Pacific Coast Highway

 

Der Pacific Coast Highway schlängelt sich von Hastings/Napier die Ostküste entlang bis Whakatane, verspricht schöne Aussichten auf Buchten, Berge und mehr/Meer. Mit der Bezeichnung “Highway” hat man sehr hoch gegriffen, es ist zwar eine Nationalstraße, aber es herrscht weder der Betrieb einer Highway noch ist sie wirklich breiter als maximal zwei Fahrspuren. Da zudem etwas abseits der üblichen Routen liegend und verheißungsvoll beschrieben machten wir uns am 23.2. daran, einen ersten Teilabschnitt ab Wairoa zu erkunden. Tagesziel war das an der Spitze der zu umfahrenden Halbinsel liegende Te Araroa. Etwa 250 Kilometer Strecke sind zu bewältigen, also war keine Eile angesagt  und wir verließen unser Quartier erst gegen 10:00 Uhr.

Wie wir am Tagesende bilanzieren mussten, sind wir eine Küstenstraße gefahren, die nicht wirklich sehr küstennah verläuft. Über diverse Stichstraßen konnte man nach oft 10 und mehr Kilometern an einen Strand gelangen, dies war jedoch nicht unsere Absicht, viel lieber wäre uns eine einfacher erreichbare  Aussicht gewesen. Die Landschaft war anfangs noch sehr stark von der Landwirtschaft geprägt, Schaf und Mais bestimmten das Bild, Berge waren immer in Sichtweite, wobei es eher Hügel waren, die dennoch auf kurvenreicher Straße zu umkurven und zu überfahren waren. Hier mehr als 40/45 Kilometer Strecke in der Stunde zu kalkulieren, verlangt nahezu rennfahrerische Qualitäten.

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Versammlungshäuser der Maoribevölkerung findet man im Grunde an jedem bewohnten Ort. Jede Gemeinde und Gemeinschaft hat auf oft sehr großen Flächen ihre Gemeinschaftshäuser errichtet; immer wieder findet man nicht nur ein Gebäude sondern mehrere nebeneinander stehend vor. Zugang zum Gelände erhält ein Außenstehender nur, wenn die Genehmigung des Chefs vorliegt. Uns fehlte diese natürlich, aber auch vom Zaun aus kann man die schmuck- und kunstvoll verzierten hölzernen Gebäudefronten gut betrachten. Wie es heißt und durch derartige Holzschnitzarbeiten auch belegt ist, sind unter den Maori viele sehr begabte Holzschnitzkünstler. Alle Holzarbeiten mit ihren figürlichen Darstellungen, die oft Bezug auf die Sagenwelt der Maori nehmen, von uns aber nicht interpretiert werden können, sind in der gleichen roten Farbe gestrichen. Natürlich ist nicht jedes Marae gleich imponierend gestaltet, aber jedes von uns angefahrene Gebäude hatte etwas Besonderes; wenn es nicht das äußerliche Bild war, dann oft die herausgehobene Lage. Nachfolgend einige der von uns im Verlaufe des Tages quasi im Vorbeifahren besuchten Marae.

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An manchen Standorten der Marae befinden sich auch weitere Einrichtungen der Urbevölkerung wie Kindergarten, Vorschule oder Schule.

Wenn wir von der passierten Whakaki Lagoon absehen, hatten wir in den ersten 1 1/2 Fahrstunden weder Meer noch Wasser gesehen. Dann tauchte kurz vor Morere im Inland gelegen ein Schild auf, das auf “Hot Springs” hinwies. Unsere Versuche in Südamerika in die heißen Pools zu steigen, waren bekanntlich gescheitert, gescheitert aus unterschiedlichen Gründen.  Ein Grund mehr, die hier am Weg liegenden heißen Quellen zu besuchen und zu nutzen. Inmitten eines als Naturreservat ausgewiesenen Gebietes, das einen beeindruckenden Regenwald umfasst, liegen insgesamt 10 Pools mit heißem Wasser, von denen 6 öffentlich, gegen Entgelt natürlich, zugänglich sind. So konnten wir unsere Körper in 35, 41 und sehr wenige Grad warmes Wasser tauchen und mehrere Viertelstunden lang in den Pools sitzen. Zur Entspannung gibt es auch noch ein Schwimmbecken, geschätzte 25 Meter lang, das ausgiebig zu nutzen Katrin sich nicht nehmen ließ. So entspannt hier zu sitzen, verging die Zeit schneller als gedacht. Nicht die “Neusiedler” haben diese Quellen auch als Heilorte entdeckt, sondern bereits die Maori besuchten diesen Ort.

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Danach führte uns die Fahrt wieder durch ein bergiges Gebiet bis wir in der Ferne wieder/endlich das Meer erblicken konnten. Wir waren auf die Whareongaonga Bay gestoßen.

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Schnell durchfuhren wir Gisborne, eine austauschbare Stadt mit einer schönen Geschichte zur Namensfindung der vor ihr liegenden Bucht, die Poverty Bay heißt. Überliefert ist, daß es James Cook, als er 1769 hier an Land ging, nicht gelang, von den Maori Verpflegung zu bekommen. Waren sie zu arm, um von dem Wenigen etwas an Cook zu veräußern? Auf jeden Fall soll die Namensgebung auf Cook zurückgehen.

Über die glattrasierten Hügel, den starken Holzeinschlag wurde schon öfter berichtet. Die Holzwirtschaft spielt wohl flächendeckend eine große Rolle. Auch hier an der Ostküste das gleiche bekannte Bild. Hier werden wir jedoch indirekt Zuschauer des Einschlages, denn uns kommen in großer Zahl schwere LKW mit Holz beladen entgegen, oft in höherem Tempo als das, in dem wir unterwegs sind.

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Die Hinweise auf abseits gelegene Buchten nehmen wir zwar wahr, folgen ihnen jedoch nicht. Eine Ausnahme wird gemacht : das Attribut längste Landungsbrücke in Neuseeland weckt unser Interesse. Was wir vorfinden ist eine gut 500 Meter ins Meer ragende Betonbrücke, die erkennbar nicht mehr genutzt wird, deren Vorgänger für den Ort und den Warenverkehr, als dieser noch an der Küste entlang per Schiff bewältigt wurde, eine Bedeutung hatte, aber im Verlaufe der dann folgenden Jahrzehnte seinem Alter Tribut zollen musste. In einer Aktion von Ort und Land wurden die notwendigen mehr als 5 Mio. Dollar zusammengetragen, um eine neue Landungsbrücke zu errichten, quasi als Identifikationsmedium für die Region. Auch heute nagt der Zahn der Zeit, liegen Armierungseisen bloß, sind die einzigen Nutzer der Brücke Angler und die wenigen neugierigen Touristen wie wir. Die Tolaga Bay selber, an der diese Brücke steht, hat wieder einmal einen Prachtstrand, der auf beiden Seiten von weit in das Meer hineinragenden Sandsteinhügeln eingerahmt wird.

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Angesichts der fortgeschrittenen Zeit, es war deutlich nach 17:00 Uhr verkürzten wir unsere Tagesetappe und steuerten Tokomaru Bay an, denn hier soll es auch einen entsprechend unseren Bedürfnissen ausgestatteten Campingplatz geben. Die Ortsbeschreibung ist sehr vielversprechend, denn es wird auf einen zum schwimmen idealen goldenen 8 Kilometer langen Strand hingewiesen. Wir fuhren, um die alte Bebauung zu sehen, den Strand ab, die Aussage können wir bestätigen. Mißtrauisch hätten wir werden müssen als wir die Hauptkreuzung des Ortes passierten und dabei an den zwei bebauten Ecken massive Steinhäuser sahen, die jedoch dem Verfall, ebenso wie die anschließenden Häuser, preisgegeben worden sind. Eines davon sogar das Gebäude einer großen Bank, der Australasia Bank. Das muß in den goldenen Jahren des Ortes gewesen sein, die viele Jahrzehnte zurück liegen. Diesem Zustand entsprach dann in etwa auch der aufgesuchte Campingplatz, den wir inspizierten und sofort verließen. Direkt am Strand fanden wir einen schönen auch für Camping zugelassenen Platz, jedoch ohne Strom und dann auch noch unsere Behelfstoilette im Bedarfsfall nutzen zu müssen, war dann doch nicht unser Bestreben. Der nächste akzeptable Campingplatz in der Nähe von Te Araroa war 1 1/2 Fahrtstunden entfernt. Hierin drückt sich dann auch das Dilemma der Region aus. Sie mit dünnbesiedelt zu bezeichnen ist fast ein Kompliment, viele Orte sind verlassen bzw. haben kaum eine Zukunft. Seitdem 1963 offensichtlich der Schiffsverkehr und somit die Anlandung von Waren an der örtlichen Pier eingestellt worden ist, die New Zealand Shipping Co. ihre Tätigkeit vor Ort einstellte, läuten die Totenglocken.

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Wir durchmaßen die fast 100 anstehenden Kilometer so schnell es ging, mussten immer wieder den drängenden Holztransportern die Straße räumen. So voll deren Hänger waren, so kahl präsentierten sich die Hänge entlang er Strecke. Gut zu wissen, daß dieses Holz aus der Forstwirtschaft und nicht aus Raubbau stammt, daß in diesem Wirtschaftszweig auch Maori beschäftigt sind, die im allgemeinen besonders von der Arbeitslosigkeit betroffen sind.

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Trotz des Zeitproblems, einen Stop verlangte Katrin. Bei Tikitiki steht mit St. Mary’s eine historische Kirche, deren innere Ausschmückung durch Maori-Holzschnitzereien erfolgt ist. Mehr als eine Sicht von außen war uns nicht erlaubt oder möglich, denn das kleine Kirchlein, auf einem Hügel vor dem Ort errichtet, war verschlossen.

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Wir waren froh, als wir die Bucht bei Te Araroa erreicht hatten und nach einigen Kilometern auch auf den Campingplatz stießen. Er liegt zwar nicht direkt an der Bucht, wie wir auf unserer spätabendlichen Suche nach dem Strand feststellen mussten, war aber ruhig und das Meer war vernehmbar. Der Pacific Coast Highway hat uns zumindest heute keine atemberaubenden Eindrücke und Erlebnisse beschert, von Sicht auf den Pazifik ganz zu schweigen. Ein Blick auf den Straßenatlas zeigt, Morgen wird es deutlich besser.

Was der Morgen mit Sonnenschein und Frühstück unter Bäumen versprach, hielt der Tag. Nach einem letzten Blick auf unsere Campingplatzbucht ging es, nach einem weiteren kurzen Blick auf nach kurzer Fahrt erreichten Hicks Bay, zwar eine Stunde wieder einmal durch eine Hügellandschaft mit bekanntem Erscheinungsbild, dann aber begann eine erst am Abend endende Fahrt entlang der Küste. Ein Strand reihte sich an den nächsten, alle waren, fast, Bilderbuchstrände. Manche waren aufgeräumt, so daß nur noch die Badegäste fehlten, an anderen lag das Treibholz der vergangenen Jahre als Dekoration herum. Die Buchteinschnitte waren manchmal sehr tief, häufig waren die Strände viele hundert bis mehrere Kilometer lang, oft wurden sie auch von sehr ausladenden Bergen eingerahmt, so daß für uns immer wieder “Berg- und Talfahrten” anstanden. Auf dem einen oder anderen Aussichtspunkt hielten wir auch wegen des Panoramas an, meistens waren wir allein, aber nicht immer.

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Obgleich im derzeit durchfahrenden Gebiet kaum noch Bäume oder Wälder bestehen, der Hinweis auf die Feuergefahr ist überall wo wir waren allgegenwärtig. Nicht hinter jeder Straßenecke aber in einer nicht zu übersehenden Häufigkeit wird die Aufmerksamkeit der Vorbeifahrenden geweckt und auf das Risiko des Brandes hingewiesen. Auffiel, daß die Warnstufen in den Regionen variierten. Wir trafen sowohl auf blaue Warnstufen als auch auf die höchste rote Warnstufe. Und immer wird auch darauf hingewiesen, daß offene Feuer, es sei denn eine Erlaubnis ist erteilt worden, untersagt sind. Inwieweit dadurch die Anzahl der Waldbrände reduziert werden konnte ist nicht bekannt, wir vermuten aber ein bewußterer Umgang mit offenem Feuer wurde erreicht.

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Bei soviel Stränden war es nicht leicht, den besonders geeigneten für ein längeres Badevergnügen herauszufinden. Alle schienen geeignet. Aber als dann ein “allerliebster” Strand in Sicht kam, an dem sich eine Familie bereits in Wassernähe (!) niedergelassen hatte, war die Entscheidung getroffen, der Wagen eingeparkt, die Badesachen angezogen und wir zwei gingen ausgiebig im Meer schwimmen. Nur im ersten Augenblick war die Wassertemperatur abweisend, Flucht war jedoch nicht möglich, also hieß es sich bewegen, um das Kälteempfinden zu bekämpfen. Es ist uns gelungen und wir fühlten uns sauwohl. Der Wind, als ziemlich störend und kalt empfunden, trug ebenfalls dazu bei, daß wir im Wasser blieben, denn draußen war es zwar sonnig, der Wind störte jedoch erheblich und kühlte uns aus. Nach einem längeren Sonnenbad in halbwegs geschützter Lage konnten wir dann gut gestimmt weiter fahren. So könnte es den ganzen Tag nach Katrins Meinung weiter gehen; ein Testschwimmen an jedem Strand hätte eine Ankunft an diesem Tag in Opotiki, unser Tagesziel, aber verhindert.

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Man hat den Eindruck, als wenn immer dort, wo eine Familie wohnt, auch ein Versammlungshaus, ein Marae errichtet wurde, so zahlreich waren die gelben Hinweisschilder an der Straße. Dies wird nicht ganz, aber fast stimmen, denn auch heute sind wir an mehr als einer Handvoll direkt an der Straße liegender Kulturbauten der Maori vorbei gefahren – und haben das eine oder andere dokumentiert.

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Rund um Opotiki liegen einige Campingplätze, kein Wunder, die zahlreichen Strände ziehen insbesondere in den Ferienzeiten zahlreiche Gäste an. Wir hatten uns für einen östlich des Ortes gelegenen Platz entschieden, der einen direkten Strandzugang besitzt. Ein Abstecher in den Ort Opotiki wäre somit entbehrlich gewesen, wenn nicht das leidige Brotproblem bestanden hätte. Brot ist zwar nicht unsere Lieblingsspeise, jedoch für einen vernünftigen Tagesbeginn z.B. unverzichtbar. Das was wir hier in den Geschäften unter der Bezeichnung “Brot” gefunden haben, kann allenfalls als Toastbrot durchgehen. Vieles ist so bezeichnet, aber nicht alles, das diese schlechte Qualität aufweist. Pappe zum Frühstück – nein danke. Also suchen wir bei jeder Gelegenheit nach einem echten Bäcker, werden jedoch selten fündig. Wenn wir dennoch erfolgreich sind, wird das Brot gebunkert. Leider geht jeder Vorrat einmal zu Ende, in dieser Situation waren wir und durchstreiften den Ort, der mit seinen 7.000 Einwohnern doch einen Bäcker haben sollte. Weit gefehlt, das Bäckerhandwerk scheint hier keinen guten Boden zu haben und wir mussten uns mit dem ungeliebten Toastbrot zufrieden geben und auf die nächste Gelegenheit, wahrscheinlich in Whakatane, warten. OIpotiki war nicht nur in Sachen Brot keine Verheißung, auch als Stadt liegt vermutlich die bessere Zeit schon hinter ihr, wenn selbst offizielle Aussagen von den besten Jahren der Stadt im Zeitraum 1860 bis 1920 sprechen. Ganz so drastisch sehen wir das nicht, aber attraktiv sieht anders aus. Zumindest bleibt immer der Blick auf das Schöne  vergangener Jahre. Und ganz verlassen wirkte die Stadt auch nicht, nur schläfrig.

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Der von uns ausgewählte Campingplatz ist einer der schönsten, den wir bislang genutzt haben. Ein langer nahezu nur von uns genutzter Sandstrand mit teilweise stark anrollenden Wellen, Dünen, strahlendblauer Himmel, und das alles direkt vor unserem Campingplatz. Angesichts des stetigen eher kalten von See kommenden Windes haben wir uns nicht für einen Platz in der ersten Reihe mit direktem Meerblick entschieden, aber auch hinter einigen Büschen versteckt sehen wir das Meer, riechen und hören es. Gerade nachts, wenn die Wellen anrollen, eine richtige Melodie zum Einschlafen. Der Platz hat uns so zugesagt, daß wir gleich einen weiteren Tag, den 26.2., dort geblieben sind, um zu schwimmen, so oft es ging und wir dazu Lust hatten, strandnah zu faulenzen, am Strand spazieren zu gehen. Auch das gehört bei unserer Reise dazu, bislang haben wir davon mangels Gelegenheit selten Gebrauch gemacht/machen können.

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Te Urewera National Park

Nachdem es uns im Anschluß an die Oldtimerparade nicht so recht reizte, unter den Massen länger in Napier zu bleiben, nahmen wir die nächste Etappe in Richtung nördliche Ostküste in Angriff. Das 120 Kilometer entfernt liegende Wairoa erschien ein günstiger Ausgangspunkt, um in den Te Urewa National Park zu fahren. Hier befindet sich auch einer der 10 großen Trecks, der Waikaremoana Treck, der in vier Tagen und 46 Kilometern um den größten Teil des Lake Waikaremoana führt. Uns interessierte, den ersten Teilabschnitt zu wandern, d.h. keine Rundwanderung, sondern dann von der Zielhütte der ersten Etappe aus wieder zum Camper zurück zu wandern. Da in dem Park auch zahlreiche andere Wandermöglichkeiten bestehen, gab es genügend Alternativen, sollten unser Plan nicht möglich sein.

Napier hatten wir schnell hinter uns gelassen und fuhren zuerst durch Teile des hier große Bedeutung besitzenden Weinlandes ohne es zu merken. Wie sollten wir auch, wurde auf den einsehbaren Feldern, wenn sie nicht als Weide genutzt wurden, im wesentlichen Mais und Rüben angebaut. In einem Weinland/-region vermutet man große zusammenhängende mit Weinreben bebaute Flächen, die wir hier wie auch an anderen Orten nie sichteten. Hier und da wies verschämt ein Schild auf einen Winzer hin, seine Reben hielt er aber gut versteckt und wenn, waren es kleine Flecken, auf denen die Weinstöcke standen. Also durchfuhren wir ein stark agrarisch geprägtes Gebiet, das von Schaf und Rind repräsentiert wurde. Der Kontakt zur Küste und seiner Landschaft brach bei Kilometer 20 ab; verabschiedet wurden wir jedoch mit einem schönen Küstenpanorama in der Nähe von Wirinaki.

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Durch hügelige Hinterland ging es dann, aufgelockert durch kleine Wälder und den Lake Tutira, an dem wir natürlich anhielten – ohne einen Blick aufs Wasser können wir wohl nicht leben – weiter, diese Region scheint eine wesentlichen Korn- und vor allem Fleischkammer zu sein; das Landschaftsbild sieht entsprechend aus, ausschließlich leicht begrünte Hügel säumten unsere Sicht.

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Zur Erleichterung der Reiseplanung aber auch um den Touristen zum Besuch bestimmter Regionen/Orte anzustiften, werden insbesondere von den Kommunen aber auch den Regionen besondere Prospekte herausgegeben, die z.B. einen “Heritage Trail” von Napier nach Wairoa beschreiben und somit zahlreiche auch für uns nützliche Hinweise enthalten. Auf unserer Fahrt nach Wairoa warfen wir selbstverständlich in die schmale Broschüre einen Blick und waren dankbar für neue Anregungen. Manches war zu weit ab von unserer Strecke gelegen, um von uns angesteuert zu werden, anderes lag direkt an der Strecke. Hierzu zählt das Mohaka Railway Viaduct, das zum Zeitpunkt seiner Inbetriebnahme 1937 mit seinen 95 Metern Höhe das vierhöchste Viadukt der Welt war.

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Mehr interessierte uns, in den abseits am Meer gelegenen Ort Mohaka zu gelangen, denn dort soll neben einem alten Meetinghouse der Maori auch ein 1885 errichteter großer Rundhallenbau stehen. Die Straßenkarte wies ein Stück hinter Raupunga, es geht hier bergauf und begrab über einen kleinen Höhenzug, eine Abzweigung nach Mohaka auf. Wir warteten auf einen Ortshinweis, den gab es aber nicht. Zufällig nahm Katrin ein Straßenschild wahr, das “Mohaka Township Road” hieß. Ein solches Schild kann überall stehen, aber vielleicht war es auch ein Hinweis, wo der Ort zu finden sei. Wir drehten um und bogen in diese Straße, Richtung Meer und stark abwärts führend, ein. Kein weiterer Hinweis tauchte auf, stattdessen nach gut 5 Kilometern einige Häuser sowie eine Art Kindergarten, in dessen Maori-Namensbezeichnung auch das Wort Mohaka von uns identifiziert wurde. Wir waren im gesuchten Ort angekommen, aber wo waren die gesuchten Gebäude? Wie das so ist in einer Gegend, in der die Häuser, Höfe weit auseinander liegen – Menschen waren nicht auf der Straße, die man hätte fragen können. Also fuhren wir die Straßen, drei an der Zahl, ab, ohne die gesuchten Häuser zu finden. Daß man so prominent beworbene Objekte im Ort selber in keiner Weise erkennbar macht, will uns nicht in den Kopf, insbesondere, wenn wir sehr häufig an Straßen einen Hinweis auf ein traditionelles Versammlungshaus der Maori gesehen hatten. Also Fahrt zurück, schade um die verschenkte halbe Stunde, die uns nur weitere Bergblicke, Meerblicke, den Blick auf eine alte Brücke und die Einmündung des Mohaka River ins Meer brachte.

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Die letzten 30 Kilometer durch das Bergland der Küste schüttelten wir Anfangs noch den Kopf über diese Ignoranz oder Fehlinformation, hatten aber bald wieder Kopf und Auge für die Landschaft frei, bis wir in den im Samstagsnachmittagsschlaf befindlichen kleinen Ort Wairoa hineinfuhren. Wieder einmal hatten wir mit der Campingplatzwahl Glück; unser Riverside Campingplatz liegt wirklich am Fluß, ist ruhig und grün, sauber und durch und durch zu empfehlen.

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Nicht die sonntäglich geläuteten Kirchenglocken sondern unser Wecker brachte uns heute am 23.2. früh in Schwung. Der Te Urewera National Park liegt von hier 64 Kilometer entfernt, d.h. mit einer Anreise von bis zu 1 1/2 Stunden zum Einstieg in den Treck müssen wir rechnen. Am Vorabend bekamen wir von einer Camperin, die den Waikaremoana Treck gerade gelaufen war, eine Infobroschüre, aus der die notwendigen Daten hinsichtlich Höhenprofil, Streckenlänge und zu erwartenden Wanderzeiten entnommen werden konnten. Für unsere Strecke stand da für die einfache Strecke eine Länge von 9 Kilometern und eine Wanderzeit von 5-6 Stunden, offensichtlich auf Grund des fordernden Streckenprofils, denn es ging nur bergauf, verlorene Meter mußten beim nächsten Anstieg neu bewältigt werden, denn die Hütte, die Panekiri Hut, steht auf dem höchsten Punkt der Strecke. Kein Wunder wenn es heißt, die Route sei in diesem Teil “demanding”. Da wir auch noch zurück zu Camper laufen wollten hieß daß früh vor Ort zu sein.

Auf dem Weg dorthin das Tal des Waikaretaheke River aufwärts fahrend durften wir wiederholt die Folgen ausgeuferten Holzeinschlags in Form von Landabgängen bewundern. Erstaunt waren wir über den hohen Wasserstand des Flusses, konnten dann aber ein Schild erspähen, daß indirekt den Grund nannte, den Betrieb von Wasserkraftwerken im Verlaufe des Flusses. Ausgehend von dem von uns angefahrenen See wird an drei Stellen talabwärts ein Wasserkraftwerk betrieben, zu dem die notwendige Wassermengen durch jeweils drei meterdicke Rohre geleitet werden. Konsequenterweise folgen dem Waikaremoana Lake talabwärts zwei weitere kleinere Stauseen, die jedoch auf unserer Straßenkarte nicht verzeichnet aber, wie wir sahen, vorhanden sind. Wasserkraft scheint hier häufig und sehr frühzeitig zur Energieerzeugung eingesetzt worden zu sein; soweit ich mich erinnere, wurde der erste Block bereits in den 20er Jahren in Betrieb genommen.

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Soviel Zeit muß sein, um einen kleinen Abstecher hin zu einem am Straßenrand angezeigten Versammlungshaus der Maori zu unternehmen. Betreten dürfen wir und andere Besucher die Anlage und das Gebäude nicht es sei denn, wir haben die Erlaubnis durch den Clanchef. Aber von außen einen Blick darauf werfen ist möglich. Augenscheinlich handelt es sich um ein eher neues Haus, dennoch, die angebrachten Verzierungen sind typisch für die Maraes.

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Die Region, in dem sich der Nationalpark befindet, ist altes Stammesland der Maori; von besonderer Bedeutung war es auch, um 1840 den kriegführenden Maori und ihrem Führer als Rückzugsort und Fluchtort zu dienen.

Dann endlich waren wir um 10:40 Uhr an unserem Ausgangspunkt für die Wanderung. Nur ein weiteres Fahrzeug parkte hier, es schien nicht viel los zu sein auf dem Treck. Erstaunlich, denn er zählt zu den begehrten Mehrtageswanderungen für die man sich beim DOC wegen der begrenzten Übernachtungskapazitäten auf dem Matratzenlager der Hütten monatelang vorher anmelden muß, um eine Chance auf den gewünschten Termin zu besitzen. Wie wir bei Ankunft auf der Hütte lernten, ließen sich einige der wenigen Anwesenden zum Ausgangspunkt per Boot bringen; andererseits kamen uns insgesamt 12 Wanderer entgegen, diese waren die Runde in entgegengesetzter Richtung gelaufen und ersparten sich damit den anstrengendsten Teil bergan zu gehen.

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Wie zur Einstimmung waren die ersten Minuten recht gefällig, kein Pfad sondern ein Weg, auf Rasen ging es bergan, aber nur wenige hundert Meter bis zu einem großen Rasenplatz. Ein Schild weist darauf hin, daß an dieser Stelle früher, d.h. um 1850 herum ein Exerzierplatz war und im Umfeld die englischen Soldaten stationiert waren. Nichts von all dem ist heute noch zu sehen, der Wald hat sich bis auf diese Rasenfläche sein Land zurück geholt. Von hier ab mutierte der Weg zum Pfad der stetig bergauf verlief und am besten als Wurzelpfad beschrieben  werden kann. Ständig stiegen wir über Wurzeln, der gesamte Pfad ging ja durch den Wald und Bäume besitzen nun einmal Wurzeln, aber direkt so viele, die ständige Stolperfallen sein können? Auf ebener Strecke wäre es noch gegangen, aber dann über die Wurzeln so zu steigen, als ob man Treppen steigen würde, war die Herausforderung. Den Wald kann man als Rübezahlwald beschreiben, wild, ungeordnet, nicht ganz dunkel, mächtige Stämme und riesige Bäume ebenso aufweisend wie unzählige Farne und Sträucher. Immer und überall waren zahlreiche Schmarotzerpflanzen auf und an den Bäumen zu bewundern. Die Farne sind hier vor allem als Farnbäume zu sehen; sie erreichen nach unserer Schätzung locker bis zu 5 Meter Höhe. Die große Anzahl der Farne, die intensive Bemoosung von Bäumen und Totholz weisen auf gemäßigten Regenwald hin. Das am Morgen sichtbare Wetter hätte hierzu gepasst, denn uns begrüßte ein sehr bedeckter Himmel mit dunklem Wolkeneinschlag, der sich während unserer Wanderung völlig drehte und uns eine Affenhitze bescherte. Etwa die Hälfte der Strecke geht es immer am See entlang den südlichen Bergkamm erklimmend, was immer wieder Ausblicke nach unten auf das Wasser möglich machte. Je höher wir kamen, desto eindrucksvoller der Blick, denn oft fiel die Felswand am Aussichtspunkt steil nach unten. Bei manchen der sichtbaren steil aufragenden Felsen wurden wir an das Elbsandsteingebirge erinnert. Dann verlief der Weg auf den den See begleitenden Hügelkamm, der sich jedoch über eine lange Strecke vom See entfernte und natürlich nicht das einmal erreichte Höhenniveau beibehielt, sondern zum vielfachen Auf und Absteigen zwang. Mit Blick auf den vor uns liegenden Rückweg tendierte Katrin ab Ende der 3.Laufstunde dazu, umzukehren, während ich meinte, so kurz vor dem Ziel und dem möglichen Ausblick wäre das ein Fehler. Nachdem dann eine letzte 5 Minutenfrist genannt wurde, wurde Katrin erlöst, denn von weitem war das Hüttendach erkennbar. Nach 3 1/2 stündiger Wanderung hatten wir das Ziel erreicht.

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Auf unserem Weg zur Hütte liefen wir lange Zeit auf einem Niveau von 1000 Metern und hatten freien Blick nach Westen. Die dort sichtbaren Berge waren imposant, verwundert waren wir aber, das Meer ganz in der Ferne zu sehen. So schmal ist Neuseeland?

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An der Panekiri Hut trafen wir auf einige Wanderer, die hier ihren ersten Abschnitt der großen Wanderung hinter sich gebracht hatten und am nächsten Tag die zweite Etappe in Angriff nehmen wollten. Nach einem dreiviertelstündigen Päuschen, Unterhaltungen mit den anderen Wanderern und mehrfachen langen Betrachtungen des Umlandes, des Sees, machten wir uns um 15:00 Uhr auf den Rückweg, für den 4 1/2 Stunden vorgesehen sind. Wenn wir diese Vorgabe nicht deutlich unterschreiten, kommen wir erst mit Einbruch der Dunkelheit auf unserem Campingplatz an, so dachte wohl Katrin, als sie in einem Wahnsinnstempo bergab stürmte. Ich hatte Mühe nachzukommen und beschwerte mich, so von dem Wald nur noch wenig optisch aufnehmen zu können. Schließlich sei doch der Weg das Ziel. Doch Katrin kannte, zumindest für die ersten 50 Minuten, keine Gnade und stürmte weiter den Pfad hinunter. Nach einem Drittel der Strecke hatten wir gegenüber dem Weg hinauf fast eine halbe Stunde gutgemacht. Das sollte für eine Ankunft zu einer vernünftigen Zeit vor Einbruch der Dunkelheit reichen, was auch Katrin einsah; erste Anzeichen, daß die Wanderung bei unserem Tempo ganz schön anstrengend gewesen sei und Hinweise darauf trugen des weiteren dazu bei, die letzten beiden Wegdrittel in normaler Geschwindigkeit zu gehen. Endlich wieder Zeit für den einen oder anderen Blick, die Chance genauer zu lauschen, ob da nicht Vogelgezwitscher sich gegen den Lärm der Zikaden durchgesetzt hatte. Viel zu selten hörten wir Vogelstimmen, in unseren Breitengraden normale Begleitmusik im Wald. Ob die erfolgreiche Jagd der Stoats nach Vogeleiern hierfür verantwortlich ist? Da wir keinen Hinweis auf aufgestellte Stoatfallen fanden, scheint das Raubtier hier eher keine Gefahr zu sein; vielleicht besteht hier keine Priorität, das Tier in diesem NP zu jagen. Wir haben dieses putzige Tierchen bislang tot auf der Straße, im Museum in Wellington und auf einer Informationstafel zu Beginn dieser Wanderung gesehen, ist halt ein nachtaktiver Kerl.

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Nach gut 2 3/4 Stunden standen wir wieder vor unserem Camper, unsere Beinmuskulatur signalisierte deutlich, an diesem Tag sehr gefordert worden zu sein. Dies hielt Katrin jedoch nicht davon ab, den Lake Waikaremoana als Badesee zu testen.

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So erfrischt ging es leichter zurück nach Wairoa, wo wir noch deutlich vor der Abenddämmerung wieder eintrafen.

In der Art Deco Hauptstadt Napier

 

Das Schicksal hat es gut mit uns gemeint, denn wir kamen nach Napier, als das Tremains Art Deco Weekend stattfand. Mehr zufällig erfuhren wir in einem Gespräch in Picton mit einem Ehepaar, das mit ihrem Oldtimer unterwegs war, ihr Ziel sei Napier, um an diesem Wochenende an der Oldtimerparade während des Art Deco Festivals teilzunehmen. Ein Grund mehr, an unserer groben Zeitplanung festzuhalten und an diesem Wochenende in Napier zu sein.

Art Deco am Bauwerk hatten wir gestern an einigen Gebäuden in Hastings bewundern dürfen, hatten unsere Augen ein klein wenig geschult. In Hastings bekamen wir auch das Programm für dieses Wochenende in Napier in die Hand; die darin aufgelisteten und über viele Seiten kurz beschriebenen Veranstaltungen waren nicht zu zählen, geschätzte 200 Termine und Veranstaltungen waren organisiert. Als eine unter vielen darunter auch die Oldtimerparade, die um 12:30 Uhr startete.

Napier, von dem großen Erdbeben 1931 genauso betroffen wie Hastings, mußte sich damals ebenfalls baulich neu erfinden. Wie es heißt, hob sich durch das Erdbeben das Niveau der Stadt um bis zu 2 Meter, so daß es einen “Landgewinn” von 40 Quadratkilometer gab, dem Meer “abgetrotzt”.  Mit ihrer heutigen Einwohnerzahl von etwas über 50.000 Menschen ist sie kaum größer als Hastings. Deutlich größer ist jedoch das Selbstbewusstsein, wie es in der Selbstvermarktung zum Ausdruck kommt. Napier ist die Art Deco Hauptstadt der Welt – was ist schon Miami in dieser Hinsicht, eher zweiter Sieger im Verständnis der hiesigen Vermarkter. Für uns ist es ohne Belang, wer im Weltmaßstab die Nase vorn hat, entscheidend ist, wie sich der Ort präsentiert. Wohl um das architektonische Erbe der Stadt aus den 30er Jahren zu bewahren, wurde der Napier Art Deco Trust gegründet, der über allen Veränderungen an den entsprechenden Häusern seine Hand hält. Gleichzeitig ist dieser Trust die treibende Kraft hinter dem jährlich stattfindenden verlängerten Art Deco Weekend, das donnerstags beginnt und montags endet. Auch hier konnten wir bei weitem nicht alle interessanten Gebäude aus der Zeit nach 1931 anlaufen, viele der Steinhäuser befinden sich auch in den Villenlagen der Stadt oder in abseits gelegenen Straßen. Das Gros der Art Deco Fassaden konzentriert sich auf ein Straßengeviert inmitten der Innenstadt zwischen der Tennysen und der Dickens Street sowie Clive Square und Marine Parade; weitere bemerkenswerte Ansichten erhält man auch im Bereich der Browning Street sowie an der Strandpromenade in Form der Sound Shell (Musikpavillon), den Kolonaden sowie dem Verwaltungsgebäude der Touristeninformation. Die folgenden Bilder können natürlich nur einen kleinen Ausschnitt des Vorgefundenen zeigen, zumal oft ein ruhiges Betrachten angesichts der durch die Stadt in Festivallaune strömenden Menschenmassen kaum möglich war. Nicht jeder Bauherr verfolgte damals beim Neuaufbau den Art Deco Stil, so daß auch Anleihen beim klassizistischen Baustil wie auch Ausformungen des spanischen Missionsstils erkennbar sind. Fachleute können sicherlich mehr als wir Laien erkennen, wir waren nur interessierte Besucher.

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Nicht alle Gebäude waren erdbebengeschädigt; insbesondere die Holzhäuser hielten den Beben deutlich besser als die Steinhäuser stand. So kann man auch heute noch das eine oder andere aus der Zeit der Stadtgründung und Erweiterung stammende Gebäude insbesondere entlang der Marine Parade, also entlang des Strandes, finden, aber auch auf den Hügeln oberhalb der heutigen und damaligen Innenstadt.

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Nicht alle in der Stadt befindlichen Fahrzeuge hatten sich offensichtlich für die Parade angemeldet; auf unserem Spaziergang stießen wir auf einige sehr attraktive Oldtimer, die zum heutigen Tag von ihren Besitzern natürlich voller Stolz am Straßenrand stehend dem Interessierten gezeigt wurden. Alle hatten eine Straßenzulassung und obgleich die Schätze aus den dreißiger Jahren und früher nicht gerade zum Rasen verleiten, bei einem Gefährt sahen wir einen an die Windschutzscheibe geklebten diesbezüglichen Hinweis! Allen Fahrzeugen konnte man die Liebe des Besitzers zum Detail und zur Pflege des Schatzes ansehen, aber auch den Stolz des Besitzers verspüren.

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Es hat den Anschein, als ob dieses Art Deco Weekend für die Bewohner der Stadt und des Umlandes den gleichen Stellenwert besitzt wie im Rheinland der Karneval. Nicht jeder aber viele der an diesen Tagen in der Stadt Herumlaufenden haben sich stilgerecht in Anlehnung an die dreißiger Jahre gekleidet. Wir zumindest kamen uns vor wie bei einem Faschingsumzug, Jecken im Zug und als Zuschauer. Mehr oder weniger die ganze Stadt war auf den Beinen, vor allem, um die Parade alter Fahrzeuge nicht zu verpassen. Einige nahmen ein Stühlchen unter den Arm, andere besetzten frühzeitig in den Gastronomiebetrieben entlang der Paradestrecke die Tische. Erkennbar frühzeitig hatte man sich also die besten Plätze gesichert, um alles genau sehen zu können. Eine ruhige und ausgelassene Stimmung herrschte. An verschiedenen Orten traten kleine Musikgruppen und Chöre auf und unterhielten das flanierende Publikum mit Swingmusik und Schlagern dieser Jahre. In die Maskerade wurde nahezu jeder einbezogen; nicht nur gestandene Bürger hatten die Kleiderschränke der Vorfahren geplündert oder sich entsprechende Bekleidung besorgt, nein auch die Kinder durften bei dem Spektakel mitwirken.

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Wir kamen uns mit unserer Treckingbekleidung ein klein wenig unpassend gekleidet vor, waren aber nicht die einzigen, die aus dem Rahmen fielen. Verkleidung war zumindest keine Bedingung, um die Parade sich ansehen zu können. Eingeläutet wurde das Spektakel durch Lärm, Lärm, der von die Stadt überfliegenden alten Propellermaschinen ausging, die im Alleinflug aber vor allem im Formationsflug begeisterten.

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Paraden werden im angelsächsischen Raum offensichtlich immer durch eine Militärkapelle angeführt, dann folgen die Hauptpersonen, hier die alten Fahrzeuge, die zwingend vor 1946 gebaut sein mussten. Ihre Fahrerinnen und Fahrer verstanden sich sicherlich auch als Hauptperson in dieser Aufführung und genossen den Applaus und Zuspruch vom Straßenrand. Über 300 Oldtimer fuhren an uns vorbei, fast zwei Dutzend alte Motorräder, leider nicht alle korrekt restauriert, und eine ganze Anzahl alter Fahrräder schloß sich dem Zug an. Ein Wahnsinnsbild, eine ständige Aneinanderreihung von sehr schönen ja ästhetischen Karossen wurde uns geboten. Wir hatten das Glück, neben Fachleuten zu stehen, zumindest die abgegebenen Kommentare über den vorbeifahrenden Fahrzeugtyp ließ dies vermuten. Also waren nicht nur Gaffer wie wir an der Strecke, sondern auch Experten genossen das Bild. Natürlich wurde versucht, das Schöne im Foto festzuhalten, was weitestgehend gelungen ist, mit der Folge, die Qual der Auswahl zu bereiten.

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Nachdem ein Trupp Dudelsackpfeiffer den Schlußakkord geblasen hatten machten wir uns vom Acker und hatten Schwierigkeiten, uns mit unserem kleinen unscheinbaren Camper wieder anzufreunden. Viel lieber wären wir in eine der tollen alten Kisten gestiegen.

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Der Küste entlang nach Napier

Nachdem wir das größere Einzugsgebiet von Wellington nach gut 40 Kilometern bei Upper Hut endlich hinter uns gelassen hatten, konnten wir der Umgebung wieder mehr Aufmerksamkeit widmen. Und sofort fallen wieder Hinweisschilder auf neben der Straße liegende beachtenswerte Orte auf, wird angehalten, abgebogen und geschaut. So landeten wir auch am Rande des Kaitoke Regional Parks, blickten auf die zwei künstliche Seen umgrenzenden Wälder und hörten nichts, es war ruhig, bis auf das ohrenbetäubende Geräusch der Zikaden. Die scheinen sich hier überall festgesetzt zu haben.

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Und wieder ging es kurvenreich bergauf, eine Hügelkette, deren Maximalpunkt bei gut 700 Metern liegt, musste überwunden werden, um anschließend durch mindestens ebenso viele Kurven gen Tal zu fahren, nicht zu rasen. Der Camper schaukelt bei schneller Kurvenfahrt ganz schön, da geht man lieber zu viel vom Gaspedal als daß man in Schräglage durch die Kurve rutscht.

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Als die Ebene uns wieder hatte, blieb das auch lange Zeit bis Masterton so. Wir waren im Herzen des Schafslandes angekommen, Masterton seine Hauptstadt. Wie im übrigen man hier viel Wert darauf zu legen scheint, von irgend etwas die Hauptstadt, der wichtigste Vertreter etc. zu sein. In dieser alle überragenden Schafsstadt finden hier natürlich auch entsprechende Wettkämpfe statt, so z.B. im Schafsscheren. Wir sind eine Woche zu früh angekommen, um an diesem Spektakel teilnehmen zu können, nicht als Aktive, aber als Passive.

Der Campingplatz in Masterton zählt mit zu den besten, die wir bislang besucht haben, viel Grün, sehr gepflegt und weitläufig. Am nächsten Morgen ging es weiter auf Napier zu. Viel Neues sahen wir auf dem Weg gen Norden nicht, sondern alt bekannte Bilder zogen an uns vorbei. Schafsweiden mit oder ohne Schafe, manchmal interessante Bäume, oft sehr kahle Hügel, wenig sonstige agrarische Landwirtschaft. Die durchfahrenen Orte wiesen auch immer eine ähnliche Struktur auf, wurden als Straßendörfer mit im wesentlichen eingeschossiger Bebauung wahrgenommen, auch die Form der Geschäftsbauten war mehr oder weniger austauschbar, ein Ort stand für den anderen Pate. Kein Wunder, wenn wenig Bleibendes haften geblieben ist.

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Einen Zwischenstop legten wir im Ort Dannevirke ein. Hier soll, so heißt es, ein größerer skandinavischer Einfluß bestanden haben. Offensichtlich traute man den aus Skandinavien stammenden Männern im besonderen zu, sehr fachkundig die notwendigen Holzfällarbeiten zur Landgewinnung ausführen zu können und warb für diese Region vor allem in diesen Ländern Arbeitskräfte an. Friedhöfe können manchmal das Geschichtsbuch eines Ortes sein, die Namen auf den Grabsteinen erzählen. Auch Dannevirke, ein Ortsname, der auf einen dänischen Ursprung hinweisen könnte, hat einen Friedhof, auf dem die ersten Siedler begraben wurden. Diesen suchten wir auf. Natürlich stolperten wir auch über skandinavische Familiennamen auf Grabsteinen aus der zweiten Hälfte des 19. Jhd. Aber mindestens in gleicher Zahl sahen wir auch Familiennamen, die auf einen Bezug in den englischsprachigen Raum weisen. Selten tauchte ein Deutsch klingender Name auf. Erfreulich, wenn diese alten Grabstellen auch heute noch gepflegt werden; ob von Nachfahren oder durch die Gemeinde wissen wir nicht. Viele Grabstellen waren sehr schlicht gehalten, nur wenige fielen durch besondere Gestaltung aus dem Rahmen. Beim Rundgang fiel auf, wie oft der Hinweis, meistens bei jungen Burschen im Alter bis Mitte 30, “accidently killed” auftauchte, was auf einen Arbeitsunfall hindeutet. Auch die große Zahl von Grabsteinen und Grabinschriften für im Alter von wenigen Wochen bis zum Alter von 5/6 Jahren verstorbenen jungen Menschen machte betroffen und scheint ein deutlicher Hinweis auf die Lebensumstände zur damaligen Zeit vor über 100 Jahren in Neuseeland zu sein.

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Durch sattsam bekannte Landschaft fuhren wir zügig in Richtung Napier, in dessen näherem Einzugsgebiet es einige Winzer versuchen, auf dem Boden einen guten Wein zu erzeugen. Ab und an bemerkten wir deshalb auch den einen oder anderen kleinen Flecken, der mit Rebstöcken besetzt war.

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Hastings liegt 20 Kilometer vor unserem Zielort Napier, eigentlich ein Grund, hier einfach durchzufahren. Da Hastings aber das selbe Schicksal wie Napier durch das große Erdbeben 1931 erfahren hatte und ebenfalls in dieser Zeit seine Innenstadt – und nicht nur diese – praktisch neu erfinden musste, wollten wir das Ergebnis betrachten, zumal auch hier Art Deco Einflüsse zu finden sein sollen. Hastings ist keine wirklich aufregende Stadt, wie sollte auch, wenn sie inmitten eines von der Landwirtschaft dominierten Gebietes liegt und die Wirtschaft der Stadt hierauf sehr stark ausgerichtet ist. Also die sattsam bekannten Geschäfte, am Reißbrett entstandener Stadtgrundriß, Boutiquen, Handelsketten, kleine Läden für dies und das, Cafés und Restaurants, Banken (nicht zu wenig). Viel interessanter für uns war, uns auf die Suche nach den Art Deco Gebäuden zu machen, die nach dem Erdbeben neu errichtet worden waren. Hilfe hatten wir von der Stadtinformation erhofft und in Form einer kleinen Broschüre auch erhalten. Hierin waren 38 sehenswerte Gebäude aufgelistet, die in Form einer Stadtrundfahrt, Länge fast 40 Kilometer (!!!), angefahren werden sollten. Und zu allem Überdruß enthielt die Übersichtskarte kaum Straßenangaben, die Ortsangaben musste man sich aus der Objektbeschreibung heraussuchen. Wenig besucherfreundlich aufgebaut war die Broschüre, fast waren wir, nachdem die ersten Versuche einige der Häuser anzulaufen nur unter Mühen gelungen waren, bereit, weitere Besichtigungsbemühungen einzustellen. Zumindest erkundeten wir einen kleinen Teil der neu aufgebauten Innenstadt, aber nicht länger mit Hilfe der ungeeigneten Broschüre. Eigentlich schade um die Mühe, die man sich bei der Erstellung gemacht hat, leider dabei vergaß, eine benutzerorientierte Gestaltung zu verfolgen. Eines vorab : es gab weit mehr Art Deco-Style Gebäude in der Stadt als die Broschüre aufgeführt hat – das war auch gut so, denn uns ermöglichte es in einer guten Stunde Spaziergang ein großes Spektrum der Gestaltung zu entdecken. Daneben konnten wir vereinzelt auch Einflüsse des spanischen Missionsstils erkennen in einer Stadt, die so richtig erst Ende des 19. Jhd. an Bedeutung, als Standort für einen Eisenbahnbahnhof und als Wohn- und Arbeitsort, hinzugewann. Die prosperierende Landwirtschaft im Umland strahlte, nachdem das Moorland trockengelegt worden war, auf die Stadtgründung ab. Wir haben alte Fotografien sowohl von Hastings als auch Napiers Innenstadt nach dem Erdbeben gesehen, wenig stand noch an seinem Platz, die Zerstörung war umfassen. Auch sehr solide Bauten wie das der Zentralbank oder Verwaltungsgebäude und Krankenhäuser haben das Erdbeben nicht überstanden. Umfassend war der Neuaufbau, der offensichtlich wegen der Wirtschaftskrise im Land nicht leicht zu finanzieren war. Andererseits hatte die Depression auch für ein Arbeitslosenheer gesorgt, das nun teilweise im Bau Beschäftigung finden konnte. Will man den Baustil erkennen, muß man mit in den Nacken gelegtem Kopf durch die Straßen gehen oder noch besser, immer die gegenüberliegende Straßenseite oberhalb des Erdgeschosses betrachten, dann wird man fündig. Von uns anfangs als enorme Bausünde eingeschätzt, die oberhalb des Erdgeschosses angebrachten weit ausgelegten und auch den Fußweg beschattenden Vordächer, immer und überall mit grässlichen Werbeinschriften an ihren Stirnseiten versehen, waren zumindest bei einigen Häusern Bestandteil der architektonischen Gestaltung. Dies war an den Ankern erkennbar, mit denen die Vordächer an der Fassade befestigt worden waren. Man, auch wir, lernt eben dazu, auch wenn wir nach wie vor diese werbetragenden Vordächer in dieser Form nicht als gelungen betrachten. Schlicht, ohne Schickschnack der Werbung, ja. So die gegenüberliegenden Häuserfronten abscannend durchkreuzten wir das Städtchen und trafen auf eine Vielzahl der gesuchten Objekte. Viele hatten auch die letzten Versuche einer “Modernisierung” widerstanden, strahlten in alten Farbnuancen und den ursprünglichen Applikationen und Verzierungen. Erschreckend für uns war jedoch oft der eklatante Widerspruch zwischen der Ästhetik des Hauses und der Warenpräsentation, Schaufenstergestaltung, Werbung im Erdgeschoss. Oft grausam! Positiv herauszuheben ist das Gebäude von Westermann & Company, heute auch Standort der Touristeninformation, sowie das Stadthaus; aber auch viele andere Häuser waren prachtvoll. Somit konnten wir uns in Hastings einen ersten sehr umfassenden Eindruck von dem verschaffen, was es nach eigener Werbeaussage in Napier in Potenz geben soll. Schön war bei unserem Rundgang auch ein Haus zu finden, das offensichtlich dem großen Beben  getrotzt hatte und auch heute noch als vollständig aus Holz bestehendes Haus steht und in Gebrauch ist.

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So blieb dann nur noch die Weiterfahrt nach Napier und die Suche nach einem möglichst stadtnahen Campingplatz auf der Agenda des Tages, die wir erfolgreich abarbeiteten.

Wellington

Nachdem wir am Vortag uns im Feierabendverkehr durch einen kleinen Teil der Hauptstadt gequält hatten, wollten wir am 20.2. uns die Stadt und einige wichtige Einrichtungen in Ruhe ansehen. Wellington ist eine sehr bemerkenswerte Stadt, dicht gedrängt im Kern, geprägt von Hochhäusern, und extrem weitläufig besiedelt, wenn es in die Außenbereiche geht. 200.000 Einwohner wollen untergebracht werden; das Umland bietet hier viele extrem reizvolle Lagen, am Wasser, in den Bergen mit mehr oder weniger Aussicht, in der Natur. Daß dies dann am Morgen und Nachmitttag zu endlosen Blechkarawanen führt, ist uns aus der Heimat zur Genüge bekannt. Die vorhandenen Eisenbahnverbindungen schaffen so scheint es, nur teilweise Entlastung. Erstaunlich viele in der Innenstadt Beschäftigte waren am Abend in entsprechend sportlicher Bekleidung auf dem Rennrad in Richtung heimischen Herd unterwegs; sie fuhren direkt neben den Autokolonnen auf der Bundesstraße, natürlich behelmt und oft auch schneller als die PKWs.

Wellington soll ein breit gefächertes kulturelles Angebot aufweisen; nur einen ganz kleinen Ausschnitt haben wir in Anspruch genommen. Das Museum of New Zealand Te Papa  Tongarewa, kurz Te Papa, ist nicht nur in einem modernen, Aufmerksamkeit findenden, die Hafenskyline prägenden Neubau untergebracht, sondern ist die Möglichkeit, sich einen umfassenden, sehr fachkundig präsentierten Überblick über die Geschichte des Landes zu verschaffen.

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Ganz wichtig für uns aber wohl auch für das Museum und seinen Anspruch ist die umfassende Einbindung und Berücksichtigung der Geschichte vor der Besiedlung durch Europäer. Der Geschichte der Moari wird ein sehr großer Raum eingeräumt; für uns ebenfalls ein wichtiger Aspekt für dieses Besuch. Ich kann mich nicht erinnern, daß das Bonner Haus der Geschichte, in dem ein ähnliches Projekt realisiert worden ist, für jeden Besucher ohne Eintritt (!) offen steht. Hier wird keine Gebühr erhoben; dementsprechend groß ist auch der Zuspruch; erkennbar nicht in der Überzahl sind die  ausländischen Besucher.

Die Themenvielfalt ist so groß, daß es schier unmöglich ist, an einem Tag sich alle Themen zu erschließen. Wir waren gut 4 Stunden aktiv unterwegs und danach für weitere Information nicht mehr aufnahmefähig. Man kann daraus nur die Empfehlung ableiten, sich an unterschiedlichen Tagen hierhin zu begeben. Neben dem Ausstellungsteil der sich mit der Kultur der Maori befasst, ihrem politischen Kampf um politische und gesellschaftliche Teilhabe, haben wir viel Zeit im Themenbereich der Besiedlung durch Europäer, die Staatsbildung und insbesondere im naturkundlichen Bereich verbracht. Im letzteren wurde mehr als plastisch vor Augen geführt, welch dramatische Eingriffe von Menschenhand das ökologische Gleichgewicht zerstört hat, die Artenvielfalt auf der einen Seite drastisch verringerte, auf der anderen Seite durch die Einfuhr von Tieren und Pflanzen im Land selber wieder erhöhte. Uns Außenstehenden ist kaum bewußt, wie viele Tierarten und Pflanzen hier erst im 18./19. Jhd. heimisch gemacht wurden, wie wenig von der ursprünglichen Tier- und Pflanzenwelt noch vorhanden ist. Und nicht immer war der Tier- oder Pflanzenimport sinnvoll; das “Experiment” mit dem stoat ist bekanntlich ganz groß in die Hose gegangen und jährlich werden Millionen aufgewendet, um die Ausbreitung des stoat zu verhindern, seine Anzahl zu verringern. Neuseeland war vor Ankunft der ersten Menschen vor etwa 1000 Jahren zu 95% bewaldet, so denn eine Waldentwicklung möglich war. Glaubten wir bislang, erst durch die europäischen Einwanderer, die zur Schaffung von Weideland aber auch zum Holzexport die Bäume massenhaft fällten, sei die großflächige Waldvernichtung erfolgt, lernen wir in der Ausstellung, daß bereits die Moari, um Land für ihren Nahrungsmittelanbau zu erlangen aber auch das Nutzholz benötigten, insbesondere durch Brandrodung im Verlaufe von Jahrhunderten den Waldbestand auf 55% reduziert hatten. Für den Unkundigen, wie wir es sind, besteht hier ein gewisser Widerspruch zu dem bislang Gelernten, wonach die Maori ihr Leben auf den Einklang mit der Natur ausrichteten, ihr Glaube viele Bezüge zu Naturphänomenen aufzeigt, die Erde wie auch die Elemente eine große Bedeutung für sie besitzen. Im Zuge der Kolonialisierung wurden dann weitere 30% des Bestandes vernichtet und erst später erkannte man die Folgen, die dieser Raubbau verursachte, Verlust der Bodenkrume durch Erosion, Landrutsche etc., so daß bereits im 19. Jhd. zielgerichtete Aufforstungsaktionen erfolgten. Ein ehemals fast unberührtes Land wurde im Verlaufe der Jahrhunderte insbesondere in Weideland und somit die Basis für weltweiten Fleisch- und Wollexport transformiert. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Die beiden folgenden Bilder beziehen sich auf bestimmte Baumarten, die, wie die jeweils rechte Bildseite zeigt, inzwischen ganz bzw. weitgehend vernichtet worden sind.

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Bis 1840 war das Gebiet des heutigen Neuseeland im Besitz der Ureinwohner, der Maori und, soweit diese ihr Land nicht an Siedler verkauft hatten, deren Eigentum. Eine übergeordnete staatliche Hoheit gab es im Grunde nicht, bis durch den Vertrag von Waitangi zwischen den Vertretern der Maori und der britischen Krone vereinbart wurde, daß das Land nominell eine britische Kolonie wird. Im Gegenzug wurde den Maori zugesichert, den “Briten” gleichgestellt zu werden. Nach Ansicht der Maori wurde jedoch gleichzeitig zugesichert, daß die Maori in ihren Bereichen auch weiterhin die Herrschaft ausüben können und nach ihren Regeln leben und handeln. So lange wie die Zahl der Siedler überschaubar blieb und die von diesen beanspruchten Ländereien relativ gering waren, gab es keine Probleme. Berichtet wird, daß um 1850 lediglich 22.000 europäisch stämmige Menschen in Neuseeland dauerhaft lebten. In dem Maße jedoch, wie der Landhunger der Siedler und der Schafsfirmen stieg, ergaben sich Konflikte, die bis hin zu Kriegen gegen die Maori-Bevölkerung in bestimmten Regionen führten. Und nicht immer waren die Siedler und England der Sieger! Die Maori schwächten ihre Schlagkraft teilweise durch Konflikte zwischen den einzelnen Stämmen. Bemerkenswert, wie die Stammesführer es dann schafften sich so zu verständigen, daß sie einen eigenen “König” wählten, der sie, unterstützt durch eine Art Parlament, gegenüber der Kolonialmacht vertrat. Ebenso bemerkenswert, wie man ab Mitte des 19.Jhd. durch die Gründung zweier Zeitungen versuchte, auch auf diesem Gebiet der eigenen Stimme mehr Geltung und Aufmerksamkeit zu verschaffen. Zudem diente das Instrument Zeitung auch dazu, die Einigkeit untereinander zu fördern. Obgleich im Vertrag von Waitangi die Maori den Siedlern gleichgestellt waren, die Kolonialmacht unternahm alles, um die eigenen Interessen in jedem Fall durchzusetzen. Die Maori, in Stämme und Clans gegliedert, kennen kein Privateigentum an Land, vielmehr gehört dies allen, d..h. nicht ein einzelner kann seinen Anspruch an Dritte verkaufen, sondern alle müssen zustimmen. Für die landhungrigen Siedler und Schafsfirmen ein Problem, das deren Expansionsbestrebungen kräftig einbremste. Abhilfe wurde durch Gesetze geschaffen, die immer nur die Kolonialinteressen berücksichtigten. Um Landverkäufe “leichter” möglich zu machen wurde z.B. das Gesetz erlassen, wonach kein Landeigentum besteht, wenn dieses von 10 oder mehr Einzelpersonen geltend gemacht wird. In diesem Fall fällt das Land der Krone zu und kann von dieser weiter vergeben/verkauft werden. Da das Land dem Stamm/Clan gehörte, war dies das geeignete Enteignungsinstrument und zugleich die Grundlage für die schnelle Expansion der Schafindustrie. Das Landthema beschäftigt noch heute die Menschen und ist ein wesentliches Grund für das schlechte Gewissen der Nachfahren ehemaliger Kolonialherren.

Maori besitzen eine andere Gedankenwelt als wir westlich erzogenen Menschen, so unser Eindruck. Ähnlich wie unsere Sagenwelt besteht natürlich auch in diesem Kulturkreis eine Vielzahl von Sagen, mit denen die eigene Existenz, die Entwicklung, das Entstehen der Stämme, die Konflikte, die Natur und ihre Phänomene etc. umschrieben oder erklärt wird. Gerne hätten wir hier mehr als nur Fragmente der Sagenwelt der Maori kennen gelernt, die sich stark auf die Natur bezieht. Einen Zugang zu ihrer Welt haben wir nicht erhalten und gefunden. Stattdessen konnten wir jedoch die wunderschönen Versammlungshäuser, mythische Gestalten, Gebrauchskunst etc. bestaunen.

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Der Erstbesiedlung durch “Auswanderer”/Entdecker aus dem polynesischen Raum wird angemessener Platz eingeräumt. Für den Laien interessant zum einen das Experiment mit einem nachgebauten Zweirumpfboot unter Anwendung historischer Navigationsmöglichkeiten, um damit die Möglichkeit der Besiedlung z.B. aus Richtung der Gesellschaftsinseln zu unterfüttern, zum anderen durch die Präsentation eines maßstabsverkleinerten Nachbaus dieses Bootes. Der Mut der Abenteurer/Forscher wurde belohnt, die Reise gelang.

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Dem Neuseeland der Neuzeit haben wir uns nicht zugewandt, nur noch einen kurzen Blick in die Geschichte der Einwanderung an Hand von Familiengeschichten geworfen, dann war unsere Aufnahmefähigkeit vollständig erschöpft. Bei einem längeren Aufenthalt in Wellington hätten wir sicherlich Te Papa erneut einen langen Besuch abgestattet.

Der anschließende längere Gang durch die engere Innenstadt verlief, übertrieben formuliert, ohne Sicht der vorhandenen Sonne, denn die Straßenschluchten waren oft wirklich solche durch die hoch aufragenden modernen Bauten. Bemerkenswert, daß bei diesen Bauten keine Einheitsarchitektur in Form von Beton und Glas zum Zuge kam, sondern vielfältige Gebäudeausprägungen, –formen und Materialien bei der Ausführung Berücksichtigung fanden. So war die “Hochsicht” ziemlich abwechslungsreich, während sich im Erdgeschoß wie überall austauschbare Ladenlandschaften ausbreiten. Wellington kann man mit Recht als eine moderne Stadt bezeichnen, leben möchten wir hier dennoch nicht. Enorme Hektik haben wir zwar nicht verspürt, auch Grün ist in erkennbarem Umfang vorhanden, aber stundenlange Fahrten zur und von der Arbeit, die nicht saubere Luft, die Masse Menschen lassen uns das Leben in angemessener Entfernung zu solch einer Stadt vorziehen.

Einen Überblick über eine Stadt verschafft man sich am besten von oben. Wellington ist von Hügeln umgeben, also bietet sich die “Besteigung” eines Hügels an. Hier wird einem der Weg zum Ausguck abgenommen, der seit 1902 seinen Dienst verrichtende Cable Car (im Grunde sind es zwei, die sich in der Mitte der Strecke passieren) schafft bis zu 100 Personen je Fahrt auf den Kelburn Lookout. Als erstes fiel uns auf, welch schönen Ausblick die Studenten haben, und vor welcher Kulisse sie ihren Hochschulsport ausüben können, denn Institute und Sportanlage liegen direkt unterhalb des Lookouts. Was wir bei der Einfahrt in die Wellington Bucht von der Fähre aus bereits erkennen konnten, die Großstadt zieht sich weit um die Bucht herum, weist auf der eher südlicheren Seite Geschäfts- und Wohnbauten auf, während am östlichen Teil der Bucht die schmutzige Industrie wie z.B. Chemie angesiedelt sind. Daß das Te Papa ein prägendes Gebäude ist, von Wasser aus sehr klar zu erkennen, bestätigte sich gleichfalls aus der Vogelperspektive.

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Vom Endpunkt der Cable Car Bahn kann man den Wellington Botanic Garden besuchen, der auf einem Gebiet von 25 Hektar von hier oben bis hinunter in die Stadt ein großes Spektrum an Bäumen, Büschen, Blumen etc. in einer Vielzahl von Präsentationen bis hin zur Anlage von Lady Norwood Rosegarden aufweist. In einem fast dreiviertelstündigen Spaziergang sind wir durch in geschlendert. Den Abschluß dieser Grünanlage bildet der Bolton St. Memorial Park, der sich über den Motorway 1 hinüber Richtung Stadt bis zum Gebäude der Zentralbank fortsetzt. Auf diesem Teil der Anlage stehen unzählige alte Grabstellen und Grabdenkmäler; die Anlage selber läßt vermuten, das es sich um einen alten Friedhof handelt, da Grabreihen ebenso erkennbar sind wie auch die übliche Form der Gräber, und nicht um einen Ort, an dem von woher auch immer die Grabsteine verstorbener Stadtbürger zusammen getragen wurden.

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Im unteren Stadtbereich angekommen umrundeten wir fast vollständig das Parlamentsgebäude, streiften Regierungssitze und steuerten so schnell wie möglich auf den waterfront walk am Hafen entlang zu. Hier waren im Verlaufe der Jahre einige Neubauten entstanden, jedoch hat man es auch verstanden, einige der alten Lagerhallen und Hafengebäude zu restaurieren und einer neuen Nutzung zuzuführen. Natürlich drängeln sich hier Gastronomiebetriebe, aber auch Anbieter von Wassersportgeräten und –ausrüstung waren auszumachen. Es war richtig belebt hier, nicht nur Flaneure waren unterwegs, auch die verschiedenen Cafés, Bistros, Gaststätten waren gut besucht. Hubschrauberflüge scheinen immer beliebter zu werden, zum Leidwesen der Menschen auf dem waterfront walk. Auf der Queens Wharf, direkt vor den Ruhe und Entspannung suchenden Gästen, starteten und landeten zumindest zwei Hubschrauben im etwa 10 Minutentakt. Auch eine Art, den alten Hafen zu beleben. Künstler haben ebenfalls eine sehr kleine Heimat in Hafennähe gefunden, denn aus Minicontainern heraus können sie ihre Kunst verkaufen. Ganz entspannt und völlig entschleunigt gingen wir am alten Hafen entlang zu unserem am Museum geparkten Camper. Dabei fiel uns eine kleine Bronzetafel an einer Hafenmauer ins Auge, die von der hier im WWII festgesetzten Pamir handelt. Auch hier haben wir dazu gelernt.

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Gemeinsam mit dem Feierabendverkehr rollten wir gegen Abend dann langsam die Nationalstrasse 2 in Richtung Norden. Ziel war Masterton, gut 100 Kilometer nordöstlich gelegen.

Hinüber zur Nordinsel

Unsere Fährfahrt mit einem Bluebridge Schiff am 19.2. hatten wir bereits sehr frühzeitig für 14:00 Uhr gebucht, um auch von einem weiter entfernteren Ort noch anreisen zu können. Die lange Anfahrt entfiel, da wir bereits in Picton, dem Fährhafenort, übernachteten. Gemütlich konnten wir in einen strahlend blauen Tag hinein starten und ließen uns mit allem so richtig viel Zeit. Um 10:00 Uhr hieß es, den Campingplatz zu verlassen, viel zu viel Zeit für diesen kleinen Ort. Wir hatten auf der Straßenkarte einen kleinen Weg zu einem Aussichtspunkt oberhalb von Picton gesehen und nutzten diese Information. Relativ weit in den Sund konnten wir blicken, aber auch Teile von Picton sehen. Picton ist offensichtlich nicht nur der Fährhafen um zur Nordinsel zu gelangen, sondern einer der großen Umschlagplätze für das im Norden der Insel eingeschlagene Holz. Zu beobachten war, wie emsig die auf den Lagerplätzen liegenden Baumstämme auf den bereit liegenden Frachter in hohem Tempo verladen wurden. Von hier oben sah alles nicht nur sehr grün, sondern auch sehr friedlich aus. Lärm war hier auf dem Ausguck nicht wahrzunehmen.

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Bei unserem Spaziergang durch das kleine Städtchen begegneten wir wieder unseren Oldtimern; die Gruppe von fünf alten Morgan Cabriolets war ebenfalls in Picton auf ihrer Morgan Rundfahrt Neuseeland 2014 gelandet und wartete auf das Übersetzen auf die Nordinsel, wo die Rundfahrt weiter geht. Als wären diese fünf schmucken Fahrzeuge nicht genug Anregung für Tagträume, in der Hauptstraße sahen wir drei weitere deutlich ältere Fahrzeuge. Ein Rolls Royce aus dem Jahr 1930 mit seiner nur unwesentlich jüngeren Besatzung zählte dazu wie auch ein italienisches Fabrikat aus 1932. Ebenfalls war ein alter Ford mit von der Partie. Auch diese drei Fahrzeuge und ihre Fahrer wollten mit der 14 Uhr Fähre übersetzen. Ihr Ziel war, wie wir im Gespräch erfuhren, Napier. Hier findet zum Wochenende hin ein Art Deco Fest statt, an dem sie, natürlich der damaligen Zeit entsprechend gekleidet, teilnehmen wollen. Die Rückbank des Rolls war mit Unmengen von Kleidern/Bekleidung gefüllt. Auch hier drei ältere Herrschaften, die ziemlich normal daher kamen und sich freuten, wenn man an den schönen alten Dingen wie ihren Fahrzeugen ebenfalls Freude verspürte.

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Picton ist keine Schönheit, aber eine Strandpromenade mit Palmen kann man hier bestaunen von der aus es auch möglich ist, direkt ins Meer zu steigen. Nebenan dann ein kleiner Sportboothafen, in dem nicht nur kleine Boote vertaut sind. Picton liegt im Herzen des Marlborough Sounds; von hier aus bestehen vielfältige Ausflugsmöglichkeiten in die Inselwelt des Sunds. Für einen ersten Überblick über die Landschaft kann ein Flug sorgen; passend zur Region bietet sich dafür ein Wasserflugzeug an.

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Dann war es an der Zeit, sich in die Schlange am Fährterminal einzureihen und gegen 14:00 Uhr dann an Bord zu fahren. Nicht alle Mitreisenden konnten so komfortabel und mit viel Bewegungsfreiheit wie wir auf allen Decks die Überfahrt genießen; einige waren ganz schön eingepfercht auf ihrem Weg zum neuen Hirten (?). Fast 1 1/4 Stunden ging es dann an den Inseln des Marlborough Sounds vorbei, die meisten waren bis zum Wasser hinunter bewaldet, nicht immer mit dem dichtesten Wald, manchmal sahen wir aber auch riesige vom Holzeinschlag entblößte Hänge. Unsere Fähre nahm nicht den direktesten Weg durch die Insellandschaft, so sah es zumindest aus.

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Ziemlich unspektakulär dann die Einfahrt in die Bucht von Wellington, irgendwie anfangs auch etwas trist, denn die uns begrüßenden Hügel waren eher braun, kein Bewuchs, alles uniform und kaum interessant. Das änderte sich, als die Stadtsilhouette ins Blickfeld geriet. Eine Anzahl von Hochhäusern bildete eine Art Skyline, hinter der dann die Berge aufstiegen. Der Sportboothafen war hier deutlich hochwertiger bestückt als das Pendant in Picton. Auch das was an wassernahen Wohngebäuden/Villen erkannt werden konnte, gehörte in die Höchstpreisklasse. Von Bord gerollt empfing uns dann der Feierabendverkehr einer Großstadt. Wir schwammen in dem Strom stadtauswärts ein kurzes Stück bis zu unserem Campingplatz mit. Ausgesucht wurde er wegen der Nähe zur Stadt, die wir Morgen erkunden wollen. Nicht gewußt hatten wir, daß dieses Gelände in einer Flugschneise des Wellingtoner Flughafens liegt, was uns bis gegen 20:00 Uhr einige Flugbewegungen mit dem dazu gehörigen Lärm bescherte. Nun ist es ruhig, hoffen wir, daß dies bis in den Morgen anhält.

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Kaikoura : bei den Pottwalen und Delphinen

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Sehr früh am morgen klingelte der Wecker, das machte aber nichts, heute stand  doch  Whale watching  auf dem Programm. Laut Veranstalter lag die Wahrscheinlichkeit einen Pottwal zu sehen bei ca. 70%, auch Delphine und Albatrosse sollte man auf der Fahrt sichten können. Kurz vor Beginn der Fahrt zeigte man uns in einem kleinen Raum einen kurzen Film über Wale (Evolutionsgeschichte), danach bekamen wir noch eine  Einweisung, wie wir uns bei einem eventuellen Notfall auf dem Schiff verhalten sollten. Dem Hinweis, dass man an Bord auch seekrank werden könnte und den Tipps, was man dagegen tun kann,  maß ich keinerlei Bedeutung bei.

In der Bucht vor Kaikoura kann man nicht alle Altersgruppen von Pottwalen antreffen, sondern lediglich die heranwachsenden männlichen Pottwale, die bis zur Geschlechtsreife von den kleinen Walschulen sich fernhalten müssen. Da die weiblichen Pottwale wegen der geringer ausgebildeten Fettschicht (Blubber) wärmere Gefilde in Äquatornähe aufsuchen, halten es die Männer in diesem durch Ströme aus der Antarktis besonders kalten und tiefen Wasser besser aus. Zu unserem Glück und zum Glück der Veranstalter, denen so ein Ganzjahresgeschäft mit ihren Fahrten beschert wird.

An Bord des Katamarans stellte sich dann die Crew vor, die aus 4 Leuten bestand. Dem Kapitän, dem Whale watcher, einer Reiseführerin und einer Art Mädchen für alles, welches ein Mann war und welches im Verlauf der Tour noch viel Arbeit bekommen sollte. Auch hier wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass man an Bord durchaus mal Übelkeit verspüren könne. Dann ging es los und die Stimmung an Bord war noch ganz heiter. Während der Fahrt mussten sich alle Passagiere unter Deck in einem Aufenthaltsraum, der mit Stuhlreihen bestuhlt war, aufhalten. Schnell wurde der erste Pottwal gesichtet. Pottwale sind die grössten Zahnwale  und die viertgrössten Wale überhaupt. Sie sind Weltrekordhalter im Tiefseetauchen. Sie können bis zu 3000 m tief tauchen und können dabei ca. 1,5 Stunden unter  Wasser bleiben. Sie ernähren sich von aller Art von Fischen (Tunfische, Haie). Die Wale verschlingen ihre Beute ganz ohne sie zu kauen (ähnlich wie Krokodile). Der größte Fisch, der je im Magen eines Pottwals gefunden wurde, war ein Makohai mit einer Länge von vier Metern.Die Lieblingsnahrung eines Pottwals sind jedoch Tintenfische, besonders liebt er den Riesentintenfisch, der zwischen 12 und 18 Meter lang werden kann. Uns wurde erklärt, dass wenn ein Pottwal auf so einen Kraken trifft ein massiver Kampf in der Tiefe stattfindet, hat doch so ein Riesenkrake auch so was wie Krallen oder Stacheln, mit denen er den Wal verletzen kann. Nach einem Tauchgang kommt der Wal dann für ca. 10 Minuten nach oben, so dass sich das Blut wieder mit Sauerstoff anreichern kann. In diesen 10 Minuten hat man dann die Chance, einen Teil des Wales zu sehen. Der Schwanz bleibt nämlich unter Wasser. Erst beim senkrechten Abtauchen kann man dann die Schwanzflosse des Wales  sehen.

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Auf die Ankündigung hin, ein Wal sei gesichtet worden, stürmte das ganze Boot an Deck  und machte Photos vom Wal, der sich durch uns nicht aus der Ruhe bringen lies. Der Wellengang nahm allmählich zu.  Ungefähr 15 Minuten später wurde der zweite Pottwal gesichtet. Der Katamaran schaukelte ganz schön und das eine oder andere Gesicht der Passagiere nahm schon eine leichte Grünfärbung an. In der hintersten Reihe nahm ich schon leichtes “Gurksen” war. Wieder war es das gleiche Spiel, jeder stürmte auf das Deck, um die besten Photos zu schießen. Leider kann man halt auf diesen Photos nur einen Teil des Wales erkennen und über Bord wollte, nach den Geschichten über das Beuteverhalten  des Wals, niemand  mehr springen. Nachdem der Wal dann abgetaucht war, kehrte man wieder auf seien Platz unter Deck zurück, um zu den Delphinen zu fahren. Die Fahrt dahin gab dann ein paar Passagieren voll den Rest und das “Mädchen für alles” hatte viel Mühe die Spucktüten einzusammeln und neue zu verteilen. Ich musste mich sehr auf die Erklärungen unserer Reiseführerin konzentrieren. Dann endlich wurden die Delphine gesichtet! Ca. 100  Dulphi Delphine die ganz nahe ans Boot heranschwammen und sogar Kunststückchen vollführten. Leider sind diese Tiere verdammt schnell, so dass es mir nicht gelungen ist, richtig gute Photos zu machen. Bei der Rückfahrt dann entdeckten wir noch einmal einen Pottwal, aber leider hatten manche Passagiere kein Interesse mehr, weil sie viel zu sehr mit den Spucktüten beschäftigt waren.  Meine Nachbarin hatte schon die vierte in Gebrauch.

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Auch hier war es wieder das gleiche Spiel mit dem Wal, 10 Minuten ausruhen und dann senkrecht abtauchen.

Um mein Glück des Tages vollständig zu machen, steuerten wir auf eine Gruppe von Wasservögeln zu, unter denen sich auch der Albatros befand.

 

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Ich fand diese Fahrt  ein klasse Erlebnis und hätte es nicht missen wollen (obwohl mir auch ein wenig flau im Magen war).

Abel Tasman National Park

 

Die Zahl des Tages, Sonntag, den 16.2. : 11,2 Grad. Das war morgens kurz vor sieben Uhr die in unserem Camper gemessene Innentemperatur. Es wird ja langsam Herbst, wir merken es frühmorgens. Draußen war es auch nicht wärmer, im Gegenteil. Tau auf der Wiese, der Camper tropfte, auf unserem draußen gelassenen Campingtisch stand das Wasser und die Sonne schien auch nicht, zumindest nicht auf den Teil des Tales, in dem unser Campingplatz liegt. Weiter oben wurden die Berge jedoch bereits beschienen, das ließ auf einen guten Tag hoffen. (Abends gegen 18:30 Uhr wies das Thermometer im Camper fast 30 (!) Grad auf!!!)

Wir waren früh aus den Federn, die ersten in der Küche und bei der Abreise. Grund : so früh wie möglich am Abel Tasman National Park sein, um noch am Nachmittag eine schöne Wanderung in diesem an der Küste verlaufenden NP machen zu können. Bester Ausgangspunkt hierfür das Örtchen Marahau, in einer Bucht gelegen unmittelbar am Eingang zum NP und bei wohl unter 100 ständigen Einwohnern werden hier zwei (!) Campingplätze betrieben. Wie wir später feststellen mussten ist der Wettbewerb so schwach, daß hier Mondpreise verlangt werden, die bereit gehaltenen Leistungen sehr weit z.B.hinter unserem gerade verlassenen Platz in Murchison bleiben, aber deutlich mehr Stellplatzgebühr verlangt wird. Der nach einem 10 minütigen Spaziergang auf die Bucht mögliche Blick ist wohl dann das entscheidende Preisargument. Die 170 Kilometer bis hierhin wollen auch erst absolviert sein, wir brauchten auf der kurvigen Straße 3 1/2 Stunden. Es waren kurzweilige Stunden, denn die Fahrt durch das immer enger werdende Bullertal mit seinen immer voll bewaldeten Berghängen bot optische Abwechslung. An vielen Stellen hier und später auch im Tal des Flusses Motupiko konnten man Aufforstungen bemerken, hier wird in großem Stil Forstwirtschaft betrieben. Vereinzelt sahen wir auch Sägewerke. Die Holzwirtschaft hatte bereits in grauer Vorzeit eine große Bedeutung für die Region; im Grunde wurde jeder vorgefundene Baumstamm im 19. Jhd. gefällt und verarbeitet. An manchen Stellen erfolgten Aufforstungen, an den meisten eroberte sich die Natur ihr Land zurück und schenkt uns heute einen sehr vielseitigen Wald.

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Bei unserer Fahrt durch das Tal des Motupiko und des Motueka sahen wir, woher die heimische Brauereiwirtschaft einen wichtigen Rohstoff, den Hopfen, bezieht. Dieses Gebiet scheint auch der oder ein Obstgarten des Landes zu sein, denn alle erdenklichen Früchte – bis hin zu Apfelsinen (!) – werden hier angebaut und gerne auch direkt vermarktet, was wir natürlich genutzt haben.

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Mit Annäherung an die Küste, die Tasman Bay, schienen auch die in der Ferne sichtbaren Berge wieder zu wachsen, eine größere Höhe zu besitzen; der Fluß, jetzt der Motueka River wand sich wie gehabt in unendlichen Kurven, die wir fahrend nachvollziehen mussten, auf seinem Endpunkt bei Motueka  hin zu.

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Am Vorabend hatten wir bei unserer Planung der kommenden Tage und nach Studium der diversen hier und da abgegriffenen Unterlagen und Broschüren festgestellt, daß es mit der Erfüllung von Katrins Superwunsch, Wale zu sehen, eng werden könnte. Kaikoura, der einzige Ort auf der Südinsel, an dem dies per Boot (und per Flugzeug) angeboten wird, liegt ganz schön abseits; sowohl den Abel Tasman NP als auch Kaikoura unter einen Hut zu bringen, erschien nicht einfach. Insbesondere eine zusätzliche Fahrt von 300 Kilometern ohne Gewißheit einer Durchführung schien nicht sinnvoll. Da war die Zwischenstation Motueka gerade Recht, denn hier befindet sich eine Touristeninformation, über die wir hofften, die erforderliche Klarheit zu erhalten. Und diese Auskunft fiel zur vollen Zufriedenheit und Freude von Katrin aus. Am 18.2. steigt sie um 07:15 Uhr auf ein Schiff von dem aus sie hoffentlich die Riesensäuger live sehen kann.

Sonntags ist in Motueka richtig was los. Es ist Bauernmarkt, auf dem auch nicht landwirtschaftliche Produkte auf Ständen feilgeboten werden; für uns aber wichtig : frisch und direkt vom Erzeugen, da kauft man doch gerne ein. Die nächste Überraschung gab es beim Gang durch das kleine Städtchen. Vor dem Museum standen 10-15 Oldtimer, wirklich alte Schätzchen der Automobilisten, deren ältestes, aber nicht das schönste von 1911 stammte. Da wurde noch Wert auf das Detail gelegt, sowohl bei der Herstellung vor sehr vielen Jahrzehnten, als auch bei der Restaurierung und Pflege. Alle Fahrzeuge toll im Lack und alle, soweit erkennbar, für den Straßenverkehr in Neuseeland zugelassen.

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Man kann ein altes Schätzchen auch auf andere Weise nutzen, wie wir auf unserer Fahrt hierher heute gesehen haben:

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In Marahau angekommen besetzten wir schnell einen Stellplatz, zogen unsere Wanderschuhe an, füllten die Wasserflaschen, packten die Badesachen ein und machten uns auf den Weg zum Nationalparkeingang. Der Abel Tasman Nationalpark ist zwar einer der kleinsten des Landes, weist aber durch seine Lage direkt an der Tasman Bay besondere Vorzüge auf. Neben den geschützten Meeresbereichen vor dem Park, um die Artenvielfalt im Meer wieder zu steigern, zeichnet sich der NP insbesondere durch seine zahlreichen kleinen Sandbuchten, die Lagunen aber auch durch die besonderen Kalksteinformationen im Norden des Parks aus. In Neuseeland gibt es m.W. insgesamt 10 große Trecks (great trecks) durch schöne Landschaften, der Inland Treck hier durch den Abel Tasman NP zählt dazu. Wegen der Aussicht auf das Meer, die Strände, den Wald wird jedoch die Küstenroute von der Mehrheit der Wanderer bevorzugt. Auch wir entschieden uns, der Route entlang der Küste eine Weile zu folgen. Wandern ist eine Möglichkeit, den NP näher kennen zu lernen. Die Mehrheit der hier Ankommenden wählt jedoch einen anderen Weg, den von See aus. Da in den Park keine Straßen oder fahrbaren Pisten hineinführen, geht es nur per pedes oder über die See. Unzählige Veranstalter bieten deshalb Ausflüge zu Boot, Wassertaxi, Kombinationen von Bootsfahrt und Wandern, Kajaktouren zu den Stränden etc. an. Während unserer Wanderung konnten wir miterleben, wie sich Gäste von einem Strand abholen ließen, der nur ca. 1 1/2 Wanderstunden vom Ort entfernt lag. Entsprechend intensiv war dann auch der Schiffsverkehr entlang der Küste.

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Der Wald, durch den wir wanderten, war kein Primärregenwald mehr, den hatten die Holzeinschläger vor weit über 100 Jahren gefällt. Der nachgewachsene typische Küstenwald ist dennoch interessant, Baumfarne stehen hier neben Nadel- und Laubbäumen der Region, der neuseeländische Flachs wuchert überall. Die gesamte Wanderung befanden wir uns im Schatten der Bäume. Vogelgezwitscher haben wir leider selten gehört, dafür jedoch über weite Strecken die Laute der Zikaden. In Neuseeland setzt man große Anstrengungen daran, die Artenvielfalt der Vögel zu erhalten. Das wäre nicht nötig, wenn man nicht vor langer Zeit bei der Bekämpfung der Hasenplage eine falsche Entscheidung getroffen hätte. Man führte einen natürlichen Feind dieses Schlappohrs ein, den stoat, eine Art Marder. Was man nicht berücksichtigt hat war die Lernfähigkeit des Tieres. Hasenfangen war anstrengender als die Nestgelege zu plündern; so wurde der Stoat nicht zum Hasenjäger sondern zum Eierdieb. Die Vogelpopulation ging dramatisch zurück, bis man begann, dem Eierdieb gezielt und massiv mit Fallen nachzustellen. Bereits auf unserer Wanderung im Fjordland National Park hatten wir kleine Fallen am Wegesrand bemerkt; aufgefallen waren uns auch an manchen Bäumen angebrachte rote Dreiecke, die eine fortlaufende Nummer aufwiesen. Als Markierung für die Strecke und als Streckenlängenangabe taugten die Hinweise nicht. Sie sind ein Hinweis, daß sich in unmittelbarer Nähe zu diesem Zeichen eine Falle befindet. In diese wird der Stoat durch ein Hühnerei gelockt. Derartige Fallen säumten auch heute unseren Weg; auf einer Strecke von etwas über 6 Kilometern im Wald waren es fast 70 Stück. Man kann nur hoffen, daß diesmal die richtige Methode angewendet wird. Also wenig Vogelgezwitscher, aber dafür aber oft außerordentliche Strandblicke. Diese Sandstrände lagen in kleinen oder großen Buchten, verbreiterten sich bei Ebbe enorm, bestanden aus feinstem und feinem Sand, waren von Bäumen umsäumt und nur von wenigen besucht. Wir waren fast allein an einem fast 500 Meter langen goldsandigen Strandabschnitt in der Appletree Bay. Natürlich nutzte Katrin die Bademöglichkeit mehrfach in dem azurblauen Meer, während ich die Sonne und den Sandstrand faulenzend genoß.

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Wie man sehen kann, bei Ebbe werden die Pferde gesattelt und die Strände abgeritten. Wir trabten nach 18:00 Uhr zu unserem Stall auf dem Campingplatz, auch um den morgigen Tag zu planen, schließlich wollen wir am Abend in Kaikoura sein.

Der Abel Tasman NP hat nicht nur eine wunderschöne Küste, sondern auch seine binnenlands liegenden Berge und Wälder sind es wert, dorthin einen Abstecher zu unternehmen. Für eine große Wanderung fehlte zwar die Zeit, denn fast 400 Kilometer nach Kaikoura wollen erst gefahren sein, aber einen Blick in die Bergwelt wollen wir doch noch erhaschen. Von Marahau ging es zuerst wieder über die Küstenbergkette hinüber auf die von Motueka nach Takaka verlaufende Nationalstraße, vorbei an der bei Ebbe teilweise trocken liegenden Lagune, durch den Wald des Nationalparks.

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Schier endlos schlängelte sich dann die Nationalstrasse zu einer Passhöhe hinauf, Kurve reihte sich an Kurve, für Blicke in die unter uns liegende Ebene von Matueka gab es selten Gelegenheit. Dann kündete ein Hinweisschild Hawkes Lookout an, ein erstes Zwischenziel. Weit ging der Blick hinunter ins Tal und hinüber zu den umliegenden Bergketten des Kahurangi Nation Parks und der Arthur Range. Auf dem kurzen Wegstück zu diesem Aussichtspunkt wurde auch deutlich, woraus diese Berge und Felsen bestehen, aus Kalkgestein, das sich relativ leicht durch Wasser und Wind in die sonderlichsten Formen bringen lässt.

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Dies ist ein ganz besonderes Merkmal des Abel Tasman NP, was nicht nur an der Küste und den dort vorgelagerten Felsen sichtbar wird, sondern auch zu ganz besonderen Erdformationen im Binnenland des Parks beigetragen hat. Die Harwood Depression ist so ein besonderer Punkt, eine, so haben wir es verstanden, Erdabsenkung auf Grund des durch Wasser in der Tiefe ausgehöhlten Berges. Der Boden dieses Loches soll 400 Meter unter seinem Rand liegen, also ein interessantes Ziel. Bis zu diesem Aussichtspunkt waren wir jedoch schon eine Stunde unterwegs, die Harwood Depression lag zwar nur etwa 25 Kilometer entfernt, davon waren jedoch 20 Kilometer auf Schotterpiste durch die Bergwelt zu fahren, ganz zu schweigen von dem anstehenden mit einer Stunde angegebenen Fußweg. Eine überschlägige Berechnung aller notwendigen Zeiten ergab eine Ankunft in Kaikoura deutlich nach 21:00 Uhr. Das war dann doch zu spät und an Stelle unseres weiteren “Eindringens” in den Park fuhren wir bergab nach Motueka.

Die Strecke nach Nelson verläuft weitgehend entlang der Küste, manchmal auch an größeren Meerinlets vorbei. Während auf der einen Straßenseite das Meer oder Wasser zu sehen ist, wird auf der anderen Seite das Land zu intensivem Obstanbau genutzt.  Je näher wir dem Ort Nelson kommen, desto öfter stehen Hinweise auf Weinbaubetriebe am Straßenrand, sehen wir kleine und größere Rebanbauflächen. Diese Region ist zwar kein räumlich großes Weinbaugebiet, dennoch, ein kleiner Abstecher kann sich lohnen. Kurz bevor wir Rabbit Island erreichen biegen wir ab, um bei dem wohl recht kleinen Winzer von Rimu Grove die dort hergestellten Tropfen zu verkosten, korrekt gesprochen, Katrin verkostet, der Autofahrer bleibt Stofffrei. Mit Blick auf Rabbit Island, die Ruby Bay und viele Reihen von Weinstöcken bei herrlichem Sonnenschein wurden die angebotenen Weine probiert. Katrins Urteil zur Folge konnte keiner der angebotenen Weine mit der heimischen Qualität mithalten. Gut zu wissen, denn die direkt beim Winzer zu erwerbenden Tropfen sind extrem hochpreisig, dafür kann man schon sehr herausgehobene Qualität verlangen.

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Richmond wird durchfahren dann erreichen wir Nelson, eine eigentlich kleinere Stadt mit seinen 50.000 Einwohnern, für Neuseeland und insbesondere diese Region ist es fast eine Großstadt. Groß sind die Städte auch, insbesondere in ihrem Flächenverbrauch. Mehrfamilienhäuser, Wohnsiedlungen und ähnliche kompakte Wohnbebauungen haben wir bislang nirgendwo entdeckt. Die in Europa im Zuge der Industrialisierung entstandene und notwendige Herstellung von Wohnraum für die Arbeiter und ihre Familien fehlt hier; das Land ist und war wirtschaftlich auch anders ausgerichtet. Es dominiert die Einfamilienhausbebauung mit entsprechendem Grundstück drum herum. Entsprechend lange Strecke muß man fahren, um auch bei kleineren Ortschaften bis ins Zentrum vorzudringen. Nelson machte da keine Ausnahme. Am Hafen, seinen Anlagen, unendlich vielen kleineren Betrieben wie auch ansehnlichen Grünflächen und Sportanlagen vorbei fuhren wir in die Innenstadt. Nelsons Stadtgründung geht zwar auch auf die Mitte des 19. Jhd. zurück, davon ist im Kern der Stadt wenig zu sehen. Mehr als eine Handvoll Gebäude aus der Gründerzeit hat nicht überlebt; das enge innerstädtische Geviert wird von mehr oder weniger modernen Funktionalbauten dominiert, meistens bis zu zwei Geschosse hoch, einzig die Stadtverwaltung muß, wie in Bonn, alles um viele Geschosse überragen. Der Spaziergang durch die Stadt fiel kurz aus und endete an der Christ Church Cathedral. Nicht weit hinter Nelson  biegt die Nationalstraße 6 in die Berge ab, wir folgten dem Rai River und dem Pelorus River nach Havelock; anschließend ging es am Kaituna River entlang nach Blenheim.  Berge eignen sich besonders zur Holzwirtschaft, wie wir über viele Kilometer feststellen konnten. Fast rigoroser Kahlschlag wurde betrieben; die Flächen liegen brach, werden aber anscheinend nach einiger Zeit wieder aufgeforstet. Ein schöner Anblick für die Fortwirtschaft, wir sehen die Berge lieber in dunkelgrüner bewaldeter Gestalt.

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Wer kennt Renwick, Blenheim oder die Awatere Region – kaum einer, es sei denn, sein Herz schlägt für Neuseeländische Weine. In den Flußebenen, die hier sehr weit ausfallen, findet man in diesem Gebiet nur unendliche Reihen von Weinstöcken; wie die sichtbaren Wirtschaftsgebäude ausdrücken, produzieren hier keine kleinen Weinbauern, sondern hier wird Weinanbau in industrialisierter Form praktiziert. Der Hunger nach Anbauflächen ist dabei so groß, daß man auch in trockenster Hügellandschaft im weiten Umkreis um den Lake Grassmere Rebstöcke in den Boden gepflanzt hat.

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An der Waima River Mündung, ein extrem breites Flußbett war wieder zu überqueren, hatte uns dann der Pazifik wieder, nun ging es am Meer entlang in Richtung Kaikoura. Den oft sehr schmalen Küstenstreifen teilen sich die Autofahrer meistens nur mit einem Bahngleis. Hier fährt wirklich eine Eisenbahn, nicht nur Güter werden befördert, sondern es gibt auch Personenzüge, wie wir am Bahnhof in Kaikoura sahen. Der Küstenstreifen ist nicht einförmig und glatt, sondern in Teilen windet sich die Straße ganz schön um die bis fast an das Wasser heranreichende Berge. An den zahlreich im strandnahen Bereich im Wasser liegenden großen Felsbrocken bricht sich das Wasser; die größeren werden südlich der Waipapa Bay bis fast nach Kaikoura von den fur seals als Liegeplatz genutzt.

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Dann endlich waren wir um 18:30 Uhr in Kaikoura angekommen, hatten unseren Campingplatz gefunden und machten uns sofort auf den Weg zum Abfahrtsort des Schiffes. Wenn die Zeit am Morgen vielleicht knapp sein sollte, Eincheckzeit ist 07:15 Uhr, ist es nicht ratsam, im Ort herum zu irren. Wie wir feststellten, ein leicht zu findendes Gebäude, direkt neben dem Bahnhof und nur 10 Minuten Fußweg vom Campingplatz entfernt. Nun hieß es auf gutes Wetter für den 18.2. hoffen, damit ein großer Traum Katrins erfüllt wird.

Kaikoura ist ansonsten völlig unspektakulär. Man lebt inzwischen weitestgehend vom Tourismus, und das nicht schlecht. Die Whalewatchingtouren ab Ende der 80ger Jahre waren der Anfang und lösten zahlreiche Investitionen aus. Beherbergungsbetriebe und andere Unternehmen für andere Formen des Naturerlebnisses wurden zahlreich gegründet und werden offensichtlich auch nachgefragt. Für die Menschen vor Ort bringt das Arbeit und Brot, einer der Gründe, weshalb 1987 einige führende Maori, die Arbeitslosigkeit ihrer Stammesmitglieder in der Region vor Augen, das Unternehmen Whale Watch gründeten. Der Kiesstrand vor Ort, wie wohl auch entlang dieses Küstenabschnitts ist weniger Anziehungspunkt für die Massen.

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Nach Katrins Rückkehr von ihrer erfolgreichen Whale Watch Tour am 18.2. – der Bericht steht an anderer Stelle, ihr Herz war voll, der Mund sprudelte nur so über – ging es ohne größere Unterbrechungen zurück nach Blenheim und von dort weiter nach Picton. Hier werden wir am 19.2. unsere Fähre besteigen, um nach Wellington und somit die Nordinsel weiter zu reisen.

Zum Abel Tasman NP

Nach unserem Besuch des Franz Josef Glacier ging es am späten Vormittag weiter auf der Küstenstraße, die aber gar nicht mehr der Küste folgte, sondern sehr lange hinter den Küstenbergen entlang verlief.Obwohl wir schon viele Flußdelten gesehen haben, die Breite des Deltas vom Whataroa River war eine Wucht – so weit man sehen konnte nichts als Kies und Steine im Flußbett und irgendwo dazwischen strömte der dürre Fluß gen Meer. Was noch so auffiel : die seltsamen Ortsnamen wie Harihari, was uns sofort an eine vergangene alte Krimiserie erinnerte. Auch Seen gab es reichlich; kein Wunder, wenn uns überall Menschen mit Angelgerät begegnen bei diesen Möglichkeiten. Weniger um Anglern bei ihrem Hobby zuzusehen sondern um eine kleine Snackpause einzulegen bogen wir zu dem Lake Ianthe ab und waren in einer Oldtimerparade gelandet. Eine Gruppe von fünf alten Morgan Cabriolets stand hier, machten auf ihrer die Süd- und Nordinsel umfassender Rundtour Pause. Sogar aus England und Belgien war man mit seinem Oldtimer angereist, um teilzunehmen. Da muß der Enthusiasmus mindestens so groß wie die Brieftasche sein. Auf jeden Fall, ästhetisch waren die Fahrzeuge und in einem extrem gepflegten Zustand, wie neu. Natürlich bleibt es an einem See nicht aus, daß dort geangelt wird, so auch hier.

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Das Schöne liegt manchmal vor dem Vorbeifahrenden verborgen. So auch der Friedhof von Pukekura, zu dem wir zufällig gekommen sind. Da stehen mehr als einhundert Jahre alte Grabsteine auf meistens nicht mehr gepflegten Gräbern, bei anderen Grabstellen ist erkennbar eine “Belegung” durch die Nachfahren erfolgt. Großzügig und großräumig angelegt wurde dieser Friedhof auf einer kleinen Bergkuppe mit Blick in die Ferne und auf das Meer.

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Das Wort Jade begleitet uns über eine lange Strecke entlang der Westküste. Anscheinend wird hier dieser Halbedelstein in größeren Mengen insbesondere an der Küste und auf den Stränden gefunden. Eine aus vielen kleineren Produktionsstätten bestehende Verarbeitungsindustrie hat sich gebildet. Diese hat natürlich auch ein Zentrum oder eine Stadt rühmt sich dessen. In diesem Fall ist es das Städtchen Hokitika, in das wir abbogen, nicht primär wegen der Jadeschmuckverarbeitung sondern weil der Ort sich als Künstlerort anpreist. Wieder einmal versprach die Werbung mehr als sie halten kann. Ein durch und durch häßlicher Ort präsentierte sich uns direkt am Meer. Mehr oder weniger Einheitsgeschäftsbauten entlang der Hauptstraße, in den Nebenstraßen konnte man sehen, wie der Ort früher, vor dem Jadeboom ausgesehen haben muß. Wer sich für Jadeschmuck interessiert, hier ist die Auswahl zumindest an Geschäften groß; intensive Schaufensterbetrachtung zeigt aber auch die nahezu gleichförmige Gestaltung des Materials, des Schmucks, egal wo man hinsieht. Jade hat auf Asiaten eine besondere Anziehung; so war es fast selbstverständlich, wenn wir die Besatzung eines deutlich als chinesischer Bus gekennzeichneten Ausflugsbusses im größten Jadeladen vor Ort wieder sahen.

Am Strand von Hokitika wurde, wie anderswo auch, das Strandgut, vorwiegend Holz, nicht gesammelt und abtransportiert, liegt also weiterhin am Strand herum. Im Gegensatz zu anderen Stränden haben sich hier aber offensichtlich einige künstlerisch begabte Menschen daran gemacht, das Treibgut für Kleinplastiken zu verwenden, die einen Teil des stadtnahen Strandes beleben.

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Zufällig fiel uns in der Touristeninformation ein Flyer des National Kiwi Centre in die Hände. Die Chance, einen oder mehrere Kiwi leibhaftig sehen zu können, wollten wir uns nicht entgehen lassen. Dieses Kiwi-Centre entpuppte sich als ein im wesentlichen Fische und Reptilien zeigendes Zentrum, in dem in einem abgedunkelten Bereich auch ein Kiwipärchen sich in einem großen der Natur nachgebildeten Raum aufhält. Vorher im Sonnenlicht mit entsprechender Brille unterwegs und nicht bedenkend, daß die Kiwis eigentlich nachtaktive Tiere sind, somit in dunkler Umgebung sich auch tagsüber aufhalten, versuchte ein Blinder im Dunkel die Tiere zu erkennen. Mehr als Schemen waren dabei nicht wahrnehmbar. Bestätigen kann ich jedoch, dort wo Kiwis sein sollten waren Tiere; wie sie aussahen – ich weiß es nicht. Auch Katrin kann trotz optimaler Sichtbedingung nicht viel mehr sagen als daß dort ein Kiwi herumlief, größer als wir das Tier vermuteten. Da müssen wir also weiter warten, bis uns der nicht flugfähige Vogel der Neuseeländer über den Weg läuft. Was bleibt von diesem Besuch – ein paar Fotos von Fischen, vorzugsweise seltenen ziemlich großen und angabegemäß alten Aalen.

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Viel zu bieten hatte Hokitika uns nicht, wir waren froh, das folgende Uhrgebäude, anscheinend so etwas wie das Wahrzeichen des Ortes, bald im Rückspiegel sehen zu können. Seine Ästhetik entsprach dem hier gewonnenen Eindruck.

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Am Stadtrand von Greymouth fuhren wir einen direkt hinter den Dünen gelegenen Campingplatz an und waren, natürlich, sehr schnell in Richtung Meer unterwegs. Unseren Platz trennte nur eine kleine Wiese von dem Kiesstrand und dem immer noch zu kalten Wasser.  Da zudem auch ein guter Wind blies war die Bereitschaft und das Bedürfnis zu schwimmen selbst bei Katrin sehr gering. Bislang kannten wir nur die lila Kuh von Milka; hier scheint die Werbewirtschaft wohl das lila Pferd entdeckt zu haben, denn ein entsprechend bekleidetes Tier stand hier auf der Weide.

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Am 15.2. verließen wir Greymouth auf der “scenic coastroad”, die uns weiter entlang der Küste nach Norden führte. Irgendwie können wir uns nicht sattsehen an den Steilküsten, Felsküsten, vom Meer umbrandeten Felsen, dem Blick in die Weite über das Meer, so daß Stops unausweichlich waren, obgleich dies bei der engen an den Felsen quasi entlangschrammenden Straßenführung nicht immer einfach war.

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Erstes großes Ziel des Tages waren die Pancake Rocks vor Punakaiki. Dieser Höhepunkt der Westküste konnte niemand übersehen. Riesige Parkplätze waren im Nationalpark gebaut worden, ein großes Besucherzentrum erfüllt alle Wünsche der Gäste, fast alle. Über einen gut ausgebauten Rundweg kann man an dieser besonderen Steinformation direkt am Meer entlang gehen und hat aus verschiedenen Blickwinkeln die Möglichkeit, diese Naturwunder zu bestaunen. Mit etwas Nachhilfe können auch wir schlußendlich der Namensgebung eine gewisse Originalität nicht absprechen, lassen vor allem aber das Bild der Steine, des Felsens auf uns wirken. So wie wir es verstanden haben entstand die Form, die bei gutem Willen aussieht, als wenn Pfannkuchen übereinander geschichtet worden seien, dadurch, daß die Erde schrittweise angehoben wurde und einem schrittweisen Erosionsprozeß unterliegen konnte. Ob das eine korrekte Erklärung für den Zustand, das vorgefundene Bild ist, uns kann es egal sein, was zählt ist der Eindruck, und der war gegeben, beeindruckend.

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Dank der guten Optik von Katrin konnten wir endlich den uns sehr oft begleitenden musikalischen Gast, die Zikade, einmal aus der Nähe betrachten und begrüßen. Ein solch kleiner Körper kann diesen Lärm verursachen – unglaublich aber wahr, zumindest, wenn es ein vieltausendstimmiger Chor ist.

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Das Goldfieber hatte auch Regionen an der Küste im vorletzten Jahrhundert erfasst, insbesondere im Gebiet im Westport. In unserem Reiseführer hatten wir einen kleinen Hinweis auf Mitchell’s Gully Gold Mine gefunden; ein Nachfahre eines ehemaligen Goldschürfers versucht privat die alte Mine am Leben zu erhalten, zahlende Besucher sind da hilfreich. Das Schild gesehen und abgebogen. Wir und einige freilaufende Hühner waren die einzigen Lebewesen vor Ort. In dem kleinen Eingangsgebäude, gleichzeitig kleiner Ausstellungsraum alter Geräte, befand sich ein Hinweis auf den Eintritt, der doch bitte, sollte niemand anwesend sein, durch einen Briefkastenschlitz eingeworfen werden soll. Dieser Aufforderung folgten wir und machten uns auf den kurzen Weg entlang einer alten Lorenstrecke, durch  einige gegrabene Gänge und diverse Hohlräume bis hin zu einem Gerät, mit dessen Hilfe und durch Wasserkraft betrieben das gebrochene Gestein weiter zerkleinert wurde, um dann durch Einsatz von Quecksilber das Gold zu extrahieren. Wir waren auf uns gestellt, liefen den vorgegebenen Weg ab, staunten aber wurden nicht wirklich schlauer. Dennoch, wie die Vorväter hier geschafft haben – alle Achtung. Gerade bereit abzufahren, traf Mitchell ein und erläuterte uns kurz den Schürfprozess.

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Westport, an der Einmündung des Buller River in die Tasman Sea gelegen, interessierte uns nicht wirklich, interessant war jedoch ein Besuch von Cape Foulwind mit seiner Küste und dem alten/neuen Leuchtturm. Die vor dem Cape liegende Bucht erscheint wirklich, wie zu Maori-Zeiten eine geschützte Bucht zu sein; oben von der Klippe hat man einen wunderschönen Rundumblick auf ein Gebiet, das durch seine im Meer liegenden Felsen sicherlich bei stark auflandigem Wind früher für Probleme sorgen konnte. Heute war weit und breit nichts schiffsähnliches zu entdecken. Namensgeber dieses Kaps soll James Cook sein, der hier bei Sturm mit seiner Endeavour festsaß. Wie im übrigen immer wieder bei Namensgebungen ein Bezug zu James Cook hergestellt wird.

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Vom Cape Foulwind fuhren wir nun im wesentlichen ostwärts und lange Zeit im Tal des Buller River, der in Teilen auch besonders für seine Raftingmöglichkeiten bekannt ist. Zu Anfang kommt er noch sehr friedlich daher, dies ändert sich jedoch, sobald das Tal sich weiter verengt.

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Gold wurde nicht nur küstennah gefunden, sondern auch in den Bergen wie z.B. in den Lyell Range haben die Goldsucher erfolgreich Ende des 19. Jhd. geschürft. Viel ist davon heute nicht mehr zu sehen, auf das Wenige, was noch existiert, wird ab und an hingewiesen, so auch auf unserer Fahrt entlang des Buller River, als eine kleine Tafel auf eine ehemalige Goldgräberstätte hinwies. Es war wirklich so gut wie nichts mehr zu sehen, lediglich Hinweistafeln versuchten zu vermitteln, was sich vor Ort befunden hat, wie beschwerlich sich das Leben weit ab vom Rest der Menschheit abspielte. Wie so häufig, Gräber überdauern manche Generation. Ein halbstündiger Spaziergang hinein in den Wald brachte uns zu einem kleinen Friedhof der Goldsucher, auf dem immer noch einige Grabstellen aus der Zeit von 1870 bis 1909 erkennbar waren.

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Die letzten Tageskilometer bis nach Murchison waren schnell gefahren und auf einem sehr schönen Campingplatz mitten im Grünen und an einem Bach gelegen haben wir dann übernachtet. Morgen geht es dann endlich in den Abel NP.

Ins Gletscherland – the southern alps

Eigentlich war uns für den heutigen Tag, der 13.2., strahlender Sonnenschein als Entschädigung für den verregneten Vornachmittag in Aussicht gestellt worden. Zumindest regnete es nicht mehr, aber Sonne am Himmel Fehlanzeige, selten sahen wir partiell blauen Himmel. Stattdessen hingen die Wolken oft sehr tief, eine Weitsicht auf und in die Berge war nur eingeschränkt möglich. Der Mount Aspiring war zwar erkennbar, seine Bergspitze und Teile des Eisfeldes blieben hinter einer Wolkendecke unsichtbar. So verließen wir unsere Bucht in Wanaka und machten uns auf den Weg zur Küste. Erster Zwischenstop bei dem praktisch nur um die Ecke, d.h. 12 Kilometer entfernt, in den Bergen liegenden Lake Hawea, an dessen Südende eine kleine Staumauer den stattlichen See aufstaute. Die nächsten 18 Kilometer verlief die Straße immer am See entlang, rechts der See und links die Bergflanke, verbunden mit schönen Ansichten der schroffen Berghänge auf der gegenüber liegenden Seite. Über einen kleinen Pass ging es wieder zurück zum Lake Wanaka, dem wir auf ebenso gewundener Straße bis zum nördlichen Seeende folgten.

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Nachdem wir eine kleine Ebene durchfahren hatten, umgab uns wieder Urwald, der Regenwald des Mount Aspiring National Park. Durch eine dichte Allee fuhren wir, leider meistens im Regen, Lust auf einen Abstecher in Form eines Spaziergangs zu Wasserfällen, Aussichtspunkten kam da nicht auf. Eine Ausnahme machten wir jedoch, bei den Fantail Falls, auch weil es nicht mehr von oben nässte. Im Grunde kein Wasserfall für den man meilenweit anreist, aber das gesamte Bild, ein breites Flußbett voller Kies mit einem nur träge dahin fließenden Fluß, ein kleiner Wasserfall, der aus dem Urwald kommend in dieses Flußtal hinabfällt und von weitem sichtbar die vielen Steinmännchen, denen einerseits in den Bergen manchmal die Funktion einer Richtungsorientierung zukommt, andererseits aber im Himalaya m.E. auch eine religiöse Bedeutung besitzt. Ein insgesamt schöner Anblick.

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Bei Haast hatten wir den NP hinter uns gelassen und wieder den Pazifik, hier als Tasman Sea, erreicht. Die Sichtbedingungen verschlechterten sich weiter, die möglichen Blicke gen östlich liegende Bergkette wurden vom Wolkennebel aufgesogen. Eines wurde bei der Fahrt entlang der Küste auch deutlich – die hier einmündenden Flüsse hatte alle sehr sehr breite Flußbette, voller Geröll und einem derzeit schmalen Flüßchen.

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Bevor unsere Straße wieder im Bergland verschwand, hielten wir kurz am Knight Point Lookout an. Hier liegen, wieder einmal, einige Felsen vor der Steilküste im Meer, sind hier zu bestimmten Jahreszeiten auch Rast- und Ruheplatz der fur seals – aber nicht derzeit. So blieb das Panorama.

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Vorbei am Lake Moreaki ging es das Flußtal des River Moreaki hinauf um dann hinter den Küstenbergen in Richtung Norden zu fahren.  Relativ eng waren die Täler, die Berghänge gut bewaldet, selten bemerkten wir Gehöfte. Wie generell die gesamte Westküste sehr dünn besiedelt ist. Sicherlich auch damit begründet, daß der nutzbare Landstreifen vor den Küstenbergen oft sehr schmal und somit für die Landwirtschaft nur bedingt geeignet ist. Bei Bruce Bay überquerten wir ein Flußbett, dessen Breite mehr als enorm war und es mit dem Rhein auch im Niederrheingebiet leicht aufnimmt. Und mittendrin oder mehr am Rand dann ein vergleichsweise dünnes Rinnsal.

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Nur ein kurzes Stück verlief die Straße wieder direkt hinter den Dünen und somit am Meer entlang, bevor wir endgültig ins Binnenland in Richtung Fox Glacier abbogen. Für Treibholzsammler muß dieser Küstenstreifen ein ideales Gebiet sein, denn Material lag hier mehr als genug herum und wartete entweder auf den nächsten Sturm oder darauf, abgeholt zu werden. Vor Sandy Beach fielen uns die sehr oft entlang der Küste im Wasser liegenden Felsbrocken auf, ein Merkmal der Westküste, wie auch die oft steil ins Meer fallenden Küstenberge. Dieser Strand ist darüber hinaus auch Anziehungspunkt für Menschen, die sich über Steinbeschriftungen anderen mitteilen wollen. Richtige Halden beschrifteter weißer Steine liegen direkt am Strand und offensichtlich kommen täglich neue hinzu, wie die aktuellen Daten bei den Inschriften belegen.

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Am Nachmitttag gegen 15:00 Uhr waren wir dann auf dem Parkplatz des Fox Glacier angekommen, wie auch unzählige andere Reisende. Und immer wieder kamen neue dazu, oft per Bus, stiegen aus und machten sich auf den kurzen Weg zum Lookout auf den Gletscher. Wenn das Wetter es nur besser mit uns gemeint hätte – trist war es, frisch, wolkig und nicht sonnig. Man will doch das Eis des Gletschers in der Sonne blinken sehen! Heute leider nicht möglich, eine kleine Enttäuschung, damit muß jedoch in Küstennähe immer gerechnet werden. Damit war die ganze Dimension des Eisfeldes weder zu sehen noch zu ahnen, aber einen imponierenden Eindruck hat der Gletscher schon gemacht. Wie in einer Broschüre erwähnt, fällt der Gletscher vom Bergrücken bis ins Tal auf gut 260 Meter Höhe über eine Strecke von 12 Kilometern; seine Mächtigkeit wird mit über 300 Metern angegeben. Vom Parkplatz aus ging es durch das Gletschertal etwa 30 Minuten hin zu einem Aussichtspunkt. Von den umliegenden Bergflanken rann das Wasser nur so herab; die erkennbare jedoch geringe Vegetation wies sehr deutlich darauf hin, daß wir uns in einem (gemäßigten) Regenwaldgebiet (hier ohne Wald) befinden; Steine waren bemoost, Farne wuchsen, also beste Rahmenbedingungen, damit ein Gletscher so richtig lange leben kann!? Wir erfuhren, wo die Gletscherzunge vor vier Jahren sich befand; enorm, wie weit sich das Eis in so kurzer Zeit zurück gebildet hat. Von einer alten Moräne hatten wir den Fox-Gletscher im Blick, konnten seine Eismächtigkeit staunend betrachten, bemerkten eine Art Tunnel, aus dem das Gletscherwasser sehr stark floß. Insbesondere der untere Teil des Gletscherfeldes war nicht weiß, sondern schwarz, d.h. mit Geröll bedeckt. Die von weitem erkennbaren Gletscherspalten in den oberen Gletscherteilen lassen vermuten, daß ein Herumsteigen in diesen Regionen nur Experten vorbehalten ist. Den Amateuren wird unter Begleitung von Bergführern erlaubt, im unteren Eisfeld einige Schritte auf dem ewigen, dennoch schmelzenden Eis zu gehen. Das hätte auch uns gereizt, jedoch bei diesen Wetterbedingungen schien es uns wenig attraktiv zu sein. Wir haben den Fox Gletscher gesehen, er war/ist schön, er ist groß und mächtig, aber sofort kamen uns eigentlich nicht statthafte Vergleiche mit den in Patagonien besuchten Gletschern ins Gedächtnis. Für diese Region ein Highlight, das man gesehen haben sollte, wenn möglich jedoch bei strahlendem Sonnenschein.

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Am nächsten Tag wollen wir uns den Franz Josef Glacier näher ansehen und haben deshalb im Ort in unmittelbarer Nähe einen super Campingplatz gefunden, der seinem Namen, Rainforest Camping, alle Ehre macht. Er liegt in einem Waldgebiet, in dem die alten Bäume aus dem Regenwald noch stehen, Grün ohne Ende um uns herum. Diesen Platz kann man auf jeden Fall weiter empfehlen.

Das Nieselwetter hielt auch über den Abend an, große Hoffnung, am heutigen Tag den Franz Josef Gletscher im Sonnenlicht erleben zu dürfen, hatten wir nicht. Der Morgen war zwar trocken, der Himmel jedoch ziemlich bewölkt, also keine Eile, um den Gletscher von Schummerlicht beleuchtet zu besuchen. Gegen zehn Uhr machten wir uns dann auf den Weg, wie sich herausstellte, keine falsche Entscheidung. Auch hier kann man ein gutes Stück mit dem Wagen in das Gletschertal hineinfahren, wenn man nicht den ganz gemächlichen Zugang zum Gletscher durch eine Mehrstundenwanderung sucht. Schon auf der Zufahrt zum Franz Josef Gletscher wird bei jedem Meter deutlich, hier ist Regenwald. Nicht nur daß es ringsum so von den Bäumen triefte, der ganze Wald machte dies mit seinem Bewuchs deutlich, Farne über Farne, Moos überall. Vom Parkplatz aus liefen wir dann das Gletschertal aufwärts, anfangs noch durch einen Rest von Regenwald. Später sahen wir wie breit dieses Tal ist, dessen Boden vollständig mit Geröll bedeckt war.

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Anfangs konnten wir nur ahnen, wo denn der Gletscher liegen könnte; weit in der Ferne blinkte etwas weißes auf und darüber schien die Sonne zu scheinen. Mehr als eine halbe Stunde liefen wir auf dem Geröll auf unser Ziel zu; wie eine Tafel zu Beginn des letzten Wegstückes auch plastisch belegte, war vor wenigen Jahren der Weg zum Ziel deutlich kürzer. Der Franz Josef Gletscher hat sich in den letzten vier Jahren wie auch der Fox Glacier dramatisch zurück gebildet, obgleich der Zugang an Schnee in den letzten Jahren nicht abgenommen hat. Auf kurze Sicht betrachtet also ein “Phänomen” der Erderwärmung, andererseits heißt es auch, der Gletscher habe im Verlaufe der Jahrhunderte wiederholt sich vor- als auch zurückentwickelt. Aus vom Tal aus nicht einsehbaren Schnee- und Eisfeldern hoch oben in den Bergen werden diverse Wasserfälle gespeist, die immer wieder herabstürzen. Wie groß das Gletschereisfeld wirklich ist, kann man nur aus der Luft beurteilen. Dies mag auch für den einen oder anderen der Grund für einen Helikopterflug über den Gletscher sein, obgleich erkennbar das Fluggerät sehr bald in den Wolken verschwindet. Für uns Kurzwanderer war natürlich dieser Fluglärm störend, er gehört einfach nicht in die Berge.

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Je näher wir kamen desto deutlicher wurden die Ausmaße des Gletschers, der jedoch nur immer wieder für wenige Augenblicke nicht von Wolkenbänken zumindest teilweise verdeckt wurde. Und aus östlicher Richtung blinkte ab und an ein Sonnenstrahl durch. Man läuft nicht gerade und direkt auf das weiße Eisfeld zu, sondern das Gletschertal windet sich leicht nach Osten. Die aus der Bodenperspektive erkennbare Dimension von Höhe, Breite und Tiefe erhält man wirklich erst, wenn der letzte zugängliche Moränenhügel erklommen ist, immer noch sehr weit vom wahrnehmbaren Gletscher entfernt. Da liegt schon ein beachtliches Stück Eisfeld sehr stark zerklüftet vor uns. Hoch hinauf reicht es, steil abfallend. Da muß eine wahnsinnige Kraft bestehen, die den Koloss kontinuierlich nach unten schiebt. Im unteren Bereich natürlich von Geröll übersäht, der allergrößte Teil strahl jedoch mehr oder weniger weiß. Das typische Gletscherblau des Eises haben wir nicht wahrnehmen können; ob es an den Lichtverhältnissen gelegen hat, wissen wir nicht. Aus Sicherheitsgründen wurde der Aussichtspunkt sehr weit vom scheinbaren Gletscherende eingerichtet, obgleich der Geröllhügel direkt neben unserem Ausguck offensichtlich im Innern aus Eis besteht, also Teil des Gletschers ist. Wir waren somit hautnah am Franz Josef Gletscher.

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Das Eis des Franz Josef Gletschers scheint so aktiv zu sein, daß eine Begehung des Gletschers für Touristen nicht möglich ist. Kein Wunder, wenn dann die Massen auf den Fox Glacier sich fokussieren und konzentrieren, wie von uns gestern beobachtet.

Das unten stehende Bild zeigt den Blick vom Gletscher talabwärts und dokumentiert damit auch das Gebiet, das er früher bedeckt hatte. Mitte des 18. Jhd. soll das Gletscherende in Höhe des heutigen Parkplatzes gelegen haben, d.h. nach unserer Schätzung reichte er fast drei Kilometer weiter hinab als heute. Welch künstlerische Kraft im Eis (und Wasser) steckt, kann an der Form einiger Felsen im Gletschertal ersehen werden.

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So langsam schloß sich die Wolkendecke wieder über den Bergen und sank herab, beste Zeit, sich von der Gletscherwelt zu verabschieden. Massen strömen in diese Ecke Neuseelands, die Tourismusindustrie kurbelt beständig die Besucherströme an; es war und ist ein Erlebnis, dies hier sehen zu können, insbesondere, weil diese Gletscher nicht hoch in den Bergen enden, sondern gut 250 Meter über NN. Einen Hype, wie geschehen, würden wir jedoch hierum nicht machen. All die schönen Pläne, wie es möglich ist, einen Panoramablick auf die Bergkette mit der Gletscherwelt zu erlangen, waren bei diesen Witterungsbedingungen Makulatur. Es heißt, im Lake Matheson würden sich die Gipfel und Gletscher spiegeln, was wohl wahr ist, denn dieser See liegt mehr als 20 Kilometer in Richtung Küste. Eine schöne Illusion, denn prüfen können und wollen wir diese Empfehlung nicht. Den einen und anderen Blick auf einen kleinen Ausschnitt der vom Westen sichtbaren Berg- und Gletscherwelt haben wir werfen können, das große Ganze blieb uns leider verborgen. Das ist sehr bedauerlich aber nicht zu ändern. So werden wir uns die nicht gehabten Eindrücke über das Betrachten von Fotos in Bildbänden verschaffen müssen. Auch eine Möglichkeit, aber weit schlechter, als live und in Farbe vor Ort.