Mount Cook

Vom Lake Tekapo ist es nur ein Katzensprung hinüber zum Mount Cook; im Grunde um drei Ecken fahren, ein bischen bergauf und bergab, 50 Kilometer Strecke, dann ist man  plötzlich am Südende des Lake Pukaki, über den wir sehr früh einen Blick auf den Königsberg Neuseelands, den Mount Cook/Aoraki (3.755 Meter) werfen können.

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Vom Südende des Sees Pukaki führt eine Straße auf seiner Westseite bis hinauf nach Mount Cook Village, Ausgangspunkt zahlreicher Wandermöglichkeiten in diesem Massiv, Standort für The Hermitage, in dem  sich u.a. auch ein Museum zu Ehren von Sir Edmund Hillary befindet. Anregend immer wieder die Möglichkeit hinüber auf die Bergkette zu sehen, die bei unserer Anfahrt sich ohne die oft herrschende Wolkendecke oder Wolkenkranz zeigte. Nach etwa 35/40 Kilometern Seebegleitfahrt waren wir am Nordende des Lake Pukaki angelangt; es schloß sich für einige Kilometer eine Strecke Feuchtland an, in dem ab und an auch einige Schafe nach Futter suchten.

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Das Talende kam immer näher und damit auch unser Ziel, Mount Cook Village. Hier wollten wir nähere Informationen zu den Wandermöglichkeiten einholen, was erfolgreich geschah und einen Blick in das Hillary Museum werfen. Leider handelt es sich nicht um ein reines Museum, sondern eine Art Bespaßungsaktion für die ganze Familie mit diversen Filmen und Filmchen, woran wir kein Interesse hatten. Da man leider nur alles im Paket “erleben” kann und der geforderte Preis von 20 Dollar für das Museum alleine uns unangemessen erschien, machten wir uns direkt auf die erste Halbtageswanderung. Die frühe Ankunft gegen Mittag machte dies möglich. Nach Prüfung aller uns mitgeteilten Möglichkeiten stellten wir fest, so richtig große Auswahl an Eintageswanderungen gibt es nicht. Für den Nachmittag machten wir uns daher auf den Hooker Valley Track, der uns in gut 1 1/2 Stunden zum Gletschersee des Hooker Gletschers führte, einer der Gletscher, die vom Mount Cook Richtung Talebene abgehen. Offensichtlich für die große Zahl der kurze Strecken wie hier unter die Schuhe nehmenden Gelegenheitswanderern wird der Trail fast zu einem rollstuhltauglichen Weg ausgebaut, Staatsmittel machen es möglich. Hier laufen auch nicht vereinzelte Wanderer gen Gletschersee, sondern die erste Hälfte der Strecke wird von Busladungen von Touristen oft in nicht angebrachter Ausrüstung in Angriff genommen.

Anscheinend wir bei ihrem Streben nach dem alles ersehnten Blick auf den Mount Cook eine schöne Stelle am Anfang des Weges links liegen gelassen, der Friedhof/Gedenkstätte für die am Berg verunglückten Bergsteiger. Er ist passend ausgewählt, denn er liegt in der Sichtachse zum Bergmassiv; nicht jeder an den hier erinnert wird, ist direkt am Mount Cook ums Leben gekommen, oft waren es auch Nachbarberggipfel, die ihr Schicksal waren. Wir konnten, als wir dort waren, die Horden in geringer Entfernung vorbeilaufen sehen. Es stellt sich die Frage, welche Beziehung diese Gucker zur Bergwelt haben.

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Der Hooker River muß mehrfach überquert werden; trockenen Fußes gelangt man über Hängebrücken an das andere Ufer; früher war es deutlich beschwerlicher. Vor der ersten Flußquerung hat man einen wunderschönen Blick auf den unterhalb des Footstool liegenden das Schmelzwasser des Mueller Glacier aufnehmenden Muller Lake. Sieht der Footstool aus großer Entfernung nicht besonders beeindruckend und schwierig zu besteigen aus, muß die Beurteilung heftig geändert werden. Der hinaufragende Gletscher ist mehr als nur von einzelnen Gletscherspalten durchzogen, der Felsen ist wirklich extrem steil. Eine Besteigung somit wirklich keine Sache im Vorbeigehen, was einigen Bergsteigern das Leben gekostet hat.

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Nach Überquerung der ersten Hängebrücke führte der Weg durch niedrige Vegetation, kleine Krüppelbäumchen und Büsche, ab und an blühte es auch; wir gewannen kaum an Höhe, stiegen dabei aber immer wieder über Moränen, dank es geebneten Weges ein Gehen wie im Schlaf. Die ganze Zeit hatten wir den Berg im Blick, aber er kam uns oder wir ihm kaum näher. Zweimal kamen und mit Rucksack, Seil, Steigeisen und Eispickel ausgerüstete Bergsteigerzweiergruppen entgegen. Wohin die wohl aufgestiegen waren?

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Bis zur zweiten Hängebrücke sind wohl die meisten der Bustouristen gekommen, der dann folgende Weg war nicht mehr im Schlaf zu gehen, man mußte Feuchtstellen durchqueren, hin und wieder über Steine klettern, nichts für Schnallenschuhträger. Nach etwa 1 1/4 Stunden zügigen Ausschreitens dann plötzlicher Stop, wir waren auf dem Aussichtspunkt am Hooker Lake auf 900 Metern angekommen. Bergsteiger gehen weiter; sie beginnen nach der dritten Hängebrücke am Hand entlang in Richtung Gletscher zu laufen; wir hingegen konnten maximal hinunter zum See gehen und mussten uns mit diesem Blick immer noch aus der Ferne begnügen. Erst auf den zweiten Blick wurde klar, daß das in den See unterhalb des Mount Cook ragende Etwas der Gletscher ist, schwarz und voller Geröll. Trotz dieser Auflage ist es möglich, weiße Gletschereiskälber zu zeugen, die dann auf dem See schwimmen. Auch aus der Ferne wird deutlich, welcher Anstrengungen es bedarf, um die schlappen 3.755 Meter hinaufzusteigen.

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In unmittelbarer Nähe zum Mount Cook Nationalpark existiert kein Campingplatz mit Stromversorgung; wir müssen deshalb zurück bis an die Nordseite des Lake Pukaki fahren. Für den 30.1. haben wir uns vorgenommen, an den auf der Ostseite der Mount Cook Range liegenden Tasman Gletscher und zur Ball Hütte zu wandern, ein Programm für einen ganzen Tag. Dementsprechend früh waren wir auch unterwegs zum Startpunkt des Trails im Tasman Valley. Das gleich zu Beginn den Weg formende Geröll hielten wir für eine zeitweilige Beschwernis, dem bald normale Pfade folgen würden. Wir irrten uns. In der Wegbeschreibung war zu lesen, die erste Hälfte der gut 4-stündigen Strecke müssten wir einen von Allradfahrzeugen genutzten Weg wandern, danach wären mehr Erfahrungen im Wandern in unwegsamen Gelände gefordert. Was für die erste Zeit so vage formuliert war entpuppte sich als dauerhafte Gerölltreterei, kein sauberer unkontrollierter Schritt war möglich, wahrlich kein schönes Wandern. Dabei hatte das Tal seine Reize, konnten wir immer wieder sehen, wo riesige Felsabbrüche erfolgt sind, die den anfangs noch sichtbaren Fluß zuschütteten und auch den Weg mehrfach unpassierbar gemacht hatten. Zu diesem wenig attraktiven Weg kam eine stechende Sonne hinzu, Schatten spendenden Baumwuchs gab es nicht.

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Nach eineinhalb Stunden versperrten große Steinblöcke jedem Fahrzeug den Weg, der jetzt endlich wie ein Wanderpfad aussah, aber nur für kurze Zeit. Nach zehn Minuten standen wir auf dem uns die ganze Zeit auf der östlichen Seite des Weges begleitenden Geröllberg, der sich als eine Seite des Gletschers deckende Moräne entpuppte. Auch hier bestanden anfangs Zweifel, ob wir  nun auf einen Gletscher blicken oder es sich um normalen Geröllschutt handelt. Weiter im Süden war zwar ein See, dies muß aber nicht zwingend der Gletschersee sein. Als wir endlich auf der Oberfläche der vor uns liegenden Masse etwas scheinbar weißes entdeckten war klar, wir stehen neben dem Tasman Gletscher. Ein Blick auf die andere Seite des Gletschertales machte deutlich, wie mächtig dieser einmal gewesen sein muß, denn die Spuren waren dort deutlich an den Hängen sichtbar. Auf dem Rückweg stieg ich die Seitenmoräne hinauf und konnte die Gletscherabbruchkante fotografieren, wodurch allerletzte Zweifel beseitigt werden konnten.

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Wir waren noch nicht am Ziel unserer Wanderung angekommen; jetzt ging es weiter bergauf. Aber nach kurzer Zeit war es kein Wandern mehr, sondern ein immer wieder nach dem richtigen Weg fahndendes mühsames Klettern über Geröllsteine und Felsen. Nur sehr langsam kamen wir voran und waren dankbar, wenn zwischendurch einige Meter normal gewandert werden konnte. Hin und wieder hatten wir dabei auch schöne Aussichtspunkte erreicht, aber zunehmend stellte sich uns die Frage, ob wir auf diese Art und Weise den Rest des Tages uns fortbewegen wollten. Nach einer Vesperpause auf den Felsen, einem langen Blick in unsere Zielrichtung, ist es noch eine halbe Stunde Plackerei oder mehr, wir wussten es nicht, entschieden wir uns, den Rückweg anzutreten getreu dem Motto : de ar ingen skam og snu!

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Wer gedacht hätte, der Rückweg ist leichter irrt. Das Geröll macht egal in welcher Richtung man geht, wenig Freude und ist anstrengend. Ein Liedchen auf den Lippen beim Wandern – hier eher nicht. Natürlich hatten wir immer wieder einen Blick für die Bergwelt übrig, suchten nach den Resten des verschütteten Baches, den wir erst kurz vor Ende des Trails fanden, aber am meisten dachten wir “hoffentlich hat dies bald ein Ende”. Das war einfach kein Wandern, es war eine Plackerei. Froh waren wir, am frühen Nachmittag wieder am Camper angelangt zu sein. Wir hatten uns diese Wanderung zum Tasman Gletscher anders vorgestellt, es sollte eine entspannte Eintageswanderung sein. Leider war es eher ein Kampf ums Vorwärtskommen als ein Wandern. Diesen Tag müssen wir wandertechnisch abhaken, auch wenn uns die Bergwelt auf dieser Seite des Massivs schwer beeindruckt hat.

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Also Abfahrt und an anderer Stelle z.B. an der Westküste einen neuen Versuch wagen, in die Nähe der großen Berge Neuseelands zu kommen.

Banks Peninsula in Richtung Mount Cook

Nach der Enttäuschung in Akaroa strebten wir unserem ersten großen Berg, dem Mount Cook entgegen, nicht sofort und direkt, aber mit einem oder zwei Zwischenstops möchten wir schon vor Ort sein.

Über kleine Seitenstraßen, die Ortschaften Lincoln und Burnbam erreichten wir die Nationalstraße 1, unser “Begleiter” für mehr als 140 Kilometer bis nach Hinds, von wo aus wir über Straßen und Sträßchen uns einem Zwischenziel, dem Peel Forrest näherten und ihn nach kaum einem Umweg auch erreichten. Schon bald hatten wir westlich unserer Route wunderschöne Begleiter ausgemacht, nicht nur eine Bergkette, sondern sogar schnee- oder eistragende Berge kamen in unser Sichtfeld. Irgendwie erinnerte dies uns an manche Strecke in Argentinien oder Chile.

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Landwirtschaft begleitete unsere Fahrt Richtung Peel Forrest; auf den letzten 20 Kilometern lernten wir eine weitere Form der neuseeländischen Viehwirtschaft kennen. Plötzlich sahen wir große Herden von Rehwild hinter deutlich höheren Zäunen als bei Rindern auf den Weiden äsen. Im Gegensatz zu den Schafen, die bereits beim Anschein eines Stops reißaus nahmen, blieben diese höchstens aufmerksam stehen und beäugten den Ankömmling. Die hiesige Viehwirtschaft hat wohl den steigenden Bedarf an Wildfleisch (aus China?) erkannt und bedient diese Nachfrage. Diese Reh-/Rotwildwiesen waren kein Einzelfall; je näher wir dem Peel Forrest kamen, desto häufiger bemerkten wir entsprechend große Herden von Rehwild auf den Weiden.

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Auf den Peel Forrest als erstes besonderes Ziel außerhalb des Einzugsbereiches von Christchurch sind wir per Zufall gestoßen. Der Park ist einer der kleineren im Land, erscheint recht unscheinbar, weist aber Baumbestände auf, von denen man träumen kann. Auch in dieser Region wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jhd. heftig die Axt geschwungen; der wunderschöne alte Wald wurde mehr oder weniger systematisch gefällt und anfangs durch “pit sawing” in Bretter zersägt, später übernahmen diese Arbeit unzählige Sägewerke im Land. Der Raubbau an der Natur, nicht nur durch das Baumfällen, sondern teilweise auch durch Brandrodung, erschreckte das britische MP Arthur Mills bei einem Besuch so sehr, daß er 16 Hektar nicht angegriffenen naturbelassenen Waldes umgehend erwarb; dies war der Embryo des heutigen Peel Forrest, der inzwischen 783 Hektar groß ist. Innerhalb dieses Geländes wurden bis 1908 die meisten großen Bäume gefällt, zum Glück aber nicht alle. Und diese sowohl große Bäume als auch altersmäßig die ältesten im Lande haben unsere Neugier geweckt und uns hierhin gelotst.

Der Wald ermöglicht eine ganze Reihe von Wanderungen, kurze, sehr kurze und Tageswanderungen; bei allen kommt man mit der Besonderheit dieses Naturparks in Kontakt, den alten Pinienbäumen, deren größte und älteste des Landes hier stehen. Der Wald selber ist ein Regenwald, was auch bei jedem Schritt und Tritt durch das Gelände sichtbar und manchmal unter den Sohlen spürbar wird. Der strake Regen der Vornacht hatte auch hier im Wald und insbesondere auf den Pfaden seine Spuren hinterlassen; auf dem von uns ausgesuchten Weg war nach einer dreiviertel Stunde kein Weiterkommen mehr möglich. Natürlich hatten wir viel, aber nicht genug gesehen. Die Methusalems und Baumriesen kann man zwar aus der Entfernung teilweise erkennen, ihren Umfang, ihre Höhe, ihre schiere Mächtigkeit aber nur erahnen. Der von uns dann als Abschluß und zur Entschädigung  gewählte Rundweg führte uns dann an den ganz großen Bäumen praktisch haut-/rindennah vorbei. Diese Bäume sind einfach gigantisch. Und wenn man berücksichtigt, daß ihr Alter auf gut 1.000 Jahre geschätzt wird, wird man ehrfürchtig vor dieser Natur. Das  größte Exemplar ist mehr als 31 Meter hoch und weist einem Stammumfang von 8,40 Meter auf. Dieser Wald hat uns enorm beeindruckt, eine Empfehlung für jeden, der dieses Land bereist; man sollte auch mehr Zeit als uns zur Verfügung stand mitbringen, um, besseres Wetter vorausgesetzt, die längeren Wandermöglichkeiten zu nutzen.

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Das Department of Conservation (DOC) unterhält eine ganze Reihe von Campingplätzen in Neuseeland, auch hier am Peel Forrest kann man legal seinen Camper abstellen. Leider verfügen diese Plätze in fast allen Fällen nicht über einen Stromanschluß, so daß wir auf die Leistung unserer Batterie über die Nacht angewiesen sind, um unseren Kühlschrank in Betrieb zu halten. Wir sind skeptisch, ob die Leistung bis zum morgigen Tag ausreicht und verzichten auf den malerisch im Tal gelegenen Platz. Zum Glück befindet im nicht weit entfernten Geraldine ein Campingplatz, den wir ansteuern.

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Unser Ziel für den 28.1. ist Lake Tekapo. Auf dem Weg dorthin durchfahren wir Landschaften, die auch in Europa, z.B. Toskana, liegen könnten, leicht hügelig, weite Felder, Pinienbäume, Sonnenschein, kurvenreiche Straßen, bergauf und bergab geht es. Einzig die manchmal in der Ferne auftauchenden hohen Berge, der Schnee in den hohen Lagen, weist auf etwas anderes hin. Nicht viele Camper standen auf unserem gestrigen Campingplatz, anscheinend haben alle mehr oder weniger das gleiche Ziel, denn man trifft sich bei dem einen oder anderen Stop. Bereits jetzt wird deutlich, dieses Land wird zumindest an einigen Stellen von den mit Campmobilen fahrenden Gästen nahezu geflutet. Was hier an Wohnmobilen, Campern, selten Wohnwagen auf den Straßen unterwegs ist, kann in den großen Ferien mit unseren aus Holland kommenden Wohnwagenkolonnen bevölkerten Autobahnen durchaus Schritt halten.

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Unsere Fahrt von Geraldine nach Lake Tekapo verläuft immer wieder in Tälern, ab und an muß eine kleine Höhe genommen werden, bevor es in das nächste Tal hinunter geht. So erreichen wir entspannt den Flecken Fairlie, ein Ort zum Durchfahren, weniger um anzuhalten. Aber gute 30 Kilometer später halten wir an, da wir ein Hinweisschild auf die älteste Kirche der Insel gesehene haben, wir sind in Burkes Pass angekommen. Nur eine Handvoll Holzhäuser steht hier, die Menschen müssen wohl früher auf den im weiten Umfeld befindlichen Farmen gearbeitet haben. Wohl auf die geringe Zahl der Gemeindemitglieder ist die Größe der ansehnlichen Holzkirche abgestellt. Schön, daß die wenigen Dorfbewohner es vermocht haben, die fast zum Abriß vorgesehene Kirche wieder herzurichten. Im Umfeld der Kirche kann man auch einige weitere aus der zweiten Hälfte des 19. Jhd. stammende Holzhäuser besuchen; sogar eine Schule aus der damaligen Zeit existiert noch.

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Der Lake Tekapo mit seinem türkis schimmerndem Wasser kündigt sich früh an; wir fahren bergabwärts um eine Kurve und erhaschen den ersten Blick, wie er so vor der Bergkulisse da liegt. Viel Betrieb ist nicht mehr auf der Straße, aber als wir am ersten als sehenswert eingestuften Haltepunkt am Ort Tekapo anhalten, müssen wir uns den Blick auf die Kirche des guten Schäfers (Church of the Good Shepherd) mit einer großen Gruppe chinesischer Touristen teilen. Bürger aus dieser Region scheinen derzeit Neuseeland fast zu überfluten.

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Der Ort Lake Tekapo ist ausschließlich, wie so viele hier im Gebiet um den Mount Cook, auf Touristen und Urlauber eingestellt. Zahlreiche Ferienanlagen, Hotels “begrüßen” uns, eine ebenso große Zahl von Bettenkapazitäten ist anscheinend in Planung bzw. schon im Bau, wie die vielen Hinweise entlang der Durchgangsstraße andeuten. Hier kann man offensichtlich ganz gut in den Touristenboom investieren. Wir investieren in einen schönen Campingplatz, am See gelegen mit schnellem Zugang zum Mount John.

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Wir stellen unseren Camper ab, vespern kurz, peilen die Lage und machen uns auf den Weg hinauf zum Mount John. Keine wirklich anstrengende Angelegenheit, obgleich wir insgesamt gute drei Stunden unterwegs sind. Von einem kleinen Schwimmbad ging es die erste halbe Stunde durch einen uns vor der sengenden Sonne schützenden Wald bergauf. Welche Wohltat dies war merkten wir in den anschließenden mehr als zwei Stunden und wandern unter der prallen Sonne. Ziel war der Gipfel des Mount John, nicht wirklich hoch gelegen mit seinen vielleicht 900 Metern, aber Standort für eine Reihe von Observatorien. Uns war weniger an einem Blick in den Sternenhimmel gelegen sondern an der von dort auf Lake Tekapo und der in der Nachbarschaft liegenden Lake Alexandrina möglichen Sicht. Zwischen beiden Seen, obgleich vulkanischen Ursprungs, gibt es keine Verbindung; wäre das der Fall, würde der höher gelegene Lake Alexandrina schnell leer laufen, da der Wasserzustrom bei ihm sehr gering ist. Auch hier oben auf der Kuppe eine mit vielen geteilte Sicht mit dem einen Unterschied, während wir mehr als eine Stunde bergauf gewandert sind, hat die dort anwesende Hundertschaft, in der Mehrzahl Chinesen, den bequemen Weg genommen und ist über die Versorgungsstraße hier hinauf gefahren.

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Abwärts ging es dann in langen Serpentinen durch trockenes Gras, ab und an mussten wir Schafszäune überqueren, hatten ständig den See und seine Berge vor Augen. Grund genug, auch mal eine Ruhepause einzulegen. Hier war der Weg nicht (nur) das Ziel

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Eines konnten wir am Abend beim Blick in den Himmel bestätigen : die Bedingungen für Astronomen scheinen hier hervorragend zu sein, der Himmel war klar und zigtausende Sterne waren erkennbar, nicht mit dem Bild aus heimischen Breitengraden zu vergleichen.

Banks Peninsula und ein geplatzter Traum

Banks Peninsula ist eine sich direkt an das Stadtgebiet von Christchurch anschließende Halbinsel vulkanischen Ursprungs, geformt durch den Ausbruch zweier großer Vulkane in Vorzeiten. Die beiden Vulkankrater sind heute quasi geflutet, zum Meer geöffnet; die Orte Akaroa und Lyttelton und ihre Häfen liegen an den Kraterrändern. Diese Halbinsel ist für die Geschichte Neuseelands von besonderer Bedeutung, denn dieses Land wurde von einem französischen Wahlfänger 1838 von den dort ansässigen Bewohnern erworben. 1840 machten sich französische Siedler auf Veranlassung des französischen Landbesitzers dorthin auf den Weg, um die französische Tricolore zu hissen und das Land Frankreich “einzuverleiben”. Dem kamen die Engländer wenige Tage vor Ankunft der Franzosen zuvor, sonst wäre u.U. die Südinsel Neuseelands lange Jahre französische Kolonie gewesen. Die Siedler ließen sich, anfangs, nicht unterkriegen, und gründeten Akaroa. Obgleich bereits 1849 die Landrechte an die New Zealand Company und damit indirekt an England verkauft wurden, blieben die Siedler vor Ort und machten das Land der Halbinsel urbar. Auch heute noch soll die französische Fahne zumindest über einigen Häusern in Akaroa wehen und die Stadt ein gewisses französisches Flair besitzen. Dem wollten wir nachspüren und machten uns am Sonntag, den 26.1.2014, auf den Weg.

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Wie wir waren heute, am Sonntag, unzählige Radsportler unterwegs; die hügelige Landschaft, die manchmal steilen Anstiege und Abfahrten machten wohl den Reiz aus, hier auf der Halbinsel die gewünschten Trainingskilometer zu erradeln. Nur etwas mehr als 12 Kilometer von Christchurch entfernt, aber durch eine Hügelkette getrennt, liegt der kleine Hafenort Lyttelton. Auch er hat historische Bedeutung, gehen seine Wurzeln in die Mitte des 19. Jhd. zurück. Einige wenige Bauten aus dieser Gründerzeit der Stadt bestehen noch. Der Hafen hat sicherlich bessere Zeiten gesehen, derzeit ist er im wesentlichen Umschlagplatz für Holz. Bei unserem Spaziergang durch diese kleine Gemeinde, deren Bebauung sich den Hang hinaufzieht, waren auch einige erdbebengeschädigte Häuser erkennbar, aber die Schäden hielten sich in engen Grenzen. Schön war es bei einem Rundumblick über die Hänge immer wieder stilvolle Holzhäuser zu erkennen, wobei festzuhalten ist, nahezu alle Häuser hatten beplankte Holzfassaden, bunt gestrichen, oft gut unterhalten, und hin und wieder waren kunstvolle Holzschnitzarbeiten zur Betonung der Individualität in die Fassade und ihre Elemente integriert worden.

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Die Weiterfahrt von Lyttelton in Richtung Akaroa führte uns über die gesamte Halbinsel, rauf und runter auf einer Straße, die ziemlich kurvenreich war. Oben wiedergegebene Karte zeigt deutlich, wie hügelig diese Halbinsel ist, wie Bergrücken immer wieder gen Küste laufen, die zu überqueren waren. Wo möglich, waren die Flächen  landwirtschaftlich genutzt, große Schaf- und Rinderbestände waren aber nicht zu sehen, ebenso wenig wie größere Bauernhöfe. Nur Reste der früheren Bewaldung haben die Landnahme überlebt; manchmal dienen sie offensichtlich als Windbrecher. Ab und an streiften wir das Meer, z.B. am Lyttelton Fjord, immer wieder sahen wir auf unserer Fahrt Hinweise auf diverse andere Fjorde (Levy Fjord, Little Akaloa Bay, Pigeon Bay, Okains Bay), die anzusteuern jedoch einen 4WD erfordert hätte. So beließen wir es dabei, gemütlich in Richtung Akaroa zu cruisen, denn hier in Neuseeland gehen die Uhren gemächlich, man hetzt kaum.

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Wir näherten uns dem Hafenort aus der Höhe der umliegenden Berge und konnten dabei die wunderschöne Ortslage bestaunen. Die früheren Siedler hatten ein Gespür für einen zur Siedlungsgründung tauglichen und ansprechenden Ort. Aufregend ist das Örtchen nicht, aber interessant. Tatsächlich findet man eine ganze Anzahl historischer Gebäude, sowohl einfache Wohnhäuser, eine Kirche, mehrere Villen, ein altes sehr kleines Zollhaus am ehemaligen Hafen, eine Versammlungshalle, die Gaiety, einen alten französischen Friedhof, von dem nicht mehr als eine Erinnerungsstele erhalten ist. Es lohnte sich, langsam durch die Straßen des alten Ortes zu schlendern. Empfangen wurden wir von einem Freiluftkonzert auf der Freizeitwiese des Ortes; das Musikfestival von Akaroa hatte seinen letzten Tag, für alle, draußen und umsonst. Der Zuspruch war überschaubar; wenige Zuhörer saßen auf der großen Wiese und hörten zu.

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Neuseeland war zu Walfangzeiten wichtige Anlaufstelle der Schiffe; auch Akaroa profitierte vom Fischfang, worauf dezent durch die Ausstellung u.a. von Siedetöpfen für das Walfett entlang der Promenade hingewiesen wird.

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Nach wie vor ist der Ort mit dem Wassersport eng verbunden, die zwar überschaubare Anzahl der im Wasser an Bojen liegenden Segel- und Motorboote lässt das vermuten. Jedes Wochenende tragen einige Skipper auf der doch sehr rauen See vor Akaroa eine Wettfahrt nach Yardstickregeln aus, die man vom Ufer, wie wir es machten, ganz gut verfolgen kann. Für die lokale Wirtschaft jedoch von größerer Bedeutung sind die verschiedenen Angebote, die umliegende See und Natur auf unterschiedliche Art näher kennen zu lernen. Vor dem Akaroa Fjord im offenen Meer hat sich vor Jahren eine kleine Delphinkolonie etabliert, die Hektor-Delphine, die man zum einen “besuchen” kann, zum anderen bietet ein Veranstalter sogar das Schwimmen mit Delphinen an.

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Bisherige Erfolgsquote soll bei 80% liegen. Da war Katrin sofort Feuer und Flamme und wir buchten für den nächsten Tag, den Montag, morgens um 08:30 Uhr eine entsprechende Tour vor. Unsere Weiterreise verschoben wir deshalb auf den Nachmittag. Bevor wir uns bei leicht einsetzendem Nieselregen auf den Weg zu unserem Campingplatz machten, orderten wir bei einem Fischer standesgemäß Fish and Chips. Wo sonst, wenn nicht in Meernähe kann man gut zubereiteten Fish’n Chips essen?

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Hatte es bereits am Nachmittag beim Verzehr unserer Fish an’ Chips Portionen leicht zu tröpfeln angefangen, am Abend verdunkelte sich der Himmel vollständig, ein sehr starker Wind setzte ein und es regnete wie aus Kübeln extrem heftig. Sturm zog auf, die Wellen in der Bucht waren bald schaumbekrönt. Unser direkt an einer Bucht gelegene Campingplatz

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bot keinen Windschutz, so bekamen wir die steife Brise mit voller Breitseite ab. Obgleich nicht in einem Schiffbauch liegend, schaukelte unser Gefährt ganz schön. Irgendwann waren wir eingeschlafen; Katrin hatte dabei wohl die schlechteren Karten gezogen; ob es am Sturm oder an der Anspannung, wie dass Schwimmen mit Delphinen so werden könnte lag, auf jeden Fall schlief sie sehr schlecht. War es eine Vorahnung auf das was kommt? Während der Nacht schlief der Sturm ein, morgens blies nur noch ein laues Lüftchen und es war trocken. Früh machten wir uns auf den Weg nach Akaroa und hatten Hoffnung, da zumindest in der Bucht die Wellen nicht sehr hoch gingen, daß die Tour wie geplant stattfinden würde. Bei aufgewühlter See schwimmen und schnorcheln, sicherlich kein Vergnügen, aber machbar. Dann die ernüchternde Aussage im Büro des Veranstalters, die für 08:30 Uhr angesetzte Tour fällt wegen des Sturms aus, vielleicht geht um 11:00 Uhr etwas. Die Hoffnung stirbt auch hier zuletzt. Wir glaubten nicht wirklich daran und buchten nicht um. Katrin trug die Absage mit Fassung, war aber heftig enttäuscht. Frust bekämpft man am besten mit neuen Eindrücken – wir sahen uns bislang vor uns verborgen gebliebene “Schätze” des Städtchens an, bedauerten einen Segler, dessen Boot sich im Sturm von der Boje gerissen hatte und vom auflaufenden Wasser immer weiter auf das Land geschoben wurde, und konstatierten gegen 11:00 Uhr, daß auch diese Ausfahrt wegen des Sturms gestrichen worden war. Eine Chance war dahin, aber es gibt noch an anderen Orten auf den Inseln vergleichbare Möglichkeiten – hoffen wir, daß dann das Glück auf Katrins Seite ist.

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Christchurch

Am Morgen des 24.1. nahmen wir unseren Camper in Empfang, klein, handlich, übersichtlich und, wie wir merkten, nur mit begrenzter Staufläche ausgestattet. Irgendwie erstaunlich, wie eine über Jason’s vermittelte Buchung bei der Firma Pure Motorhomes NZ landet, die den Auftrag an eine Tochterfirma, Kiwi Campers. weitergibt, damit wir zu guter Letzt das gebuchte Modell mit dem vereinbarten Baujahr von “happy camper”  erhalten. Es scheint, als ob alles mit allem zusammenhängt. Was außen drauf steht, sollte uns nicht stören, entscheidend ist, ob wir das Bestellte auch erhalten. Das ist der Fall, zudem scheint unser Camper vor kurzem beim Innausbau einer Generalüberholung unterzogen worden zu sein.

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Während der Erledigung der notwendigen Mietvertragsformalitäten kamen wir mit dem Agenturchef ins Gespräch. Natürlich fragten wir nach den Auswirkungen der Erdbeben in 2010 und 2011, wie es den Menschen heute ginge.  Man konnte merken, wie schwer es ihm fiel, kein trauriges Gesicht zu machen, die Tränen standen ihm in den Augen, so sehr belastete ihn noch heute, fast drei Jahre nach dem letzten Erdbeben die Situation in der Stadt. Erst als wir selber am folgenden Tag durch die Innenstadt gelaufen waren konnten wir die ganze Tragweite und die deutliche Trauer des Agenturchefs wirklich nachvollziehen.

Dann hieß es, sich auf den Linksverkehr einstellen. Zum Glück sitzt das Lenkrad auf der rechten Seite, dies hilft bei der Orientierung. Zu Anfang wird noch mehr mit dem Scheibenwischer geblinkt und mit dem Blinker die Scheibenwaschanlage in Betrieb gesetzt, aber nach einigen Kilometern schleift sich das auch ein. Sich in einer Stadt mit starkem Verkehr an den Linksverkehr zu gewöhnen hält die Konzentration hoch.

Unseren ersten Campingplatz hatten wir im Vorfeld ausgesucht; ein Kiwi-Campingplatz mit sehr gutem Standard, einer tollen Anlage, etwa drei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt und einem netten und auskunftsfreudigen Betreiber. Den Rest des 24.1. nutzten wir  Lebensmittel für die kommenden Tage einzukaufen und uns mit dem Camper vertraut zu machen. Manches wurde erst hierhin, dann dorthin verstaut, alles fand aber am Ende seinen Platz. Nur mussten wir uns fragen, wie es drei Personen, denn der Wagen ist für diese Anzahl Reisender ausgelegt, schaffen, nur dass Allernotwendigste an Kleidung unterzubringen und dann auch noch die dritte Schlafgelegenheit, bei uns der geborene Ablageplatz, nutzen zu können. Sei es drum, uns reicht es, auch wenn die vielleicht 5 qm Fläche ohne Fahrerkabine schon sehr beengt sind.

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Am Samstag den 25.1. machten wir uns auf den Weg, die Innenstadt von Christchurch, durch die Katrin am Vornachmittag schon einmal kurz gegangen war, kennenzulernen.

Christchurch, zweitgrößte Stadt Neuseelands, wird oft als die englischste Stadt des Landes bezeichnet. Gegründet 1850 ist sie keine wirklich alte Stadt, wie auch die Besiedlung Neuseelands durch Europäer nur knapp fünf Generationen zurück liegt. Viele in den letzten Jahrzehnten des vorvergangenen Jahrhunderts entstandene Gebäude weisen einen engen Bezug zu England auf, nicht nur, daß sie aus Stein gebaut wurden, sondern die gesamte Architektur war ziemlich britisch. Zu Wohlstand durch die Schafbarone gekommen, wurde dieser Reichtum auch gezeigt. Verständlich, wenn dann auch der die Stadt durchströmende Fluß Avon genannt wurde, die bzw. eine Universität Canterbury University heißt, die angelegten Parkanlagen den britischen Anlagen sehr nahe kommen. All dies und noch viel mehr wollten wir sehen, hatten im Hinterkopf den Englandbezug von Christchurch. Ausgeblendet waren die Auswirkungen der beiden letzten Erdbeben. Zum einen wurde nach unserer Erinnerung über das Beben in 2010 in den deutschen Medien so gut wie nichts berichtet, das starke Beben in 2011 war dann eine kurze Berichterstattung wert, denn dabei verloren weit über 100 Menschen ihr Leben. Die durchfahrenen Vororte hätten mit ihren Klinkerbauten aber insbesondere mit ihren Vorgärten ebenso gut irgendwie im Mutterland sein können, vieles enorm gepflegt, der Rasen, wenn es denn einen gab der so genannt werden konnte, kurz geschoren, Rosenstöcke als Beete und Einzelpflanze, Hortensienbüsche in jeglicher Farbe. Aber unser Ziel war ja die Innenstadt.

Nach einem strammen Spaziergang, unterbrochen bei einem Outdoorausrüster, um eine Rucksackschnalle zu kaufen, gegangen sind wir mit dem Ersatzteil sowie zwei Merinopullovern – wenn man schon im Land der Schafe ist …-, erreichten wir eine riesige Parkanlage, den Hagley Park, nach unserer Einschätzung mit den Ausmaßen 1 auf 1,5 Kilometer. Einige Baumalleen spendeten Schatten, ansonsten gab es eine satt grüne Rasenfläche, die für die unterschiedlichsten Sportarten genutzt wird, insbesondere aber für Kricket. Auf unserem Rückweg konnten wir mehreren parallel stattfindenden Spielen von Kricketmannschaften zusehen, ohne dabei den tieferen Sinn des sportlichen Tuns überhaupt zu erfassen.

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In den Hagley Park hinein ragt der Botanische Garten der Stadt, durch den auch der Avon fließt. Vor etwa 100 Jahren wurde das Gelände von einem Rechtsanwalt der Stadt gestiftet; nach unserer Erinnerung geht sogar die eigentliche Parkanlage auf den Gönner zurück. Zahlreiche Themengärten können besucht werden, vor allem aber sind eine sehr große Zahl damals angepflanzter äußerst unterschiedlicher Bäume inzwischen zu stattlichen Exemplaren herangewachsen, dominieren die Anlage und sind Blickfang. Erkennbar wird der Garten von den Bewohnern angenommen, wie die zahlreichen Spaziergänger zeigten. Touristisch genutzt wird der Avon, denn auf einer Art Stocherkahn können sich Gäste von den Bootsführern den Fluß hinauf und hinabfahren lassen. Aber auch normale Wassersportler nutzen das Bächlein.

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Dann standen wir vor dem Canterbury Museum, an das sich einige Ende des 19. Jhd. gebaute Gebäude der Universität anschließen. Das Museum war aber weniger unser erstes Ziel am Rand der Innenstadt, sondern das in der Nähe befindliche Gelände des Busker Festival, bei dem über eine ganze Woche weit über einhundert Veranstaltungen meistens umsonst und draußen stattfinden. Am heutigen Nachmittag mühten sich Kleinkünstler und Comedians insbesondere um die Aufmerksamkeit der Kinder und Jugendlichen.

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Zwei Straßenblocks weiter beginnt dann die eigentliche alte Innenstadt. Eine kleine Broschüre der Touristeninformation hat alle für sehenswert angesehene Orte aufgelistet und kurz beschrieben. Am Schluß einer jeden Kurzdarstellung gab es dann einen Hinweis auf den aktuellen Zustand (due to earthquake currently closed; under repair; earthquake damaged). Erst später wurde uns bewußt, daß die komplett zerstörten und abgerissenen Gebäude gar nicht mehr erwähnt worden waren. Wir hatten gehört, einige Gebäude sind durch die Erdbeben in Mitleidenschaft (!) gezogen wurden, einiges musste abgerissen werden, an vielen Stellen ist bereits Neues entstanden oder wird gebaut, d.h. vorgewarnt waren wir. Was wir dann aber sahen, erschreckte uns, machte uns sprachlos und auch traurig. Zyniker würden darauf hinweisen, daß die Erdbeben endlich für genügend Parkplätze in der Stadt gesorgt hätten, denn auf den unzähligen Brachflächen waren zumindest vorübergehend Parkplätze ausgewiesen worden. Zahlreiche Häuser standen zwar noch, waren aber gesperrt, Zutritt verboten. Hier ist über das Schicksal wohl noch nicht entschieden worden. An den Giebelfassaden einiger noch aufstehender Gebäude war sichtbar, wo sich die anschließende Bebauung einmal befunden haben musste. Es war bedrückend, das Ausmaß der Zerstörung mit eigenen Augen zu sehen. Wenn wir schätzen, daß 50 Prozent der Innenstadtbebauung verloren ist, erscheint dies uns noch sehr optimistisch. In manchen Straßenkarrees steht nur noch ein in der Regel sehr neues Gebäude. Zahlreiche auch öffentliche Gebäude wie z.B. die Stadthalle, das Theater sind geschlossen wegen der Bauschäden; auch historische Brücken über den Avon müssen saniert werden. Beim Weg durch die zerstörte Innenstadt kann man immer wieder in Baugruben hineinschauen, im Grunde sind die Objekte nur bis auf die Fundamentplatte abgetragen worden. Christchurch hatte auch einmal eine wunderschöne alte Kathedrale; hier ist ein Teil des Kirchenschiffes eingestürzt, ob eine Sanierung erfolgt, ist noch nicht geklärt. Das frühere Teacher’s Training College, ein im gothischen Stil gehaltener großer prachtvoller Baukomplex aus dem Jahr 1930 war von Bauzäunen umstellt – Einsturzgefahr. Der Viktorianische Glockenturm, deren früheste Teile auf das Jahr 1859 zurückgehen, war erheblich beschädigt; man hatte gerade die Tragkonstruktionen erneuert. Das hinter dem Glockenturm stehende Art Deco Gebäude von 1935 wird wohl ebenfalls abgerissen werden müssen. Die Reihe ließe sich durch viele Beispiele fortsetzen, die wenigen stehen für das Ganze. Wir hätten großes Verständnis, wenn die Bevölkerung ein Trauma erlitten hätte, aus der Stadt weggezogen wäre. Wie uns unser Campingplatzbetreiber erzählte, geht man mit Optimismus an den Wiederaufbau heran. Motto, ihr Deutschen habt nach dem Weltkrieg doch auch euer Land wieder aufgebaut, wir werden das hier auch schaffen. In gewisser Weise zeugt auch der Aufbau einer aus Containern bestehenden Einkaufsstraße am Rande der alten Innenstadt, die am heutigen Samstag stark besucht wurde, man versucht einen Neuanfang und läßt sich nicht unterkriegen.

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Unten stehende Infotafeln fanden wir in der Innenstadt. Zum einen wird darauf dokumentiert, an welchen besonderen Gebäuden in der Innenstadt inzwischen Sanierungsmaßnahmen eingeleitet bzw. bereits abgeschlossen sind (Stand September 2013 fast 100 Gebäude), zum anderen ist ersichtlich, welch große Flächen einer neuen Bebauung zugeführt werden müssen.

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Nicht alles wurde zerstört, einiges ist noch oder wieder in Betrieb, so fahren einige historische Straßenbahnzüge wieder durch die Stadt, die Mutter aller anglikanischen Kirchen in Neuseeland, St. Michael an All Angels Church aus dem Jahre 1872 steht offen, das Canterbury Museum kann besucht werden und die alten Boat Sheds am Avon River werden immer noch als Bootshalle genutzt.

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Nicht gerade beschwingt, sondern ziemlich nachdenklich wanderten wir nach einigen Stunden Stadtspaziergang zurück zu unserem Campingplatz. Es bleibt zu hoffen, daß die Bewohner Christchurch sich nicht unterkriegen lassen.

Ins Maori-Land nach Neuseeland

Nachdem wir einige Monate in meiner Wunschregion Südamerika gereist sind, steht jetzt Katrins Wunschziel Nummer Eins, Neuseeland, auf dem Reiseplan. Die bisherigen Eindrücke auf unserer Reise ließen insbesondere bei Katrin Skepsis aufkommen, ob das Gesehene in Neuseeland noch zu toppen sei. Wir kamen über ein, im Grunde keine Vergleichsmaßstäbe zu besitzen, jedes Land hat seine besonderen Charakteristika, herausragende Schönheiten und kulturelle Höhepunkte zu bieten. Diese sehen und in den Ländern Neues erleben zu können, ist unser Ziel. So werden wir sicherlich auch in Neuseeland ganz besondere aber andere Naturschönheiten zu Gesicht bekommen. Also gilt auch weiterhin mit offenen Sinnen Neues erfahren. Wir sind beide gespannt, wie die fast zwei Monate auf den beiden großen Inseln verlaufen werden, wie beeindruckt wir sein werden, nachdem wir so viele enthusiastische Berichte über verschiedene Reisen durch dieses Land gehört und gesehen hatten. Diese Rundreise wird auch einfacher als die Fahrt durch Chile und Argentinien sein. Verständigungsprobleme dürften kaum bestehen, im Gegensatz zu Südamerika, wo wir sprachlich noch Defizite aufwiesen. Einzig die für unsere Ohren sehr gewöhnungsbedürftige Interpretation der Aussprache des Englischen vor Ort, könnte, bis wir uns daran gewöhnt haben, bei uns für kurze Irritationen sorgen. Optimistisch gehen wir die nächsten Wochen an.

Nicht mit dem öffentlichen Bus, den zu nehmen war uns in Anbetracht der Konsequenz eines zu späten Eintreffens am Flughafen zu riskant, sondern mit einem über unsere Herberge vermittelten Transfer fuhren wir frühmorgens am 22.1. zum Flughafen Faa’a. Nahezu pünktlich hob die einmal wöchentlich nach Auckland fliegende Maschine vollständig besetzt ab. Über 4.000 Kilometer weiter, 5 1/2 Flugstunden und einen Tag später kamen wir in Auckland an. In Höhe von Samoa muß wohl die Datumsgrenze liegen, die uns einen Urlaubstag gestohlen hat und dazu führte nicht zu wissen, wann exakt Katrins Geburtstag am 23. begonnen hat. Mit einem kleinen Fläschchen Wein stießen wir, sicherlich verspätet im Flieger an. In Auckland endete unser internationaler Flug, weiter ging es mit einem Inlandsflug nach Christchurch. In Christchurch dann endgültig auszusteigen war wie in einer anderen Welt anzukommen, alles extrem propper, aufgeräumt, organisiert, geschäftig, weniger lebensfroh als sachlich, aber nicht weniger freundlich. Dafür empfing uns aber ein strammer ziemlich kalter Wind, eine ganz schöne Umstellung aus dem warmen, ja heißen Polynesien. Und dieser stete frische Wind begleitete uns die nächsten Tage. Bald kamen bei Katrin Assoziationen an Südpatagonien hoch verbunden mit der Aussage, dort sei es aber auch nicht kälter gewesen, was für die Spitze Südamerikas fast als Kompliment gelten muß aus Katrins Mund.

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Freundlich und sehr hilfsbereit, so nahmen wir unsere ersten Begegnungen mit Neuseeländern war. Das begann schon bei der Passkontrolle und setzte sich im Flughafengebäude fort bis hin zum Informationsschalter, an dem wir die notwendigen Hinweise zu unserem Bus in Richtung Universität Canterbury bekamen. Zu dieser Uni gehören auch Studentenwohnheime, deren Zimmer in den Semesterferien auch tageweise vermietet werden. Für diesen Übernachtungsort haben wir uns entschieden, nachdem unser Campervermieter auf Nachfrage mitteilte, einen Transfer zur Vermietstation im Umkreis von 5 Kilometern vom Flughafen durchzuführen. Die Bleibe entsprach diesen Kriterien und war zudem mit ÖPNV gut erreichbar. Leider galt die ursprüngliche Zusage später nicht mehr, so daß wir zu einem Treffpunkt im Flughafen am nächsten Tag per Bus fahren mussten. Der Bus, unser Bus, die Nr. 5 der Redline, war eine Wucht, dies gilt insbesondere für den Busfahrer. Allein schon die Berufsbekleidung war etwas besonderes, denn der Fahrer trug dunkelblaue Shorts, und lange dunkelblaue Kniestrümpfe und eine Art Trachtenschuh, denn dieser war recht klobig. Daß es die Dienstkleidung der Fahrer ist, bestätigte sich bei unserer Fahrt am nächsten Morgen. Irgendwie erinnerte er uns an Schottland, nur die Karos fehlten. Wie wir benutzten zahlreich Rucksackreisende den Bus und jeder nannte ein anderes Ziel, fragte, ob mit diesem Bus und ggf. einer Ergänzung der Weg zum Hostel möglich sei etc. Für alle hatte der Mann eine Lösung, erklärte und half. Als wir an der ersten Haltestelle unserer Straße ausstiegen, fragte er lauthals, ob wir denn die ganze Straße hinauflaufen wollten, er würde uns, wenn wir wieder einsteigen würden, vor der Uni absetzen. Das konnten und wollten wir nicht ablehnen, stiegen wieder ein und hatten einen Transport bis unmittelbar vor unser Ziel. Die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft dieses Busfahrers ist vorbildlich und wir fragten uns, ob wir z.B. in Deutschland einem Fremden gegenüber immer ähnlich hilfsbereit sein würden. Hoffentlich sind wir es!

Die nach Quartierbezug erfolgte Einkaufstour und der Besuch eines indischen Restaurants – endlich einmal eine Abwechslung auf der Speisekarte – machte uns mit dem gewöhnungsbedürftigen Preisniveau in Neuseeland bekannt. Dann kann die Rundreise in Neuseeland beginnen.