Am Lake Wanaka

Die am Vortag noch vage geplante kurze Wanderung am Nachmittag fiel ins Wasser, nicht weil es regnete, sondern die Sonne schien so stark, daß nach Katrins Auffassung beste Bedingungen für einen Waschtag bestanden. Diese Alltagsangelegenheiten wollen ja auch immer wieder bewältigt werden und nicht überall besteht eine so gute Gelegenheit wie hier auf dem Campingplatz mit einer großen Laundry. Während die Wäsche trocknete ließen wir es uns auch in der Sonne gut gehen und legten die Füße hoch.

Diesen Campingplatz hatten wir auch mit Blick auf die von hier aus leichter zugänglichen Wandermöglichkeiten im direkten Umfeld aber auch im nicht weit entfernt beginnenden Mount Aspiring National Park gewählt. Vor allem eine Ganztagestour hatte unser Interesse geweckt, der Rob Roy Glacier Treck, an dessen Anfang wir über eine Schotterstraße im Tal des Raspberry Creek kommen. Zu unserem Glück, die in der Stadt erworbene Karte enthielt über diese Wanderung keine näheren Informationen, erkundigten wir uns am Morgen im Campingbüro. Ja, der Trail sei sehr schön, wir müssten etwa 45 Kilometer von hier aus in den Park hineinfahren, der größte Teil der Strecke sei aber nur eine Piste. Dies schreckte uns nicht, auch wenn nicht unbedingt im Einklang mit den Mietbedingungen, viel bedeutsamer war der Hinweis, für den Nachmittag sei hier im Gebiet Starkregen angekündigt worden, was für uns zum Problem werden könnte, denn bei der Fahrt in den Park müssten wir drei Furten mit dem Wagen durchqueren, die nach Regenfällen nicht unbedingt passierbar wären. Damit war dieses Wanderziel in unerreichbare Ferne gerückt, schade aber nicht zu ändern. Diesem Bach/Fluß (Raspberry Tal), der in der Bildmitte durch sein breites steiniges Bett auffällt, hätten wir in den Park folgen müssen :

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Stattdessen machten wir uns auf den Weg, den nur fünf Kilometer entfernt beginnenden Roys Peak Treck, mit 16 Kilometern angegeben, zu wandern. Schöne Fernsicht nicht erst von seinem Gipfel auf 1.578 Metern wurden in Aussicht gestellt. Es war eine unspektakuläre Wanderung, die uns fast zwei Stunden nur anstiegen ließ, lange Zeit über Schafsweideland, dann, unweit des Gipfelrückens, durch unwegsameres Gelände. Besonders anstrengend war die Wanderung nicht, auch wenn wir ein flottes Tempo trotz des oft heftigen Anstiegs anschlugen. Im Gegensatz zum Vortag, an dem die Sonne nur so strahlte, war der Himmel bedeckt und mit 20 geschätzten Wärmegraden lagen wir wohl richtig. Zum Wandern angenehme Bedingungen. Die uns versprochenen Aussichten und den Fernblick hatten wir, nicht erst von der Bergkuppe. Weit unter uns breitete sich der Lake Wanaka aus, später konnten wir sehen, wie der leicht nordöstlich liegende Lake Hawea um einen Bergrücken lugte, die Berge des Mount Aspiring National Park, die deutlich über 2.000 Meter hoch sind, waren leider meist in der Spitze von Wolken umgeben, die Bergkette aber erkennbar. Schließlich an unserem letzten Aussichtspunkt angekommen, konnten wir den Lake Wanaka in seiner kompletten Nordausdehnung, er ist über 45 Kilometer lang, überblicken. Heute war nicht der Weg das Ziel, sondern der Blick in die Ferne; dieses Ziel haben wir erreicht.

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Die ersten Regentropfen trafen uns als wir vom Bergsattel zum Roys Peak aufsteigen wollten, etwa 10 Minuten Weg und keine 100 Höhenmeter vom Ziel entfernt. Angesichts des angekündigten Starkregens, dem zu beobachtenden schnell vorwärts- und Richtung Tal schiebenden dunklen Wolkenmassen, die unter Umständen uns weiter oben nicht nur naß gemacht, sondern optisch in Watte gepackt hätten, verzichteten wir auf die letzten Meter, der Blick, den wir bereits genossen hatten, war ja heute das Ziel, und bemühten uns, schnell in Richtung Tal zu kommen. Nicht alles was angekündigt wird, tritt so und in vollem Umfang ein; der Starkregen verschonte uns, die wenigen Regentropfen, der leichte Regen konnte uns  nichts anhaben, also wurde Tempo beim Abwärtswandern herausgenommen. Wir hatten sogar noch einen Blick übrig für eine kleine Grabstelle etwa 200 Meter oberhalb der Straße am Hang mit Blick auf den See gelegen. Hier wurde ein alter diesem Flecken sehr verbundener Neuseeländer vor vielen Jahren beerdigt.

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Die eigentlich für den Verzehr auf dem Gipfel vorgesehene Vesper aßen wir notgedrungen dann im Camper bei leichtem Regenfall. Viel früher als geplant aber trocken waren wir auf dem Campingplatz zurück. Den Menschen der Region hätten wir, nun unter dem sicheren Dach des Campers, gerne heftigen Regen bis zum nächsten Morgen gewünscht, denn die Trockenheit hält hier schon bedenklich lange an und Wasser von oben wird von vielen sehr gewünscht.

Das lebende Museum Arrowtown

Nach unserem Verständnis von alt ist Arrowtown dies wirklich nicht, denn was sind schon 150 Jahre Stadt-/Dorfgeschichte? Dennoch wollten wir uns diese piktoreske Städtchen ansehen, dessen wichtigste Usprünge auf die Goldgräberzeit um 1860 zurück gehen. Wie durch Kulissen gingen wir auf den wenigen Straßen des alten historischen Ortes. Die Mehrzahl der damals erstellten Häuser ist erhalten, zeitgemäß restauriert und vor allem mit Leben gefüllt.  Arrowtown lebt von dem Bild eines Museums insbesondere im Sommer sowie von seiner Nähe zu einigen Skigebieten im Winter. Auch heute schlenderten gegen zehn Uhr viele Touristen durch den Ort, nutzten die zahlreichen Gelegenheiten einzukehren, bescherten den nicht gerade wenigen Boutiquen Umsatz.

Nachdem 1862 in dem an Arrowtown vorbeifließenden Arrow River Gold gefunden wurde, zu dieser Zeit entdeckte man auch in anderen Gebieten des heutigen Otago dieses Metall, strömten die Glück- und Goldsuchenden hierhin. Der Goldsegen versiegte bald, m.E. gegen 1880, aber die Grundlage für die Stadtentwicklung war gelegt. Heute kann man die hölzernen Geschäftsgebäude entlang der Buckingham Street bewundern, auch die rückwärtigen Gebäude an der Ramshaw Lane stammen oft aus dieser Gründerzeit. Alles hat etwas von einer Puppenstube, nicht jedermanns Geschmack, schön, für einen ganz entspannten Rundgang.

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Da wo Menschen leben werden auch Kirchen erbaut. In der Zeit von 1871 bis 1873 bauten die anglikanische Kirche (St. Pauls), die Katholiken (St. Patricks) und die Presbyterianer (St. Johns) ihre Gebäude, alle in Holz, alle klein aber schmuck anzusehen.

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Bevor in Neuseeland der Goldrausch ausbrach, strömten die Goldsucher bereits in Richtung Amerika, dann nach Australien. Unter ihnen auch eine große Zahl von Chinesen aus dem Kanton Huantchou (?). Sie bauten sich abseits des Ortes in der Nähe des Arrow River ihre kleinen Hütten und lebten dort weitgehend abgeschieden vom Rest der Bevölkerung. Es wird berichtet, daß (nur) etwa 20 Chinesen dauerhaft hier lebten; während der wärmeren Zeit kamen aus anderen Regionen weitere chinesische Goldsucher hinzu. Diese kleine Gemeinde hatte alles, einen Krämer, der zugleich auch ihr Sprachmittler gegenüber den Neuseeländern war, die Korrespondenz mit der Heimat bewerkstelligte, denn die hierher gekommenen Männer hatten ihre Familie daheim gelassen und hofften, in einer überschaubaren Zeit durch das Goldschürfen genügend Mittel zu erwerben, um daheim sich als Landwirt niederlassen zu können, was nur wenigen gelungen zu sein scheint. Oft hatten sie einen kleinen Garten, den sie zum Anbau von Gemüse nutzten, was zugleich eine Lebensgrundage für manchen von ihnen war, als die Goldfunde versiegten. Für uns heute befremdlich zu hören, daß diese kleine chinesische Kolonie sich der Anfeindungen der europäisch stämmigen Bevölkerung erwehren mussten; sie ertrugen diese Außenseiterstellung. Der heutigen Politik war die damalige Fremdenfeindlichkeit, die sich auch darin zeigte, daß sie von dem Versorgungssystem des Landes bis weit ins 20. Jhd. ausgeschlossen waren, so peinlich, daß man sich nicht nur zu einer offiziellen Entschuldigung gegenüber den Nachfahren durchrang, sondern auch sich bemühte, die damalige Geschichte aufzuarbeiten und die Reste ihrer Siedlung zu bewahren. Auch wir profitierten davon, denn sonst wären die wenigen damaligen Hütten der chinesischen Siedlung  völlig verfallen. Die ersten drei Bilder zeigen das Haus und den Laden des chinesischen Krämers, der offensichtlich durch ein Holzgitter geschützt seine Ware verkaufte; die Toilette war ein abseits stehenden kleines offenes Steinhäuschen. Die Häuser waren aus geschichteten und vermörtelten Steinen gefertigt. Ersichtlich wohlhabender muß der Krämer gewesen sein, denn die Hütten der einfachen Goldsucher waren deutlich kleiner und bescheidener.

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Die Häuser der europäischstämmigen Goldsucher stehen in direkter Nachbarschaft zur Innenstadt, sind schmucke restaurierte Holzhäuser.

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Nach so viel Puppenstube zog es uns dann wieder hinaus in die Realität. Es ging in Richtung Wanaka, ein Ort, der am Südufer des gleichnamigen Sees liegt. An Stelle einer in unseren Augen langweiligen und deutlich weiteren Fahrt durch die Täler nahmen wir den direkten Weg über einen gut 1.000 Meter hohen Pass, in dessen Umfeld einige der Skigebiete liegen. Die Aussicht entlang der Strecke war toll, wir konnten bis hinüber zum Lake Wakatipu, die dahinter liegenden Thomson Mountains und natürlich auf Teile von Queenstown blicken. Genau so deutlich wurde, wie trocken es in den zurückliegenden Monaten war. Nur dort, wo mit Bewässerung/künstlicher Beregnung nachgeholfen wird, bestehen grüne Flecken, ansonsten schaut man auf trockenes Gras. Selbst auf den Golfplätzen kann man wohl nicht mehr von den “greens” sondern von den “browns” reden.

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Nach Überquerung des Passes ging es das Tal des Cardrona River hinunter. Kurve reihte sich an Kurve, links und rechts nur Gras tragende Bergflanken, irgendwie langweilig, denn auch die Weitsicht war  nicht gegeben, wir schraubten uns nur abwärts. Dann, wir waren am Talanfang angekommen, standen einige wenige Holzhäuser am Straßenrand, ein Ortsschild nannte diesen Flecken Cardrona. Wieder ein Überbleibsel der goldenen Jahre, denn wir standen dann vor einem Hotel und Kneipe, das aus den 1860er Jahren stammte und auch heute noch als solches betrieben wird. Mit einer kleinen Tafel wird auf einen ehemaligen Besitzer, Peterson, hingewiesen, der auch noch im Alter von 90 Jahren hinter dem Tresen stand und die Geschicke des Ladens lenkte. Offensichtlich benötigt man eine Alkoholausschanklizenz denn es heißt, diese habe man dem 90-jährigen entzogen, worauf er dann im Alter von 91 Jahren verstarb. Die Nähe zu einem Skigebiet sorgt wohl heute für ein anderes zahlungskräftigeres Publikum als zu Goldgräberzeiten.

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Irgendwann endet auch die längste Anfahrt, die heutige nach Wanaka war nur knapp 70 Kilometer lang. Wanaka ist zwar auch ein touristisch geprägter Ort, Geschäfte und Lokale nicht nur an der Seefront richten sich ausschließlich an dieses Publikum, der Gästezuspruch ist auch sehr groß, aber es geht hier alles etwas ruhiger und entspannter zu. Den Anspruch, den Gästen den neuesten Kick zu präsentieren, hat man hier nicht. Es gibt einen wunderschönen badefähigen See und Berge, die erwandert werden wollen. Das sollte doch ausreihen. Der Mount Aspiring Nationalpark bietet viele Möglichkeiten für kurze, Tages- und Mehrtageswanderungen. Die Wahl unseres Campingplatzes an einer Bucht des Lake Wanaka aber 10 Kilometer vom Ort entfernt gelegen, wurde auch vor dem Hintergrund eines leichten Zugangs zum Nationalpark gewählt. Es war eine gute Wahl, denn wir blicken direkt auf den See, den Katrin ebenfalls zu ihrem “allerliebsten See” erkoren hat, nicht nur, nachdem sie in ihm geschwommen ist.

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Queenstown links liegen (ge)lassen !

Sonntags sollte man ruhen, wir strebten dennoch weiter, wenn auch sehr geruhsam. Das Fjordland hat uns sehr beeindruckt, wir hätten auch den einen oder anderen Tag an Katrins allerliebstem See noch verbringen können, aber der Weg nach Picton muß auch noch bewältigt werden und bis dahin gibt es noch so viel Neuseeland zu sehen! Über Queenstown liest man viel in den Reiseführern, malerisch am Lake Wakatipu gelegen, tolle Berglandschaft als Hintergrundkulisse, viele Outdoormöglichkeiten und unzählige Drehorte für “Herr der Ringe” in akzeptabler Entfernung. Dies schien uns das richtige Ziel, nur knapp 200 Kilometer Fahrt waren zu bewältigen.

Von Te Anau ging es fast 80 Kilometer ostwärts auf Mossburn zu, eine Strecke, auf der wenig Neues zu erkennen war. Immer sanfter und niedriger werdende Berg-/Hügelzüge waren unser Begleiter, das Mararoatal und das Tal des Oreti River wurde immer breiter, beste Bedingungen für den Hauptexportschlager Neuseelands, die Fleischproduktion.

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Wobei gesagt werden muß, nicht alle Berge waren austauschbar; ab und an bemerkten wir Bergzüge, die aussahen, als wäre ein Stück Papier zusammengeknäuelt worden, scharfe Kanten, tiefe Einschnitte und auf allen Bergrücken fast kein Baumwuchs. So rollten wir vor uns hin, räumten ab und an die Straße, um den eiligeren Fahrern Platz zu machen. Von Mossburn nahmen wir dann eine Verbindugsstraße nach Five Rivers, um auf der Nationalstraße 6 nach Queenstown zu kommen. Dier Bilder ähnelten sich, Dörfer passierten wie praktisch nicht und wenn, waren es nur sehr wenige Häuser, große Gehöfte waren auch nur sehr selten sichtbar. Aber Schafe grasten immer wieder auf den Weiden, in vielhunderter oder tausender Stückzahl. Wir hatten gerade den Flecken Fairlight passiert, als wir rechter Hand einen großen Schafauftrieb sahen. Kurz beraten, dann drehten wir um, um uns das Spektakel aus der Nähe anzusehen. Kaum waren wir in Sichtweite der Gatter, wurden wir schon von Tom, so der Name des Schafszüchters herbeigewunken und stiegen in das erste Gatter, in dem sich Lämmer befanden. Tom klärte uns über die Schafszucht ziemlich umfassend auf. Heute ging es vorrangig darum, die Lämmer von den Muttertieren zu trennen und die Böcke abzusondern. Bei den Lämmern stand die Kennzeichnung an, den Böcken sollten, soweit noch nicht geschehen, die Testikel in die Bauchhöhle geschoben werden, um die Zeugungsfähigkeit zu begrenzen. Schließlich sind auch noch die Schafe, die einen Merinoeinschlag haben, erkennbar an dunkler Nase oder teilweise dunkler Nase, auszusondern. Jeder Schafsjahrgang erhält eine andersfarbige Marke. Damit ist es leichter, diese nach etwa sechsjährigem Dasein insbesondere als Wollproduzent oder Gebärmaschine in die letzte Stufe der Verwertungskette zu schieben. Neuseeland ist hinsichtlich Schafsfleisch der größte Produzent auf der Welt. Bemerkenswert, wie die Schafszüchter ohne jegliche staatliche Hilfe über die Runden kommen. Tom meinte, da wir keine Unterstützung erhalten, kann die Politik uns auch nicht hineinreden. Dennoch kämpfen auch sie immer wieder mit den Nachfragezyklen, sich ändernden Moden; ihre Anpassungsgeschwindigkeit ist jedoch relativ gering, so daß es dann bei dem einen oder anderen Schafszüchter auch zu Notlagen kommen kann. Tom selber gehört zu den großen Züchtern; seine Herde ist insgesamt 14.000 Schafe stark, daneben stehen noch 500 Rinder/Kühe auf der Weide. So viel Vieh benötigt große Weiden, Toms Ländereien umfassen rund 5.000 Hektar, die zum größten Teil als Weideland genutzt werden, daneben baut er Futtermais an und muß Heu für die Winterfütterung der Kühe/Rinder machen. Im Winter stallt er zu seinem Rindviecherbestand weitere 300 “Gast”viecher ein, die er durch die kalte Zeit gegen Entgelt durchfüttert. Seine Auskunftsbereitschaft war enorm, zwischendurch treiben er und seine Hunde immer wieder Schafe in das letzte die Separierung ermöglichende schmale Gatter. Das alles wurde von ihm und zwei Helfern bewältigt. Scheinbar benötigt man auch in dieser Größenordnung nicht mehr Mitarbeiter. Nach einer guten halben Stunde machten wir uns mit neuen Informationen gefüttert wieder auf den Weg.

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Auf den folgenden fast 20 Kilometer bis nach Kingston, einem kleinen Flecken am Südende des Lake Wakatipu hatten wir den Eindruck, durch Toms Ländereien zu fahren, denn er deutete an, daß diese sich zu beiden Seiten des Gehöfts entlang der Straße erstrecken. Dann kann man die Größe sich leichter vorstellen.

Und wieder einmal erreichten wir einen See, einen der größten Neuseelands, der sich über 80 Kilometer von Kingston im Süden bis nach Kinloch im Norden erstreckt, relativ schmal ist und auf den Längsseiten von stattlichen Bergrücken und Gipfeln beschattet wird. Die Straße schlängelt sich am Uferstreifen entlang, Kurve um Kurve ist zu fahren. Manchmal gibt es die Möglichkeit, in Ruhe auf den See zu blicken, die eine oder andere wird von uns wahrgenommen.

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Bei Frankton macht der See einen Schlenker in Richtung Westen, ab hier beginnt auch die intensivere Bebauung der Ufer- und Hangregion. Dies setzt sich die kommenden sieben Kilometer bis nach Queenstown fort, um dann in der Stadt selber noch um etliche Galaxien getoppt zu werden. Die Stadt soll etwas mehr als 7.000 Einwohner haben; ein Vielfaches davon schob sich am frühen Nachmittag durch die Innenstadt. Diese hat für uns erkennbar nichts, weshalb man hier unbedingt herumlaufen müsste, ein Geschäft reiht sich an das nächste, die Gebäude bestehen im wesentlichen aus Appartementanlagen und Hotels. Wir sind in klein Malle gelandet, kein Ort, zu dem es uns hinzieht. Queenstown ist das Mekka für die Outdoorfreaks, hier gibt es alles und noch viel mehr. Allein die bestehenden verschiedenen(!) Bungeemöglichkeiten sind mit der Zahl sieben nicht vollständig erfasst. Dieses unfassbare Angebot zu Wasser, auf dem Boden und in der Luft zieht natürlich sein vorwiegend junges Publikum an, aus allen möglichen Ländern. Dazwischen dann Gruppen chinesischer Reisender, die sich offensichtlich hier genau so wohl fühlen wie wir. Uns hat dieser als Zielort auserkorene Ort so beeindruckt, daß wir keine Möglichkeit hatten, ein einziges Foto zu machen, so schnell verließen wir dieses hektische und laute Queenstown. Natürlich kam dann auch der angestrebte Campingplatz in dieser Stadt für uns nicht in Frage. Wir ließen Queenstown links liegen und orientierten uns über eine Nebenstraße nach Arrowtown, nur rund 20 Kilometer in den Bergen entfernt und viel viel ruhiger und entspannter.

Geruhsam wurde es, kaum hatten wir die Ortsgrenze hinter uns gelassen; dann mussten wir eine einspurige Brücke passieren, von der wir einen schönen Blick auf einen kleinen Fluß hatten, der sich sein Bett durch den Stein gefräst hat. Hier holte uns dann die atemlose Hetzjagd nach immer neuen Herausforderungen ein; kaum hatten wir auf einem Parkplatz hinter der Brücke angehalten, sahen wir die Schilder “shotover jet”, wir waren an einer Station dieser Art von Bootsfahrt angelangt. Der thrill besteht wohl darin, mit hohem Tempo auf der Wasseroberfläche durch möglichst kurvenreiche und enge Stellen wie dieses Flußbett zu rasen. Interessenten gibt es genug. Immer wieder kamen aus der Stadt Reisebusse voller Interessenten hochgefahren!

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Wenige Minuten später waren wir in Arrowtown angekommen, dessen Erkundung am Montag erfolgen soll. Da Katrin sowohl auf der Straßenkarte als auch kurz vor der Ortseinfahrt in Form eines Schildes einen See, den Lake Hayes, in der Nähe lokalisiert hatte, die Auskunft auf dem Campingplatz, das Wasser sei zwar kalt, aber nicht extrem kalt, nicht negativ war, starteten wir direkt nach dem Einchecken zum Wassertest an dem 6 Kilometer entfernten See. Er war wirklich schwimmbar, auch wenn kaum einer diese, zugegeben sehr kalte, Erfrischung nutzte. Katrin war wieder einmal in ihrem Element, auch ich konnte mich überwinden, und badete/schwamm. Und ein neuer “allerliebster See” war entdeckt.

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Doubtful Sound

Der Fjordland National Park ist in den 80er Jahren zum Weltnaturerbe erklärt worden, dem können wir nach unserem heutigen Ausflug zum und im Doubtful Sound voller Überzeugung zustimmen. Dieser Tag war ein besonderes Erlebnis. Wir waren im Herzen des Parks, in einem wilden und unberührten Stück Natur, sieht man vom Eingriff im Zuge des Baus eines Wasserkraftwerks ab.

Wir hatten, um etwas vom Tag zu haben, eine Tour mit Start um 08:00 Uhr in Manapouri gebucht. Es sah gar nicht gut aus, als wir um diese Zeit zum Himmel blickten. Alles war wolkenverhangen, die Berge am Lake Manapouri waren nur zum geringsten Teil erkennbar. Unsere Tour bestand aus drei Etappen, die sich aus der geografischen Lage des Doubtful Sounds ergeben. Zwischen dem Lake Manapouri, an dem wir Halt gemacht haben und dem Pazifik, in den der Doubtful Sound mündet, liegt eine Bergkette, die überwunden werden muß. Dadurch kommen wir nicht nur in den Genuß einer dreistündigen Rundfahrt durch den Doubtful Sound und seine Seitenarme, sondern queren auch den Lake Manapouri und werden über einen Pass, den fast 700 Meter hohen Wilmot Pass chauffiert. Diese Passstraße verdankt die Welt einem früher sehr umstrittenen Kraftwerkprojekt, dem Manapouri Kraftwerk am Westarm des Sees.

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Dieser Ausflug ist keine Massenveranstaltung, wie die Schiffsfahrten auf dem Milford Sound, obgleich mit uns fast 40 weitere Gäste auf die Reise gingen. Der Lake Manapouri ist, wie wir bei unserer Vortageswandeung sehen konnten, ein sehenswertes Stück Landschaft, die sich zumindest auf der ersten Überfahrt zum Teil vor uns verbarg. Wir waren skeptisch, ob die tiefhängenden Wolken im Verlaufe des Tages verschwinden würden und uns einen ungestörten Blick auf See, Fjord, Meer und Berge ermöglicht. Schiffskapitän und Reisebegleiter verbreiteten in dieser Hinsicht Optimismus, die Wolken würden sich verziehen. Wir hofften, sie würden Recht behalten. Von den zahlreichen Inseln im Lake Manapouri konnten wir fast nur die Umrisse erkennen, waren das wirklich Inseln oder Teil der Landmasse?

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Wenn die Fachleute Recht behalten, können wir das auf dem Rückweg überprüfen; die Hinfahrt verbrachten wir deshalb im wesentlichen unter Deck, es war ja nichts Relevantes zu sehen. Nach einer guten Stunde Seereise waren wir an der Anlegestelle West Arm, zugleich Standort des Kraftwerkes, angelangt.Über diese Anlegestelle erfolgt auch die Versorgung der Kraftwerkstation. Bestandteil des Ausflugs ist eine Besichtigung des unterirdischen Wasserkraftwerkes. Diese hat sich wirklich gelohnt.

In den Jahres des Wachstumsoptimismus, den spätfünfziger und 60er Jahren griff man eine bereits in den 20er Jahren erkannte Möglichkeit der Energieerzeugung am Lake Manapouri auf, um den Energiehunger der geplanten Aluminiumschmelze bei Bluff befriedigen zu können. Das Seeniveau beträgt rund 180 Meter, so daß die Basis für ein Wasserkraftwerk besteht, wenn die auf die Turbinen gelenkten Wassermassen auf Meeresniveau abgeleitet werden können. Was in den 20er Jahren technisch nicht machbar war, forderte in den 60er Jahren die Ingenieure heraus, die das Denkbare möglich machten. Wie auch heutzutage glaubte ebenfalls damals die Politik, sich bei ihren Entscheidungen über die Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung hinwegsetzen zu können, die Betroffenen wurden nicht gefragt. Sicherlich hätte man dem Bau eines Wasserkraftwerkes hier im Naturschutzgebiet zugestimmt, aber dem Ansinnen, hierzu das Seeniveau um 30 Meter anzuheben, konnte man nicht zustimmen. Diese Erhöhung des Niveaus sollte dazu dienen, den Ertrag aus dem Wasserkraftwerk deutlich zu steigern. Es entwickelte sich so etwas wie die erste Bürgerbewegung in Neuseeland, eine in den 60er Jahren in Gang gesetzte Petition gegen dieses Vorhaben haben 17% aller wahlberechtigten Neuseeländer unterzeichnet, der Beginn von mehr Umweltbewußtsein und einer Umweltbewegung hier im Land. Die damalige Regierung verlor die Wahl, die folgende sozialdemokratische Regierung band die Umweltaktivisten ein, stoppte die Pläne für eine Niveauanhebung des Sees, schuf unter Mitwirkung von Experten ein Regiment, wie die Wasserentnahme zum Betrieb des Kraftwerks mit Umwelt- und ökologischen Gesichtspunkten vereinbart werden kann. Die Niveauerhöhung hätte zahlreihe Inseln geflutet, das fragile Ökosystem der Seeregion empfindlich gestört. Das nunmehr gültige Regiment sieht ein Pegeln des Wasserstandes um ca. 2 Meter um das Normalniveau vor, eine Schwankung, die auch ohne Eingriffe in der Vergangenheit auf Grundlage natürlicher Einflüsse festgestellt werden konnte. Das Kraftwerk wurde gebaut und nach Baubeginn in 1963 dann 1971 in Betrieb genommen mit einer Nennleistung von 800MW. Damit das erforderliche schwere Gerät an Ort und Stelle gebracht werden konnte, mußte vom Doubtful Sound die, angabegemäß, je Streckenmeter teuerste Straße Neuseelands durch die Berge zum West Arm gebaut werden. Tief wurde gebohrt und gegraben, der Granit verhinderte schnelle Arbeitsfortschritte. Etwa 120 Meter unter dem Seeniveau liegen die großen Turbinenhallen, in denen aktuell nach einer Nachrüstung um 125MW sieben Turbinen vom Wasser angetrieben werden. Das auf die Turbinen gelenkte Wasser wird über jetzt zwei mehr als 10 Kilometer lange Tunnel in den Doubtful Sound gelenkt. Wie es heißt, werden 50 Prozent der erzeugten Energie vom Aluminiumwerk absorbiert, der Rest geht in das normale Stromnetz. Sollte der Energiefresser bei Bluff abgeschaltet werden reicht die erzeugte Energie, um die gesamte Südinsel mit dem notwendigen Strom zu versorgen. Die Tatsache, daß das Wasserkraftwerk, nachdem ein privater Investor damals ausgestiegen war, vom Staat finanziert und gebaut wurde hat eine Berücksichtigung des Bürgerwillens unter Umständen erleichtert.

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Nach so viel Technik und Ingenieurkunst freut man sich auf die Natur und die Fahrt zum Fjord. Es geht 22 Kilometer durch einen imposanten Regenwald, der zwar in der Nähe der Straßenschneise sich erst noch erneuern muß, aber in Sichtweite den alten ursprünglichen Zustand behalten hat. Es ist nicht der tropische Regenwald, sondern nur ein Regenwald, aber nicht minder interessant. Bei 5 bis 8 Meter Regen je Quadratmeter wird der Boden gut mit Wasser getränkt, erhalten die Seen einen permanenten Wasserzufluß. Hier im Fjordland besteht ein sogenannter gemäßigter Regenwald, der ebenso dicht wie ein Dschungel sich entwickelt, von einer riesigen Anzahl von Farnen, Baumfarnen, Moosen, Orchideen, von denen wir natürlich bei der Fahrt keine entdecken konnten, anderen Aufsitzerpflanzen und Lianen aber vor allem durch verschiedenste Buchenarten, die insbesondere hier heimisch sind, und Rimubäumen gebildet wird. Bis hoch in die Baumkronen ziehen sich oft die Moose, wachsen hierauf andere Aufsitzerpflanzen. Erstaunlich auch, wie es den Pflanzen und insbesondere den Bäumen gelingt, an steilsten Berghängen und kleinen Bergvorsprüngen Fuß zu fassen, die notwendigen Nährstoffe zu erhalten und zu wachsen. Bis hinunter ans Wasser ziehen sich hier im Park wie auch am Doubtful Sound die Wälder.

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Dann haben wir die Passhöhe überschritten und blicken auf – einen von einer Wolkendecke überzogenen Fjord; die Enttäuschung war nicht gering, auch wenn erkennbar an einer Ecke die Sonne begann, sich vorzuarbeiten. Aber es ging auf 10:30 Uhr zu, ob sich das noch grundlegend ändert? Wir konnten uns zwar irgendwie vorstellen, wie der Fjord verläuft, aber sehen wollten wir ihn schon gerne!

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Das Schiff wurde bestiegen, wir legten ab und die Wettersituation besserte sich minütlich. Bald hatten wir klare Sicht, strahlenden Sonnenschein und kalten Wind. An uns vorbei zogen die Bergflanken, die steilen Abbrüche, der Regenwald. Man konnte sich, zumindest anfangs, nicht genug satt sehen an diesem Spektakel. Wir waren wie gefangen von dem Naturschauspiel, genossen die vielen Ausblicke. Mal sprangen im Hintergrund liegende Bergspitzen ins Auge, mal Stellen, an denen Steinlawinen abgegangen sind, dann war es wieder die schrundige Uferregion. Immer wieder Neues gab es wahrzunehmen. Kleine Inseln liegen im Doubtful Sound, die umfahren wurden; mit mancher ist eine aus der Entdeckungszeit oder der Zeit der Robbenfänger, die sich hier als erste vorübergehend niedergelassen hatten, stammende Geschichte verbunden. Eine soll wiedergegeben werden, die von der Namensgebung des Fjordes. Auf seiner Weltumrundung kam Cook auch bis vor die Fjordeinmündung, traute sich jedoch nicht, in den Fjord hineinzusegeln, denn permanenter auflandiger Wind herrschte vor. Da er zweifelte, jemals wieder aus dem Fjord segelnd herauszukommen, er hatte Zweifel am Erfolg, “doubt”, wurde der Fjord Doubtful Sound getauft. Ob die Anekdote stimmt? Glaubhaft ist sie zumindest. Der Fjord, der von unserer Ablegestelle, Deep Cove, bis zur Einmündung in die offene See, der Tasman Sea, sich 40 Kilometer erstreckt, ist dreimal so lang wie der Milford Sound und besitzt, auch wegen seiner teilweise viele Kilometer langen drei Seitenarme über eine um das 10fache größere Wasseroberfläche, ist also gewaltig, und zugleich der zweitgrößte Fjord im Nationalpark.

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In einer regenreichen Region trifft man normalerweise ständig auf Wasserfälle; dies gilt auch und insbesondere für das Fjordland. Das setzt aber Regen voraus. Zu unserem Glück, sonst wären wir womöglich im Regen über den Fjord gefahren, was bei statistisch 200 Regentagen im Jahr durchaus der Fall hätte sein können, ist es trocken geblieben und war seit über einer Woche trocken. Zu unserem Pech, denn damit fehlte den meisten sonst sehr aktiven Wasserfällen der nötige Zulauf und die Wasserfälle waren kleine Rinnsale.

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Warm ist das Wasser nicht, im Durchschnitt soll die Wassertemperatur um die 11 Grad betragen. Gut natürlich für viele Tierarten. Im Fjord leben u.a. Fellrobben, auch Delphine haben sich hier heimisch gemacht. Ebenfalls kann man Pinguine beobachten. Alle Tierarten kamen uns unter die Augen aber nicht immer vor die Linse.

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Ab und an durchfahren auch Kreuzfahrtschiffe einen Teil des Fjords, indem sie von See kommend das direkt an der Tasman Sea liegende Secretary Island umrunden. Es gab viel zu sehen, viel zu fotografieren, die Auswahl war schwer.

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Auch die Rückfahrt über den Lake Manapouri fand bei besten Wetterbedingungen und 25 Knoten statt. Die dichte Wolkendecke hatte sich weitgehend wenn auch nicht vollständig verzogen. Endlich konnten die Inseln auch als solche identifiziert werden, sahen wir die umliegenden Berggipfel und konnten kurz vor Einfahrt in den Hafen Katrins Badestelle (“sooo ei schöns Seele, allerliebscht”), die sie bald nach unserer Rückkehr zum Campingplatz noch vor dem Abendessen für ein Bad im sehr kalten See aufsuchte, vom Wasser aus begutachten.

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Ein wunderschöner Tag liegt hinter uns, ein erlebnisreicher zudem.

Im Fjordland

Wenn vom neuseeländischen Fjordland auf der Südinsel gesprochen wird, meint man den riesigen Fjordland National Park, in den kaum eine Straße hineinführt, der im wesentlichen fast unberührt ist, eine wilde Landschaft umfasst, wo Felsen, Eis, Wälder, Seen und Sumpfgebiete aufeinandertreffen, eine bezaubernde beeindruckende Landschaft, durch den in wenigen Bereichen einige der klassischen Trecks in Neuseeland führen, deren Sunde oder Fjorde meistens nur sehr schwer zu erreichen sind. Und wenn es leicht geht, dann strömen zigtausende jedes Jahr dorthin, wie es z.B. beim Milford Sound der Fall ist. Der Fjordland National Park umfasst mehr als 1,2 Millionen Quadratkilometer. Wer hier unterwegs ist, muß vor allen Dingen regenfeste Kleidung dabei haben, denn durchschnittlich an mehr als 200 Tagen im Jahr regnet es, im Doubful Sound kommen durchschnittlich mehr als 7.000mm Regen je qm herunter, im Milford Sound sogar bis zu 8.000mm! Dieser Regen ist natürlich die Basis für die zahllosen Wasserfälle der Region wie auch für das besondere Klima in den Wäldern. Im Fjordland soll auch der Kiwi heimisch sein. Also viele gute Gründe, nach Manapouri oder nach Te Anau zu kommen, beides zentral gelegene Orte, von denen aus es möglich ist, Teile des Nationalparks zu erkunden. Wir haben uns für Manapouri entschieden, da der Ort nicht so im Fokus der Touristen wie Te Anau steht, obgleich beide Orte nur 20 Straßenkilometer trennen.

Von beiden Orten aus ist es möglich zu dreien der herausgehobenen Trails/Trecks in Neuseeland zu gelangen, dem Keppler Trail, dem Routeburn Trail und dem Milford Trail. Gereizt hat auch uns, einen der drei bis sechs-tägigen Rundtrails zu gehen, aber ein Blick auf die für das gesamte Land zur Verfügung stehende Zeit ließ uns Abstand davon nehmen, zumal wir erst gestern beim Checkup feststellen mussten, die noch auf der Südinsel zu verbringenden Tage, am 19. müssen wir in Picton auf der Fähre zur Nordinsel sein, sind zu knapp bemessen, um alle unsere Wünsche zu erfüllen. Abstriche müssen gemacht werden, da können wir erst recht keine Mehrtageswanderung unternehmen. Aber wir haben die Möglichkeit, und das reizte uns, immer wieder an einen Tagesabschnitt dieser Trails zu gelangen und diesen zu wandern, natürlich mit doppelter Strecke, denn wir müssen ja zum Ausgangspunkt zurück. Hier von Manapouri aus kann man an die letzte/vorletzte Etappe des Keppler Trails gelangen und zur Moturau Hut wandern, keine aufregende aber sehr schöne Angelegenheit.

Startpunkt ist Rainbow Reach, wohin man über eine lange Hängebrücke gelangt.

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Dann ist man schon in einem Wald, der als verwunschener Wald beschrieben werden kann. Die Baumkronen sind nicht sehr dicht, Sonne fällt durch die oft sehr hohen Bäume und ihre Kronen auf den Boden, dennoch entsteht ein schönes gedämpftes Licht, lässt manches im ungefähren, undeutlich sein, hebt anderes aus dem Umfeld hervor. Man muß nicht gelesen oder gehört haben, wie oft und wie viel es hier regnet, ein Blick in das Unterholz, zu den Baumstämmen, reicht aus um festzustellen, hier ist es sehr feucht. Der Wanderer merkt es auch bei seinen geringen Anstrengungen. Überall wachsen Farne, der Boden, die am Boden liegenden Baumstämme, Äste sind von Moos überzogen, Flechten und Moos ziehen sich an den meisten Baumstämmen hoch, ein wunderschöner aber auch morbider Anblick. Der Wald wird sich selber überlassen, was krank ist stirbt und fällt um, nur wenn die Baumriesen die Wege versperren, werden sie zerlegt, aber an Ort und Stelle gelassen, um zu vermodern. Ein Wald, wie er den Bildern in Herr der Ringe entspricht. Und wie zur Bestätigung erfahren wir, daß unweit von Manapouri in den Wäldern auch für diesen Film Szenen gedreht wurden.

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Kein Wald ohne Geräusche. Wieder einmal begleiten uns die Zikaden mit ihrem Geknarre, Geknarze. Irgendwann nimmt man diese ständigen Laute nicht mehr wahr und ist in der Lage, auch Vogelstimmern zu erkennen. Wir hatten Glück, zwei Exemplare der musikalischen Art konnten wir sogar fotografieren, den Tui de Roy mit seiner weißen Halsfeder und den Toutouwei.

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Große Teile der Region müssen vor einigen zehntausend Jahren vergletschert gewesen sein, denn in den durch die Gletscher erzeugten Mulden, aus denen das Wasser nicht abfließen kann, haben sich Moore, die wetlands gebildet, für dass hiesige Ökosystem insofern von sehr großer Bedeutung, als sie große Mengen Wasser speichern und im Falle einer Trockenheit an die angrenzenden Flächen abgeben können. Moorvegetation war zwar erkennbar, geblüht hat leider nichts mehr.

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Pilzkenner sind wir nicht, vom sammeln dieser Nahrungsmittel nehmen wir Abstand. Offensichtlich signalisieren einige Exemplare bereits durch ihre Farbgebung, daß sie gefährlich sind. Sie anzuschauen lohnt dennoch.

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Der Trail führt nicht nur durch den Wald. Ab und an sind Ausblicke auf den Waiau River, der den Lake Te Anau mit dem Lake Manapouri verbindet, möglich. Breit ist dieser Fluß, auch wenn er derzeit nicht sein Maximalvolumen erreicht, und hat sich im Verlaufe der Zeit ein tiefes Flußbett geschaffen, wie die Uferabbrüche zeigen.  Der geringe Wasserstand ermöglicht Anglern, an einigen Stellen eines Nebenarmes ihr Glück im Flußbett stehend zu suchen.

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Die Moturau Hut mit ihren 40 Bunkbetten ist gut besucht. Zahlreiche Wanderer sind auf dem Kepler Trail unterwegs und übernachten hier als letzter Station. Hätten wir gewußt, an welch malerischen Stelle des Lake Manapouri, an der sandigen Shallow Bay, diese Schutzhütte des DOC liegt, wären die Badesachen nicht im Camper geblieben. So konnte nur knietief ins Wasser gegangen werden; das Bad im See wurde dann am Abend direkt vor unserem Campingplatz nachgeholt. Kalt war’s, erfrischend, und wir hatten den See für uns allein. So blieb uns an der Hütte im wesentlichen nur der verträumte Blick auf See, Wälder und Berge.

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Diese Wanderung hat Lust auf weitere Abstecher gemacht. Auf dem Weg zum Milford Sound haben wir bereits einige Möglichkeiten für einen Abstecher ins Grüne entdeckt.

Hier im Fjordland bieten sich, wenn man die Fjorde auch per Boot erkunden will, vor allem zwei Möglichkeiten an, der Milford Sound und der Doubtful Sound. Zu ersterem wird man gefahren oder fährt selber gut 2 1/2 Stunden an, um am Fjordende auf ein Ausflugsschiff zu steigen, das die Passagiere gut 1 1/2 Stunden für einen stolzen Preis durch den Fjord fährt, zu zweitem gelangt man per Schiff von Manapouri über den See, anschließender kurzer Fahrt über einen Pass an das Fjordende, um für einen deutlich stolzeren Preis für das Gesamtpaket dann drei Stunden über den Fjord zu cruisen. Während der leicht zugängliche Milford Sound eher von hundert- als von zehntausenden je Jahr besucht wird, scheuen wohl viele die etwas beschwerlichere Reise, die einen ganzen Tag in Anspruch nimmt, zum Doubtful Sound, obgleich dieser um ein vielfaches größer als sein Pendant ist.  Nach längeren Hin und Herüberlegen haben wir uns für die Tagestour zum Doubtful Sound am morgigen 8.2. entschieden.

… und Zikaden begleiten uns

Am Vorabend, als wir einen kleinen Spaziergang von unserem nur 300 Meter vom Meer entfernten Campingplatz zum Strand unternahmen, blies ein kräftiger Wind, gegen den auch ein Fleece wenig ausrichten konnte. Gut durchgeblasen kamen wir sehr bald wieder zum Camper zurück. Der stramme kalte Wind war nur der Vorbote für das, was man sehr kalte Nachttemperaturen nennen kann. Trotz warmer Decke, insbesondere Katrin fror beim oder statt des Schlafens erbärmlich. Um so froher waren wir, als wir die wirkliche Morgensonne begrüßen konnten, die einen sehr warmen Tag einläutete. Hier scheinen die Extreme sehr nah beieinander zu liegen. Temperaturmäßig ist Katrin von ihrem Wunschland sehr enttäuscht – das soll ein Sommer sein? Da trösten auch Hinweise von Einheimischen nicht, an einen derart kalten Sommer könnten auch sie sich nicht erinnern. Klingt ein bisschen nach Beschwichtigung. So bleibt uns nur die Hoffnung, die der Wetterbericht für die nächsten Tage in der dann zu besuchenden Region, das Fjord- (und Berg-)land gemacht hat – es erwartet uns in den nächsten vier Tagen strahlender Sonnenschein und bis Mitte 20 Grad (tagsüber). Darauf lässt sich aufbauen.

Nur noch wenige große Strände liegen heute, den 5.2. vor uns, bevor die Fahrtrichtung grob gesprochen Norden lautet, um in das Fjordland der Insel zu gelangen. Für diese wenigen Strandabschnitte haben wir uns jedoch ganz schön viel Zeit gelassen; Schönes soll man genießen.

Cosy Nook, so die Namensgebung einer kleinen Bucht mit einem kaum zu findenden Strand, die auf den im vorigen Jahrhundert hier seinen Lebensabend verbringenden Hafenmeister von Riverton, der unweit sein Refugium hatte, zurückgeht. Genutzt haben diese sehr steinige aber gut geschützte Bucht einige Jahre auch ein paar Fischer, jetzt wird hier höchstens noch geangelt. Zu Maorizeiten war diese Bucht ebenfalls besiedelt gewesen. Heute stehen hier vier oder fünf Behausungen, in die hineinzublicken bei dem einen oder anderen das Gefühl aufkommen lässt, man sei in einem übervollen Trödelladen gelandet. Dennoch, diese Minisiedlung war etwas besonderes, sie störte nicht, sie “schmückte” die Bucht. Und Schmuck in Form von Muschelschalen, in denen das Perlmutt nur so glänzte, hatte ein Bewohner an seinem Zaun befestigt.

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Ein strammer Wind geht hier, dem man sich entgegen stemmen muß. Dies gilt nicht nur für Mensch und Tier, in ganz besonderem Maße sind hier die Bäume “gefordert”. Ihre Anpassungsfähigkeit kann man ganz gut erkennen.

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Während wir um zur Cosy Nook zu gelangen, etliche Schüttelkilometer bewältigen mussten, bekamen wir andere wirkliche Traumstrände quasi im Vorbeifahren frei Haus geliefert. Wäre der stramme Wind nicht, wäre das Wasser nicht durch die aus der Antarktis hier vorbeiströmenden Wassermassen stark abgekühlt und für Normalsterbliche zum schwimmen geeignet, Neuseeland könnte sich des Ansturms sonnen- und badehungriger Gäste nicht erwehren. Aber so nutzen nur die Möwen die ausgedehnten Liegeflächen. Andere Strandabschnitte bestanden demgegenüber aus ausgedehnten Felsformationen. Und so langsam traten beim Blick gen Westen die Höhenzüge des Fjordlandes ins Blickfeld.

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Vorletzte Küstenstation war eine kleine Bucht, in der man bei Ebbe auf das Monkey Island und seinen kleinen Hügel trockenen Fuße gehen kann. Dieser kleine etwas vorgeschobene Hügel hatte bei den Maori eine besondere Bedeutung, sowohl hinsichtlich der Stammes- und Herkunftsgeschichte aber auch ganz praktisch als Ausguck nach früher vor dieser Küste auftauchenden Walen. Und während der eine von seinem Stühlchen mit der Angelrute versucht, seinen Fisch zu fangen, schnorcheln andere an den vor dem Ausguck liegenden Felsen, um sich die besten Muscheln zu sichern.

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An der Einfahrt zur Gemstone Beach sind wir vorbeigefahren, uns ist dadurch die Chance entgangen, mit viel Glück einen Halbedelstein zu finden. Nicht verpasst haben wir hingegen McCrackens Rest, wissen jedoch nicht, wie diese Aussichtsstelle zu diesem Namen gekommen ist. Auf jeden Fall war die Aussicht auf die Te Waewae Bay so schön, daß man durchaus hier auch länger Halt machen kann. In der Ferne sichtbar eine kleine Insel, Solander Islands, die vulkanischen Ursprungs ist. Im Westen die Berge des Fjordlandes.

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Dann ging es endgültig in Richtung Norden, dem Tagesziel Manapouri am Lake Manapouri entgegen. Die durchfahrene hügelige Landschaft der ersten 50 Kilometer war für Jahrzehnte Grundlage eines besonderen Wirtschaftszweiges, der Sägemühlen, deren Schwerpunkt sich in Tuatapere befunden hat. Die Ergebnisse des intensiven Holzeinschlages kann man gut sehen – riesige landwirtschaftliche genutzte Flächen wohin man blickt, manchmal ergänzt durch Neuanpflanzungen von Nutzholzbäumen. Von der einstigen wirtschaftlichen Herrlichkeit ist heute der Ort meilenweit entfernt, wie er auch sonst irgendwie am Rande liegt. Ein Sägewerk mit einfacher Holzverarbeitung existiert noch; ein Blick auf Lager und verarbeitetes Material zeigt, viel wird hier nicht verarbeitet. Der Ort darbt, siecht wohl vor sich hin und wer kann, sucht sich eine neue Heimat. Dies könnte man meinen, wenn man wie wir auf einer kurzen Strecke von knapp 500 Metern an einer aus dem Ort herausführenden Straße insgesamt 11 zum Verkauf stehende Häuser identifiziert.

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Es wird Zeit, wieder in einem Wald spazieren zu gehen. Der gut 25 Kilometer abseits unserer Strecke liegende kleine Regionalpark zum Schutz der Totara Bäume war unser Ziel. Der Park liegt wirklich fast im Nirgendwo, die Fahrt führte auch fast vollständig über Schotterstraße, aber der Anblick dieser Baummethusalems war fast jeden Umweg wert. Auf unserer kurzen Wanderung durch einen dunklen, feuchten, voller Farne, durch viel Unterholz sehr dichten Wald, in dem selten das Sonnenlicht bis zum Boden durchdringt, werden wir die ganze Zeit von Zikadengeknarrre begleitet. Ein echter Regenwald umgibt uns. Ergänzt wird dieser Dauerton, der mal mehr, mal weniger anschwillt immer wieder von Vogelgezwitscher, ein Gezwitscher, wie wir es bislang bei unseren Wanderungen noch nicht gehört hatten. Leider konnten wir keinen einzigen der Lautmaler erkennen. In einem kleinen für den Besucher zugänglichen Bereich, die Wegstrecke ist kürzer als 1 Kilometer, treffen wir auf gut 20 Totara Bäume von schier unglaublichem Alter. Die hier sichtbaren Exemplare sind etwa1000 Jahre alt; der mächtigste unter den einsehbaren Bäumen hatte einen Stammumfang von 8,31 Metern. Dieser gewaltige Umfang schraubt sich ohne wirklich stark abzunehmen hoch bis in den verasteten Bereich. Die Bäume erreichen eine Höhe, die mit meinem Weitwinkel beim besten Willen und unter allen denkbaren Verrenkungen nicht abgebildet werden kann. Wir schätzten sie auf deutlich mehr als 30 Meter, geht wohl eher auf die 40 Meter zu, denn die Bäume überragen den Rest des Waldes, der weitere sehr hochwachsende Bäume enthält, erheblich. Obgleich der Hinweis auf diesen geschützten Wald in einigen wenigen Broschüren enthalten ist, Massen reisen nicht hierhin, wir waren die einzigen, die vor Ort waren und bei unserer mehr als halbstündigen Anfahrt zu diesem Park wie auch bei der Rückfahrt begegneten wir keinem weiteren Naturliebhaber.

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Und noch ein Wald wird heute von uns angesteuert, diesmal umrahmt er einen kleinen See, den Lake Manowei. Warum nur sind alle schönen Plätze im Fjordland immer nur über kilometerlange Schotterpisten erreichbar? Will man den Besucherzuspruch so gering wie möglich halten? Die Fahrt dorthin ist wie immer etwas beschwerlich, denn unser kleiner Camper ist nicht das geborene Fahrzeug für eine schlaglochübersähte Schotterpiste. So ging es auch nur langsam vorwärts. Wie offensichtlich eine große Anzahl der Seen im Fjordland wird das Wasser zur Stromerzeugung genutzt; insbesondere die stromfressende Aluminiumhütte unmittelbar bei Bluff gelegen, ist der Großabnehmer der hier erzeugten Energie. Zu diesem Zweck wurde der vorhandene See durch Bau einer vielleicht 20 Meter hohen Staumauer weiter aufgestaut. Das hat dem Bild des Sees, der einsam und weitgehend verlassen zwischen den Bergen liegt, vom Wald umgeben, ruhig und friedlich scheint, keinen Abbruch getan. Insofern kann man von einem kurzen Spaziergang durch den ursprungsbelassenen alten Wald zu einem kleinen Ausguck an der Spitze einer Landzunge nicht anderes erwarten, als einen Blick in die Tiefe des Sees, der sich vor unseren Augen um diverse Bergrücken drehte. Einzig durch die Möglichkeit, daß hier über eine kleine Rampe auch Boote zu Wasser gelassen werden können, schmälert die Freude, denn wenn das Geknatter der Außenborder hier ertönt, ist es mit der himmlischen Ruhe dahin. Schade.

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Spät kamen wir von unserem Abstecher zum Manowai Lake zurück zur Hauptstraße und mussten uns sputen, wollten wir in einer von Touristen stark frequentierten Region noch einen vernünftigen Stellplatz auf einem Campingplatz erhalten. Zügig ging es auf Manapouri zu, jedoch nicht ohne ab und zu der Landschaft entlang der Strecke mehr als nur einen flüchtigen Blick zu schenken.

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Wir landeten auf einem kleinen aber toll am See gelegenen Campingplatz mit direktem Zugang zum See. Alles in Butter, wenn nur die Mücken nicht wären, gerade hier in Wassernähe sind sie eine echte Plage. Nicht zu hören, so winzig, daß man sie kaum erkennen kann, geschätzte 2 Millimeter groß, aber ihr Stich/Biß ist dauerhaft schmerzhaft. Es ist wohl an der Zeit, die Chemiekeule herauszuholen, wollen wir ruhig schlafen.

Invercargill

Muß man in Invercargill gewesen sein? Vor 150 Jahren sicherlich, denn damals hatte die Stadt im äußersten Süden der Südinsel eine gewisse Bedeutung. Aber heute, dazu kann man sich erst nach einer ausgiebigen Besichtigung äußern. In diesem Ort sind wir gestern gelandet weil er auf der Strecke liegt und einen zentralen gut ausgestatteten Campingplatz besitzt. Damit sind vorerst unsere Wünsche erfüllt. Nachdem uns aber beim Einchecken die Campingplatzbetreiberin von der Stadt viel Positives berichtet hatte entschieden wir, da ja kein Zeitdruck besteht, am Vormittag die Innenstadt zu erkunden und den Nachmittag im ebenfalls sehr lobend erwähnten Ort Bluff, 30 Kilometer südlich von Invercargill zu verbringen.

Die Stadt kann auf eine mehr als 150-jährige Geschichte blicken; der im Zuge der Urbarmachung des Landes entstandene gewisse Wohlstand aus dem Holzverkauf bildete die Basis für die Stadtentwicklung ab den 80er Jahren des 19. Jhd. Viele Bauten stammen aus dieser Zeit, also Grund, sich auf den Weg zu machen. In dem zwischen Gala und Tay Street sowie Dee Street und Queens Drive liegenden Viertel kann man den wesentlichen Kern des alten Invercargill vermuten. Hier findet man das Civic Theatre von 1906, zahlreiche ehemalige Geschäftshäuser, alte Bankgebäude, das noch intakte Railway Hotel, das WEA Gebäude von 1912 und zahlreiche weitere historische bzw. in den Augen der Stadthistoriker und Stadtvermarkter bedeutsame Gebäude, die alle angepriesen, auf die hingewiesen wird und die man besucht haben sollte. Eine Vielzahl von Baustilen ist für den Fachmann erkennbar, das geht von Art Deco bis zur Viktorianischen Architektur. Wir waren  unterwegs und haben den Innenstadtbereich sowie die sehr großen direkt am Rand der Innenstadt liegenden Parkanlagen durchlaufen und waren – enttäuscht! Nicht von den Grünanlagen, hier kann man nur neidisch sein, wie großzügig deren Gestaltung ausgefallen ist und allen zur Verfügung stehen. Gewiß, manches Gebäude wurde sehr professionell restauriert und strahlt aus, wird entsprechend genutzt. Bei vielen anderen wurde in vielen zurückliegenden Jahrzehnten allerhöchstens der Pinsel zur Kosmetik geschwungen, Bauschäden sind unübersehbar. Dem entspricht dann auch oft die Nutzung der Erdgeschossflächen, Hochwertiges haben wir selten bemerkt. Ehemals schöne Fassaden und Arkaden sind durch die überbordenden Reklametafeln verschandelt worden, vieles wirkt in keiner Weise schön, ansprechend, sondern sehr gewöhnlich. Wie in vielen Städten wurden Baulücken gefüllt, ohne dabei an das Stadtbild, sondern vor allem an den Ertrag aus dem Grundstück zu denken. Die extrem große Zahl zur Vermietung anstehender Geschäftslokale in der Innenstadt lässt auf begrenzte Kaufkraft im Ort und Umland schließen. Auch durch den Ausbau der kleinen Universität, die einige der innenstadtnahen Gewerbebauten inzwischen nutzt, konnte man wohl bislang nicht den Impuls für eine deutlich bessere Stadtentwicklung setzen. Das Gesamtbild fällt entsprechend aus. Wir liefen gut drei Stunden durch die Straßen und waren von dem Vorgefundenen ziemlich enttäuscht, deshalb unser Fazit, bis auf geringe Ausnahmen muß man nicht wirklich in Invercargill gewesen sein.

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Die Ausnahmen : die Parkanlagen, das Southland Museum & Art Gallery und der sehenswerte Watertower aus 1888. Für das Museum muß man Zeit mitbringen, um von den Exponaten und den Schautafeln über Geschichte des Landes, die Schätze der Natur, die gefährdeten Arten hier im Land, das Leben in den “roaring forties unterhalb der Antarktis”, um einige der Themen zu nennen, aber auch von den in der Galerie ausgestellten Bildern großen Nutzen zu ziehen. Die Hoffnung, einen Kiwi in freier Wildbahn zu sehen, hatten wir nie, denn der Vogel ist mehr als scheu und primär nachtaktiv; schön, hier im Museum zumindest mit ausgestopften Exemplaren Bekanntschaft gemacht zu haben. Dieser Besuch war ein Gewinn wie auch der anschließende Gang zum Watertower, dem man seine Funktion auch nicht beim zweiten Blick ansieht.

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Der Ort Bluff wird als der älteste dauerhaft bewohnte Ort Neuseelands genannt, ist Ausgangshafen für die Überfahrt zu den Steward Islands und war früher der wichtigste Hafen im Süden Neuseelands. Früher bezieht sich dabei auf das Ende des 19. Jhd., als insbesondere das hier in Massen geschlagene Holz gen Australien verschifft wurde. Bluff liegt auf einer weit in das Meer hineinragenden kleinen Halbinsel, die eine große Bucht auf westlicher Seite umschließt. Den Stadtvermarktern und der Campingplatzbesitzerin Glauben schenkend, den Ort sollte man nicht verpassen, strebten wir am Nachmittag dorthin. Um das Ergebnis mit einem Kalauer zusammenzufassen : Bluff war ein Bluff. Hier und da stehen als “Heritage” bezeichnete Kulturgüter noch, ihr Zustand ist in fast allen Fällen bedauernswürdig. Charme hat das Nest nicht, wie sollte es auch, als kleine Massengüter abfertigende Hafenstadt ohne besondere Arbeitsmöglichkeiten, sieht man von der in der Nähe liegende Aluminiumschmelze einmal ab. Fährt man durch die Straßen trifft man auf eine große Zahl leerstehender, zum Verlauf stehender, in verwahrlostem Zustand befindliche Häuser; auch die gewerblich nutzbaren Objekte stehen eher leer als das sich ein Mieter gefunden hat. Hier ist man wohl ziemlich am Ende, nicht nur am fast südlichsten Ende der Südinsel. Ein trauriger Ort, der nur aus der Vogelperspektive glänzen konnte.

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Einzig der Blick über das Meer hinüber z.B. nach Steward Island, etwa 8 Kilometer entfernt, die Küste entlang, hinüber zu den Leuchttürmen entschädigte etwas für den Bluff, dem wir aufgesessen sind.

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Da wir somit schneller als geplant unser Besichtigungsprogramm abgeschlossen hatten, ging es am späteren Nachmitttag weiter auf der südlichen “scenic route” nach Riverton, auch ein kleiner Hafenort, der aber im Gegensatz zu Bluff lebt, wo offensichtlich, wohl auch bedingt durch den wunderschönen Strand, die Wirtschaft etwas besser läuft. Hier ließen wir den Tag auf einem strandnahen Campingplatz auslaufen.

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In den Catlins unterwegs

In Richtung Süden der Küste entlang führt eine sogenannte “scenic route”, der zu folgen wir uns entschlossen. Sie führt zumindest auf dem Abschnitt von Dunedin nach Waihola immer nah an der Küste entlang, wieder einmal Gelegenheit, das Wellenspiel zu beobachten, leere Strände auszumachen, beim Aussteigen sich heftig vom Wind durchblasen zu lassen. Kleine Dünen trennen oft die Straße vom Sandstrand, ebenso oft verläuft die Straße aber auch direkt am Wasser entlang, nur durch eine Brandungsmauer getrennt. Heute am Sonntag, den 2.2., dem letzten Ferientag der Schüler, waren wohl viele Familien noch einmal unterwegs und wollten es wissen, zogen zum Strand und gingen, bis auf sehr wenige Ausnahmen, nicht ins Wasser, sondern genossen den sonnigen Tag im Sand und den Dünen.

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Über Waihola, Milton und Balclutha kamen wir dann an unser Tagesziel, wieder am Meer gelegen – wo denn sonst? –, den Ort Kaka Point. Ab Waihala ging es durch eine leicht hügelige Landschaft mit intensiver Landwirtschaft. Die großen Landmaschinenhändler in den Orten zeigen, um was es hier in der Region wirtschaftlich im wesentlichen geht. Von der Bundesstraße 92 mussten wir bei Otanomomo auf eine Nebenstraße die uns seewärts führte, abbiegen und bald ergab sich ein anderes Bild. Der auflandige Wind ist auf Dauer offenbar so stark, daß die Landwirte in Abständen von unter 100 Metern Baumreihen haben stehen lassen oder angelegt, um den Wind, der die Weiden sonst stark austrocknen würde, zu brechen. Diese ewiglangen Baumreihen, sie bestanden meistens nur aus einer einzigen Baumreihe, waren schon ein seltsames Bild. Dann waren wir am frühen Abend hier in Kaka Point, einem kleinen Nest mit schönen Blick und einem wieder unbenutzten Strand, an dem sogar eine Rettungsstation besteht.

Wir waren jetzt in den Catlins gelandet, einem angabegemäß besonderen Highlight auf der Südinsel. Die Region südlich und westlich von unserem Übernachtungsquartier zeichnet sich insbesondere durch eine große Zahl von übersichtlichen oder sehr ausgedehnten Nationalparks aus, deren größter der Catlins Conservation (Rainforest) Park ist. Hier findet man ausgedehnte teilweise im ursprünglichen Zustand erhaltene Wälder, eine hügelige Landschaft, tolle Steilküsten und sanft ins Wasser gehende lange Sandstrände, Zugang zur Tierwelt und immer wieder einen imposanten Blick auf das weite Meer.

Der heutige 3.2. kann unter das Motto gestellt werden : Sonne, Strand, Berge und Tiere. Nur gut 8 Kilometer die Küste hinunter von Kaka Point liegt Nugget Point. Von einer gut 80 Meter aus dem Meer ragenden Steilküste, auf deren vorgeschobenem Ausguck ein alter Leuchtturm von ca. 1880 steht, liegen im Meer eine Reihe von Felsen wahllos verstreut. Einige von ihnen wurden im Verlaufe der Millionen Jahre durch Wind und Wasser so schön geformt, so daß man glaubt, hier lägen große Nuggets. Dieser Punkt ist aus drei weiteren Gründen es wert, angesteuert zu werden. Zum einen sollen in der Roaring Bay, unmittelbar vor dem Leuchtturm gelegen, wieder einmal, gelb-äugige Pinguine sich in einem geschützten Bereich aufhalten aber sichtbar sein. Das mag so sein, gesehen haben wir trotz intensiven Studiums von Bucht und Umland keinen Pinguin; war auch sehr unwahrscheinlich, denn es heißt, frühestens am späten Nachmittag kommen die Pinguine jetzt in der Brüt- und Aufzuchtzeit der Jungen aus ihren Nestern/Höhlen und watscheln gen Meer. Zum zweiten sind einige der vor der Steilküste im Meer liegenden Felsen Ruhestätte, tagsüber, für Seelöwen und Fellrobben. Insbesondere die dunkelhäutigen Seelöwen sind aus der Ferne auf dem dunklen Felsen nur mit Mühe zu erkennen, aber ganz konnten einige sich nicht vor unseren Augen verstecken. Fellrobben hat es auch gegeben, wir haben jedoch keine identifizieren können. Zum dritten ist es von hier oben ein wunderschöner Blick die Küste hinauf und hinunter und in die Weite des Meeres möglich; links wie rechts vom Ausguck die prächtigsten ellenlangen und nicht genutzten Sandstrände, um die wir die Neuseeländer beneiden. Inzwischen ist auch klar, weshalb man hier meistens nicht ins Wasser geht, und wenn, dann oft im Neoprenanzug : die Durchschnittstemperatur des Meeres an der Südküste der Südinsel liegt über lange Zeiträume bei 12 (!) Grad im Badesommer. Das nötigte zusätzlichen Respekt vor denjenigen ab, die den Sprung ins Wasser wagen.

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Die Catlins sind ja auch eine Hügellandschaft; dies erfuhren wir im wahrsten Sinne des Wortes auf unserem Weg in die Nachbarbucht, die Cannibal Bay. Man kann hierhin zwar auch zu Fuß hinüber über die Berge laufen, unter 3 Stunden nicht zu machen, oder man fährt über kleine Schotterpisten 20 Kilometer hinüber. An einer Abzweigung war zwar ein Hinweis zu sehen, daß die weitere Strecke ziemlich eng sei und deshalb für Campervans nicht geeignet. In dem Glauben, unser kleines Vehikel ist damit sicherlich nicht gemeint, denn wir sind im Grunde nicht breiter als ein normaler Pickup, negierten wir den Hinweis und fuhren vorsichtig die noch fehlenden 8 Kilometer zur Bay. Vorsichtiges Fahren war auch deshalb angesagt, weil u.U. in den Mietbedingungen des Campers eine Schotterpistenklausel enthalten sein dürfte, die eine Haftung bei Unfällen auf diesem Untergrund ausschließt. Wir kamen ohne Schaden an und stellten fest, daß von den hier angeblich sichtbaren Seelöwen und Robben alle anderweitig beschäftigt waren und wir den Strand mit einem einsamen Angler teilen durften. Auch diese Bucht, an der man die Knochen von Menschen, die angeblich dem Kannibalismus zu Opfer gefallen waren, gefunden hat, war eine Wucht. Hier kann man es aushalten, wenn einerseits die Sonne nicht so erbarmungslos brennen und andererseits der Wind eine geringere Stärke entfalten würde. Für diejenigen, denen dies alles nichts ausmacht ist sie eine Topempfehlung.

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Bislang auf der Suche nach dem besonderen Tiererlebnis nicht fündig geworden, obgleich wir alle Hinweise auf Fundstellen genutzt hatten, sprachen wir eine gerade ankommende Reisende an. Von ihr kam der Hinweis, in der, wiederum benachbarten, Surat Bay hätte sie am Morgen einige Seelöwen gesichtet. Also Fahrt aufnehmen zur nächsten Bucht. Und immer heißt dies eine Stichstraße zurück zur der der Küste im Hinterland folgenden Straße fahren, um nach einigen Kilometern wieder in Richtung Meer abzubiegen. Die wunderschöne bergige, hügelige Landschaft mit seinen bis in das Meer reichenden Felsen erfordert dies. Dieser Tipp war der Jackpot. Seelöwen sollen an dieser Küste insbesondere bei Ebbe an Land kommen und sich im/auf dem Sandstrand zum dösen hinlegen bzw. teilweise eingraben. Wir liefen den gesamten Strand hinauf und hinunter, benötigten dafür gut zwei Stunden, was auch etwas über die Länge des Strandes aussagt, und trafen auf knapp 30 am Strand liegende oder aus dem Wasser herauswatschelnde Seelöwen sowie, leider, auf eine tote im Wasser liegende Seelöwin. Wenn man die Ruheplätze der Tiere in respektvollem Abstand umkurvt, blinzeln diese, falls sie einen überhaupt wahrnehmen, einmal kurz mit einem Auge und dösen weiter. Ab und an bewegen sich die Riesen, heben den Kopf, gähnen, schauen einen ungläubig an, schaufeln sich mit den Flossen Sand auf den Körper, drehen sich, suchen eine neue Position im Sand. Und das alles kann man in freier Wildbahn ansehen und staunen. Einige kamen zu ihrer Mittagsruhe sehr spät vom Fischfang aus dem Wasser und watschelten Richtung Dünen und Sandbett. Ich bin offensichtlich einer landwärts strebenden Seelöwin etwas zu nah gewesen, denn auf einmal bleckte sie die Zähne und schaltete gleich mehrere Gänge ihres Watschelgangs hoch, um auf mich zuzustürmen. Diese Drohgebärde erfüllte ihren Zweck, ich blieb diesem Tier fern. Seelöwen lagen manchmal in kleinen Gruppen unmittelbar nebeneinander im Sand, oft jedoch bevorzugten sie Einzellage. Auf unserem Rückweg konnten wir mitansehen, wie offensichtlich ein junger Seelöwe und eine junge Seelöwin, beäugt von einem ausgewachsenen Tier umeinander warben, miteinander spielten. Für uns war dieser ausdauernde Strandspaziergang ein ganz besonderes Erlebnis.

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Was sollte jetzt noch kommen? Sicherlich keine derartigen Tierbegegnungen zumindest am heutigen Tag, dafür aber andere Einblicke in die Landschaft der Catlins und der Besuch eines kleinen aber feinen Wasserfalls, der Purakaunui Falls, in einem der kleineren Naturparks mit einem sehr sehenswerten alten Baumbestand der Catlins gelegen, weitere Traumstrände mit sehr kaltem Wasser, einer Bucht, an der der ursprüngliche Wald noch bis an das Wasser heranreicht und bis zu 1000 Jahre alte Bäume enthalten soll, Berg- und Meersichten, Fahrten über selten genutzte Pisten – auch Umwege sind manchmal besonders interessant – und Ortschaften, die auf Landkarten vieltausendfache Einwohnerzahl vermuten lassen, aber innerhalb von zwei Minuten durchfahren sind. Angekommen sind wir dann am frühen Abend in der Nähe der McLean Falls auf einem Komfortcampingplatz.

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Auch für Dienstag den 3.2. hatten die Wetterfrösche strahlendes Wetter prognostiziert, gerade richtig, wenn man gemütlich an der Küste entlang fahren will. Um so enttäuschter waren wir frühmorgens einen sehr bedeckten Himmel festzustellen. Der Tag fing also nicht gerade verheißungsvoll an, aber das sollte sich erheblich ändern.

Bei diesem Wetter fiel unsere geplante Kurzwanderung zu den McLean Falls abgehend von unserem Campingplatz aus und wir starteten, nachdem die Buchung für unseren Camper in Tasmanien durchgezogen war, zu unserer Fahrt auf der besagten “scenic route”. Die Catlins zeigten sich von der richtigen Seite, d.h. viele, oft noch wilde und ursprüngliche Wälder durch die Einrichtung verschiedener Parks geschützt, wurden durchfahren, der dunkle Himmel passte zu dem dunklen, manchmal sehr durch den Wind zerzausten Grün. Über die Hügel zogen sich Wiesen und Weiden, Vieh graste, Mensch raste nicht.

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Unser Besuchsprogramm des Tages umfasste die Anfahrt einiger Buchten – was denn sonst -, meistens auf der Suche nach den bislang verpassten Hektor Delphinen, die auch in dieser Region in der einen oder anderen Bucht zu finden sein sollen. Katrins erster Wunsch war, in die Purpoise Bay gefahren zu werden. Im zweiten Versuch fanden wir auch die passende Abfahrt von unserer Hauptstrecke in Richtung Meer, natürlich war es eine geschotterte Straße. Unsere Karte wies nach etwa 4 Kilometern bei Progress Valley eine nach Westen führende Abzweigung auf, die wir aber nie fanden; stattdessen folgten wir dem einmal eingeschlagenen Sträßlein gute 14 Kilometer um dann von einem verschlossenen Zaun an der Weiterfahrt gehindert zu werden. Auf dem sehr langsam bewältigten Rückweg wurde uns auch klar, diese Straße hätte auf keinen Fall zum gewünschten Ziel geführt, die richtige Straße war aber auch nicht zu entdecken. Stattdessen konnten wir auch hier das Ergebnis intensiver “Forst”wirtschaft bzw. Holzeinschlag in den ursprünglichen Wald ausgiebig besichtigen, lagen doch zahlreiche Weiden voll von Restholz. Also ging es zurück auf die Sightseeingstrecke und an der Waikawa Bucht in den gleichnamigen Ort. Dieser bestand aus wenigen Häusern, kann jedoch auf eine beachtliche Geschichte verweisen, weshalb es sogar ein kleines Museum im Dorfe gibt. Mitte des 19. Jhd. war der Ort nur von See aus zu erreichen, verfügte aber kurze Zeit später bereits über einen Krämerladen, einen Bäcker und Metzger, ein Hotel und ein Postamt, nachdem man 1870 an das große Wegenetz des Landes angeschlossen worden war. Das war dann wohl auch die Zeit, in der nicht nur ein kleines Kirchlein errichtet, sondern auch Bedarf für ein lokales Gefängnis bestand. Praktisch, wenn der Dorfschmied daneben einquartiert ist, gilt es doch, den Delinquenten in Eisen zu legen. Die vor dem Kirchlein über den Zaun gehängten Hufeisen erinnern an den früheren Hufschmied.

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Hinter Waikawa öffnet sich die Bucht weit auf, wie üblich zeigt sich ein riesiger Sandstrand von einer hohen Düne begrenzt. Auf die Düne geklettert sahen wir weiter im Westen unseres Standpunktes eine weit in die Bucht hineinragende Landzunge, auf der sich offensichtlich Menschen befanden, ein besserer Aussichtspunkt als der aktuelle. Als wir auf diese Stichstraße zufuhren, bemerkten wir den Hinweis auf einen Campingplatz, Zugang nur für deren Nutzer, zu denen wir nicht zählten. Fast wären wir abgedreht wenn ich nicht gemeint hätte, ansehen könne man sich den Platz ja einmal und dabei auch die Aussicht genießen. Diese Entscheidung war die beste des Tages, denn einer von Katrins lang gehegten Wünschen wurde erfüllt. Vor dem Ausguck des Campingplatzes und dem noch darüber befindlichen Hügel lag ein wunderschöner Strand vor uns, auf den die Wellen gleichförmig zurollten. Nach Katrins Leseart blickten wir auf die Curio Bay. Über eine kleine Landenge ging es hinauf auf den höchsten Aussichtspunkt an diesem Flecken; unter uns Felstürme, auf denen eine ganze Anzahl von Kormoranen sich pflegte. Von niedrigeren Lagen aus versuchten Angler ihr Glück. Wir hatten Glück, denn ab und an machte sich einer oder mehrere der meistens inaktiven Vögel sich auf den Weg in die Lüfte. Die an- und abrollenden Wellen ließen das Seegras tanzen und sorgen manchmal für eine kräftige Dusche der Felsen. Alles ganz entspannend und mit Freude zu genießen.

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Während ich auf dem Ausguck mich umsah, lief Katrin auf einmal Richtung Campingplatz und rief mir zu, sie müsse mal nach unten. An ihre schwache Blase mich erinnernd glaubte ich den Grund zu kennen. Eine gute Viertelstunde später, ich hatte meinen Rundgang beendet und blickte auf die unter uns liegende große Bucht, glaubte ich von weitem so etwas wie Flossen im Wasser zu erkennen, mehrere fast nebeneinander. Gibt es hier doch Delphine? Also ging auch ich in Richtung Strand und fand dort Katrin mit einer Reihe anderer Wellengucker – alle blickten angestrengt auf die Wellen, vor ihnen stand jemand im Neoprenanzug brusthoch im Wasser. Ja, hier vor unseren Augen schwammen die gesuchten Hektor Delphine herum, die Katrin gesucht hatte. Wir waren nicht in der Curio Bay gelandet, sondern hatten, endlich, die Porpoise Bay gefunden. Lange standen wir und konnten immer wieder sehen, wie nah die Delphine an das Ufer kamen, wie sie die im Wasser stehende Frau umschwammen. Aber Katrin war nicht zu bewegen, auch in das zugegebenermaßen sehr kalte Wasser zu steigen, wollte sie doch mit Delphinen schwimmen! Wir waren fast dabei abzufahren, besann sich Katrin eines besseren und wollte ihre Badesachen herauskramen. Inzwischen waren weitere Schwimmer, oft im Neoprenanzug, ins Wasser gegangen, zu denen sich Katrin in ihrem Bikini gesellte. Mir war es zu kalt, deshalb blieb mir die Aufgabe, dies zu dokumentieren. Mindestens 10 Minuten hielt Katrin es bei den geschätzten 12-14 Grad warmen Wasser aus, bewegte sich, um einigermaßen warm zu bleiben. Sie wurde richtig belohnt. Immer wieder kamen einzelne Delphine oder Gruppen von Delphinen auf sie zu geschwommen, um im Abstand von 1 bis 1 1/2 Meter abzudrehen. Die Tiere sind sehr neugierig, und wenn man sich ruhig verhält, weckt man auch ihr Interesse sich zu nähern. Die Hektor-Delphine sind sehr klein, nach Katrins Einschätzung erreichen sich etwa 1 Meter. Einmal hat sie sogar Auge in Auge einem Delphin gegenüber “gestanden”. Als Katrin aus dem Wasser kam, fröstelte sie, aber innerlich war ihr enorm wohl, ein so beeindruckendes Tiererlebnis erfahren zu können. Da hat es der Zufall richtig gut mit uns gemeint. Dem Dokumentaristen ist es leider nicht gelungen, diese besonderen Tierbegegnungen auch nur annähernd anschaulich festzuhalten; sichtbar sind ab und an die Flossen oder ein Rücken des oder der Delphine. Die schemenhaften Umrisse können nur erahnt werden.

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Was als kleiner “Ausflug” zu einem Ausguck begann, endete mit einem überragenden Erlebnis, viele Glückshormone wurden dabei ausgeschüttet. Erst nach 15:00 Uhr stiegen wir wieder in den Wagen, um dann in die Curio Bay/Tumu Toka zu fahren, die gleich nebenan liegt. Hier sollen einige gelb-äugige Pinguine brüten, aber auch Reste eines vor 180 Millionen Jahren versteinerten Waldes bei Ebbe zu sehen sein. Wir kamen gerade noch rechtzeitig, denn ab etwa 12:00 Uhr hat die Flut eingesetzt, um in einem abgegrenzten Bereich einige versteinerte Baumstämme zu sehen. Die Pinguine blieben um diese Zeit in ihren Nestern, werden sie, wie es heißt, erst am späten Nachmittag richtig aktiv in der Öffentlichkeit – dann ist diese aber zu Recht ausgeschlossen, denn die Population ist generell in ihrem Bestand gefährdet.

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Weiter ging es auf einer kleinen und deshalb auch geschotterten Küstenstraße in Richtung Fortrose, am westlichen Rand der Catlins gelegen. Noch einmal konnten wir die zunehmend flacher werdende Hügellandschaft, die zerklüftete Küste, die immer kleiner werden Wälder in uns aufnehmen. Intensive Landwirtschaft prägte zunehmend das Bild, erinnerte anfangs an unsere Mittelgebirge, je näher wir aber über Fortrose hinausgefahren an unser Tagesziel Invercargill kamen, desto flacher wurde das Land, und die Wiesen und Weiden hatten andere Dimensionen als zuvor, ein Bild wie aus Schleswig-Holstein. Im Unterschied zu diesem nördlichsten Bundesland – hier stehen deutlich mehr Kühe und Stiere auf einem Hektar Weideland als dort. Der wenig verheißungsvolle Tag hatte einen ungeahnten tollen Verlauf genommen, von dem insbesondere Katrin noch lange wird zehren können, konnte sie doch mit den Delphinen schwimmen.

Dunedin

Dunedin heißt es, sei die am besten erhaltene Stadt mit victorianischen und edwardianischen kulturellen Erbe, was sich an der Baukultur insbesondere widerspiegelt. Insofern kann man hier klein England erwarten, so auch unsere Erwartung. Die Geschichte der Stadt beginnt nicht erst mit der Ankunft der ersten Siedler um 1850, oder den bereits ab 1820  hier anlandenden Walfängern, sondern mit der Ankunft der ersten Maori um das Jahr 1100. Bislang haben wir über die Besiedlung durch die Maori noch wenig erfahren, wir setzten auf die gut bestückten Museen auf der Nordinsel. Dennoch, auch im Alltagsleben sind Bezüge zur Maorikultur spürbar, ist wahrzunehmen, wie man sich als Neuseeländer auch der Kultur der Urbevölkerung erinnert. In vielen Fällen wird man mit einer Maori-Begrüßung angesprochen. Der größere Anteil der Erstsiedler aus der neuen Welt stammte aus Schottland, auch Menschen mit einem besonderen Nationalstolz. Da ist es nur natürlich, wenn die neu gegründete Stadt nach der eigenen Hauptstadt, Edinburgh, genannt wird, natürlich dann auf gälisch, d.h. Dunedin. Nicht wirklich überraschend zu lesen war, daß bereits mit den ersten Siedlern auch Prediger ankamen, um ihre Kirche hier zu vertreten. Dabei hatte die presbyterianische Kirche mit ihrem Pfarrer Burns die Nase vorn, denn er war schon 1848 (?) vor Ort, so m.E. eine Tafel in der Ersten Presbyterianischen Kirche von Dunedin. Diese Kirche besitzt ein fast quadratisches Kirchenschiff, an das ein Chor gebaut wurde und wirkt im Inneren durch seine Schlichtheit.

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In heutigen Maßstäben nicht weit von der Stadt entfernt, wurde im 19. Jhd. Gold gefunden, eine Quelle des späteren Reichtums. Eine große Kolonie chinesischstämmiger Bewohner geht auf einen großen Zustrom zu Goldgräberzeiten zurück; das besondere Geschick der Asiaten trug ebenfalls zum Wohlstandsgewinn der jungen Stadt bei. Dieser Wohlstand aber auch der Bezug zur alten Herkunftsheimat England prägte in vielen Fällen die auch heute noch zu bestaunenden Bauten. Für Mitteleuropäer wie wir sind manche der gefundenen Baustile stark gewöhnungsbedürftig. Dies gilt insbesondere für die historischen Anleihen, das extrem verspielte in manchen der dennoch anmutigen Bauten.

Es heißt, die Dunedin Railway Station, m.E. erst nach 1900 erbaut, sei das meistfotografierte Objekt Neuseelands; kann durchaus sein, denn auch wir haben es uns von allen Seiten angesehen, seine alten Fahrkartenschalter bestaunt, nicht zuletzt auch deshalb, weil in unmittelbarer Nachbarschaft samstags ein  Bauernmarkt stattfindet.

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Mindestens ebenso interessant ist es, einen Blick auf das alte Gefängnis, auch heute noch in Gebrauch und das direkt daneben liegende prunkvolle Gerichtsgebäude zu werfen.

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Das “Octagon” ist der zentrale historische Platz der Stadt. Natürlich gruppieren sich hier herum besonders bedeutsame Gebäude. Die St.Paul’s Kathedrale ist eines davon, obgleich dieses anglikanische Kirchengebäude bei weitem nicht das älteste ist. Überraschend auch die Feststellung, daß es zum Bau dieses imposanten Gebäudes erst einer Schenkung mit der Auflage verbunden, den gestifteten Betrag zu verdoppeln bedurfte, um Anfang des 20. Jhd. mit dem Bau zu beginnen. Erst vor wenigen Jahrzehnten wurde dann der Chorraum hinzugefügt, das Geld für den vollständigen Bau der Kathedrale fehlte einfach. Diese Gebäude wie auch viele andere für das Stadtbild von damals wichtige Häuser wurden aus Sandstein gebaut bzw. die Fassaden mit diesem im Süden der Insel abbaubaren Stein verkleidet.

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Und wie es sich an solch einem Platz gehört, auch die Stadtoberen und ihre Verwaltung wollen sich präsentieren; die reichen Händler, der Hafen und die Goldgräber lieferten die Grundlagen für den damaligen Wohlstand.

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Das Rathaus sieht zwar ganz schön alt aus, wurde zwischen 1876 und 1880 gebaut. Die ursprüngliche Absicht, eine Art Volkshalle anzuschließen, wurde/konnte bis heute nicht umgesetzt werden. An deren Stelle muß der Bürger mit einem häßlichen Funktionalbau aus Beton vorliebnehmen.

Geht man durch die Straßen der Innenstadt begegnet man immer wieder wunderschön restaurierten alten Gebäuden aus der Gründerzeit Dunedins. Auffallend viele Handels-  und Bankgebäude von sehr großem Ausmaß schmücken die Straßen. Nicht immer entspricht die heutige Nutzung der Ladenlokale unserem Geschmack bzw. entspricht nicht unbedingt dem Stil des Hauses. Zu diesen gewöhnungsbedürftigen Nutzungen alter Gebäude gehören auch die zahlreichen um das Octagon herum befindlichen Gaststätten und Pubs. Für das Leben in der Stadt sind diese jedoch von besonderer Bedeutung. Während wir am Freitagnachmittag auf dem Weg zur Touristenauskunft am Octagon landeten und auf eine lebhafte, geschäftige, volle Innenstadt trafen, konnten wir die Besucher der Innenstadt am Samstagvormittag und –mittag, bei leider im Vortagsvergleich bedeckten Himmel, fast mit Handschlag begrüßen. Samstag und kaum einer bewegt sich in der Innenstadt! Heißt das, das Zentrum wird nur durch die hier arbeitenden Menschen an Wochentagen belebt?

Am Octagon befindet sich auch die Dunedin Public Art Gallery, für uns aus zwei Gründen am Samstag von Interesse. Zum einen um zu sehen, was hier so gezeigt wird, zum anderen gibt es in öffentlichen Gebäuden oft kostenlosen Internetzugang, den wir dringend benötigten. Letztere Möglichkeit war nur sehr begrenzt gegeben, dafür wurden wir jedoch mit einer beeindruckenden Ausstellung von Linolschnitten aus den 30ger Jahren des vorigen Jahrhunderts mehr als entschädigt. Unglaublich, wie die hier ausgestellten Künstler es vermocht haben, auch sehr dynamische Eindrücke in mehreren Farben auf Linol zu schneiden und dann in einer kaum vorstellbaren Präzision zu drucken. Linolschnitte, so heißt es, war auch der Versuch, die Kunst für den kleinen Mann, das Volk erschwinglich zu machen.

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Mit den von zumindest in Neuseeland sehr anerkannten Installationskünstlern ausgestellten Lichtinstallationen konnten wir hingegen wenig bis nichts anfangen.

Fast zwei Nachmittagsstunden verbrachten wir in der öffentlichen Bibliothek und  nutzten deren Internetmöglichkeiten, um unsere Flugmöglichkeiten von Sydney nach Hobart zu checken und nach einem günstigen Quartier in der Nähe von Sydneys Flughafen zu suchen.

Auf dem Rückweg zum Campingplatz kamen wir an einem Playground vorbei, auf dem nun wohl Hobbymannschaften  im Kricket gegeneinander spielten und sahen kurz zu. Zu uns gesellte sich Ian, ein waschechter Dunediner. Wir baten ihn, uns diesen für uns sehr unbekannten Sport zu erklären, was er auch ausführlich, aber auf Grund seines stark dialektgefärbten und extrem schnell gesprochenen Englisch – oder war es doch eine andere Sprache? – für uns nicht in jeder Einzelheit verständlich versuchte. Das eine oder andere der Regeln haben wir verstanden, aber bei weitem nicht die Feinheiten. Insbesondere Katrin unterhielt sich dann mit ihm über dit un’ dat und zum Schluß, unvermeidlich, über das nicht gerade sommerliche Wetter, zumindest nach unserer Auffassung. Trocken und ohne eine Spur von Zweifel meinte Ian darauf, die heutigen 17 Grad wären doch warm, viel wärmer würde es eh nicht. Das sei hier der Sommer. Na dann haben wir die warmen Sachen wirklich zu früh Richtung Heimat verschickt!

Unser Campingplatz liegt ja in unmittelbarer Nähe zu einem großen Strand; was liegt näher, als diesem so weit wie möglich entlang zu laufen. Und wieder einmal ein Strand, von dem man träumen kann, bei Ebbe ein unendlich breiter Sandstrand und im Rücken eine mächtige Düne. Man kann in jede Richtung kilometerlang laufen, wir machten uns nur in eine Richtung auf den Weg und verschätzten uns erheblich, als wir wieder landeinwärts zu unserem Campingplatz kommen wollten. Angekommen sind wir; das Gehen im Sand fordert ganz andere Muskelpartien als auf der Straße, wie wir wieder einmal feststellen konnten. Morgen geht es dann auf die vor Dunedin gelegene Halbinsel Otago.

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Von allen Seiten wird man darauf hingewiesen, ja nicht zu versäumen, die direkt bei Dunedin gelegene  Halbinsel Otago zu besuchen. Gestern hatten wir uns richtig entschieden und blieben bei dem mehr als bedeckten Himmel in der Stadt und verschoben den Ausflug auf heute, den 2.2.. Wir lagen richtig, denn heute Morgen schien die Sonne und der Himmel war nur teilweise bewölkt. Das richtige Wetter, um die Landschaft der Halbinsel zu genießen.

Angepriesen werden vor allem Besuche bei den nur in einer sehr kleinen Kolonie hier noch lebenden gelb-äugigen Pinguine, die Albatrosse am Taroa Head und die sich dort oft auf den Felsen lümmelnden Seerobben. Von einer aus Fellbach stammenden mit uns in Dunedin übernachtenden Camperin erhielten wir den Ratschlag, diesen Anpreisungen nicht zu folgen. Sie hat am Samstag alle Angebote für teuer Geld in Anspruch genommen und hat im Grunde nichts zu sehen bekommen, ausgenommen die Fellrobben. Tiere haben halt so ihre Eigenarten und warten nicht auf uns Besucher. Die Pinguine tauchen, so ist zu hören, wenn dann in der Abenddämmerung auf. Dann ist bei einem frühen Ausflug die Enttäuschung vorprogrammiert. Für zwei Ausflüge jeweils gut 40 Euro pro Person hinzulegen und anschließend wegen der fehlenden Tierbeobachtung gefrustet weiter zu fahren, wollten wir nicht. Man kann auch ohne diese kommerziellen Ausflüge die Halbinsel ganz gut erkunden, was sich bei uns bis in den  Nachmitttag hinzog.

Otago ist eine von Höhenzügen durchkreuzte Halbinsel mit unendlich vielen Buchten, die alle mehr oder weniger zum baden einladen, wäre da nicht die sehr niedrige Badetemperatur und der starke Wind. An den Dutzenden Badestellen sahen wir niemanden, der es ins Wasser wagte. In der Nähe von Dunedin sind die Hügel, Aussichts- und Wasserlagen intensiv bebaut; viele Häuser haben sehr viele Jahrzehnte schon auf dem Buckel, die früheren Generationen, die über das notwendige Kapital verfügten, wußten sehr wohl, wo eine interessante Wohnlage besteht. Je weiter man jedoch sich von Dunedin entfernt, die Halbinsel ist etwa 20 Kilometer lang, desto ländlicher wird es. Die Häuser sind von einfacherer Bauart aber oft nicht weniger interessant anzusehen wie die Millionenbauten. Felder und Wiesen, oft von Schafen beweidet, dominieren. Interessant auch zu sehen, wie häufig hier zumindest Teile eines Waldes stehen gelassen wurden, wahrscheinlich um als Windschutz oder –brecher zu dienen. Manchmal sprangen die kleinen Höhenzüge etwas zurück, manchmal begleiteten sie uns auf der Fahrt über die Küstenstraße, die an der Nordwestseite von Otago entlang verläuft. Ein Pendant hierzu verläuft ab Portobello auf dem Bergrücken in gleicher Richtung; hiervon zweigen einige Stichstraßen in Richtung Ostküste ab, oft nicht asphaltiert, aber durchaus befahrbar. Uns hat es unheimlich viel Freude bereitet, in angemessenem ruhigen Tempo die Küstenstraße zu befahren, die sehr abwechslungsreiche Küstenlandschaft aufnehmen zu können.

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Besiedelt wurde die Halbinsel von den Einwanderer sehr früh. Ein Gang über einen kleinen am Ortsrand liegenden alten Friedhof führt zu Grabmalen, die aus 1853 stammen. Ab und an fallen auch im Vorbeifahren oder wenn man anhält und durch eine der kleinen wassernahen Dörfer läuft Häuser und Häuschen auf, die deutlich mehr als ein Jahrhundert Nutzung hinter sich gebracht haben. Manche wurden besonders herausgeputzt, wie das Fletcher Haus in Broad Bay, andere einfach nur ansprechend in Stand gehalten.

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Sowohl hier, oft in exponierter toller Aussichtslage, als auch in der Stadt Dunedin sind zahlreiche der stilvoll gestalteten Häuser aus dem Ende des 19. Jhd. zu finden.

Auch auf der Halbinsel gab Auswirkungen der letzten Erdbeben. Das Marine Center auf einer Halbinsel vor Portobello besitzt ein interessantes Aquarium mit Meeresfischen, das wegen Erdbebenschäden seit drei Jahren geschlossen ist. Die Lage des Marine Centers reizte uns dennoch zu diesem Abstecher, konnten wir so einen Blick auf die Isolationsinsel werfen, die etwa 100 Meter vor der Halbinsel im Sund liegt. Hier wurden von 1880 bis 1940 erkannte kranke Einwanderer erst einmal vor dem Rest der Insulaner in Sicherheit gebracht und isoliert.

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Die Küstenstraße endet in Taiaroa Head; hier befand sich einmal eine Festungsanlage, wichtiger heute ist das Royal Albatros Center und die, zugegeben seltene, Möglichkeit, die Tiere in freier Wildbahn zu beobachten. Hier ist man nicht auf spanische oder französische Gäste, schon gar nicht auf deutsche eingestellt, sondern im Fokus stehen Japaner und Chinesen. Wie zum Beweis der auf Hinweisschildern entsprechenden Sprachen tauchen Besucher aus diesen Regionen auch mindestens in Hundertschaften auf, in großen Gruppen per Bus oder als Großfamilie mit dem entsprechenden Campmobil. Auch auf den von uns besuchten Campingplätzen war der Anteil asiatischer Reisender extrem hoch. Wie am Ende einer Insel üblich, sieht man einen Leuchtturm, oft einen steil abfallenden Felsen und das Meer. Wir hatten dann das Glück, einige faul auf der Haut und Felsen liegende Fellrobben am Ufer zu entdecken. Katrins anfängliche Begeisterung, sie habe vielleicht doch einen Albatros entdeckt, entpuppte sich nicht als Ente aber als eine sehr große Möwe. Schade.

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Und dann begann fast der schönste Teil unserer heutigen Ausflugs. Ich wollte gerne an die Ostküste über eine Stichstraße fahren, was problemlos gelang. Beim Versuch, auf die über die Inselhügel verlaufende Straße zu gelangen, sind wir falsch abgebogen und landeten zu unserer großen Freude am Sandymount. Vom Parkplatz war es nur ein kurzer gut 1 Kilometer langer Fußweg, der uns anfangs durch eine dicht gewachsene Baumallee führte, um einen besonderen Aussichtspunkt, the Chasm, zu erreichen. Ein weiter fast Rundumblick in das Hoopers Inlet, die Hügelkette vor Portobello, auf Allans Beach – ohne irgendeinen Nutzer –, den gegenüberliegenden Mount Charles und natürlich das weite Meer gab es hier.  Allein dieser Blick war es wert, auf die Halbinsel gefahren zu sein.

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Den Besuch eines wirklichen Schlosses hier auf der Halbinsel, Larnach Castle, 1871 gebaut, um zu imponieren, aber nicht wirklich in diese Landschaft gehörend, schenkten wir uns. Es war auch Zeit, weiter in Richtung Süden zu den Catlins zu fahren.

Von Mount Cook nach Dunedin

Früher als erwartet von der Wanderung am Camper zurück konnten wir ein neues Ziel für den Rest des Tages festlegen. Twizel, praktisch nur den Lake Pukaki zurück fahren, lag zu nahe. Der nächste akzeptable Campingplatz lag in Kurow.

Im Rückspiegel Mount Cook, ein kaum von einer Wolke gestörter Blick, linker Hand der Lake Pukaki mit seiner milchiggrünen Farbe, gesäumt von kleineren Bergen, eine Fahrt, die Spaß machte. Wir ließen uns Zeit, schenkten der Umgebung immer wieder auch bei Stops unsere Aufmerksamkeit, und wurden immer wieder von Schnellfahrern überholt. So können die 55 Kilometer gerne über eine Stunde in Anspruch nehmen. Twizel, entstanden im Zuge des Baus eines großen Wasserkraftwerkes in der Nähe, lebt offensichtlich vom Tourismus und der Nähe zu Mount Cook. Knapp 1000 Einwohner aber zwei große Supermärkte, übertroffen noch von den drei sich in näherer Umgebung befindlichen Campingplätzen, zeichnen Twizel aus, also ein Ort zum Durchfahren.

Hinter Twizel weitet sich die Landschaft auf, die Berge rücken deutlich in den Hintergrund, der Umfang der Landwirtschaft nimmt erkennbar zu, Felder werden größer, die Herden auch.

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Trocken scheint es hier zu sein. Darauf weist die eher ockerfarbige ehemals Gras darstellende Vegetation immer wieder hin. Dort wo möglich, wird mit riesigen Bewässerungsanlagen, deren Rohrsystem nach unserer Schätzung bis zu 500 Meter lang ist, die Weide gewässert, damit genügend Futtermittel für die großen Viehbestände erzeugt werden. Den entsprechenden Landmaschinenhändlern muß es richtig gut gehen, denn diese Großanlagen stehen hier nicht vereinzelt, sondern eher zu hunderten auf den Wiesen. Auf Grund ihrer Größe können sie wohl nicht umgesetzt werden, so daß praktisch je wichtiger Weide eine Anlage installiert werden muß. Wahrlich kapitalintensiv. Wenige Kilometer südlich von Twizel reiben wir unsere Augen als wir ein Schild erkennen, das auf ein Skigebiet hinweist, gleichzeitig jedoch mitteilt, daß die Anlage derzeit geschlossen sei. Am Lake Ohau befindet sich ein Skigebiet; die hier bis über 2.000 Meter aufragenden Berge erlauben im Winter Skifahren.

In Omarama zweigen wir in das Waitakital ab, ein malerisches, manchmal sogar enges Tal. Der Waitakifluß hat eine besondere Bedeutung für das Land, weniger wegen der auch hier bestehenden Maorivergangenheit, sondern aus wirtschaftlichen Gründen, denn der Fluß wurde an drei Stellen zu riesigen Seen aufgestaut, um Wasserkraftwerke zu betreiben. Das erste wurde 1928 bei Kurow in Betrieb genommen und erfüllt seine Funktion immer noch. Der Staudamm bei Kurow gehört eher zu den kleineren entlang des Flusses. Die weiter flußaufwärts liegenden Dämme bei Otematata und bei Aviemore weisen eine andere Größenordnung auf.

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Staudämme erzeugen Seen und im vorliegenden Fall kann man diese zumindest teilweise umfahren und vermeidet dabei die Rennbahn Richtung Oamaru. Um den aufgestauten Lake Aviemore kann man über 20 Kilometer herumfahren, links Wald und Berg, rechts der See, immer am See entlang. Es hatte am Nachmittag gut aufgebriest, hier an dem lang gestreckten See konnte man gut erkennen, wie durch den Wind sehr schöne lange und vergleichsweise hohe Wellen aufgebaut wurden. Ideal für Segler, von denen keiner in Sicht war. Ist hier in Neuseeland das sogenannte “freedomcamping” sehr eingeschränkt, man kann fast nur noch auf offiziellen Campgrounds über Nacht stehen, erstaunte uns festzustellen, das entlang der Ostseite des Sees in kurzen Abständen auf den schmalen Wiesen am See Wohnwagen standen, ohne daß es sich hier erkennbar um einen offiziellen Campingplatz handelt. es geht also doch, nur erwischen lassen darf man sich nicht. Wir steuerten unseren Kiwi-Campingplatz in Kurow an, gingen auf Nummer sicher. Kaum besucht, aber sehr schön gelegen war dieser Platz, denn er grenzte an den Fluß.

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Obgleich wir noch nicht in Australien sondern hier in Neuseeland reisen, es sieht so aus, als ob Katrin ihr erstes Känguru in freier Wildbahn entdeckt hat. Das diese Tiere hier im Land vorkommen, ist mir neu, aber der Blick auf das Foto überzeugte mich. Ich hatte im Vorbeifahren das bräunliche Fell eher für ein Stück Rotwild gehalten, Katrin forderte mich auf, zu dem am Straßenrand liegenden Fell zurück zu setzen und dokumentierte das Gesehene. Schade, lebend das Tier zu sehen hätte uns Freude bereitet. So bleibt für uns und insbesondere Katrin die Frage ungeklärt, wie kommt dieses Tier auf diese Insel!

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Auch Siedler benötigen wohl kirchlichen Zuspruch, immer wieder stoßen wir auf unserer Fahrt auf kleine Kirchlein, errichtet Mitte 1800. Manchen sieht man an, das Mittel nicht unbegrenzt vorhanden waren, andere wiederum wurden wohl erheblich von der Heimatkirche in England gesponsert, so daß im viktorianischen Stil Prachtbauten errichtet werden konnten. Anglikanische Kirche und die presbyterianische Kirche wetteiferten wohl um die Gunst der Gläubigen. Heute sind die Kirchen meist geschlossen und obgleich oft sehr klein gebaut, füllen sie sich nicht, zu wenig Menschen leben in deren Umfeld.

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Unser Interesse an historischen Wandmalereien war je bereits in Chile/Argentinien geweckt worden, deshalb bogen wir gerne ab, um uns die auf Maori zurückgehenden Wandmalereien in Takiroa anzusehen. Wir wurden enttäuscht. Der größte Teil der Abbildungen wurde vor vielen Jahrzehnten von interessierten Altertumssammlern und Museen freudig den Räubern abgenommen, der Rest ist nahezu unscheinbar und kaum erkennbar. Zwar sollen die Malereien erst aus dem 19. Jhd. stammen, wir haben aber auch andere Zeitangaben gefunden, die bis ins Jahr 1000 (!) zurück gehen, dennoch hätten wir gerne, auch um einen Vergleich zu haben, sie in Augenschein genommen. Abgesperrt ist der Bereich, obgleich man im Grunde nichts mehr sehen kann.

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Das Tal weitete sich zur Flußebene in der Nähe seiner Einmündung ins Meer, wir nähern uns Oamaru. Die Stadt ist es wert anzuhalten und sich das aus dem vorvergangenen Jahrhundert Erhaltene anzusehen. Wie so viele Städte hat sie ihre Blütezeit hinter sich, besitzt aber noch eine Vielzahl ansprechender Bauten aus der Vergangenheit. Gegründet in 1853 blühte die Stadt schnell auf, da sie über einen der wenigen Naturtiefseehäfen in Neuseeland verfügte; ein großer Teil der Fleischexporte erfolgte hierüber. In Hafennähe sind mehrere Lagerhäuser, Bürogebäude, Wohnhäuser dieser Zeit noch erhalten, werden genutzt. Viele kleine Geschäfte haben sich hier niedergelassen; das geht über Buchbinder, Filmausstatter, Buchladen, Antiquitätenhändler bis zu ganz normaler Haushaltsware. Auch ein Hotel hat sich in einem historischen Gebäude wieder etabliert. Die Baustile gehen offensichtlich querbeet, gestaltet wurde so, wie es dem Bauherrn gefiel. Dabei kam sehr oft ein in der Nähe gefundener Sandstein zum Einsatz, den ein eher weißlicher Ton auszeichnet. Das Harbour-Tyne-Viertel ist auf jeden Fall einen ausgiebigen Spaziergang wert.

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Und als ob es abgesprochen wäre, setzt sich auf einmal ein älterer Herr in einen Oldtimer und fährt gemütlich an den historischen Gebäuden der alten Innenstadt vorbei.

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Schöne Gebäude mit Sandsteinfassade findet man nicht nur in Hafennähe, sondern auch entlang und um die heutige zentrale Einkaufsstraße, die bereits damals diese Funktion hatte. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch festzuhalten : das Bedürfnis, überall Werbung für das jeweilige Geschäft anzubringen hat zu Laubengangkonstruktionen mit Werbetafeln geführt, die das Bild erheblich verschandeln. Nur vereinzelt kann man Gebäude ausmachen, die im wesentlichen  in ihrer historischen Form erhalten wurden.

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Ein Höhepunkt vor Dunedin stand uns noch bevor, die überirdischen Steine in Moeraki. Auch hier könnte man glauben, Überirdische seien im Spiel gewesen, zumindest spielen diese Steine auch in den Kulten der Maori eine Rolle. Vor und in der Küste, dem Strand von Moeraki liegen mehr oder weniger ebenmäßig runde marmorähnliche Steine, als wären sie von einem Riesen beim Murmelspielen hier vergessen worden. Einige sind zerstört; an ihnen kann man ersehen, wie diese Steine zusammengesetzt, quasi verleimt wurden – durch eine Form von Kalk? –, um dann durch Wind und Wasser in diese Form geschliffen zu werden. Wir haben nicht verstanden, wie eine solche Form entstehen kann; der Hinweis, um einen Kern herum wären wie bei einer Auster Ablagerungen ebenmäßig erfolgt, kann von uns nicht nachvollzogen werden. Im Grunde ist die quasiwissenschaftliche Erklärung auch nicht so wichtig, auf einer Tafel findet sich der dezente Hinweis, genau erklären könne man den Prozeß auch nicht – warum dann kaum nachvollziehbare Hypothesen als Stein der Weisen herausstellen? –, wir hatten unsere Freude, diesen Ort mit seinen Murmeln und seine interessante Küste zu besuchen und am Strand entlang zu wandern.

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Vielleicht sind die Kugeln ja auch mit Menschenkraft bewegt worden, es geht, man muß nur ordentlich Kraft einsetzen!

Ohne weitere besondere Kraftanstrengung rollten wir dann nach Dunedin, bogen wie immer bei der Touristeninformation kurz ab, um anschließend unser Quartier, den Campingplatz, diesmal nicht am Fluß, sondern direkt hinter der Meerdüne, anzusteuern.