellen unserer Reise ein “wdh” hinschreiben, denn abgesehen von den sich natürlich ändernden Berg- und Felsformationen und –formen sahen wir über Stunden das Gleiche : Felsen in unterschiedlichen Formen und Zuständen der Erosion, als Brocken, Stein, Kies, Sand in allen möglichen Erdtönen – nur selten schlichen sich einige schwarze oder graue Töne dazwischen – wenig erbauend, wenig augenfreundlich und eher auf das Gemüt gehend, überall Steine, Wüste, kein Grün. Auch aufgegebene Gebäude und sogar einen alten versandeten Friedhof fanden wir entlang unserer Strecke.

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Und Katrin ging dieses Einerlei so richtig aufs Gemüt, während ich versuchte, den Bergen immer wieder neue Blicke abzugewinnen, Katrins Wahrnehmung der Umgebung als braun in braun auf eine bei ihr vorhandene Spektralverschiebung ihrer Optik zurückzuführen. Nein, ihr hat die Fahrt durch diese Landschaft keine besondere Freude bereitet, eher war es belastend, sind wir doch ein ausgewogenes Verhältnis von Braun und Grün gewohnt und nicht dieses Bombardement einer Farbe. Es wird nicht nur an der im Grunde eintönigen Landschaft gelegen haben, daß wir bis km 200 nur 4 Fahrzeugen begegneten : ein Bus, der offensichtlich mit Minenarbeitern aus der Quebrada de Paipoté herauskam, ein LKW, den wir überholten sowie ein entgegenkommender Pickup. Dies änderte sich auch später nicht grundlegend, zwei Hände reichten, um den Verkehr auf etwa 450km zu erfassen. Für Farbabwechslung sorgten einige nicht nur am Straßenrand verbliebenen Schneereste, die in sonderliche Formen durch den Wind und die Sonne gebracht worden sind.

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Am Salar de Maricunga befindet sich die vorgezogene chilenische Grenzstation (bis zur argentinischen Grenze waren es mehr als 100km!) , mit allem Notwendigen ausgestattet, d.h. auch technischem Gerät zur Durchleuchtung von Gepäck etc. Obwohl von Weitem durch die hinter uns herziehende Staubfahne erkennbar, trafen wir in der Station niemand an. Von einer abseits gelegenen weiteren Station kam dann ein Grenzbeamter warm eingepackt angeschlurft und dann nahm die Bürokratie seinen Lauf. Obgleich wir deutlich machten, daß wir lediglich bis zur Laguna Verde fahren wollten und nicht nach Argentinien ausreisen, mussten die Daten unserer Pässe überprüft und dann in eine Kladde übernommen werden; dies alles in einem Tempo, wohl den niedrigen Temperaturen in den Quartieren der Grenzer angepasst. Die haben hier wahrlich keinen Traumjob, denn die Zahl der Kunden pro Tag dürfte sich in der Region von 10-20 bewegen. Nach gut 15 Minuten konnten wir dann unter dem Grenzbaum hindurchfahren.

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Und weiter ging es in Richtung Laguna Verde, aber vorher mussten wir einen kleinen Abstecher hin zu unserem ersten Salzsee machen, dem Salar de Maricunga – interessant, riesig, aber leider war der größte Teil der Salzkruste, wie sollte es auch anders sein, von Sand, Kies, Geröll bedeckt, also nichts mit einer riesigen weiß glänzenden Oberfläche, stattdessen überwogen die bereits satt bekannten Farbtöne. Die nächsten gut 80km Piste, sie führten uns durch den Nationalpark Nevado de Tres Cruces, machten richtig Spaß beim Fahren, denn bei den stetigen seitlichen Böen war ständiges Gegenlenken gefordert, das hielt den Fahrer wach und bei Konzentration, obgleich viele Blicke immer wieder nach rechts und links gingen. Während der gesamten Anfahrt zur Lagune stieg nicht nur unser Straßenniveau auf 4.500m Höhe vor der Laguna Verde an, sondern die uns begleitenden Bergriesen wuchsen immer weiter in die Höhe. Zuerst umgaben uns Berge von 4.500-6000 m, dann folgte die nächste Kategorie bis hinauf auf fast 7.000m, und ein Gipfel war imposanter und bizarrer als der andere, viele schnee- oder eisbedeckt. Und wir mitten drin in dieser Bergwelt.

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Das auf und ab der Straße schien kein Ende zu nehmen, ebenso wenig die Kurven und Spitzkehren, die wir fahren mussten, um an unser Ziel zu kommen.Und dann plötzlich als wir um eine enge Kurve fuhren vor uns im Tal lag ein See, irgendwie blau glänzend; die Wasserfläche wurde während unsere Annäherung immer größer – wir waren am Ziel, an der Laguna Verde auf 4.325m Höhe. Das Panorama war, wie sollte es in dieser Umgebung auch anders sein, atemberaubend, nicht nur wegen der Höhe, denn die merkten wir, wenn wir uns schnell bewegten, sondern vor allem wegen des unheimlich schönen Anblicks. Viele Minuten saßen wir, den Wagen ganz nah am Ufer geparkt, und schauten uns fast sprachlos um; Poeten würden sagen, wir waren von Freude ergriffen, uns durchströmten Glückshormone.

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Als dann, nach unserem kargen Nachmittagsimbiß, auch noch ein Polizeifahrzeug an uns auf dem Ufer vorbeifuhr, das zweite Fahrzeug, das wir in den letzten drei Stunden zu Gesicht bekommen hatten (!), war es wohl Zeit, den Rückweg anzutreten, d.h. zurück zur Grenzstation, Formalitäten erledigen – diesmal ging es sehr zügig – und weiter in Richtung El Salvador. Insgeheim hofften wir, wenn zügiges Fahren möglich sei, es bis nach Diego de Almagro zu schaffen, wo wir auf bessere Chancen auf ein angemessenes Quartier hofften. Die nächsten Stunden passierten wir im Grunde schon bekannte, dennoch aber unbekannte Landschaften, verloren zunehmend an Höhenmetern und “fraßen” Wüstenstaub. Gut 1 1/2 Stunden Schüttelfahrt nach Passieren des Grenzstützpunktes Fronterizo San Francisco erreichten wir wieder einen (sog.) Salzsee, auch dieser glänzte nicht weiß im Sonnenlicht, sondern hatte einen bräunlichen Überzug, also kein Grund länger zu verweilen. Wir warfen aus der Ferne der Straße immer wieder Blicke nach rechts, aber wirklich interessantes bekamen wir nicht zu Gesicht.

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Und wieder ging es in unendlichen Serpentinen hinauf, um dann auf einer breiten Piste, die offensichtlich auch hier im wesentlichen von Minenfahrzeugen genutzt wird, gen El Salvador/Diego de Almagro zu fahren. Erstaunlich, welches Tempo man auf diesen Pisten ohne Probleme anschlagen kann, wir kamen zügig vorwärts. Der Entschluß, weitere gut 100km zu unserem angestrebten Quartierort Diego de Almagro zu fahren, fiel schnell, denn wir hatten genügend Zeit, um vor einbrechender Dunkelheit die Quartiersuche abschließen zu können. Dort gegen 18:30 eintreffend, fanden wir einen typischen Bergarbeiterort, eine Art Vorposten vor den weiter im Osten liegenden Minen vor, teilweise traurige Behausungen, viele Maschinenparks und Reparaturwerkstätten, stark reparaturbedürftige Gehwege und zu viele Häuser, die dringend saniert werden müssten. Unsere COPEC-Karten enthielten einige Unterkunftshinweise, denen wir dann nachgingen. Einmal waren wir fast am Ziel und hätten in einem schönen Hotel zu einem akzeptablen Preis von rund 40 Euro übernachten können, aber nur fast, denn als wir dann den Wagen im Hof parkten und Katrin die Anmeldeformalitäten in Angriff genommen hatte, verdoppelte sich der Preis – angefragt war ein DZ (für zwei Personen), der Preis der dann trotz Nachfrage genannt worden war, galt wohl nur für eine Person! Also Kehrtwendung und weiter die möglichen Unterkünfte abklappern. Bei den einen war kein Licht vorhanden bzw. gerade Stromausfall, um die Qualität beurteilen zu können, die anderen nicht anwesend, so daß wir schlußendlich in einem etwas entfernter gelegenen Stadtteil in einem Hostel Vicky landeten, eine wirklich einfache Unterkunft. Hungrig wie wir waren gingen wir anschließend in ein benachbartes “Restaurant”, das wohl stark von Arbeitern frequentiert wird, denn unweit des Quartiers befindet sich eine größere Industrieanlage. Schade, daß unsere Sprachkenntnisse begrenzt sind, denn mit den anwesenden Einheimischen ein paar Worte zu wechseln, die über die Höflichkeitsfloskeln hinausgehen, wäre sehr interessant gewesen. Hier machten wir dann auch Bekanntschaft mi Speisen, die bislang uns unbekannt und gewöhnungsbedürftig waren. Der Hunger zwingst rein.

Am nächsten Morgen, einem Sonntag, gingen wir in dieses Einheimischenrestaurant frühstücken – auch hier wartete auf uns ein landestypisches (!) Frühstück von geringem Umfang. Da unsere nächste Station Taltal, ein kleinerer verschlafener Fischerort am Pazifik, gute 200 Kilometer entfernt liegt, konnten wir uns sehr geruhsam auf die leere Straße und Strecke machen. Für einen Sonntag bemerkten wir deutlich mehr LKW-Verkehr als wir es aus der Heimat gewohnt sind. Ein entsprechendes Fahrverbot scheint es hier nicht zu geben. Ein kurzer Stop an einem Schild, das auf einen Inkaweg hinwies. Eher selten haben wir Hinweise entsprechender Art bislang wahrgenommen.

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Über Chanaral, einer Hafenstadt ging es in den direkt benachbarten Nationalpark Pan de Azucar. Wir hatten die Schotter- und Erdpiste nahezu für uns allein. Lediglich sonntags arbeitende Straßenbauer, die versuchten, die Piste in einem kleineren Abschnitt zu planieren, störten dieses einsame Fahren durch, entlang und unterhalb der Küstenkordilliere, durch teilweise Wüstengebiete mit ihrem besonderen Charme. Auch der Nichtbotaniker konnte hier andere Kakteenarten als in den bisherigen Trocken-/Wüstengebieten bemerken.

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Dann ein langer Sandstrand, nicht der erste, den wir bemerkten, dieser war jedoch von einem Campingplatz “eingefasst”, so daß ein freier Zugang im Grunde nicht möglich ist. Wie im übrigen auch an anderen interessanten wassernahen Plätzen eine kommerzielle Campingplatznutzung festzustellen war.

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Der kleine Fischerort Pan de Azucar wäre keine Erwähnung wert, wenn nicht von hier aus ab und an auch Bootsfahrten hinaus aufs Meer zur Beobachtung von Robben, Pinguinen und Kormoranen für die Touristen angeboten würden. Aber heute lagen die Boote an Land und der einzige sichtbare Fischer nahm, umringt von zahlreichen Vögeln, auch Kormoranen, seinen Fang aus. Ein trister, langweiliger Ort, der nur aus wenigen Hütten besteht und für den Einfachurlauber Unterkünfte bereit hält. Ganz hart gesottene nehmen ihr Zelt mit, um hier einige Tage bei Möwengeschrei zu verbringen. Hierzu ist wohl auch die Amerikanerin zu zählen, die wir neben ihrem Einfrauzelt hinter einer kleinen Mauer, die etwas Windschutz bot, trafen. Sie war schon seit einigen Monaten unterwegs und hatte sich von einem Taxi aus Chanaral hierher in den Park fahren lassen – eine andere Möglichkeit, wenn man nicht gute 20 Kilometer mit Gepäck durch die Landschaft bergauf und bergab wandern will, gibt es hier nicht. Nun war sie hier, an einem Ort, der als sehr beeindruckend geschildert worden war, eine Beurteilung, die sie nur bedingt nach ersten Eindrücken teilte. Dennoch, sie wollte etwas, d.h. einige Tage bleiben.

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Auf dem Weg aus dem Park in Richtung Panamericana/RN5 bieten sich einige Stops an, um sich für eine gute Stunde die Füße zu vertreten, wenn man auf einen der Aussichtspunkte hinaufwandert. Es hat sich gelohnt, nicht nur der Bewegung wegen, sondern auch der Blick über das Meer und hinein ins karge, trockene, teilweise felsige Land hat für den Schweiß entschädigt. Zurück am Parkplatz trafen wir auf vier Amerikaner, die gerade mit ihrem Fahrzeug dort angekommen waren. Die Frage, wie weit es bis zum Aussichtspunkt sei, beantworteten wir wahrheits- und erfahrungsgemäß mit einer guten 3/4 Stunde Wandern. Das war dann doch zuviel und man stieg wieder ein, um davonzufahren.

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Es gibt einfache und schnelle Wege an das Ziel Taltal zu gelangen oder unseren Weg. Dieser führte nicht über weite Teile der RN5, sondern zweigte nach wenigen Kilometern wieder ab, um auf einer kleinen Straße Richtung Küste zu gelangen. Wir hatten gelesen, daß es hier eine kleine küstennahe Straße gäbe, auf der es auch möglich sei, an unser Tagesziel, Taltal, zu gelangen. Die Beschreibung passte, auf kurvenreicher oft direkt am Felsen entlangführender schmaler Schotterpiste ging es in zwangsläufig reduziertem Tempo voran. Immer wieder neue Blicke auf die Küstenberge, kleine Strände, bizarr geformte Felsen waren möglich. Von Gegenverkehr kaum eine Spur, es wäre auch oft nicht einfach gewesen, zu passieren.

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Taltal hatte auch schon bessere Zeiten erlebt. Lang ist es her, als der Salpeter des Hinterlandes hier verschifft wurde. Aus dieser Zeit stammen noch wenige Herrschaftshäuser, ansonsten ist die Stadt gesichtslos, einzig der zentrale Platz, als Park gestaltet, hat auch uns zum Verweilen eingeladen. Man sollte meinen, am Meer sind Fischlokale häufig anzutreffen, gute Fischgerichte die Regel. Wir wurden, auch hier, eines besseren belehrt. Nach langem Gang durch die Gemeinde kamen wir am Ende des Hafengeländes an ein noch geöffnetes Restaurant; wohlgemerkt, es ging auf 19:00 Uhr zu! Voller Vorfreude, hafennah wird es doch guten frischen Fisch geben, bestellten wir. Das dann Gelieferte enttäuschte auf jeder Linie – der Fisch war frittiert und troff vor Fett. Unsere Bleibe versöhnte uns dann, denn Zimmer mit Meerblick, Palme vor dem Fenster, lauer Abendwind und einschläferndes Meeresrauschen findet man auch nicht überall.

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Heute am 14.10. war weitgehend Kilometerfressen angesagt, wollten wir Calama erreichen, die Bergbaustadt im Norden der Region Atacama. Der Wagen schnurrte so vor sich hin, einzig der Hinweis in unseren Karten, auf halber Strecke zwischen Taltal und Antofagasta stünde das Very Large Telescope wenige Kilometer abseits der Strecke auf einem Berggipfel, sorgte für aufmerksame Wahrnehmung der Umgebung, denn diese war eintönig, braune Bergrücken reihten sich aneinander, die Gefahr einzuschlafen bestand durchaus. Schild gesehen und abgebogen, der Straße gefolgt, von weitem die Anlage bereits entdeckt und dann von einem Zaun und bewachtem Eingang an der weiteren Annäherung gehindert. Ein Ding, denn irgendwie haben wir das Observatorium mitfinanziert, schließlich stecken hier erhebliche EU-Mittel drin, für die im Gegenzug dann europäische Wissenschaftler Gelegenheit erhalten, von hier aus das Weltall zu screenen.

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Antofagasta, eine Stadt, um die wir einen großen Bogen machen konnten, denn unsere Strecke führte daran vorbei. Sie soll modern sein, aber auch alle Unannehmlichkeiten einer südamerikanischen Großstadt aufweisen, nichts für uns, wir sind gebrannte Kinder. Die Randbezirke mit ihrer Industrie gaben uns einen Geschmack davon, wie schön (!) es weiter stadtwärts sein könnte.

Aus welcher Laune auch immer  herausentstanden, in der Nähe von Banquedane stehen auf einem wohl aufgelassenen Bahngelände und in abbruchreifen Bahnschuppen einige altertümliche Loks und Bahnwaggons und siechen vor sich hin, wie das gesamte Drumherum nicht gerade den Eindruck prallen Lebens machte. Museum wurde der Bereich genannt, den man frei betreten konnte; die alten Schätze standen nicht nur um wesentlichen ungeschützt der Witterung gegenüber, sondern auch jedem Altmetallfreund.

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Die Strecke von Antofagasta hinauf nach Calama war vor einhundert Jahren die wesentliche Verbindung zwischen den unzähligen insbesondere Salpetergruben und dem Hafen am Pazifik. Heute künden die zahlreichen Hinweise an der Straße von der ehemalige Existenz dieser Gruben, zu denen sich jedoch in jüngerer Zeit eine große Zahl neuer Minenbetriebe gesellt hat, die nach den neuen hier in der Atacama vorkommenden Bodenschätzen flächendeckend suchen und diese ausbeuten. Es hat den Anschein, als ob die ganz passablen Straßen hier in der Region dem besonderen Bedarf dieses Industriezweiges entsprechen.

Einen besonderen Hinweis hatten wir der COPEC-Straßenkarte entnommen – es gibt/gab die als offenes Museum geplante Saltrera Chacabuco, unweit der Abzweigung der nach Calama führenden Straße von der RN5 gelegen. Jeder hätte erwartet, an der Straße einen entsprechenden Hinweis zu finden, doch gefehlt. Auch wir sind daran vorbeigefahren; erst ein Überprüfen unseres Standortes an Hand der Straßenkarte zeigte uns auf, daß wir den Abzweig zum “Museum” verpasst haben mussten. Umgedreht und gesucht und wir fanden das Schild, das nicht nur sehr klein, sondern auch nur aus unserer jetzigen Fahrtrichtung erkennbar war. Über einen Feldweg ging es in die Nähe der Saltrera, von der nur noch einige Grundmauern standen, große Teiche noch erkennbar waren. Selbst mit großer Fantasie war nicht reproduzierbar, wie es auf dem Gelände einmal ausgesehen haben könnte. Bekannt ist, daß die Arbeiter – und teilweise auch deren Familien – in unmittelbarer Betriebsnähe wohnten, damit jederzeit verfügbar waren und dem Grubenbesitzer doppeltes Einkommen bescherte, aus der Arbeit seiner Lohnarbeiter und aus der Vermietung der Behausungen. Der nahbei gelegene inzwischen aufgegebene Friedhof zeugt vom Leben und Sterben der Familien in dieser “Stadt”. Von den Bemühungen, eine museale Situation herzustellen, konnten wir wenig sehen; einzig einige offensichtlich reparierte Grundmauern könnten von den früheren Tätigkeiten zeugen. Einer Quelle zur Folge dienten einige der Bauten zur Zeit der Pinochetdiktatur der Geheimpolizei als geheimes Gefängnis und Folterkeller. Die Quelle ist verläßlich; ob die in einem Raum in die Wand geritzten politischen Parolen authentisch sind, kann jedoch nicht geprüft werden. Mit dem Wissen der “Zweitverwertung” der Salteragebäude ist verständlich, wenn die Bemühungen, hier ein Museum einzurichten, eingeschlafen sind, denn, wie früher bereits berichtet, konsequentes Bemühen um ein umfassendes Aufarbeiten der Diktatur ist kaum festzustellen.

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Einige Kilometer weiter stand dann direkt an unserer Straße eine in Grundzügen noch erhaltene Wohn- und Produktionsstadt einer Saltera.

Unser heutiges Ziel Calama, eine vom Bergbau geprägte Stadt, die stetig wächst und quasi überragt wird von der in unmittelbarer Nachbarschaft seit über 100 Jahren wirkenden Kupfermine Chuquicamata. Wohl und Wehe von Calama sind seit langem mit der Entwicklung dieser größten Tagebaukupfermine der Welt verbunden. Einkaufspaläste in der Innenstadt legen die Vermutung nahe, daß hier gutes Geld verdient und ausgegeben wird. Quartiersuche war nicht so ganz einfach, aber bei einem unserer gesammelten Hinweise wurden wir fündig und zogen für eine Nacht in eine Cabana ein, die nah am Zentrum lag. Wir quartierten uns hier in Calama ein und fuhren nicht die restlichen 110 Kilometer bis San Pedro de Atacama, um am 15.10. an einer Besichtigung der Kupfermine, die morgens um 11:00 Uhr in Calama beginnt, teilnehmen zu können.

Nun liegt Calama nicht am Meer, unser abendliches Fischgericht hat aber um Längen fast alle bisherige meernahe Fischessen in den Schatten gestellt. Es kommt also nicht auf die Lage, sondern auf das Können und Wollen der Köche an!

Im Anschluß an die gegen 14:30 Uhr beendete Besichtigung der Chuquicamata machten wir uns auf den Weg in das touristische Herz der Atacama, nach San Pedro de Atacama. Allein die Anfahrt auf den Salar de Atacama war es wert, hierher zu fahren. San Pedro und der Salar liegen gut 2.400m hoch und dennoch, man fährt in diese Ebene von oben herein, hat einen unheimlich weiten Blick in dieses”Tal”, bemerkt die die Sand-/Steinwüste und sieht dann in weiter Ferne einen kleinen grünen Oasenstreifen, der dann größer wird und sich bei weiterer Annäherung als eine Aneinanderreihung mehrerer kleinerer Oasen herauskristallisiert. Je nach Lichteinfall auf die Talwände wirken diese rötlich, beige,, bräunlich, ein interessantes Farbenspiel. Die letzten Kilometer hin zum Boden der Ebene, des Salars, schraubt man sich in einer Vielzahl von Kurven und steil hinunter und steht dann sehr schnell am Ortseingang des Dorfes. Seine Bebauung ist der Umgebung angepasst; eingeschossig in Adobebauweise hergestellt, hellbeige gehalten, manchmal ist der Putz auch in einer Art von mattem Weiß gestrichen, ein Ort, durch den jeder unter anderen Umständen schnell hindurchgefahren wäre, wenn er nicht San Pedro heißt. Wobei hindurchfahren gar nicht so einfach ist, denn Hinweise für den durchgehenden Verkehr haben wir keine gefunden. Offensichtlich soll hier jedes Fahrzeug anhalten und wenn möglich auch für längere Zeit am Ort bleiben, anders ist diese Ignoranz einer den Fremden leitenden Verkehrsführung nicht zu verstehen. Hinein in den Ort fahren heißt auch, die zahlreichen Einbahnstraßen beachten; wenn man Pech hat, steht man plötzlich vor einer Minifußgängerzone und kann weder vor noch zurück es sei denn, man verhält sich verkehrswidrig. So standen auch wir irgendwann gefrustet in einer Seitenstrasse, hatten teilweise die Orientierung verloren und stellten die Unmöglichkeit fest, an Hand unseres Stadtplanes die Touristeninformation des Dorfes anzufahren. Also machte Katrin sich zu Fuß auf den Weg und ich  blieb bei dem am nicht zulässigen Ort geparkten Wagen. So groß kann der Ort doch nicht sein, daß Katrin eine halbe Stunde benötigt, um mal eben zum zentralen Platz und zurück zu gehen; hat sie sich verlaufen? Nein, denn dann kam sie auch schon freudestrahlend mit der Mitteilung, da das Umherfahren im Ort so stressig sei, habe sie sich auf dem Rückweg schnell einige Quartiere angeschaut und etwas passendes für uns gefunden. Und das passte wirklich, in unserem Zimmer im Hotel Chiloe haben wir uns die vier Tage sehr wohl gefühlt.P1040664P1040665P1040662P1040666

Von Santiago ins Valle de Elqui

Am 5.10. beginnt unsere Reise so richtig. Überpünktlich wurde unser hoffentlich treuer Begleiter für die kommenden 3 Monate an unsere Wohnung angeliefert. Ein ganz schöner Drum, wie wir dann staunend feststellen mussten, aber, wir hatten ja zuletzt auch keine Wahl mehr und mussten uns mit dem begnügen, was noch verfügbar war.

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Wohnungsübergabe dann um 11:30 und um 12:15 ging es dann ab auf die große Rundfahrt. Zwar hatten wir uns, um aus dem Chaos der Stadt herauszukommen, auf dem Stadtplan eine “leichte” Route ausgesucht, der wir dann auch folgten, jedoch konnten nicht alle Straßen so befahren werden wie vorgesehen – das wahnsinnige Einbahnstraßensystem Santiagos war jetzt kurzfristig unser Feind. Mehr im Schritt- als in Fahrtempo ging es in Richtung Panamericana Norte/N5, die wir nach gut 15 km und fast einer Stunde im Schritttempo erreichten.

Santiago zog sich ganz schön hin, aber bald kamen Bergrücken uns auf dem Weg in Richtung Westen immer näher, Bergflanken erdfarben, mit Buschwerk und kleinen Bäumen bewachsen, bald übergehend in steppenartigen Bewuchs.Zwischendurch waren auch größere Flächen mit Rebstöcken besetzt. Auch ausgedehnte Flächen mit lockerem Kakteenbewuchs lagen rechts und links der Straße.

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Unser Ziel war, schnell über die Autobahn nach  Los Villos zu kommen um dann je nach Uhrzeit  weiter nach Illapel zu fahren. Die ersten 150 Kilometer waren ziemlich eintönig, die Landschaft änderte sich um Grunde nicht, geringer Verkehr und zügiges Fahren, immer wieder unterbrochen durch Mautstellen, die Bares wollten. Als dann für eine Tunnelfahrt gute 6.000 CLP verlangte wurden, gleichzeitig aber auch eine Umgehungsmöglichkeit angezeigt war, nutzen wir die preiswerte Variante und konnten dabei auf einer mit zahlreichen Serpentinen gespickten Strecke bergauf- und bergab den Wagen und sein Reaktionsvermögen so richtig testen. Da es ziemlich warm war, fuhren wir mit offenem Fenster. Nach etwa 180 Autobahnkilometern zeigte sich im Augenwinkel eine weite Fläche, vielleicht blau? Vielleicht das Meer? Und dann nahmen wir auch den besonderen Meeresgeruch war – endlich keine trockene und verpestete Luft. Ein Blick, eine Entscheidung, bei der nächsten Autobahnabfahrt ging es rechts heraus und durch den Ort Los Molles an den menschenverlassenen Sandstrand. Die Ferienhütten im Hintergrund, die erkennbare Infrastruktur des Ortes lassen erahnen, daß zu anderen Jahreszeiten hier richtig was los ist – heute trafen wir am Strand nur drei Fischer und ein Pärchen, das auf Klappstühlen und sonnenschirmbehütet die Frische genoß. Katrins Wassertest fiel negativ aus – zum baden zu kalt, aber die Vorstellung, man könnte baden, löste schon positive Gefühle aus. Da wurde auch so richtig deutlich, wie sehr wir uns nach der Weite der Landschaft gesehnt hatten, froh waren, endlich aus der Stadt herauszukommen.

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In Los Villos verließen wir die Panamericana um über Illapel durch das Nationalreservat Los Chincillas nach Combarbala zu gelangen. Die putzigen Pelztiere, die hier eine beschützte Heimat haben, kamen uns nur als überfahrenes Exemplar vor die Augen. Da die Tiere auch sehr scheu und eher nachtaktiv sein sollen, fiel uns der Verzicht auf einen Besuch des Parks sehr leicht. Zu dieser Zeit schenkten wir der Landschaft um uns herum viel Aufmerksamkeit, wechselten doch karg bewachsene Berghänge, oft waren es Kakteen und Steppenebenen mit Ausblicken auf Andengipfel, teilweise noch schneebedeckt, ab. Alles um uns herum wirkte und war wohl bereits Wüste – Steinwüste, Geröllwüste oder was auch immer.

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Hier wurde auch deutlich, daß 75% der chilenischen Bevölkerung in Städten lebt – über lange Strecken waren kaum im allgemeinen sehr kärgliche Behausungen zu entdecken. Wie soll man auch in dieser im Grunde menschenabweisenden Umgebung, in einer Steppen- oder Wüstenlandschaft überleben können? Hier und da nahmen wir Ziegen vereinzelt, selten als kleine Herde wahr, offensichtlich die einzigen hier lebensfähigen Nutztiere. Auch wir wurden herausgefordert durch rund 80km Piste, hier galt es, da die Straße sehr kurvenreich durch die Täler und über Bergrücken führte nach Staubfahnen vor uns Ausschau zu halten, denn nicht überall war ein problemloses Ausweichen möglich. Bei der Straße war die große Bodenfreiheit unseres Wagen sehr von Nutzen, gewöhnungsbedürftig war/ist der Heckantrieb, denn bei rippigem Untergrund springt der Wagen gern, was insbesondere in Kurven nicht viel Spaß macht.

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Gegen Abend dann Ankunft in Combarbala und hohe Zeit, ein Quartier zu suchen, denn es war nach 19:00 Uhr. Im Reiseführer und dem Ergänzungsmaterial zu unseren Straßenkarten gab es Quartierhinweise und eine Skizze der Innenstadt. Über Umwege fanden wir dann das von uns favorisierte (eine von drei Möglichkeiten) Hostel Apuwara, wo wir ein  Doppelzimmer beziehen konnten. Man sollte meinen, in einer Gemeinde von mehr als 10000 Einwohnern gibt es auch an einem Samstagabend zahlreiche Möglichkeiten zu Abend zu essen – weit gefehlt. In unserem Hostel war es nur nach Voranmeldung möglich, in der weiteren offenen Alternative wurde ein Geburtstag gefeiert und die dritte Option hatte geschlossen. Da einzig ein Supermarkt geöffnet hatte versorgten wir uns dort mit dem Notwendigen einschließlich Bier, um selber ein Abendbrot zubereiten zu können. So hatten wir uns den ersten Abend auf unserer Weiterreise nicht vorgestellt, aber das Zimmer, eine ruhige Nacht, das schöne Ambiente des Apuwara entschädigten dann.

Unser erstes größeres Ziel war das Valle de Elqui. Von Combarbala über eine Piste nach Telahuén, das Tal des Rio Grande abwärts und über Monte Patria nach Ovalle; wenn dann noch Zeit blieb wollten wir versuchen über Sama Alto das als landschaftlich reizvoll beschriebene Hurtadotal aufwärts fahren um über einen Pass – die Strecke fast nur als Piste gekennzeichnet – direkt in das Valle de Elqui, nach Vicuna, zu gelangen. Soweit der Plan.Wir kamen auch gut über die teilweise sehr enge Piste voran und erreichten nach nicht ganz zwei Stunden und 51km Telahuén, einem kleinen Weiler, der uns an ein Oasendorf erinnerte und ebenso gut auch in Ägypten hätte liegen können.

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In der Talniederung um den Ort herum konnte Landwirtschaft betrieben werden, einige hundert Meter hangaufwärts sowie wenige Kilometer talab- oder aufwärts endete das grüne Band. Die Landschaft änderte sich um Grunde kaum, manchmal war in den Talniederungen genügend Wasser, um eine kleine Vegetation zu ermöglichen, meistens begleiteten uns jedoch niedrige Sträucher und kleine Büsche, meistens jedoch eine Steinwüste. Wahrlich keine Abwechslung für die Augen, dominierten doch grau und diverse Erdtöne. Eine Weile hinter Telahuén verbreiterte sich die Piste, gleichzeitig nahm erkennbar die Landwirtschaft, insbesondere in Form von Obstanbau zu. Dies war offensichtlich der Grund, um die Straßenverhältnisse insgesamt zu verbessern, um den Abttransport der Ware reibungsloser gestalten zu können.

Übrigens,einige der Täler, auch hier am Rio Grande oder von der Küste hoch nach Illapel, waren wohl vor Jahrzehnten auch durch Schienen erschlossen; heute findet man Bahndämme, weitgehend durchgängigen Schienenverlauf, der an einigen Stellen teilweise bau- teilweise klaubedingt unterbrochen war, den Bahndamm begleitende Strommasten, an denen heute noch Kabel hängen, aber auch ein Gleisbett, das an vielen Stellen überwachsen ist.

Vor Ovalle war auf der Karte ein riesiger Stausee eingezeichnet und endlich war er auch in Sicht, aber im wesentlichen sahen wir nur trockene Ufer und eine kleine Pfütze Wasser in der Mitte des Tales. Einige Straßenkilometer weiter dann der riesige Staudamm des Stausees La Paloma. Ein Spaziergang über den Damm, der 85m hoch ist, zeigt dann das ganze Ausmaß des Problems : selbst der Fuß des Damms stand trocken, d.h. gegenüber dem Normalniveau lag das derzeitige Seeniveau 60-70 Meter tiefer! Später in Vicuna erfuhren wir, daß es jahrelang (die einen sprechen von 8, die anderen von 4 Jahren) keine normalen Regenfälle mehr gegeben habe; auch der Wasserzufluß durch Schmelzwasser sei in den vergangenen Jahren deutliche geringer ausgefallen, da die Schneehöhen in den Bergen im Winter nicht mehr 3-4 Meter sondern nur noch 1-1,5 Meter betrugen. Hier kommt ein Riesenproblem auf die Region zu, in der erkennbar das Wassersparen noch nicht praktiziert wird, wasserintensive Landwirtschaft durch Obst- und den enorm angewachsenen vor allem exportorientierten Weinanbau bis in 1700 Meter Höhe stark forciert wird.

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Am frühen Nachmitttag in Ovalle angekommen war uns noch nicht danach, ein Quartier zu suchen, also setzten wir unsere Fahrt auf der geplanten Route fort. Nächstes Ziel war der Nationalpark Pichasca; dort soll es Hinweise auf frühere steinzeitliche Besiedlung geben, vor allem aber versteinerte Bäume zu finden sein. Da auf dem Weg liegend schien ein Stop naheliegend. Während der Fahrt las Katrin die entsprechenden Passagen im Reiseführer und stieß auf einen Hinweis, wonach für den letzten Streckenabschnitt über einen Bergrücken in das Tal de Elqui wegen der Steilheit Vierradantrieb empfohlen wird, den wir leiden doch nicht hatten. Entscheidung : nach der Kurzbesichtigung des Parks auf anderer Strecke und gut 160 zusätzlichen Fahrkilometern auf teilweise dürftiger Piste unser Ziel Vicuna erreichen.

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Nicht nur aus Zeitgründen sondern weil es wirklich nicht viel im NP Pichasca zu sehen gab, saßen wir um 15:00  Uhr wieder im Wagen und machten uns auf den Rückweg nach Sama Alto. Hier stießen wir auf die Weinanbauflächen durchschneidende hohe Netze; bis wir eines besseren belehrt wurden glaubten wir, daß hier ähnlich wie von den Fischern von Chungungo berichtet wird, durch diese Netze aus dem Frühnebel Wasser heraus”fischen” zu können.

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Richtig ist, diese Netze dienen dazu, den Windeinfall auf die Rebstöcke zu reduzieren, wodurch die Verluste an Traubendolden verringert würden. Von Sama Alto aus ging es dann wieder auf einer schmalen Piste über mehrere Bergrücken gut 40 Kilometer in Richtung Andacollo, ein Ort, über den wir nichts wußten und der auch nur als Durchgangsstation vorgesehen war. Von dort ab sollte es dann auf geteerter serpentinenreichen Straße nach La Serena an der Küste zügig weiter gehen. Es kam aber ganz anders. Was wir nicht wußten, nach Andacollo findet jährlich eine Zehntausende bewegende Wallfahrt just an diesem Sonntag statt; sämtliche Straßen waren verstopft, alle verfügbaren Flächen rund um den gut 10.000 Einwohner starken vom Bergbau geprägten Ort standen als Parkplätze zur Verfügung, selbst in einem kein Wasser führenden Bachbett standen Busse. Vernünftige Ausschilderung der Umleitung : Fehlanzeige; hilfreiche und richtige Auskünfte der angesprochenen Polizisten waren nicht zu bekommen, aber irgendwie schafften wir es dann doch, die richtige nach Norden führende Straße zu erreichen, um uns dann in einem gut 20 Kilometer langen Stau wiederzufinden, der sich teilweise im Schritttempo die Serpentinen talwärts bewegte. Folge : wir kamen erst in der Dunkelheit in Vicuna, weitere 68 Kilometer von La Serena talaufwärts gelegen an. Vorher ausgesuchte Quartiere waren, als wir sie endlich im Ort gefunden hatten geschlossen, manche konnten wir in der Dunkelheit nicht ausfindig machen bis wir per Zufall auf ein Schild mit “Cabanas” stießen, d.h. kleine Hütten für Selbstversorger. In der Not waren wir auch mit einem solchen Quartier einverstanden.

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Am Montag wollten wir eigentlich direkt weiter nach Pisco Elqui weiterfahren, unser eigentliches Ziel, das von vielen als das Ziel schlechthin in dieser Region bezeichnet wird. Aber so ganz ohne den Ort,, von dem wir im Dunkeln nicht mitbekommen hatten, wenigstens in groben Zügen kennengellernt zu haben, wollten wir dann doch nicht weiterfahren. und so kam es anders als geplant. Zum einen stießen wir auf ein Tourismusbüro, das uns über die möglichen Besuche von Observatorien in der Umgebung hinwies, zum anderen stießen wir auf das von uns eigentlich favorisierte Quartier, diesmal geöffnet. Nachdem die Zimmerbesichtigung sehr positiv ausfiel buchten wir für die anstehende Nacht und vermieden, da wir für den Abend einen Observatoriumsbesuch gebucht hatten, die An- und Rückfahrt von Pisco Elqui von gut 120 Kilometer, eine Entscheidung, die wir nicht bereuten.. Die Wirtin des Valle Herrmoso war eine nette ältere Dame, die mit Tips nicht geizte und die ihren Ehrgeiz darin setzte, ihr gut 100 Jahre altes Herrschaftsthaus in Schuß zu halten. Etwas, was wir bislang in dieser Intensität noch nicht erlebt hatten, nahmen wir doch bislang eher einen sehr nachlässigen Umgang mit der Substanz von Objekten wahr.

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Der Besuch des Observatoriums Cerro Mamelluca hat sich gelohnt; bei klarem Himmel intensiver Sternenhimmel und englischsprachige Erläuterungen zu einzelnen Planeten, Sternen, Galaxien, Geburt und Sterben von Sternen etc. Die zwei Stunden Führung waren sehr kurzweilig.

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Dienstag dann die Weiterfahrt in das sagenumwobene hintere Elquital; um es vorwegzunehmen : den bislang wahrgenommenen Hype können wir nicht nachvollziehen. Ja, es ist ein grünes Tal, aber nur dort, wo der Mensch im Talkessel und teilweise die Berghänge hinaus mit Bewässerung nachhilft. Nein, es ist kein ursprüngliches Tal mit entsprechendem Bewuchs, denn fast jeder Quadratmeter nutzbarer Fläche wird mit Rebstöcken bepflanzt. Unten ein mal schmal, mal breiter werdendes grünes Band und wenn man hochblickt sieht man die üblichen von kam einer Vegetation gestörten Geröll- und Steinlandschaft, die Berge. Pisco Elqui, ein kleiner Ort im hinteren Teil des Elquitales hat seinen Reiz, aber Tage dort zu verbringen konnten wir uns nicht vorstellen.

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Unser Kulturprogramm bestand an diesem Tag darin, das Grab der ersten Nobelpreisträgerin Chiles, Gabriele Mistral, eine Schriftstellerin, 1945 geehrt, zu besuchen, ebenso die winzige Grundschule in Monte Grande, wo sie mit ihrer Schwester lebte

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aufzusuchen und zu guter Letzt, schließlich steht ein berühmter Schnaps, der Pisco, für das Tal – und Chile – bei einer kleinen Piscomanufaktur an einer Führung teilzunehmen. Erstaunlich, wie in diesem Betrieb mit für mich vorsintflutlichen Destilliergeräten, die offensichtlich Tag und Nacht in Betrieb sind, jährlich  300.000 Liter hochwertigen Pisco herzustellen.

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Übrigens, unser Quartier für diese Nacht war Spitze; das positiv erwähnte “Tesoro de Elqui” hat uns sehr gut gefallen, geschmackvolle Hütte, gutes Frühstück, auskunftsfreudige und hilfsbereite Eigentümerinnen, einen tollen Garten mit Pool, also eine richtige Oase, wenn man die Seele baumeln lassen will, wonach uns aber jetzt noch nicht der Sinn stand.

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Platzt hier bald eine Blase?

Insbesondere bei unseren Gängen durch die Innenstadt von Santiago sind uns die vielen mit Tüten von Nobelherstellern bepackte Konsumenten aufgefallen. Eine andere Beobachtung : in nahezu allen größeren Geschäften/Kaufhäusern standen Geldausgabeautomaten, gleichzeitig begegnete uns an fast jeder Straßennecke eine Bankfiliale. Die hier gesehene Bankdichte und das GAA-Netz sprengte unser Vorstellungsvermögen; es stellte sich die Frage, ob ein derartiger Aufwand denn auf Dauer für die Banken nicht zu kostenaufwendig sei. So nach und nach wird klar, welche Entwicklung hier genommen wird. Bei Benutzung der GAAs fiel auf, daß sehr geringe Mindestauszahlsummen vorgegeben, teilweise auch nur bereit gestellt werden, d.h. pro Abhebung konnte man teilweise nur 20.000 CLP, das sind rund 30 Euro ziehen, was im Grunde bedeutet, mit der Bonität der Kunden ist es nicht sehr gut bestellt ist, wenn diese knapp mit Bargeld gehalten werden. Andererseits erfuhren wir, daß ein großer Teil des wahrgenommenen Konsums auf Pump erfolgt, oft gefördert durch die mit diversen Konsumtempel verbundenen Kreditkarten. Damit wird der Weg in die Schuldenfalle leicht gemacht. Auf Pump wird gelebt, weil in einigen Branchen, insbesondere im Bergbau, der so richtig boomt, extrem hohe Löhne auch für Un- oder Angelernte gezahlt werden, um den notwendigen Arbeitskräftenachschub zu erreichen. Grundsätzlich positiv, denn dadurch nehmen breitere Bevölkerungsteile an dem derzeitigen Wirtschaftsaufschwung durch steigende Löhne – in Folge auch steigender Preise – teil, denn der Arbeitskräftedrain in den Norden des Landes zieht zwangsweise, um die offenen Stellen besetzen zu können, auch für die übrigen Branchen Lohnsteigerungen nach sich. Das Problem dürfte jedoch sein, daß zunehmend mehr Menschen das künftige Einkommen bereits jetzt ausgeben, also ihr Leben auf höherem Konsumniveau mit Krediten finanzieren. Das geht solange gut, wie die derzeitigen Lohnsteigerungen anhalten, bedeutet aber auch, daß die Weltmarktpreise für die hier im Land gewonnenen Rohstoffe das derzeitige Niveau halten müssen – Abschwächungstendenzen sind jedoch bereits jetzt erkennbar.

Und an all dem verdienen die zahlreichen Banken sehr kräftig mit. Nicht nur werden extrem hohe Zuwachsraten insbesondere im Konsumentenkreditgeschäft erzielt, die hier berechneten Zinssätze sind nicht nur traumhaft, vor deutschen Gerichten würden diese als Wucherzinsen abgeurteilt werden! Bei einem Besuch in einem der größten landesweit vertretenen Kaufhauskette – auf der Suche nach einem für den Notfall als sinnvoll angesehenen Prepaidhandy – trauten wir unseren Augen nicht, als wir auf dem Preisschild bei einer Kaufsumme von rund 30.000 CLP, das sind rund 45, Euro den Hinweis auf eine Ratenzahlung über 12 Monatsraten von jeweils 3.000 CLP sahen, d.h. bezogen auf ein Jahr muß der Kunde 6.000CLP oder 20% auf die Kaufsumme zusätzlich an Zinsen und Gebühren aufbringen! Dies bedeutet auch, der Kunde nimmt immer wieder, es wird ihm ja so leicht gemacht, Kredite über Kleinstsummen auf – das Risiko, dabei den Überblick zu verlieren wächst. Das wird auf die Spitze getrieben an den Kassen : dort befinden sich große Hinweise auf Ratenkrediten einer Bank mit einem Jahreszins von 36,08%!! Damit der Kunde offensichtlich nicht so ganz mitbekommt, wie teuer sein Kredit ist, weist wohl eine andere Bank für Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr Tages(!)zinssätze aus, da natürlich bei 0,X% liegen.

Bei anderer Gelegenheit konnten wir in einem Filiallebensmittelgeschäft beobachten, wie der Einkauf kreditiert wurde, in einem anderen Fall, wie der Konsument einen Teilbetrag auf die bestehenden Verbindlichkeiten zahlte. Gute Zeiten? Sicherlich löblich, wenn der Kaufmann seinem Kunden bis zur nächsten Lohnzahlung einen kleinen Überbrückungskredit einräumt, hier scheint das aber der generelle Weg für viele zu sein.

Verschiedentlich haben wir von der Angst gehört, daß der zum guten Teil auch kreditfinanzzierte Aufschwung zum Stillstand kommt, die Blase platzt mit enormen Konsequenzen für nahezu jeden im Land. Die Banken werden bis dahin gut verdient, ihre Aktionäre hohe Dividenden eingestrichen haben; die beim Platzen der Blase nicht mehr bedienbaren Kredite dürften, wie auch bei der letzten weltweiten Bankenkrise, das eine oder andere Institut zum Straucheln bringen – Rettung gewiß, durch den Staat, während die überschuldeten Normalbürger wie auch große Teile der Gewerbetreibenden finanziell ruiniert sind. Die Lernkurven sind leider, wieder einmal, sehr flach.

Autokauf oder : eine Erfahrung, auf die wir gerne verzichtet hätten!

Wie heißt es so schön : wer reist sammelt viele neue Erfahrungen. Wir auch, aber auf eine spezielle hätten wir gerne verzichtet.

Doch von vorne erzählt : Angesichts der hohen Mietwagenpreise und gestützt auf zahlreiche Erfahrungsberichte im Netz von Travellern, wonach es sich in Chile lohnt, das Risiko eines Autokaufs ab einer Reisedauer von mehr als zwei Monaten einzugehen, haben wir uns in Santiago intensiv auf die Suche gemacht. Darüber hinaus hatten wir erfahren,  daß mit Mietwagen nicht nach Bolivien gefahren werden darf, der von uns jedoch in den Reiseplan integrierte Salar de Uyuni liegt in Bolivien, so daß ein Mietwagen auch deshalb nicht erste Wahl sein konnte. Hinweisen, wo sich konzentriert Autohäuser befinden (Automotora, Av. Vespucci Norte z.B.), den einschlägigen Internetseiten  (….) und der Anzeigenseite des Mercurio am Samstag sind wir nachgegangen, sind herumgefahren und sind zu den diversen Autohäusern gelaufen, haben verglichen, hier und da auch mit einem Verkäufer gesprochen  und konnten dann in der zweiten Woche unserer Suche unsere Bemühungen auf drei Anbieter/Fahrzeuge beschränken. Wir hatten u.E. uns inzwischen einen vernünftigen  Marktüberblick verschafft, um nicht zu einem deutlich überhöhten Preis zu  kaufen. Auf das Angebot von Autohäusern haben wir uns auch deshalb konzentriert, weil diese Gewähr dafür  bieten, ein geprüftes Fahrzeug mit einer Grundgarantie von 3 Monaten, was uns reicht, zu verkaufen und die sehr bürokratische Kaufabwicklung (Notar) und Ummeldung auf den neuen  Eigentümer übernehmen..

Zwischenzeitlich haben wir uns auch eine RUT (!), d.h. eine Steuernummer  beim für den Stadtteil Providencia zuständigen Finanzamt beschafft – wir sind nun Steuerbürger Chiles (!!?) -, Grundlage für jeden Kaufvertrag. In unserem Fall auch von Bedeutung, da zusätzlich zum Kaufpreis eine 1,5-prozentige Kaufsteuer bezogen auf einen Tabellenwert des Fahrzeuges an die staatliche Finanzbehörde vom Käufer abzuführen ist.

Und wir lernten ständig dazu, z.B. daß es hier einen jährlichen TÜV gibt, daß Zulassungspapiere auch temporärer Art akzeptiert werden – in unserem Fall wichtig, denn wir wollten ja kurzfristig losfahren, eine zu kurze Zeitspanne, um die offizielle Umschreibung beim Zivilgericht auf die Reihe zu bekommen – , daß die Knöllchen wie auch die bei der Benutzung von mautpflichtigen Straßen und Autobahnen angefallenen Gebühren quasi dem Auto anhaften und beim Kauf ggf. mitübernommen werden.. Also heißt es prüfen, ob derartige Zahlungen des bisherigen Eigentümers offen sind oder  nicht, andernfalls sind wir als neuer PKW-Eigentümer für die Altverbindlichkeiten zuständig. Schließlich waren wir auch über die Haftpflichtbedingungen hier im Lande erstaunt, denn man kann offensichtlich mit einer KFZ-Haftpflichtversicherung über nur 40.000 Euro die Gegend unsicher machen, nicht unbedingt ein Beweis dafür, daß der “Wert” eines Menschen und seine Unversehrtheit sehr hoch geschätzt wird. Das Gros der Fahrer dürfte nicht in der Lage sein, hohe Schadenssummen persönlich abzudecken. Dem entspricht auch die Aussage eines unserer Lehrer, wonach man sich hier im Lande eher um den eigenen “Schaden” kümmert als um den am anderen Fahrzeug (!?). Schließlich : diese Versicherung gilt nicht z.B. in Argentinien, d.h. für uns, auch eine dort gültige Versicherung muß abgeschlossen werden. Wie gesagt, reisen bildet und wir haben in diesen Dingen eine Menge Neues erfahren.

All dies im Kopf und  die Entscheidungsmatrix abgearbeitet blieben schließlich drei Händler mit jeweils einem Fahrzeug übrig. Also machten wir uns Dienstag direkt nach dem Unterricht auf den Weg zu unserem Favoriten, der nur 1.5-2km von unserer Wohnung entfernt liegt.  Wie für uns vorgesehen, stand der Wagen dann auch schon bereit, jedoch nicht für uns, wie wir leider erfahren mussten,, sondern für einen anderen Interessenten, der das Fahrzeug für sich hat reservieren lassen. Dies galt es zu respektieren. Deshalb machten wir uns dann am Mittwoch nach Unterrichtsende auf den Weg zu Kandidat zwei, einem großen Autohaus mit mehreren Filialen. Mit den uns zur Verfügung stehenden Sprachkenntnissen verhandelten wir, holten wichtige Informationen ein und fanden am Schluß mit dem Verkäufer einen Konsens hinsichtlich Preis und Nebenbedingungen. So war unstrittig, daß das Fahrzeug vor Vertragsabschluß durch den TÜV muß, eine Werkstattdurchsicht, auch im Interesse des Verkäufers, erfolgt. Erleichtert ging es dann am frühen Abend nach Hause, schien doch ein großes Problem gelöst und wir bald im Besitz eines geländetauglichen Suzuki Grand Vitara BFJ 2007. Die Suche hat uns viel Zeit gekostet und es war schön festzustellen, daß es sich gelohnt hatte.

Am nächsten Tag in der Schule baten wir unseren Lehrer Sebastian mit unserem Verkäufer zu telefonieren, um das Ergebnis des Gespräches zu bestätigen, falls wir uns mißverständlich ausgedrückt haben sollten.  Anschließend  beglückwünschte uns Sebastian zum Kauf, wir hätten alles richtig gemacht, am Mittwoch sei der Wagen durch den TÜV und dann sollten wir, mit seiner Hilfe, dort wegen der Abwicklung wieder anrufen. Wir waren beruhigt, dennoch habe ich am Sonntag eine Mail an denn Verkäufer geschickt, um  mir von ihm die nötigen Daten zum Versicherungsabschluß vorab übermitteln zu lassen. Bis Dienstagmittag hatten wir nichts gehört und deshalb eine Erinnerungsmail hinterhergeschickt. Mittwoch war ja dann der Tag unseres angekündigten Telefonats, um den Termin für Übergabe  und Vertragsabschluß abzustimmen. Inzwischen hatte Petra uns Geld auf ein Konto unserer Vermietungsagentur in Santiago überwiesen und wir waren fast Dauerkunde am Geldautomaten,  um uns mit dem bei Vertragsabschluß zu übergebenden Mitteln (5,275 Mio (!) CLP) auszustatten. Gegen 13:30 nach Unterrichtsende begannen dann Minuten, die auch unseren Lehrer Sebastian, der für uns das Telefonat führte, nicht ruhig bleiben ließ, in denen er am Telefon deutlich und laut wurde! Was war der Grund? Schon während des Telefonates konnten wir den Wortwechseln entnehmen, daß irgendetwas nicht in Ordnung war, der Stimmung von Seb . zur Folge war es etwas ernstes. Dann endete das Gespräch mit einem deutlichen Ausspruch von Seb und er sah uns mit einem Blick an, der nichts gutes verhieß. Auf Spanisch fluchte er und meinte, der Kerl habe das Auto bereits trotz unserer eindeutigen Reservierung bereits am Samstag verkauft, was ein Unding sei.  Wir waren seines Mitgefühls sicher und ich glaube, er schämte sich auch ob des Verhaltens seines Landsmannes, das so nicht typisch sei. Wir waren nicht nur geplättet,, traurig, sondern auch auf “Start”” zurückgeworfen,, und das drei Tage vor der Abreise. Für einen neuen Kaufversuch war es zu spät, so blieb nur noch zu schauen. ob wir ein Fahrzeug anmieten könnten.  Aber diese Allradfahrzeuge, die für uns wegen der Fahrten in die Nationalparks unabdingbar sind, wachsen nicht auf den frühlingsgrünen Bäumen. Nach einer Viertelstunde Innehalten und Trauer und Wut machten wir uns auf den  Weg  zu ContactChile, von denen wir ein zwei Wochen altes Mietangebot vorliegen hatten. Und dann kommt es dicke – natürlich war das Fahrzeug  nicht mehr verfügbar, ja, es war ein kleines allradgetriebenes Fahrzeug  überhaupt nicht mehr zu bekommen. Schließlich konnte man  uns einen Toyota Hilux 2×4 besorgen, nicht nur von den Fahrzeugmaßen ein Schlachtschiff (Doppelkabine und Ladefläche, als wollten wir Holzstämme transportieren), sondern auch im Mietpreis um einiges teurer als das alte Angebot eines kleinen Wagens. Angesichts der Zeitnot blieb uns nichts anderes übrig als in den sauren Apfel zu beißen und die Reisekasse mit einem nennenswerten Betrag für die Anmietung zu belasten. Man könnte sagen : ist ja nur Geld und keiner körperlich zu Schaden  gekommen. Mas o menos würde man hier sagen, denn der Frust bei mir über den unseriösen Verkäufer,  die menschliche Enttäuschung sitzt tief. Nun gilt es, am Samstag das Schlachtschiff in Empfang zu nehmen und loszureisen; wir hoffen, daß dieser unschöne Eindruck mir und uns nicht zu  lange aufs Gemüt schlägt und sobald dann der Dunstkreis der Großstadt verlassen ist  und die Natur sichtbar wird sich wieder ungeschmälerte  Reisefreude einstellt.

Graffito auf allen Wänden–Santiago das Mekka der Graffitokünstler

Haben wir schon in Buenos Aires die Vielfalt und hemmungslose Gestaltung verfügbarer Wände mit Graffiti bewundert, hier in Santiago de Chile scheinen die Weltmeister dieser Kunstart  zu leben. Offensichtlich ist der künstlerische Wert mancher Wandmalereien so groß, daß regelmäßige Kunstführungen zu “bedeutenden Gafittti” in der Innenstadt als auch in den Randbarrios angeboten werden. Die starke Präsenz von Sicherheitskräften rund um das Banken- und Regierungsviertel hat sicherlich verhindert, daß in diesem engeren Innenstadtbereich entsprechende künstlerische Aktivitäten sich entfalten konnten, wenige Steinwürfe von diesen gesicherten Bereichen entfernt sind dann jedoch um so mehr Arbeiten der Kunstschaffenden zu bewundern. Naturgemäß gilt auch hier, je weiter vom Kern der Stadt entfernt, desto größer die Dichte der Produkte. An manchen Fabrikwänden ziehen sich ständig neue “Wandmalereien” über Dutzende von Metern hin mit immer neuen Motiven. Manche sind nur dekorativ, andere oft auch  mit politischen Aussagen versehen, und in manchen Fällen haben offensichtlich Geschäftsleute die Künstler beauftragt Gemälde mit einem Bezug zum Geschäft herzustellen. Die folgenden Bilder zeigen nur einen kleinen Ausschnitt.

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