San Carlos de Bariloche

Am Montag stand nach dem regulären Informationsbesuch bei der Touristeninformation ein kleiner Stadtbummel an, von dem kaum etwas zu berichten ist. Bariloche ist keine Schönheit, sondern eine in einem wunderschönen Umfeld gelegene Ferienstadt mit rund 100.000 Einwohnern. Manches Gebäude versucht durch seine Architektur auf seine Wintersportaffinität hinzuweisen, andere imitieren einen landhausgeprägten Stil nach und wiederum andere sind scheinbar modern-funktional und in unseren Augen häßlich.  Wir ankern auch nicht wegen der Stadt hier am See, sondern wegen der Landschaft, von der Großes berichtet wird. Von Bariloche aus sind schöne Eintages- aber auch zahlreiche Mehrtageswanderungen im allgemeinen mit durchschnittlichem Anforderungsprofil möglich; hinzu kommt der See mit seinen zahlreichen Inseln, vielen Buchten und dem imponierenden Blick auf die ihn umgebende Bergwelt.

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Ab Mittag saßen wir dann im Wagen und machten uns auf den circuito chico, den kurzen Rundweg entlang an Ufern, Buchten, Stränden, durch Wälder, die umliegenden Berge bis hinauf zur Talstation des Cerro Catedral. Es muß darauf hingewiesen werden, daß hier auch Wintersport betrieben wird; infolgedessen hat sich auch an der Talstation der Seilbahn als Zubringer für eine nennenswerte Anzahl Sessellifte ein sehenswerter Wintersportort entwickelt, der jetzt natürlich entvölkert  und häßlich obendrein ist. Natürlich hatten wir immer wieder Blick auf den See, konnten anhalten und staunen, aber der allergrößte Uferteil, gleich ob in Stadtnähe oder 20 Kilometer entfernt, ist in Privathand, bebaut, eingezäunt, mit einem Schutzwall aus Bäumen umgeben. Nur hin und wieder hat das gemeine Volk, wie auch in Bariloche-Pucon festgestellt, eine Gelegenheit seine Füße in den See zu stecken. Kein Wunder, wenn auf Grund dieser Verhinderungspolitik der gemeine Bürger seine Grillutensilien einpackt und in die Nationalparks zum wilden Grillen fährt. Die Parzellen sind, soweit erkennbar, nicht gerade klein geraten, auf denen dann imposante, repräsentative und manchmal auch schön anzusehende Wohn- oder eher Residenzdomizile stehen, mit einem uneingeschränkten unvergleichlichen Blick auf die Tiefe des Sees und seine Umgebung. Da könnte man neidisch werden, denn die Aussichten waren oft wirklich traumhaft schön.

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Nach rund 25 Kilometer Fahrt stadtauswärts standen wir auf einmal auf einer Landenge – auf der einen Seite dominierte das riesige Hotel Llao-Llao mit seinem Golfplatz den Blick, auf der anderen Seite fiel ein Fähranlegen ins Blickfeld. Wir waren am Puerto Panuelo angekommen, von wo aus täglich, Fährpreis 320 Arg. Pesos, das sind fast 50 Euro, nach  Bosque de Arrayanes, einer Halbinsel im nördlichen Seeteil nahe Villa de Angostura gefahren wird. Die Anzahl der parkenden Fahrzeuge ließ auf eine gute Nachfrage nach diesem Trip schließen..

Nahbei der kommunale Park Llao-Llao, in dem es große Bestände der Arrayabäume zu sehen gibt. Für uns Gelegenheit, uns auf eine kleine Wanderung durch diesen Wald zu begeben, ungestört und mit einem schönen “mirador” als Ziel. Von einer kleinen Bergkuppe konnten wir dann weit in die Ferne schauen, sahen, bei besten Fernsichtbedingungen auch die schneebedeckten Andengipfel im Westen.

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Vorbei an noch verlassenen kleinen Badebuchten, oft an einem Hotel gelegen, ging es wieder nach Osten Richtung Bariloche zurück. Der Hinweis auf der Karte “Colonia Suiza” veranlasste uns zu einem Umweg. Gemeinhin verbindet man mit der Schweiz mehr oder weniger geordnete Verhältnisse und gute Straßen. Hier schien es, als wollte die hiesige Kolonie dieses Bild Lügen strafen, denn wesentliche Teile der Wegstrecke hin und über den Ort hinaus rangieren auf unserer Skala der schlechtesten Straßenverhältnisse in Südamerika weit weit unten. Unser Auto hat es geschafft, die Hindernisse auf den Wegen zu umfahren, zu überfahren, wir sind wieder in unserer Bleibe angekommen. Gesehen von diesem Dorf haben wir wenig, ausgenommen einige sehr dürftige Hütten, hin und wieder einen Hinweis auf Restauration, Häuser, die wohl den schweizer Vorbildern an Alpenhäusern nachempfunden waren. Den Umweh hätten wir uns sparen können es sei denn, wir beziehen die von einer Anhöhe aus gesichteten Großanwesen und ihre Häuser mit ein. Dann ist hier wirklich die kleine Schweiz, zumindest was die Vermögen angeht!

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Der Abend brachte uns dann noch zwei weitere schöne Überraschungen. Auf dem Weg zur Unterkunft fiel Katrin das Schild einer Panaderia/Bäckerei auf, in dem auch “Brezel” angepriesen wurden. Nachdem wir seit Wochen immer wieder die süßen Hörnchen zum Frühstück bekommen hatten war es eine wirkliche Abwechslung, endlich einmal etwas salziges zwischen den Zähnen zu spüren und zubeißen zu können. Der Höhepunkt war dann das Abendessen. Auf unserer üblichen Suche nach einem Restaurant hatten wir am Sonntag ein vegetarisches Restaurant weniger als 10 Gehminuten vom Hostal entfernt gefunden, am Sonntag leider geschlossen, dafür aber am Montag wieder offen. Also Montag ist Test- und wie sich herausstellte Festtag. Zur üblich späten Abendessenzeit nach 20:00 Uhr fanden wir uns mit sehr knurrendem Magen im “El Vegetariano” ein, sahen ein bis auf einen Gast leeres Lokal, jedoch eine Gaststube mit angenehmen Erscheinungsbild, es sah wirklich schön aus hier in diesem kleinen Restaurant. Wie uns dann auf unsere Bitte nach einer Speisekarte erklärt wurde, gibt es eine solche nicht, stattdessen kann man unter den drei Gängen eines Menues wählen. Der Wirt war überzeugend, das dann verspeiste auch. Es zeigte sich, auch vegetarisch kann sehr vielfältig gekocht werden, wir haben die beiden ersten Gänge sehr genossen. Und zu unserer Freude füllte sich die Gaststube bis gegen 21:00 Uhr nahezu bis auf den letzten Platz, alle Tische waren besetzt und der Wirt kam kaum nach, jedem neuen Gast seine “innovative” Speisekarte zu erklären. Kein Gast ging, alle ließen sich wohl, so sie keine Dauergäste waren, auf das Experiment mit den Menuegängen ein. Es hat sich wirklich gelohnt, dieses Experiment.

Heute am Mittwoch können wir zwei weitere Seen unserer Liste hinzufügen, den Lago Gutiérrez und die auf gut 1.700m Höhe liegende Lagune Tonchek, weil heute Wandertag war. Um Bariloche herum gibt es zahlreiche Möglichkeiten einen oder auch am Stück mehrere Tage zu wandern/trecken, denn der Club Andino de Bariloche hat eine ganze Reihe von Hütten und Refugien in der umliegenden Bergwelt errichtet und unterhält diese auch. Wir entschieden uns für eine Strecke, die vom Wintersportzentrum oberhalb von Bariloche, der Villa Catedral, hinauf zum Refugio Frey auf 1.700m Höhe geht; für die gut 8,5 Kilometer lange Strecke sollte man einfach bis zu vier Stunden veranschlagen. Am späteren Vormittag parkten wir dann unseren Pickup auf dem leeren Parkplatz vor dem Skizentrum und machten uns auf den Weg bei strahlendem Sonnenschein, wieder einmal! Die Strecke verläuft für gut zwei Wanderstunden entlang des Lago Gutiérrez nahezu immer auf der gleichen Höhenlinie, um dann, nachdem man in ein Seitental abbiegen konnte, stetig bergan zu steigen, um auf den restlichen gut 3,5 Kilometern dann fast 600 Höhenmeter zu überwinden. Unser anfangs zügiger Schritt wurde auf diesen letzten Kilometern schleppender, nicht nur wegen der Steilheit, sondern auch auf Grund der Wegbeschaffenheit. Immer wieder waren Bachbett und Weg eines; zum Glück waren die meisten Bachbette nicht oder nur kaum wasserführend. Eigentlich sollte uns der Weg bis kurz vor das Refugio durch einen schönen Wald führen – eigentlich, denn auch hier muß vor einigen Jahren ein Großfeuer den Waldbestand an der Ostflanke des Lago Gutiérrez völlig vernichtet haben. So hatten wir am Vormittag keinen Schatten, denn die  nachwachsenden Gehölze und der sich ausbreitende Bambus waren als Schattenspender einfach zu klein.

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Das änderte sich mit Beginn des Aufstiegs im Seitental, jetzt wanderten wir unter dem Blätterdach hoher alter Bäume und wurden dabei lange Zeit von dem Rauschen eines Wildbaches begleitet. Nachdem wir dann kurz vor der Hütte über Steine balancierend den Wildbach überquert und wenige Meter durch Schnee gestapft waren, standen wir vor der kleinen Hütte. Hier hatten sich bereits eine ganze Anzahl von Kletterern und Wanderern eingefunden; einige richteten sich häuslich für einen längeren Aufenthalt ein, bauten z.B. ihr Zelt auf, andere bereiteten sich auf den Rückweg vor und wiederum einige nahmen in Begleitung eines Führers eine weitere Etappe des hier möglichen Rundweges zu Refugio Jacob in Angriff, mit Seil auf der Schulter und einer Vielzahl von Haken am Gurt. Direkt hinter der auf einer leichten Anhöhe stehenden Hütte lag dann See Nummer zwei des heutigen Tages, die Lagune Tonchek. Alles wurde überragt von einer Mehrzahl sehr schroffer Berggipfel, die in einem Halbbogen um die Hütte herum standen. Ein schönes Panorama.

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Bergab ging es dann etwas leichter, auch wenn wegen der schlechten Wegverhältnisse sehr konzentriertes Gehen verlangt war. Im Grunde verlief der Rückweg ohne besondere Ereignisse – im Grunde. Noch im alten Waldbestand wandernd hörten wir plötzlich einen lauten Knall, es hörte sich fast wie ein Schuß an, aber hier im Nationalpark? Dann etwa 30 Sekunden später ein zweiter Knall und dann direkt folgend ein berstendes Geräusch, Blätterrauschen, Astbrechen und ein dumpfer Aufprall. Da in diesem Wald keine Bäume gefällt werden dürfen, wurden wir Ohren- und teilweise Augenzeuge, wie ein alter Baumriese zu Boden ging.

Als wir dann wieder am Wagen ankamen, waren wir fast sieben Stunden unterwegs gewesen, fast 3 1/2 Stunden bergan und 2 1/2 Stunden bergab. Das Wandern auch manche Muskelpartien beansprucht, merkten wir dann auch und waren froh, in unserem Quartier die Beine – endlich – einmal hochlegen zu können. Auch wenn hier um Bariloche noch zahlreiche andere Wandermöglichkeiten bestehen haben wir beschlossen, Morgen etwas weiter in den Süden zu fahren, nach El Bolson oder vielleicht direkt nach Esquel, denn an beiden Orten soll es interessante überschaubare Wandermöglichkeiten in einer schönen Landschaft geben.

2 Gedanken zu „San Carlos de Bariloche

  1. Hallo ihr beiden,
    möchten euch schon heute die besten Weihnachtsgrüße aus Bayern in die Ferne schicken! Vielen Dank an dieser Stelle für eure ausgiebigen, wunderbar interessanten und manchmal sogar lehrreichen Reiseberichte – das ist ganz großes Kino, fast so, als wäre man/frau beim Lesen mit dabei 😉
    Macht also gerne weiter so, bleibt vor allem gesund und munter (trotz der Schotterpisten hehe) und noch viele tolle Erlebnisse auch im neuen Jahr…
    Saludos, Frank & Sabine

  2. Hallo Katrin,
    Hallo Thomas,

    Ihr erinnert Euch sicherlich noch an uns, wir haben mit Euch die Äthiopien-Reise Jahreswechsel 2008 zusammen mit Rainer und Renate verbracht.

    Rainer+Renate haben uns gestern besucht und uns auf Euren Blog im Internet hingewiesen. Den werden wir jetzt natürlich in Ruhe durchlesen.

    Vorab möchten wir Euch jedoch schöne Weihnachten und ein gesundes Neues Jahr 2014 wünschen.

    Viel Spass noch auf Eurer langen Reise wünschen

    Gaby+Achim und Family

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